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Staffel 2, Folge 3: Dezentrales Erinnern und Denkmäler

20blue hour
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191 Plays11 months ago

In dieser Dezember-Ausgabe des 20blue-Podcasts spricht die aus dem Westen nach Leipzig gekommene Unternehmensgründerin Anja Mutschler mit einer Frau, die eine andere Geschichte hat: Gesine Oltmanns, Zeitzeugin und Mitgründerin der Stiftung Friedliche Revolution, seit 2009 im Kuratorium und im Vorstand.

Seit 1983 war Oltmanns in Leipzig in oppositionellen Gruppen. Heute ist sie Projektleiterin des lange geplanten, kontrovers debattierten und schon einmal verschobenen Freiheits- und Einheitsdenkmals in der Stadt. "Wenn wir 2027 fertig sind, dann sind wir gut", sagt sie dazu am Ende des Gesprächs.

Zuvor aber geht es darum, wie Erinnerung und wie Denkmale funktionieren können. Gesine Oltmanns bietet Einblicke in die Arbeit von "Institutionen der Erinnerungskultur", wobei sie "immer ein bisschen traurig" ist, "dass sich alles so sehr zentralisiert in Berlin", wohl auch durch "politische Nähe". Sie kämpfe für eine "dezentrale Sicht" der Dinge, um regionale Orte des Erinnerns und der "aktiven Demokratiearbeit", die sich mit 1989 verbinde.

Unterschiedliche Erinnerungen zeigt das Gespräch der beiden: So kam ganz anders als für Mutschler "die Wende" etwa für Oltmanns nicht plötzlich. Sie war ja längst involviert, mehr als andere damals in West und Ost. Dabei war auch für sie die große Demonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig das "Leuchtfeuer".

Trotzdem mag Oltmanns sich heute weniger auf solche Termine fixieren. Sie sei dankbar, sagt sie, für junge Blicke auf das Thema, denn "junge Leute sehen anders auf die Geschichte als Zeitzeugen und HistorikerInnen".

Dabei ist hier spannend zu hören, wie es damals war, denn Gesine Oltmanns ist Zeitzeugin. Ihr biografischer Weg führte vom Erzgebirge über das Muldental nach Leipzig, in Räume der Kirche und der Opposition bis ins Gefängnis.

Sie erzählt auch, wie die "Friedensgebete" einst weit weniger pastoral als sozial relevant waren, wie auch die "Ausreisebewegung" und die "Friedhofsruhe" in der DDR dazu führten, dass sich 1989 dann doch etwas geändert hat.

Wie aber packt man das in ein Denkmal? Darauf antwortet sie vor allem mit einem Ansatz von Offenheit, Partizipation und dem Hinweis, dass es jetzt auch keinen neuen Architekten-Wettbewerb als vielmehr einen künstlerischen gebe. Auch entscheide nicht mehr eine Jury allein. Schon für die "heikle Standortfrage" sei mit zahlreichen Bürgern eine "kluge Entscheidung" gefunden worden.

Die Stiftung Friedliche Revolution ist von der Stadt beauftragt, das Denkmal umzusetzen. Sie ist laut Oltmanns eine private Stiftung, die Werte der Friedlichen Revolution vermitteln soll, wozu auch Gewaltfreiheit gehöre.

Kann aber ein Denkmal einer biografischen Erinnerung wie der von Gesine Oltmanns gerecht werden? Sie sagt: Menschen müssen sich da gut aufgehoben fühlen. Das ist nach ihren Worten auch der Auftrag an eine künstlerische Lösung, ihr persönlicher Wunsch und ein "großes Glück", wenn es gelingen würde.

"Wir wollen an den 9. Oktober erinnern", sagt Oltmanns, aber auch daran, dass damals nicht nur Leipzigerinnen und Leipziger hier demonstrierten, vielmehr viele Menschen aus ganz Ostdeutschland.

Zeitzeugen müssen laut Zeitzeugin von ihrem Anspruch weg, damals die alleinigen Akteure gewesen zu sein. Das müsse größer gesehen werden: In ganz Mittel- und Osteuropa habe es eine Revolution gegeben. Nicht in der DDR allein sei damals der eiserne Vorhang zu Fall gebracht worden.

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Transcript

Einführung und Kontext

00:00:00
Speaker
Das sehen wir als unsere Aufgabe, wirklich für dieses Denkmal eine gute Atmosphäre zu schaffen, die aber ganz stark geprägt ist von der Offenheit. Also Offenheit für das Ergebnis, Offenheit auch für das, was sich dann daraus entwickeln wird. Der Umgang mit dem Denkmal oder mit dieser künstlerischen Auseinandersetzung, der wird ja noch mal wahnsinnig spannend werden. 20 Blue Hour, der Debattenpodcast vom Research Institut 20 Blue.
00:00:33
Speaker
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe der 20 Blue Hour. Eine Session, auf die ich mich schon lange gefreut habe. Wir sprechen heute über richtiges Erinnern und wenn ich wir sage, meine ich Gesine Oldmans und mich. Hallo Gesine. Hallo, ich grüße dich.
00:00:53
Speaker
Wir sitzen hier am 1. Dezember, es ist halb elf morgens, in einem Leipziger Podcaststudio. Danke Michael, dass du uns diesen Platz hier freischaltest.

Gesine Oldmans und das Freiheits- und Einheitsdenkmal

00:01:04
Speaker
Sie können uns also sehen, das finde ich auch immer sehr schön. Und das Thema, das wir haben, ist durchaus auch ein atmosphärisches. Deswegen finde ich es auch ganz schön, wenn wir dieses Thema des Erinnerns in einem Raum gemeinsam begehen können.
00:01:16
Speaker
Warum habe ich dich eingeladen, Gesine? Du bist Projektleiterin des Freiheits- und Einheitsdenkmals, das in Leipzig derzeit geplant wird. Es gibt eine Denkmalwerkstatt im Spexhof, also wer mal in Leipzig ist oder in der Innenstadt, darf da auch gerne vorbeigucken.
00:01:33
Speaker
Du bist mit einem großen Erinnerungsschatz und Erfahrungsschatz zu dieser Projektleitung gekommen. Die Wahl fiel da sicherlich nicht zufällig auf dich und ich glaube, dass es eine gute Wahl ist, um das mal vorwegzunehmen.
00:01:49
Speaker
dass ein kompliziertes Thema ist. Woran erinnern wir uns hier? Wir erinnern uns an die friedliche Revolution. Dieses Denkmal soll der friedlichen Revolution, die in Leipzig vor allem das Datum des 9. Oktober 89 trägt, gedenken. Und da sind schon in diesem Satz ganz viele Dinge, über die wir heute sprechen

Erinnerungskultur und Dezentralisierung

00:02:10
Speaker
können, drin. Was heißt gedenken? Was heißt erinnern? Was heißt Denkmal? Und, liebe Gesine, das ist das, worüber wir uns heute unterhalten wollen. Schön, dass du hier bist.
00:02:19
Speaker
Du hast mir erzählt, dass du diese Woche in Berlin warst auf einer Tagung. Da ging es auch ums Erinnern, wenn ich das richtig weiß.
00:02:26
Speaker
Ja, sehr viele Institutionen der Erinnerungskultur, wenn man es so nennen will, sind ja in Berlin verortet, also auch die Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, die sich nach der Enquetekommission in den 90er Jahren gegründet wurde, errichtet wurde vom Bundestag und sich seitdem wirklich fantastisch entwickelt hat.
00:02:49
Speaker
Ich bin immer ein bisschen traurig, dass sich alles so sehr zentralisiert in Berlin. Gerade durch die Mauergedenkstätten und durch die viele politische Nähe ist da sicher einiges so zentral entwickelt worden. Ich kämpfe da in diesen Gremien mehr oder weniger um eine dezentrale Sicht auf die Erinnerungskultur und besonders auch die Stärkung der regionalen

