Einführung und Thema der Episode
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Speaker
Hallo und herzlich willkommen bei Konflikte in kleinen Losen mit den Kellerkindern Alina Jensen und Lisa Zenker. Willkommen!
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Speaker
Die heutige Folge heißt Verletzlichkeit und passenderweise haben wir hier in unserer Hausgemeinschaft ganz viele Themen, die wir hier von der einen Seite zur anderen Seite wenden können.
Konflikte beim Bau des Bike-Pods
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Speaker
Und auch zum Thema Verletzlichkeit hatten wir gerade eine Situation, wo Lisa und ihr Partner oben einen Bike-Pod bauen wollten und wir waren alle total begeistert, dass es passiert.
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Speaker
Und die beiden haben einfach angefangen, das zu tun. Und wir haben gemerkt, boah, das ist so stressig für uns, dass sie einfach loslegen und total aktiv das angehen. Und wir haben gemerkt, wir wollen eigentlich total mithelfen und dabei sein und unseren unseren Beitrag dazu leisten, weil wir es eben auch gemeinsam besprochen haben. Und dann war der Druck irgendwann so hoch, dass wir gesagt haben, komm, wir sprechen mal mit den beiden und stellen uns damit mal zur Verfügung und fragen auch mal, wie es angedacht ist.
Überwindung von Kommunikationshindernissen
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Speaker
Und da haben wir festgestellt, dass es total hilfreich ist, nicht in so eine künstliche Höflichkeit zu rutschen, die wir oftmals so ausdrücken mit, ah ja, wäre es möglich und könnte eventuell vielleicht
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Speaker
dass das nicht unbedingt dazu beiträgt, um Klarheit und eine ehrliche Verbindung zu schaffen, sondern wirklich zu schauen, was möchte ich eigentlich sagen, was ist da los, und dann den Mut zu haben, sich da auch ehrlich zur Verfügung zu stellen. Das habt ihr dann auch gemacht.
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Speaker
Es fing so ein bisschen höflich an, würde ich fast behaupten. Es war auf jeden Fall eine kleine Hürde, das zu tun, nicht um Ihnen das Gespräch anzubieten, sondern eher, euch da vorne stehen zu sehen und zu sagen, ja, übrigen.
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Speaker
Oh, wollten wir mal ein Thema mit euch besprechen, weil wir fühlen uns scheiße. Das war schon eine kleine Hürde. Und das zu tun war aber total wichtig in dem Moment, weil wir natürlich auch krasse Gedanken über euch hatten. Wir dachten, hier dieser blinde Aktionismus der beiden und wir kommen nicht hinterher.
Herausforderungen der Verletzlichkeit in Beziehungen
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Speaker
Ich hab total gemerkt, ich mach das nur, damit ich selber mich so ein bisschen von diesen Gefühlen so Schuld und Scham befreien kann in dem Moment.
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Speaker
Ja und dann habt ihr euch, wie ich finde, wirklich ehrlich zur Verfügung gestellt und habt gesagt, wow, bei uns löst das gerade ein totales Gestresstsein aus und wirklich eine Unruhe und wir haben jetzt den Drang, auch was tun zu müssen oder haben die Gedanken,
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Speaker
eure Erwartungen erfüllen zu müssen, jetzt auch was zu machen. Und das war für mich total überraschend, weil ich mit keiner Silbe so eine Gedanken hatte. Und das konnten wir dann ganz gut auflösen in dem Moment, weil ich dann sagen konnte, dass wir einfach Lust haben in den Momenten, wo das Kind gerade schläft und wir die Zeit haben.
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Speaker
dass wir aktiv werden wollen und dass wir Lust darauf haben und das wirklich aus unserem Anteil heraus passiert und damit überhaupt nicht einhergeht, dass wir denken, na jetzt müssten die ja auch was tun oder wir die Erwartungshaltung haben, einen Ausgleich für unsere Arbeiten zu bekommen.
