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20blue minutes #17: Prof. Dr. Ralf Wehrspohn

20blue hour
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51 Plays1 year ago

In der siebzehnten Folge der 20blue minutes ist Prof. Ralf Wehrspon von der Martin-Luther-Unviersität Halle-Wittenberg zu Gast.

Als Mitglied von zahlreichen Vorstandsgremien und Vereinen wie etwa im Deutschen Institut für Normung oder bei Science2Public, über langjährige Tätigkeiten bei der Fraunhofer-Gesellschaft aber eben auch durch die Verbindung von wissenschaftlicher Forschung und wirtschaftlicher Praxis ist er der perfekte Ansprechpartner in den Bereichen Innovation und Forschung und damit auch für die aktuelle Frage unserer Gespräche: kann man Innovation überhaupt managen?

Das Gespräch mit Anja Mutschler prägt dabei ein zentraler Satz: Die Forschung erzeugt mit Geld Wissen, die Industrie erzeugt wiederum aus Wissen Geld. Der Knackpunkt für die meisten Inventionen und Innovationen sei daher genau der Transfer dieses Wissens zwischen Wissenschaft und Industrie.

Dieser Transfer sei methodisch machbar, aber in der Praxis häufig noch schwierig umzusetzen, insbesondere was disruptive Innovationen angeht. Denn bisher wird sich vor allem auf inkrementelle Innovationen konzentriert, die sich besser mit den klassischen Geschäftsmodellen der Wirtschaft vertragen.

Es brauche daher auch einen sich aktuell entwickelnden Typus von Unternehmen, die nicht mehr nur auf Venture-Kapital basieren und auf Skalierung bedacht sind, sondern bei denen der eigene Impact anstelle von rein finanziellen Aspekten im Fokus stehen.

Welche Rechtsformen und Finanzierungsoptionen für diese Unternehmen aber wirklich geeignet sind und wie disruptive Innovationen ermöglicht werden können, ist aber aktuell häufig noch offen. Wehrspon erklärt, wie deutsche und europäische Organisationen mit diesen neuen Anforderungen umgehen und gibt auch einen Einblick in die Situation in den USA und in Südkorea, die er durch Gastprofessuren und den Austausch vor Ort und mit seinen Kontakten erlebt hat.

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Transcript

Öffentliche Forschung und Wissenstransfer

00:00:00
Speaker
Ganz einfach gesprochen, die Forschung, die öffentliche Forschung erzeugt letztendlich mit Geld Wissen und die Industrie erzeugt mit Wissen Geld. 20 Blue Minutes, der kleine Podcast vom Research Institut 20 Blue.
00:00:24
Speaker
Hallo und herzlich willkommen. Mein Name ist Anja Mutschler und ich habe da mal eine Frage. Und zwar heute an Professor Wierschbohn von der Martin-Doth-Universität Halle. Hallo Herr Wierschbohn. Hallo Frau Mutschler. Ich freue mich, dass Sie hier sind. Wir sind uns beruflich kürzlich sozusagen zum ersten Mal begegnet und ich habe Sie mit meinem Podcasterinnenblick identifiziert als einen guten Gesprächspartner zu einer Frage, die mich die letzten Monate umtreibt.

Kann Innovation gemanagt werden?

00:00:53
Speaker
die lautet, kann man Innovation überhaupt managen? Der Hintergrund dieser Frage ist, dass wir in Deutschland einen gewissen Transformationsstau haben und ich selbst in Beratungsprojekten immer wieder mich frage, wie kommen wir eigentlich mal von einer inkrementellen zu einer disruptiven Innovation? Die Wissenschaft aus meiner Sicht dort eine wichtige Rolle spielt, weil sie oft zehn bis zwanzig Jahre in die Zukunft schon mal Dinge entwickelt hat. Die liegen dann darum und
00:01:20
Speaker
Irgendwie passiert zu wenig, deswegen freue ich mich sehr heute mit Ihnen speziell mit Fokus Wissenschaft, Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft mal diese Frage zu erörtern. Welche Voraussetzungen braucht es und kann man aus Sicht eines Wissenschaftlers wie Ihnen dieses Management von Innovation besser gestalten als heute?
00:01:45
Speaker
Warum, frage ich Sie? Sie haben ein, finde ich, perfektes Profil. Sie haben sehr früh promoviert, sich habilitiert, aber auch praktisch gearbeitet und sind jetzt auch in verschiedenen Vorständen wie dem DIN-Institut oder Science to Public. Ich habe jetzt mal zwei aus vielen ausgewählt, die aus meiner Sicht viel mit dem Thema Transfer auch zu tun haben.
00:02:05
Speaker
waren lange im Fraunhofer-Institut, was ja auch ein wissenschaftliches Aninstitut ist, das darauf spezialisiert ist, wissenschaftliche Erkenntnisse dann mit Unternehmen gemeinsam weiterzuentwickeln. Insofern glaube ich, dass ich einen richtigen Gesprächspartner habe und will auch mal mit der Frage starten, die Sie vielleicht aus beiden Seiten von der wissenschaftlichen und vielleicht auch von der wirtschaftlichen Seite her betrachten können, kann man aus Ihrer Sicht, Herr Wirschbund, Innovation überhaupt