Persönliche Erinnerungen und kollektive Narrative

00:03:14
Speaker
Orte des Gedenkens, des Erinnerns oder der aktiven Demokratiearbeit, die sich mit 89 verbindet. Mit 89 verbindet ist schon mal ein guter Ausdruck. Ich komme ja ursprünglich aus Westdeutschland, war 2000 bis 2002 in Leipzig und dann seit 2009 dauerhaft. Und für mich ist dieser 9. November 89 ein klassischer Gedenktag zum Tag,
00:03:40
Speaker
der friedlichen Revolution und du sagtest ihr so, nö, eigentlich für mich nicht so. Da zeigt sich ja schon diese Ebene des dezentralen Erinnerns. In Leipzig gibt es eine andere Achse, also du erinnerst dich an anderes. Ja, für mich ist die
00:03:57
Speaker
das Gedenken an 89 oder die Erinnerung an 89 ganz stark auch mit einer Entwicklung verbunden. Also für mich ist es nicht so ein Mauerfall am 9. November, sondern es hat eine ganz starke Vorgeschichte, die auch mit Menschen verbunden ist, die sich extrem engagiert haben, besonders hier in Leipzig, 88, 89 sehr viel Aktionen, Diskussionen geführt haben, innerhalb und außerhalb von Kirche zum Beispiel.
00:04:26
Speaker
Aber es ist eben auch mit ganz großartigen Erlebnissen verbunden. Und da ist in Leipzig der 9. Oktober das große Leuchtfeuer in dieser Erinnerung. Und du persönlich hast ja auch dann eine Erinnerung vom 9. Oktober für dich persönlich.
00:04:49
Speaker
Du warst irgendwie ja dann präsent und gleichzeitig beschäftigst du dich jetzt seit sehr vielen Jahren mit diesem 9. Oktober und hörst viele andere Erinnerungen. Unterscheidet sich das?

Friedensgebete und gesellschaftliche Veränderungen

00:05:04
Speaker
Was macht das mit dir, wenn du jetzt sagst, 9. Oktober ist es deine eigene Erinnerung nach wie vor noch oder ist das mittlerweile ein Mosaik aus Erinnerungen?
00:05:14
Speaker
Also ich bin ganz froh, dass sich der Blick jetzt nicht mehr so statisch auf Termine oder Daten fixiert, sondern dass wir halt in den letzten Jahren gelernt haben, sehr viele Perspektiven einzunehmen und da bin ich auch dem jungen Blick sehr dankbar, die wirklich sich da eingebracht haben. Junge Leute schauen anders auf die Geschichte und wir
00:05:37
Speaker
als die Zeitzeugen oder auch die Historikerinnen, die können davon sehr, sehr viel Öffnung auch für ihre Arbeit und für die Erinnerungskulturarbeit mitnehmen. Dafür bin ich sehr dankbar. Für mich selber ist es halt eine sehr biografische Geschichte. Ich bin 1983 nach Leipzig gekommen, nachdem ich eine Schulzeit in der Provinz im Muldental
00:06:02
Speaker
erlebt habe, war Leipzig für mich die Traumstadt. Ich habe gemerkt, hier gibt es tolle Musik, hier gibt es eine Kunstszene. Ich hatte auch familiär hier eine Anbindung, sodass ich dann hier wirklich auch gut angelandet bin in den Szenen, die ich kennenlernen wollte. Ich habe dann auch die Nikolaikirche kennengelernt.
00:06:24
Speaker
Ich war als Pastorentochter schon oft gewohnt, einen Raum der Kirche zu suchen und traf dann hier in den Friedensgebeten auf Menschen, die ganz andere Themen ansprachen, die ganz andere Diskussionen führten, als ich es so offiziell kannte. Gab es diese Friedensgebeten 83 schon? Die gab es 83 schon, die sind ja 81.
00:06:48
Speaker
durch eine Initiative von jungen Leuten, die auf die Kirchgemeinde zugegangen sind und gesagt haben, wir wollen aus der Friedensdekade, die damals neu entstand, deutschlandweit, auch in der DDR, diese Friedensgebete fortführen. Dann begann praktisch jeden Montag eine Gruppe in Leipzig, die Verantwortung für diese Friedensgebete zu übernehmen.
00:07:12
Speaker
Das war großartig. Das war nämlich ein offener Raum, ein Raum für freies Wort in dem Sinne. Und es war halt auch ein Raum für Themen, die sonst ja versteckt waren. Dieses Thema des Schutzraumes spielt in dieser Perspektive einer 88, 89-Perspektive ja eine große Rolle. Man wollte einen Raum entwickeln, in dem man sich frei äußern kann, ohne Zensur.
00:07:42
Speaker
Und es ist ja auch viel geschrieben worden darüber, dass das Ende dieser Wende jetzt nicht der Anfang der Bewegung war, sondern das, was im Zentrum stand, war, diesen Schutzraum im Grunde auszudehnen auf auch einen öffentlicheren Raum und eine Demokratisierung der Gesellschaft als solcher.
00:08:04
Speaker
War das, was die Leute ursprünglich motiviert hat, auf die Straße zu gehen? Also die Themen, auch der Friedensgebet, auch wenn es jetzt so christlich-pastoral klingt, waren Themen der Gesellschaft. Also das, was halt an großen Konflikten die Menschen hatten mit dem Staat und mit der Gesellschaft, die wurden dort thematisiert und von daher war es ein extrem politischer Raum.
00:08:29
Speaker
Das entwickelte sich gerade in den Jahren 1988 und 1989 noch mal stärker, weil halt auch die Konfrontation mit Staat, auch die visionäre Reformbewegung in der DDR sich viel stärker ausprägte und zum anderen halt auch die Ausreisebewegung
00:08:50
Speaker
so einen starken Einfluss hatte. Wir haben wochenlang jeden Tag, jede Woche Freunde verabschiedet. Da muss man ja immer sagen, das war auf Nimmerwiedersehen. Die Leute waren dann weg für uns. Wir konnten ja nicht mal telefonieren, so einfach und frei. Viel Schmerz auch heute. Es war eine große Traurigkeit.
00:09:15
Speaker
die sich damit immer verbannt und das hat uns natürlich auch geprägt und hat viel Kraft gekostet, sich da dagegenzustellen und zu sagen, in dem Land muss sich was ändern, mit den Menschen hier muss sich was ändern und obwohl wir das ja oft das Gefühl hatten und
00:09:35
Speaker
Hier ist so eine Friedhofsruhe. Niemand spricht darüber. Es gibt zwar private Räume, über die gesellschaftlichen Konflikte gesprochen werden, aber es gibt halt keine öffentliche Diskussion dazu. Und die Verweigerung des Staates, da mit seinen Menschen, mit seinem Volk ins Gespräch zu kommen, die hat, glaube ich, sehr viel bewegt im Herbst 89.
00:10:01
Speaker
Und es wurde ja auch durchaus bestraft. Auch du musstest ja in Kauf nehmen und bist diesen Weg auch gegangen, diesen Kampf, um mehr Meinungsäußerungen und mehr Demokratisierung nach außen zu