Verletzlichkeit, Vertrauen und Verbindung
00:03:27
Speaker
Ja, wir hatten auf jeden Fall überlegt, schon Geld zu spenden für das Projekt, um uns zu erleichtern. Ist aber auch kein Wunder, weil ich kann für mich sagen,
00:03:36
Speaker
dass es mir wirklich nicht so leicht fällt mit engen Personen mich verletzlich zu zeigen. Ich habe total gute Erfahrungen damit gemacht, mich in der Außenwelt oder in die Außenwelt hinein verletzlich zu zeigen, weil ich mir den Eindruck damit gemacht habe, dass ich mich weniger angreifbar mache dadurch. Und deswegen kann ich sagen, das war für mich eine Hürde, dass mit mir nahestehenden Personen, mit denen ich auch noch in einem Haus wohne und eine Zukunft gestalten möchte,
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Speaker
das so ehrlich zu sagen. Und auch das ist total spannend, weil ich bin ganz anders. Also ich brauche erst einen gewissen Vertrauensbasis, um mich leichter öffnen zu können. Also bei mir dauert das länger.
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Speaker
bis ich sozusagen meine Mauern fallen lasse und mich traue, auch Traurigkeit zu zeigen oder auch Wut zu zeigen. Und bei Menschen, die ich noch nicht so lange kenne, habe ich immer die Sorge, dass die Verbindung dann bricht oder dass der Kontakt das nicht aushält.
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Speaker
Und das ist bei mir dieses, kann ich mich der anderen Person zumuten mit meiner geballten Ladung an Gefühlen oder Gedanken oder auch Wünschen und Bitten.
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Speaker
Ja, das höre ich. Und während ich die sprechen höre, denke ich auch, vielleicht sind die Motive sogar auch noch ein bisschen unterschiedlich, weil ich merke, ich will auch Kontakt aufbauen. Ich will Verbindung aufbauen, indem ich etwas von mir preisgebe, womit man dann arbeiten kann, was vielleicht sogar ein bisschen provokativ wirken kann, um Verbindung aufzubauen, um vielleicht das auch auf so
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Speaker
humoristische Art und Weise zu machen.
Mut zur Verletzlichkeit und persönliches Wachstum
00:05:24
Speaker
Und das, finde ich, geht ganz gut über Themen, die so eine Verletzlichkeit innehaben. Also da merke ich, ich habe so einen Mut, einfach mal was rauszuhauen. Ich wollte gerade sagen, ich finde das total mutig. Und das ist, glaube ich, nicht selbstverständlich.
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Speaker
sich zuzumuten und zu zeigen, das ist für mich echt mutig und eine Übungssache. Also ich konnte das nicht von jetzt auf gleich. Das liegt sicherlich auch an den Erfahrungen, die ich vielleicht in der Kindheit oder in meiner Sozialisierung gemacht habe. Ganz wahrscheinlich liegt es daran. Und diese Erfahrung zu überschreiben oder was Neues zu lernen, das ist ja auch nicht so trivial.
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Speaker
Ja, auf jeden Fall. Also ich kann für mich sagen, dass es mit engeren Bindungspersonen dieses Zumuten, was du gerade gesagt hast, für mich eine Herausforderung darstellt, weil ich denke, der Preis ist so hoch, den ich zahle, wenn dann Bindungsabbruch besteht oder dann wissen die Leute, wie ich noch sein kann. Also es hat irgendwie auch was damit zu tun, mich so komplett zu öffnen, mich so richtig nackig zu machen und mit allem einen Anteil zu zeigen.
Umgang mit Emotionen und die Bedeutung professioneller Hilfe
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Speaker
Du sagst gerade mit all den Anteilen, da brauche ich auch erstmal einen Zugang zu. Ich möchte die Gefühle auch erstmal wahrnehmen oder manchmal ist ja da schon die Hürde, dass ich mir gar nicht erlaube das gerade zu fühlen, was ich fühle oder den Zugang dazu zu haben und auch dieses Zulassen von
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Speaker
den Gedanken oder von den Anteilen, dass wir die auch teilweise gerne unter Verschluss behalten, aka Kellerkinder, oder ungern hingucken, weil sie eben auch mit so unguten Gefühlen verbunden sind. Du hast gerade gesagt, ein Schamgefühl oder eine Angst vor Verbindungsabbruch, das ist ja die Urangst, die uns da irgendwie begleitet.
00:07:35
Speaker
Bei manchen ist es vielleicht auch eine Angst vor Autonomieverlust oder so, wenn ich mich zu verletzlich zeige.
00:07:44
Speaker
Oder genau das Gegenteil, dass man dann so zu Oversharing neigt und damit vielleicht auch die Leute verschreckt, weil wir da so total ungeübt in Situationen poltern, die vielleicht gerade überhaupt nicht angebracht sind, weil wir den Raum damit irgendwie überhaupt nicht lesen, sondern einfach irgendwie wie so ein Elefant im Porzellanladen raushauen.