Politische Erweckung und Widerstand

00:10:19
Speaker
fechten. Du warst eine Zeit lang im Gefängnis. Ja, ich bin halt 87, war für mich so ein ...
00:10:26
Speaker
gewisses politisches coming out. Ich habe durch diese kirchliche Jugendarbeit mitbekommen, dass es einen Olaf-Palme-Friedensmarsch in der DDR geben wird und mich da beteiligt. Das war eine ganz außergewöhnliche Situation. Die DDR hat sich offiziell in diese Friedensinitiative aus Schweden mit eingebracht, einen eisernen Vorhang entlang Demonstrationen zu initiieren.
00:10:53
Speaker
Das war ein vollkommen neues Gefühl für uns. Wir sind da auf der Straße, wir waren vielleicht 200 Menschen. Wir haben einen Pilgerweg von Ramsbrück nach Sachsenhausen gemacht.
00:11:06
Speaker
der war initiiert von der Aktion Sühnezeichen. Die haben die Initiative aufgenommen, hatten das organisiert. Ich dachte, das ist doch interessant, da will ich dabei sein. Da liefen dann auf einmal Leute mit Plakaten, die Veränderungen in der Friedenspolitik forderten, die eine stärkere Friedensbildung forderten, Erziehung. Genau das, was eigentlich ...
00:11:32
Speaker
in der DDR gerade einen anderen Ausschlag hatte, dass militärische Erziehung in der Schule eingeführt wurde und all so was, die militärische Erziehung in den Kindergärten schon begann. Also es war eigentlich für uns eine irre Situation. Wir durften auf einmal laufen und wir übten eigentlich da zu demonstrieren. Und danach ging es aber wieder. Das war wirklich ein kurzer Moment von vielleicht zehn Tagen.
00:11:57
Speaker
Danach war es wieder eiskalt in der DDR. Da hatte man das Gefühl, es war wirklich nur so eine Phase. Aber in euch drin saß das Gefühl, ne? Genau. Diese Mobilisierung war irgendwie passiert und wir haben uns das nicht mehr nehmen lassen. Sodass ich dann im Januar 88 als
00:12:19
Speaker
Oder auch schon im November 1987, als in Berlin die Umweltbibliothek von der Stasi überfallen wurde, muss man schon sagen, durch sucht wurde, Leute verhaftet wurden, dass wir da schon total sensibel waren und dann auch uns solidarisiert haben, versucht haben, ein Netzwerk aufzubauen, was Maden machen und Friedensgebet.
00:12:42
Speaker
Gebäude für den Haftierten initiiert. Das waren ja alles so kleine Bausteinchen, die dann im Endeffekt was in Bewegung setzten. Also das, was du jetzt hier erzählst, klingt
00:12:58
Speaker
Im Grunde wie was, was ich niemals in ein Denkmal packen kann.

Zukunft des Denkmals und Bürgerbeteiligung

00:13:03
Speaker
Und trotzdem wird es dieses Denkmal aller Voraussicht nach geben. Also die Pläne sind gemacht und der nächste Schritt ist der Architektenwettbewerb, wenn ich richtig informiert bin.
00:13:13
Speaker
Lass uns mal über diesen Begriff des Denkmals sprechen. Wie gehst du mit ihm um als Projektleiterin? Welchen Widerstand erfährst du? Wo kommt der überhaupt her? Der ist, glaube ich, nicht vom Himmel gefallen. Die Diskussion ist schon einige Jahre alt.
00:13:28
Speaker
Und vielleicht kannst du auch schon ein bisschen einen Ausblick geben, in welche Richtung es aus deiner Sicht gehen wird, gehen könnte. Oder du darfst auch einen Wunsch sagen, kannst auch sagen, ich will gar nichts sagen, aber würde mich mal wirklich dieser Begriff Denkmal interessieren. Da kannst du das ja doch gar nicht konservieren, was du jetzt erzählt hast an Stimmung und an
00:13:50
Speaker
an Situationen, die alles dazu geführt haben, was 1989 passiert ist. Was mich sehr bewegt bei diesem Thema Freiheits- und Einheitsdenkmal ist, dass wir diese Erinnerung ja in die Zukunft überbrücken wollen. Wir wollen das, was bewegt, bewegen kann, vermitteln, damit
00:14:11
Speaker
die Menschen und die jungen Leute, die dieses Denkmal zukünftig begegnen, dass sie diesen starken Impuls mitnehmen können und auch dieses Zutrauen, diese Selbstermächtigung, die 1989 passierte, für sich entdecken.
00:14:31
Speaker
Und das ist etwas, was mich sehr motiviert, für dieses Denkmal zu arbeiten, weil es für mich selber einen Umgang mit biografischen oder zeitgeschichtlichen Entwicklungen und Bewegungen bedeutet.
00:14:46
Speaker
Insofern haben wir uns auch als Stiftung, der eigentlich genau diesen Gründungsplatz hat, die Stiftung Friedliche Revolution ist praktisch von der Stadt beauftragt und bevollmächtigt, diesen Prozess für das Freiheits- und Einheitsdenkmal zu führen. Die wurde gegründet 2008 auch, glaube ich. 2009 war ja 20 Jahre Friedliche Revolution und da haben wirklich Leute aus Ost und West, von daher ist es irgendwie auch was ganz Tolles, gemeinsam diese Stiftung errichtet.
00:15:15
Speaker
Das ist eine private Stiftung, die sich sehr vielfältigen Projektansätzen widmet und Themen, aber immer unter dem Hintergrund, die Werte der friedlichen Revolution zu vermitteln. Das heißt, gewaltfreie Lösungen zu suchen und offen für alle mit einer großen Offenheit den Themen zu begegnen.
00:15:41
Speaker
Es sind so verschiedene Ansätze und ich glaube, dass wir deshalb auch von der Stadt gefragt wurden, diesen Prozess in die Hand zu nehmen, denn die Stadt hatte ja einen ersten Anlauf für das Freiheits- und Einheitsdenkmal erstmal auf Eis legen müssen, weil sehr kleine und große Fehler da passiert waren.
00:16:00
Speaker
Es hat aber halt die Stimmung sehr geprägt in Leipzig. Das war fast ein bisschen kämpferisch. Verbitterung gegenüber dem Thema und auch, dass man so sagt, das ist ja sinnlos, das ist auch keinem gerecht zu werden, weder den Zeitzeugen noch denen, die heute dem begegnen.
00:16:23
Speaker
eine schwierige Situation gewesen. Und dann haben wir gesagt, wir wollen erst mal wissen, wie ist die Atmosphäre für das Denkmal. Die Stiftung hat deshalb eine repräsentative Umfrage gemacht, 2018. Und da kam was ganz Verblüffendes heraus, dass das Denkmal gewollt ist. Von 80 Prozent der Befragten bundesweit und 70 Prozent in Leipzig. Fanden wir höchst erstaunlich, vor allen Dingen von jungen Leuten.
00:16:51
Speaker
Da haben wir gedacht, wenn das so ist, wenn man sich so ein Bild zeichnet, dann wollen wir dieses höchst schwierige Thema eines zweiten Anlaufes gerne in die Hand nehmen. Mir fällt da der Begriff Deutungshoheit ein, der vielleicht Teil des ersten Scheiterns gewesen sein mag. Denn du hast aus deiner Biografie
00:17:18
Speaker
deine Geschichte, die verbunden ist mit dem Thema. Ich habe ja wieder eine ganz andere Geschichte. Ich bin Politikwissenschaftlerin, ich kann super viel damit anfangen. Und trotzdem gucke ich natürlich drauf. Und so geht es ja 500.000 Leipzigern und 85 Millionen Deutschen. Also es gibt eine Verbindung zu diesem Thema, die höchst verschieden sein kann. Und dann gibt es Akteure wie eine Stadt in Leipzig, die
00:17:44
Speaker
auch durchaus einen wichtigen Moment. Ich meine, wir feiern jedes Jahr am 9. Oktober etwas und wir sind weltweit oder zumindest international bekannt auch dafür, ein Ort der friedlichen Revolution zu sein. Das heißt, sich darauf zu einigen, was das eigentlich ist, ist ja erstmal wichtig und auf der anderen Seite
00:18:04
Speaker
Es ist ein Narrativ zu bilden, eine Geschichte zu erzählen. Eine ganz große Herausforderung. Und wenn ich dir jetzt zuhöre, ich habe ja auch, das ist eine tolle Broschüre, wie kam es überhaupt zu diesem Freiheits- und Einheitsdenkmal. Die Geschichte geht ja auch, wählt einen Wert der friedlichen Revolution, nämlich Beteiligung.
00:18:29
Speaker
um überhaupt dazu zu kommen, was wird es sein und was wollen wir erinnern? Insofern würdest du sagen, ist es für dieses Denkmal wichtig, dass man an etwas erinnert oder ist es wichtiger, dass man diese Werte weitergibt?
00:18:52
Speaker
Ich denke, wichtig ist, dass sie ein Anstoß sind für uns heute. Die Themen sind oftmals ganz ähnlich oder haben sich fortgesetzt in einer anderen Form. Das spielen sie auch heute für junge Leute eine große Rolle.
00:19:11
Speaker
Ich denke, dass der Stadtrat sehr richtig beschlossen hat, dass es ein sehr partizipatives Verfahren sein will und das nehmen wir. Das liegt uns als Stiftung natürlich ganz sehr am Herzen, mit gewissen Grenzen. Es ist kein Architekturwettbewerb, das kann ich nicht mehr erklären.
00:19:30
Speaker
Es soll ein international künstlerischer Wettbewerb sein und da gibt es auch ganz formal das Mitspracherecht am Ergebnis auf eine Jury begrenzt und man kann natürlich auch mit so einem Ergebnis umgehen und das sehen wir als unsere Aufgabe.
00:19:49
Speaker
Wir sehen uns wirklich für dieses Denkmal eine gute Atmosphäre zu schaffen, die aber ganz stark geprägt ist von der Offenheit. Also Offenheit für das Ergebnis, Offenheit auch für das, was sich dann daraus entwickeln wird.
00:20:03
Speaker
Der Umgang mit dem Denkmal oder mit dieser künstlerischen Auseinandersetzung, der wird ja nochmal wahnsinnig spannend werden. Erzähl doch nochmal, wie ihr zur Ortsauswahl kam. Das war ja der Moment, in dem sehr viel Beteiligung stattgefunden hat. Was habt ihr da gemacht?

Standortwahl und Bürgerbeteiligung

00:20:20
Speaker
Es hatte sich im ersten Anlauf, so nennen wir das immer, dieses erste Verfahren zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig,
00:20:26
Speaker
hatte sich schon abgezeichnet, dass der Ort Wilhelm-Leuschnerplatz eigentlich von der Stadtgesellschaft nicht gemocht wurde. Also es war sicher damals auch eine Lösung für eine planerische Städtebaulichtplanerische Idee. Aber der Leuschnerplatz, damit haben die Leitzigerinnen einfach total gefremdet.
00:20:49
Speaker
Und wir haben gedacht, wenn wir jetzt das Thema Standort aufmachen, dann ist das eigentlich die heiteste Frage. Und wir wollen die gern eigentlich nur begleitend entwickeln, einen Entschluss dafür, sondern wir wollen halt gern schon da die Leipzigerinnen und Leipziger
00:21:09
Speaker
gemeinsam überlegen lassen, was könnte, welcher Ort könnte es werden. Und dann haben wir einen Bürgerrat eingerufen. Das war 2022 im Januar wirklich eine sehr spektakuläre Sache. Erstens war es noch Corona-Zeit. Es muss eine Form gefunden werden für einen Bürgerrat, der sich hybrid, also in Präsenz und digital, umsetzbar ist. Und wir waren aber
00:21:36
Speaker
Wir haben gedacht, diese Standortfindung ist so entscheidend, die muss ganz am Anfang stehen. Das ist halt Grundlage für alles. Und wir haben dann 40 Leute eingeladen durch Corona, haben dann 35 teilgenommen aus einer Auswahl von 1000 eingeladenen Bürgerinnen und Bürgern. Also da gibt es immer so eine
00:21:58
Speaker
Rückmelde-Variante. Wir haben dieses ganze Verfahren von einem sehr erfahrenen Institut in Berlin durchführen lassen. Wir haben uns da gar nicht eingemischt, waren praktisch nur Mäuschen und Zuhörerinnen. Und was sich da abgezeichnet hat in den Diskussionen, also die wurden gut geprivt, die haben einen Stadtrundgang gemacht. Wir haben hier die wichtigen historischen Orte wie Runde Ecke und Leipziger Ring und Nikolaikirchhof.
00:22:24
Speaker
Die sind wir alle zusammen abgelaufen. Es war ja frische Luft. Das konnte man auch unter Corona-Bedingungen machen. Und daraus hat sich eine Diskussion über zwei Tage entsponnen aus ganz verschiedenen Teilnehmern. Sie waren biografisch in unterschiedlichem Sinne. Eine junge Mutter mit einem Baby auf den Schoß. Und dann war eben jemand, der gerade neu in Leipzig war.
00:22:48
Speaker
Es waren Zeitzeugen dabei oder Menschen, die hier schon lange lebten, aber auch alte. Also so eine wirklich gute Mischung, das hatten wir auch in der Einladung mitbeachtet, dass es bestimmte Kategorien gab, die erfüllt werden mussten.
00:23:06
Speaker
Und die haben über zwei Tage Diskussion dann den Entschluss gefasst, doch wieder den Wilhelm-Leuschner-Platz zu benennen und vorzuschlagen. Und ihr seid jeden Ort durchgegangen. Das konnte man ja auch der Broschüre entnehmen. Und es war am Anfang ja nicht klar, dass es der Wilhelm-Leuschner-Platz würde. Also so die allererste Abfrage war. Und dann dieses tiefe reingehen und gucken.
00:23:33
Speaker
Was sprach am Ende dafür, dass dort stattfinden zu lassen? Wir hatten sehr aufgeladene Orte, z.B. der ehemalige Standort des Blauen Wunders, wo im Gespräch mit den Zeitzeugen, die den Stadthundgang bekleidet haben, klar wurde, welche historische Bedeutung das hatte. Oder die Runderecke, welche Geschichte sich damit verbindet.
00:23:55
Speaker
Und dann haben die Teilnehmenden aus einem Ranking, was am Anfang abgestimmt wurde, also praktisch nur mit dem einen Druck, wir sitzen jetzt zusammen und wollen da zu arbeiten, hat sich der Leuchnerplatz von der letzten Position in diesem Ranking auf den ersten zum Schluss.
00:24:17
Speaker
diskutiert und das fand ich irgendwie so klug. Weil der Bürgerrat, die Personen, die da teilgenommen haben, wirklich in die Zukunft geschaut haben. Die haben sich nach Gesprächen und Auseinandersetzungen gemerkt, was da für ein neuer Platz entsteht. Mit Uni, mit Naturkundemuseum, mit Markthalle, mit Volkshochschule.
00:24:40
Speaker
wie lebendig der Ort irgendwann sein wird und dass diese Fläche im westlichen Teil des Leuschner Platzes eine Freifläche werden soll. Also dass es wirklich eine möglichst grüne, sehr aufenthaltsfreundliche Fläche werden soll. Und da haben sie gesagt, das ist doch der richtige Ort für ein Denkmal.
00:25:02
Speaker
Du hast es ja beschrieben, es ist kein aufgeladener Ort historisch. Er hat eine widerständige Geschichte, muss man sagen. Es gibt zwei Ereignisse, die sich auch im Widerstand in der DDR damit verbinden. Das ist einmal die Beat-Demonstration 1965 mit tausenden Jugendlichen.
00:25:22
Speaker
Und dann noch mal eine Aktion, die sich in dem Tunnel des Leuschnerplatzes, der damals die Innenstadt mit Richtung Stadtbibliothek verband. Da war eine Aktion mit Graffitis, die war auch sehr wichtig für das, was sich in Leipzig entwickelt hat.
00:25:41
Speaker
Super spannend finde ich hier, dass auch diese zwei Widerstände offensichtlich von jungen Menschen damals ausgehen. Und das zieht sich ja so ein bisschen durch. Also wenn ich dir jetzt auch gelauscht habe, du warst 83 in Leipzig, eine junge Gruppe hat diese Friedensgebeten angestoßen, eine junge Gruppe hat auch
00:26:05
Speaker
war fester Bestandteil dieser späteren Demonstrationen und der Friedensbewegung. Jetzt sagst du auch im Denkmal selber, haben dir die Impulse junger Menschen besonders viel gegeben. Also ist es irgendwie vielleicht auch so eine Art Zukunfts...
00:26:24
Speaker
Ich würde es nicht denkmal sagen, dann wird es absurd. Aber diese Zukunftigkeit finde ich sehr spannend. Und zugleich ist sie vielleicht auch eine Barriere gegen die Vereinnahmung von allzu starkem Erinnern an etwas.