00:08:09
Speaker
Und ich glaube, was aber dem Ganzen zugrunde liegt, ist, wieso das Wort Sicherheit pingt bei mir auf, dass das die Basis ist, um diese Verletzlichkeit rauszuhauen und um auch die Anteile in mir, die ich vielleicht manchmal versuche zu verdrängen oder nicht kenne oder wie auch immer wegzuschauen, dass ich diese Anteile hochholen mag und angucken mag.
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Speaker
Ja, und da glaube ich, ist es auch eine gute Idee, das nicht alleine zu tun. Ja, also weil manchmal weiß man gar nicht, was da noch so im Dunkeln verborgen liegt, hat einen guten Grund, warum die da liegen, im Verborgenen. Und daher ist es auf jeden Fall auch unsere Erfahrung, dass es gut gelingt, auch mit Begleitung diesen Prozess zu gehen. Ja, und eben
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Speaker
vielleicht nicht als erstes sich seiner Familie zuzumuten in manchen Fällen, sondern Fachpersonen, bei denen man sich auch sicher sein kann, dass die so gut ausgebildet sind, dass sie diese Verletzlichkeiten oder diese Themen, die wir versuchen zu begraben, auch wirklich behutsam zu bergen und erstmal in die Mitte zu stellen und ohne Bewertung
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Speaker
die zu bearbeiten und vielleicht sogar im besten Fall Tipps geben, wie die sich nochmal verwandeln können.
Verbesserung der Beziehungsqualität durch Verletzlichkeit
00:09:38
Speaker
Und jetzt könnte man sich die Frage stellen, okay, wow, das klingt nach einem riesengroßen Aufwand. Und warum sollte ich das tun? What's in for me? Ja, also ich glaube, es lohnt sich allemal oder ist meine Erfahrung. Bei mir ist zum Glück bisher noch nie mehr weggerannt, wenn ich mich zugemutet habe. Und ich kann sagen, dass sich die Beziehungsqualitäten bei mir wirklich auf ganz vielen Bereichen extrem verbessert haben.
00:10:07
Speaker
haben. Ich bin den Leuten viel näher gekommen. Die Beziehungen haben sich verbessert. Dadurch ist innerhalb dieser Beziehung viel mehr möglich geworden. Viel mehr Themen sind besprechbar. Ich habe mehr Möglichkeiten, wenn es mir schlecht geht, Leute anzurufen oder eben Unterstützung.
00:10:27
Speaker
zu erfragen. Das ist auch meine Erfahrung, also dass die Beziehung, die Qualität enorm gestiegen ist, eine innigere Beziehung da ist, eine vielschichtigere Beziehung da ist und dass es mir auch besser damit geht, also dass ich
00:10:42
Speaker
natürlich immer noch eine Anspannung und eine Aufgeregtheit und eine Ungewissheit mit mir trage und dann, wenn das Gespräch passiert ist, auch eine riesengroße Entspannung und Gelassenheit und so ein Ausatmen und das kann ich im ganzen Körper spüren. Also mir geht es danach einfach viel, viel besser als jemals zuvor, wo ich diese Möchtegernhöflichkeit angewandt habe. Ist das auf alle Fälle nochmal auch eine andere Qualität in der Entspannung?
00:11:11
Speaker
Und ich glaube, wie wir das auch ohne Begleitung vielleicht schon mal so ein bisschen üben und in den Alltag integrieren können, sind mini kleine Situationen, in denen wir auf dem Fahrrad sitzen und einfach mal Leute anlächeln und das Gefühl, was in uns wohnt, auch einfach rauslassen und es nicht unter Verschluss halten, weil wir denken, wir müssen uns jetzt hier höflich uns verhalten. Diese kleinen Situationen nutzen, um uns einfach mal auszuprobieren,
00:11:38
Speaker
sich so zu verhalten, wie wir uns auch gerade spüren. Wenn man gerade gut drauf ist.
Einladung zur Hörerbeteiligung
00:11:44
Speaker
Ja. Oder auch andersrum, einfach mal loszumeckern. Ja, berichtet uns doch, wie das funktioniert hat mit dem einfachen Losmeckern. Ihr könnt uns gerne schreiben unter konflikte-at-kellerkinder.online und wir freuen uns aufs nächste Mal.