Künstlerische Interpretationen und historische Erzählungen

00:26:45
Speaker
Wir wissen ja auch, dass es auch Widerstand gegen diese Art von Denkmal gibt und der kommt zum Teil auch von Menschen, die damals auch auf der Straße waren und sozusagen ihre biografische Erinnerung da nicht wiedergespiegelt sehen beispielsweise oder nicht ausführlich gewürdigt sehen.
00:27:08
Speaker
Hast du da eine Antwort oder wie betrachtest du diesen Widerstand gegen das Denkmal so, wie ihr euch das jetzt vorstellt? Wie gehst du damit um?
00:27:19
Speaker
Ich sehe da eigentlich nicht einen Widerstand, sondern ich sehe eher so eine Enttäuschung, dass das, was ich selber erlebt habe, halt in so ein ganzes Auf geht, in so ein großes Thema aufgehen muss. Natürlich ist das wichtig. Das ist das Essenzielle, wenn man auch über ein Freiheits- und Einheitsdenkmal redet.
00:27:40
Speaker
eine künstlerische Form sich damit auseinandersetzen. Das ist ja nochmal vollkommen anders, als es eine historische Erzählung ist oder ein Narrativ, was sich aus 89 entwickelt hat. Und ich finde, man kommt ganz gut auf die Leute zu, die sich sehr stark mit 89 und DDR verbunden fühlen und auch dem danach, muss man ja immer sagen, wenn wir uns sagen, wir wollen an den 9. Oktober erinnern.
00:28:11
Speaker
Der 9. Oktober war ja nicht ein Leipziger Ereignis in dem Sinne, sondern da waren viele aus ganz Ostdeutschland hier unterwegs. Das vergisst man manchmal zu erzählen. Es wird immer so, die 70.000 Leipzigerinnen und Leipziger waren auf dem Leipziger Ring und demonstrierten gegen
00:28:30
Speaker
Das war nicht so, das waren viele von außerhalb mit dabei. Ich erinnere mich, dass bei dem Bürgerrat bei unserem Stadtrundgang ein Herr, der auch 89 da am blauen Wunder dieser Fußgängerbrücke mit stand und erzählt ist, dass es ihn total berührt hat, als da oben ein Plakat auftauchte.
00:28:53
Speaker
Die Eisenacher grüßen die Leipziger Montagsdemonstranten. Und wenn das jetzt so in die Fläche geht und wenn das jetzt Leute von außen, alle Ostdeutschland insgesamt, die DDR insgesamt in Bewegung kommt, dann schaffen wir es. Und irgendwie war das für mich so schön, weil es ja gerade auch darum geht, nicht nur Leipzig zu erinnern, sondern das Leipziger Denkmal soll für ganz Ostdeutschland stehen.
00:29:22
Speaker
Und das ist so ein Thema, was wir als Stiftung auch gern groß machen wollen. Ja, du hast es schön gesagt, dass es notwendig ist, dass eine biografische Erinnerung aufgeht in ein größeres Gedenken. Also dass das dieser eine Schritt sein muss, den musstest du ja vielleicht auch irgendwann mal gehen, weiß ich nicht, keine Ahnung.
00:29:45
Speaker
Aber das ist auf jeden Fall ein Weg, eine Reflexion dorthin. Hast du trotzdem das Gefühl, man kann einer biografischen Ebene gerecht werden? Man kann ja jemanden nicht in die Erinnerung klauen. Die gehört dieser Person und sie hat auch alles andere darauf.
00:30:06
Speaker
Kann das zusammengehen oder ist sozusagen die Forderung da? Du, die Geschichte gehört dir nicht. Move on, geh weiter, mach weiter. Ja, es geht nicht um das Gehören, sondern es geht für mich darum, dass die Menschen sehen, ich bin da gut aufgehoben in dem Thema oder in der künstlerischen Auseinandersetzung.
00:30:31
Speaker
Ich bin Teil dieser Bewegung damals gewesen und ich gehöre damit dazu. Also dieses sich Verbinden mit dem, was dann vielleicht künstlerisch umgesetzt wird, das würde ich mir wünschen, dass das gelingt. Aber das ist natürlich auch ein großes Glück, wenn das gelingt. Da braucht es eigentlich eine Vielsprachigkeit, ne? Vielsprachigkeit und auch kann es nicht mit einer Errichtung des Denkmals abgeschlossen sein.
00:31:01
Speaker
Das kennen ja auch die Formen gar nicht. Das kann genauso eine Audioinstallation sein wie eine monumentale Bronzefigur. Wir kennen diese Formen noch nicht.
00:31:18
Speaker
Ich meine, die Zeitzeugen müssen natürlich ein bisschen von ihrem Anspruch runtergehen, dass sie der alleinige Akteur waren, sondern es waren auch 1989 und in den 80er Jahren die Entwicklung mit im
00:31:38
Speaker
in Ost-Mitteleuropa und auch die Verbindung der Freiheitsrevolution hier mit den Revolutionen in ganz Mitteleuropa. Das sind für mich Dinge, wo ich sage, wir müssen uns einordnen, wir müssen uns auch in dem Großen sehen und dürfen das. Weil in der ganzen Bewegung in Mitteleuropa einschließlich Ostdeutschland und der ehemaligen DDR dieses große
00:32:07
Speaker
Nur das hat den eisernen Vorhang wirklich zum Fall gebracht. Es war nicht die DDR, die das geschafft hat und die Mauer umgeschubst hat, sondern es war eine riesen Vernetzung von Ereignissen, von Bewegungen, von Geschichten.
00:32:25
Speaker
Wenn ich alleine an Polen denke und die Solidarnasch oder an Tschechien, an die Karta, wie haben die uns auch motiviert? Also Texte von Wacza Fawel, die haben mich geprägt. Auch damals in meinem Tun, die nehme ich auch heute mit.
00:32:41
Speaker
Die sind ja auch in gewisser Weise zeitlos, denn ich war jetzt, das ist ein kleiner Seitenweg, aber ich empfehle es allen, die jetzt hier zuhören und vielleicht auch dir, Gesine, in der neuen Ausstellung der neuen Nationalgalerie, 45 bis 2000, Zerreißprobe.
00:33:00
Speaker
Die beiden Deutschlands, aber auch weltweit. Ich bin Kunsthistorikerin auch und es war eine der Ausstellungen, die für mich absolut gelungen es geschafft haben entlang der bekannten Marken, die man so kennt. Henry Moore, den Giacometti, den Randy Newman.
00:33:22
Speaker
zu ergänzen mit unfassbar spannenden Gegenperspektiven. Also man kommt rein, 50er Jahre, links geht die abstrakte Westamerikanische Kunst los und rechts biegt es dann wirklich sprichwörtlich auch ab in die sehr figurliche, am Anfang man sieht es noch ganz klar von der klassischen Moderne geprägte Bilder, die dann immer monumentaler und heroischer werden. Allein dieser Moment,
00:33:47
Speaker
zeigt, wie vielfältig Gegenwart jeweils wahrgenommen wird. Das kann ich jedem empfehlen, der sich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Da gab es auch ganz viele Impulse. Von beiden Seiten der Mauern sind Kunststipendiaten. Auf der einen Seite ein amerikanischer Künstler, der mit Marmeladenbroten eine Mauer baut.
00:34:12
Speaker
um sozusagen ein Gegenpol zur schon existierenden, es war 65, zur existierenden Mauer zu stehen. Auf der anderen Seite der ungarische Künstler, der draufschreibt, er wünschte sich, er könnte jenseits der Mauer sehen, was geht. Die sehen sich nicht und trotzdem gibt es eine Korrespondenz und einen, du hast es gesagt, so eine Atmosphäre, ein Gefühl, eine Schwingung,
00:34:38
Speaker
Die ja dann auch schon 65, na, früh anfängt. Dieser Wunsch des Verbundenseins, der spielt ja schon sehr lange eine Rolle. Und der, sozusagen, involviert sich vermutlich immer schrittweise und wird möglicherweise durch diese Friedensgebeten und diese Wegmagen, die du gesagt hast, so 87, man lernt zu demonstrieren und will dann auch nicht mehr aufhören. In diese Situation 89, wo ja auch andererseits dann offizielle Menschen Entscheidungen getroffen haben,
00:35:07
Speaker
Dinge ermöglicht haben. Also der 9. Oktober ist ja auch deswegen so spannungsreich, wenn man nicht wusste, wird geschossen, geht's schief, werden wir zurückgedrängt und das ist diese Explosion an
00:35:22
Speaker
an Möglichkeit, an Ermächtigungen, das trägt, glaube ich, sehr viel dazu bei, dass Menschen, die am 9. Oktober spezifisch dabei waren, sagen, den Moment will ich mir nicht nehmen lassen. Das muss ja auch ein mega Gefühl gewesen sein, zu sagen, wow, hier ist was passiert. Also die Stasi Zentrale war danach keine Stasi Zentrale mehr und all diese Dinge.
00:35:47
Speaker
Und insofern glaube ich schon, dass dieses Denkmal immer in einer Spannung auch stehen wird zwischen dem, was Menschen damals erlebt haben und dem, was Menschen, die jünger sind oder Menschen wie ich, die das nur im Fernsehen erlebt haben und mit Erzählungen erlebt haben und wie ich damals mit elf Jahren am schlimmsten fand, dass ihr nicht nach Italien in den Urlaub fahren könnt. Das war für mich völlig absurd und so.
00:36:11
Speaker
Na ja, alles hat ja seine Berechtigung. Da gibt es ja kein richtig und falsches Erinnern oder Dasein.

Demokratische Erneuerung und gesellschaftliche Herausforderungen

00:36:20
Speaker
Aber irgendwo muss es ja eine Würdigung geben. Und wenn ich dich jetzt richtig verstanden habe, würdigt ihr
00:36:27
Speaker
Oder habt ihr vor, dass dieses Denkmal würdigt zum einen, was damals passiert ist, und verschiedene Perspektiven, die auch nebeneinander stehen? Aber ihr würdigt vor allem das, was und da müssen wir auch nochmal drüber reden, weil wir heute wieder in einer Zeit sind, in der das mehr als notwendig ist
00:36:47
Speaker
Bürgerschaftliches Engagement in all dem, was dazugehört. Und vor allen Dingen als Mittelpunkt auch der demokratische Aufbruch, der damals gewollt worden ist.
00:36:59
Speaker
der in der Gestaltung sicher auch bei vielen dann nicht mehr so mitgegangen wurde. Also ich hatte gerade am Montag jetzt ein Gespräch mit Markus Meckel, dem letzten Außenminister der DDR, der damals von der Volkskammer praktisch nach der Wahl am 18. März Außenminister wurde.
00:37:22
Speaker
und diese ganzen Verhandlungen über die Deutsche Einheit mitgeführt hat bzw. maßgeblich gesteuert hat. Es ist für mich sehr überzeugend gewesen, dass wir dieses Denkmal wirklich Freiheits- und Einheitsdenkmal nennen, weil die Einheit ist auch verhandelt worden.
00:37:43
Speaker
extremer intensiver Aushandlungsprozess, der in der Perspektive der Erinnerungskultur noch gar nicht behandelt worden ist oder gar nicht aufgerufen worden ist. Was ist damals alles passiert auf den vielen Ebenen? Unter welchen Umständen? Mit wem?
00:38:01
Speaker
Der Großteil derer, die damals verhandelt haben, von der Volkskammer, von der DDR-Seite aus, waren ja keine Profipolitiker. Die sind wirklich heiß über Kopf in diese Rolle geschlüpft und haben die angenommen.
00:38:18
Speaker
Dieser Mut, sich in diese neuen Formen von demokratischen Prozessen und politischen Aushandlungen zu begeben, der ist absolut hochzuschätzen von den Personen, die das damals gewagt haben. Und das begann eben mit den runden Tischen.
00:38:40
Speaker
Zwischen 89 und 90 ist mega viel passiert. Vielleicht kannst du das denen, die zuhören, noch mal ein bisschen aufblättern. Es war ja nicht so, dass die Mauer fiel und man gesagt hat, so wir sind ein Land, sondern es fing dann damit an, dass zum Beispiel die demokratische Wahl, die ja das Ursprungs
00:38:59
Speaker
Also die Ursprungswut, zumindest im Mai 89, war, dass diese Wahlen damals angezweifelt worden sind. Das war ja so eine ganz wichtige Forderung der freien Wahlen. Das war ja das, was dann auch umgesetzt wurde. Aber man wusste doch noch nicht, mit welchem Endergebnis. Also war ja 89 auch noch möglich, dass es zwei Deutschlands gibt, die coexistieren, aber näher im demokratischen Miteinander. Oder?
00:39:28
Speaker
Ich habe zum Beispiel die Bedeutung dieser Wahlfälschung damals und dieser Sichtbarmachung von Fälschungen. Das habe ich erst eigentlich in den letzten Jahren so richtig begriffen, wie viele das in der DDR damals wirklich munter gemacht hat und viele sich da auch wirklich das erste Mal positionierten mit dieser Initiative zur Offenlegung der Wahlfälschung.
00:39:56
Speaker
Es war im Mai 1989 ein ganz wichtiger Punkt, voranzukommen. Ganz wichtig war die Gründung des neuen Forums Ende August. Das hat uns eigentlich so eine Bewegung beschert.
00:40:12
Speaker
Weil der Gründungsaufruf des neuen Forums sagt, die Kommunikation zwischen Staat und Volk ist gestört. Und die muss halt wieder neu initiiert werden. Wir müssen die Probleme hier im Land ansprechen und gemeinsame Lösungen finden dafür. Und ich glaube, das hat viele erwischt. Also schon im September
00:40:38
Speaker
war der Zulauf für das neue Forum, obwohl das noch verboten war zu der Zeit, war schon riesig. Und viele, viele, also da gab es dann Betriebsgruppen, die sich gründeten und so. Im Laufe, das war praktisch so eine Parallelentwicklung zu den Demonstrationen, was aber miteinander spielte. Also das eine wie das andere. Von daher denke ich,
00:41:03
Speaker
dass es halt dieses, es in die Hand zu nehmen und Erfolg möglich ist. Also gemeinsamer Erfolg mit bestimmten Formen des Agierens auch ein Ziel verfolgen kann und ein Ziel erreicht. Das ist ja eine grandiose Sache. Und ich hab's schon gesagt, wir müssen drüber reden, weil mich treibt das ja sehr um, wie die Situation gerade ist.
00:41:30
Speaker
Ich hatte dir ja auch schon erzählt, dass es für mich, als ich mit wenig Bindungen nach Ostdeutschland gegangen bin, es war ein bewusster Entschluss, dass ich dachte, ich kenne dieses Deutschland noch nicht. Das war 2000, wir haben zehn Jahre. Toll, so was zu hören, dass jemand so bewusst sich entschließt.
00:41:50
Speaker
und den Osten Deutschlands mal zu kennen. Genau, ich wurde so ein bisschen angestubst. Hallo Ferdinand, der Ferdinand Kiederlein, mittlerweile Schulleiter am Evangelischen Schulzentrum, mit dem habe ich zusammen studiert. Und er hatte eine Initiative in Freiburg eingebracht, 10 Jahre Wende, Neuland fürs Ländle.
00:42:12
Speaker
Ich komme ja aus Süddeutschland, also das Süddeutsche Land. Und es war tatsächlich so Neuland fürs Ländle. Wir im Westen mussten sehr wenig Anpassungen vornehmen. Wir haben genauso weitergelebt und hatten ein erzählerisches Add-on. Wir hatten eine geschichtliche Ebene, die irgendwie ein gutes Ende für uns gefunden hat. Aber das war's. Also gerade wenn man wie ich keine Verwandtschaft im Osten hatte, war das
00:42:41
Speaker
eine gute Story erst mal. Ich habe aber gesehen, dass es irgendwie mehr ist, auch durch diese Veranstaltung. Ich habe mich also dafür interessiert, dort hinzugehen. Ich bin getragen, weil ich auch in vielen Gesprächen das dann gemerkt habe, von einer Vision, dass durch dieses bewusste Arbeiten mit demokratischen Elementen
00:43:08
Speaker
und durch auch einen prinzipiell freieren Umgang mit materiellen Dingen. Ich dachte erst mal, das ist eine Zukunftsgesellschaft hier. Denn wir sehen es ja jetzt, 2023, der Weg, dass das, wie es weitergeht, hat definitiv damit zu tun, dass wir anders miteinander umgehen, dass wir weniger auf materielle
00:43:34
Speaker
Wohlstandsnäher irgendwie setzen, sondern einen anderen Umgang miteinander finden. Und ich gestehe, dass ich das verwundert betrachte, dass es bislang fast so eine Art Gegenbewegung gibt. Und diese Enttäuschung und Zurückweisung und sich nicht angekommen fühlen,
00:43:56
Speaker
im Vordergrund steht, die, glaube ich, auch seine Berechtigung hat. Und ich denke die ganze Zeit, oh, ihr habt so viel, legt los, macht. Weil es gibt einen Vorsprung, wenn diese Bewusstheit dieses Möglichmachens einfach die Beine in die Hand zu nehmen und auch ohne viel zu brauchen, was zu tun, was du eben so schön beschrieben hast.
00:44:19
Speaker
Kannst du mir an der Stelle irgendeinen Moment von Hoffnung geben? Weil ich gerade tatsächlich, was das angeht, ein bisschen hoffnungsarm bin, gerade auch hier. Und diese ostdeutschen, westdeutschen Debatten finde ich traurig und irgendwie auch alt und nach hinten gerichtet und so. Hast du da eine Gegenerzählung für mich gerade? Weil ich stehe da ein bisschen ratlos davor.
00:44:46
Speaker
Ich glaube auch, dass diese Debatten, die jetzt auch durch Literatur sehr befördert wurden, eigentlich in gewisser Weise sogar gefährlich sind, weil sie so stark polarisieren. Eigentlich noch mal so eine Konfrontation hervorrufen, als dass man jetzt sagt, das ist eine Ermutigung für die Ostdeutschen, laut zu sagen, ja, hallo, hier sind wir.
00:45:11
Speaker
Wenn wir das seit 30 Jahren noch nicht so stark rübergebracht haben, war das sicher stark geprägt durch das viele, was auch in den 90er Jahren, 2000er Jahren passiert ist, also wirtschaftlich und biografisch mit großen Einschnitten und so. Also ich glaube schon, dass die Leute sehr beschäftigt waren, einfach auch mit sich selber und mit
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Speaker
die zurechtkommen und mit den Brüchen und Veränderungen, die halt auch Regionen stark verändert haben. Was ich denke und was deine Erzählung jetzt auch widerspiegelt, wir haben möglich
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Speaker
den Mut, mit ohne doppelten Boden etwas zu tun hier. Also, wie der Ostbeauftragte so gut herausgearbeitet hat, es gibt hier einfach nicht dieses sichere Säckchen, auf dem man sitzt, das Erbe oder wie auch immer, die finanziellen Rücklagen. Wir leben hier immer mehr oder weniger ohne diesen doppelten Boden. Und dementsprechend sind wir auch ein Stückchen freier.
00:46:25
Speaker
zu agieren. Also ich glaube, wir brauchen das nicht. Wir brauchen vielleicht weniger Sicherheitsbedürfnis, als vielleicht Leute im Westen es so gewohnt sind. Andererseits sagt natürlich, dass die Zukunftsangst in
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Speaker
im Osten auch so stark verbreitet ist, hat ja sehr viel auch mit Wahlverhalten zu tun. Aber ich glaube, die Leute sind auch sehr schnell wieder zu ermutigen. Wenn man Wege zeigt, wenn man
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Speaker
halt gerade dieses Miteinander stärker wieder hervorrufen kann durch viele Initiativen oder durch eine gute zivilgesellschaftliche Situation in kleineren Orten auch. Wenn man merkt, die Politik kümmert sich, wenn die Vertreterinnen von Parlamenten auch unterwegs sind in den Regionen. Ich glaube, da gibt es schon viele Aufgaben, aber es gibt genauso eine große Offenheit dafür.
00:47:35
Speaker
Und das hast du ja erzählt, die Kirche sehr stark präsent in den 80er Jahren auch als Ort, um so was zu sammeln. Ich überlege die ganze Zeit, was ist eigentlich die neue Kirche? Also wo findet das statt? Zivilgesellschaft ist ja erstmal noch was ganz Abstraktes.
00:47:53
Speaker
Siehst du das auch, dass es viele kleine Initiativen sind, die verbunden sind durch eine Haltung des Engagierens? Oder gibt es diesen einen großen Player, der alle zusammenführen kann nach wie vor? Du sagst jetzt Parlamente, also wirklich die politischen Mandatsträger als solche.
00:48:17
Speaker
Aber da gibt es ja nun gerade auch viel Widerstand und vielleicht fängst du die Beantwortung der Frage noch mal damit an, was war Kirche für ein Raum damals? Das ist ja heute auch anders. Also Kirche ist damals seine Rolle gerecht geworden oder ihre Rolle gerecht geworden.
00:48:39
Speaker
einen Schutzraum für Andersdenkende zu sein. Das waren auch nicht alle, da muss man auch sagen, hier in Leipzig waren das vier, fünf Facher, die die Gruppen unterstützt haben und der Rest hat sich zurückgehalten.

Bürgerschaftliches Engagement und zivile Initiativen

00:48:57
Speaker
Im Gegenteil, die Kirche hatte auch immer stark, sich mit den staatlichen Behörden auseinanderzusetzen, weil immer der Vorwurf kam, ihr seid zu politisch, ihr verlasst eure kirchliche Verkündigung, christliche Verkündigung.
00:49:16
Speaker
Insofern hat auch hier in Leipzig dann zwischen den oppositionellen Gruppen und denen, die Friedensgebete gestaltet haben und der Kirche hat es immer wieder Auseinandersetzungen gegeben, wie politisch dürfen wir sein. Die Kirche hatte auch sich 88 zurückgezogen, was uns dann auf die Straße getrieben hat mit unseren Aktionen.
00:49:38
Speaker
Es sind dann auch logische Entwicklungen. Aber ich denke, gerade heute, wenn man sich in Norddeutschland umschaut und auch mit der Straßenbahn durch die Stadt fährt, dann sieht man diese vielen Läden von Initiativen. Es ist ein großes Bundesspektrum an Themen und an Gruppen.
00:50:00
Speaker
kleinen Aktionen, die hier immer wieder initiiert werden. Und das spiegelt sich momentan nicht in der Kirche wieder. Also die Kirche kämpft sehr... Kreist auch ein bisschen um sich selber gerade, ja. Die Kirche hat nicht die Ausstrahlung, jetzt wirklich hier Großes zu bewegen.
00:50:21
Speaker
Und ich muss ehrlich sagen, wir hatten am 30. Januar dieses Jahres eine große Bündnisaktion Leipzig leuchtet. Wir haben gedacht, am 30. Januar, dem Tag der Machtergreifung, müssten wir ein großes demokratisches Statement aus Leipzig geben und haben gesagt, der Leipziger Ring auf dem
00:50:43
Speaker
Demonstriert wurde 1989, der soll leuchten, der soll einmal in die Nacht leuchten, als Ring insgesamt und dann viele Lichtquellen da geschaffen, so dass es auch sichtbar wurde von oben, vom Hubschrauber aus fotografiert, aber es war
00:51:02
Speaker
für mich eine Erfahrung, dass es halt ganz schwierig ist, große Bündnisse zu verbinden. Es ist schon noch so ein Defizit gerade, ne? Also wenn ich dir lausche, da fehlt vielleicht auch die Klammer gerade noch. Ja, die Klammer, die halt auch 89 nur bedingt da war, die war für einen kurzen Moment da. Aber die hat sich halt auch im November, gerade auch nach der
00:51:26
Speaker
Die Maueröffnung mit den vielen politischen Organisationen, die dann nach Osten kamen und sich hier breitmachten, die hat sich auch da verändert. In Leipzig begann zum Beispiel, die einen liefen links rum und die anderen rechts rum. Es gab auch damals schon Gegendemonstrationen, in dem Sinne ab Winter 1989.
00:51:51
Speaker
Also diese Auseinandersetzung ist momentan wichtig und ich finde es gut, dass es so viele Stimmen gibt. Ich würde mir manchmal wünschen, man könnte auch mal Wahlbündnisse schließen.
00:52:06
Speaker
und einfach nicht darauf gucken, was man selber davon hat, sondern einfach nur, um Demokratie zu erhalten, wirklich zu schützen und die demokratischen Grundrechte zu wahren, würde ich mir für Sachsen zum Beispiel wünschen, dass da die Parteien sich einfach zusammentun, ein starker Gegenpol zu sein gegen diese extreme Rechte.
00:52:32
Speaker
Also wenn ich jetzt so ein bisschen abschließend resümiere, was du gerade erzählt hast mit den Wahlbündnissen und dem Erinnern und dem sich engagieren, vielleicht hängt das auch irgendwie zusammen. Also in welcher Welt sind wir gerade unterwegs und wie stark beschäftigt uns als BürgerInnen das auch? Also das darf man ja nicht vergessen, Demokratie
00:52:58
Speaker
baut darauf, wie wir täglich mit diesem System umgehen und was wir draus machen. Und vielleicht kann dieses Freiheits- und Einheitsdenkmal da auch eine wichtige Rolle dahingehend spielen, dass es ja diese Werte, die du anfangs erwähnt hast, noch mehr ins Bewusstsein rückt und dadurch auch einen Niederschlag eben in die
00:53:21
Speaker
Ich würde es mal so eine Durcheinandergegenwart nennen. Ich spreche an anderen Podcasts viel über das Thema Transformation und Zukunft, Innovation. Immer vor dem Hintergrund, was schützt auch humanistische Werte? Was schützt auch das Miteinander von Menschen? Wie muss das gelingen, dass es insgesamt auch wieder harmonischere Miteinander gibt?
00:53:50
Speaker
Das hat ganz viele Aspekte und ich glaube tatsächlich, dass das, was jetzt gerade aufbricht, das ist nicht nur schlecht, denn auch die Debatte, die wir jetzt um die friedliche Revolution, die führen wir ja schon lange, aber ich finde,
00:54:06
Speaker
Sie ist nicht mehr so verhärtet. Es ist ein offener Diskurs, das soll ja auch so sein. Ich meine, die friedliche Evolution ist ja ein Mahnmal daran, was Offenheit bewirken kann und wofür sie steht.

Entwicklung des Denkmals und zukünftige Perspektiven

00:54:21
Speaker
Und ich finde es auch in Ordnung, wenn sich Stimmen äußern, die irgendwo dagegen sind. Das ist an sich erstmal nicht schlecht. Deswegen glaube ich, dass vielleicht da irgendwie ein Gleichklang besteht, wenn wir jetzt in fünf Jahren nochmal drüber sprechen. Das können wir ja gerne tun. Da ist das vielleicht ja schon fertig. Ich glaube, bis wann soll es fertig sein?
00:54:42
Speaker
Also wenn wir 27 jetzt wirklich mit der Umsetzung fertig sind, dann sind wir gut. Es sind immer lange Prozesse, solche Wettbewerbe, die Verhandlungsphasen und dann die Bauphasen. Also insofern sind wir vielleicht auch in so einem Zwischen, kann man nur so ein Zwischenfazit gerade ziehen, zumal für dich jetzt ganz viel ja auch noch
00:55:09
Speaker
Das ist spannend, was zu erwarten ist. Du kannst ja nicht sagen, das kommt raus beim Denkmal, das ist das Denkmal. Das war gestern ganz spannend. Die Findungskommission für die Teilnehmenden ist gestern das erste Mal zusammengetreten und haben praktisch die ersten zwölf Teilnehmenden für eine Einladung benannt. Das war ein großer, großer Meilenstein für uns.
00:55:34
Speaker
Also da halten wir uns auf jeden Fall auf dem Laufenden. Ihr habt auch eine Website, das werde ich mal in den Show Notes verlinken. Was ich spüre, vielleicht kann ich da nochmal... Ich meine, dieser Prozess, der wird wirklich sehr positiv getragen. Also gerade wenn ich an gestern denke, sehr verschiedene
00:55:55
Speaker
Ich würde es fast Orchideen der künstlerischen Szene bzw. der Expertin vertreten. Die waren alle total ergebnisorientiert, bereit, sich zurückzunehmen. So etwas erleben wir in diesem Denkmalsprozess auf eine ganz schöne Art und Weise. Das möchte ich gerne, dass sich das in dem Ergebnis widerspiegelt.
00:56:18
Speaker
Ja, ich bin da recht zuversichtlich, ehrlich gesagt. Ich habe ja diese Orte auch gesehen. Und ich fand ein Konzept auch sehr spannend, das nur digitale, nur als virtuelle Ort. Das fand ich jetzt noch eine Stufe weiter, als einen Ort zu finden, der nicht historisch in eine Richtung ganz stark irgendwie schon definiert ist.
00:56:49
Speaker
Die Kombination mit dem, es gab ja auch sozusagen den Ring, versehen mit virtuellen Elementen, sodass ich tatsächlich aus meiner persönlichen Sicht hoffe, dass es dieses zukunftsgerichtete Thema hat, was Digitalität ja auch ist. Es gibt viel mehr Möglichkeiten.
00:57:11
Speaker
da irgendwie Vielfalt reinzubringen und Interaktion auch zu erlauben, das scheint mir auch so ein Element zu sein, was glaube ich wichtig ist. Und wenn ich dich jetzt so zum Schluss frage,
00:57:27
Speaker
Willst du deine persönliche Vision eines Denkmals teilen? Hast du da ein Bild vor Augen oder sagst du, ich warte ab, was kommt? Also ich bin da wirklich ganz offen, weil ich an die künstlerische Auseinandersetzung glaube, dass die uns wirklich was geben wird. Da bin ich überzeugt davon und von daher
00:57:47
Speaker
habe ich da eine ganz große Gelassenheit in dem Sinne, also dass sich das, das wird sich zeigen, also das wird seine Wirkung aufnehmen und wird genau in die Richtung vermittelnd und aktivierend sein, wie wir uns das wünschen. Also da bin ich mir ziemlich sicher.
00:58:06
Speaker
Super cool. Und können jetzt eigentlich Menschen diesen Prozess weiter nachvollziehen? Wer sich interessiert, wo geht der hin? Also ganz haptisch, in der Denkmalwerkstatt gibt es Ansprechpartnerinnen, da gibt es Materialien, da gibt es Veranstaltungen. Wir haben schon auch sehr viel noch Gemeinsames vor.
00:58:26
Speaker
momentan läuft eine Kinoreihe zweimal im Monat und wir haben Ausstellungen, Workshops und wir wollen vielmehr noch Gespräche anbieten, einfach auch mit Zeitzeugen zum Beispiel, dass man einfach auch Geschichten erzählen kann, die bisher vielleicht noch hier erzählt worden sind.
00:58:42
Speaker
Ja, also da gibt es vier und wir wollen nächstes Jahr, und das sehen wir als Stiftung schon wirklich auch als Auftrag für ein Denkmal mit nationaler Bedeutung, wollen wir auf Westreise. Ah! Westreise ist so ein Begriff. Hast du eine Westreise gekriegt? So war es auch zu DDR. Ich nenne es jetzt Westreise. Es ist eigentlich eine Wanderausstellung zum Thema Freie Zone. Jetzt denken wir mal in Leipzig und da werden wir in fünf Städten nächstes Jahr hoffentlich unterwegs sein.
00:59:09
Speaker
Super gut. Na dann, also ich habe ja auf jeden Fall Hörerinnen und Hörer außerhalb von Leipzig's. Watch out. Wie gesagt, die Website verlinke ich gerne. Vielleicht gibt es auch Newsletter, wo man sich anmelden kann. Und vielen, vielen Dank, liebe Gesine. Das war ein sehr spannendes Gespräch. Das fand ich allerdings auch. Gerade auch die Verbindung von deiner Biografie und meiner. Das war jetzt wirklich so ein Knistern hier im Raum. Ja, das nehmen wir mit.
00:59:38
Speaker
Ich freue mich über euer Feedback, Anregungen, Kommentare. Ich denke, bei dem Thema bleiben wir dran. Das ist, finde ich, ein sehr repräsentatives Thema dafür, wie wir Demokratie gestalten. Deswegen macht's gut.
00:59:55
Speaker
Und schon ist sie vorbei und schlägt in 30 Tagen wieder. Die blaue Stunde. Schreibt uns, teilt und abonniert unsere Podcasts. 20 Blue Hour findet ihr überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Und natürlich bei uns, auf 20.blue. Bis bald.