Komplexität des Innovationsmanagements

00:02:34
Speaker
managen?
00:02:34
Speaker
Ja, wenn ich jetzt nein sagen würde, dann hätte ich ja meinen Job verfehlt. Ich habe ja innerhalb der Fraunhofer Gesellschaft 15 Jahre lang Innovation gemanagt und insofern ja, natürlich geht das, aber es ist natürlich hinreichend komplex. Ganz einfach gesprochen, was ist eigentlich die Idee? Naja, also die Forschung, die öffentliche Forschung erzeugt letztendlich mit Geld Wissen und die Industrie erzeugt mit Wissen Geld.
00:03:03
Speaker
Und das ist eigentlich der Kreislauf, ganz einfach. Universitäten, Fraunhofer Forschungsrichtung aus Geld wissen und die Universität, die Industrie dann aus Wissengeld. So und was ist das Schwierige jetzt eben? Naja, das Wissen, was in der Forschung erzeugt wird, muss ja mit dem Wissen, was dann sozusagen produktfähig ist, dann in Einklang gebracht werden. Und da ist eben dann die Schwierigkeit des Transfers,
00:03:29
Speaker
des Wissenstransfers, da ist eigentlich der Knackpunkt und die Schwierigkeit. Also wie muss man, welches Wissen braucht man, welches Wissen braucht die Industrie, auch welches Wissen braucht die Industrie in Zukunft, um damit wieder Geld zu verdienen. Und das ist dann eben letztendlich der schwierige Part, methodisch eigentlich einfach, aber dann in der Umsetzung doch sehr komplex.

Inkrementelle und disruptive Innovationen

00:03:51
Speaker
Und man versucht das Thema jetzt, weil man eben auch gesehen hat, dass der Transfer oder auch in der Medizin sagt man Translation, doch sehr schwierig ist, auch nicht vernünftig methodisch untersetzt auf der einen Seite und zum anderen eben man vor allem im Bereich der inkrementellen Innovation den Transfer optimiert hat, aber im Bereich der disruptiven Innovation, da es am Anfang steht. Da haben wir auch noch methodischen Nachholbedarf.
00:04:21
Speaker
Und das hat ja die Bundesregierung auch gesehen, indem sie die Sprint, also die Sprunginnovatur gegründet hat, das eben an der Stelle Nachholbedarf ist. Ist das vielleicht zunächst mal so als grober Überblick? Ja, ist es managfähig zu inkrementellen Innovationen? Wissen wir, wie es geht? Stichwort Fraunhofer zu disruptiven Innovationen. Haben wir noch ein bisschen was zu tun? Ja, es ist auch interessant, dass Sie Sprint ansprechen. Die hatte ich ja im Podcast von ein paar Folgen und ich fand sehr spannend die zwei Ansätze, die Sie haben.
00:04:50
Speaker
Der Ansatz, der viel besser funktioniert, ist nämlich der, dass man im Grunde schon eine Richtung vorgibt, also eine Forschungsfrage stellt, eine Frage, die gerade sehr wichtig ist, aus der Forschung heraus mit anderen Experten, aber auch schon gewichtet von Seiten der Wirtschaft, Stichwort Wissen zu Geld machen, ist das eine relevante Frage und diese Frage dann als Pitch an Start-ups stellt,
00:05:12
Speaker
Da kommen sehr viel mehr Bewerbungen als wenn Sprint sich anbietet, einfach als Inkubator. Also bring mir irgendwas an technische Innovation.

Unerwartete wissenschaftliche Erfindungen

00:05:21
Speaker
Ich fördere dich versus hier zu dem Thema digitale Gesundheitsfrage beispielsweise oder wie gelingt uns ein Impfstoff für alle Viren? Eine sehr konkrete Frage. Da ist der Unterschied sehr groß.
00:05:35
Speaker
Und das ist eine meiner Kernfragen, die ich immer schon einen Wissenschaftler stellen wollte. Wie kommt eigentlich eine wissenschaftliche Erfindung zustande? Die fällt ja auch nicht vom Himmel. Auch wenn ich fantastische Geschichten einschließlich die meines Bruders kenne, der also abends um 10 dann diesen einen Ausschlag in seinem Experiment sieht. Und das war es dann. Aber wie kommt überhaupt der Impuls zustande, dort zu forschen? Das ist ja erst mal nicht eine monetäre Frage. Es ist einfach nur Interesse, Neugier.
00:06:05
Speaker
Erzählen Sie mal, wie funktioniert eine wissenschaftliche Erfindung als solchen? Ja, also die Erfindung ist ja schon letztendlich das Ergebnis, nicht? Die Erfindung ist ja jetzt sozusagen eigentlich schon das Schreiben eines Patentes zum Beispiel oder einer Norm, beides ist ja möglich, eine Norm oder ein Patent, also Norm im Sinne eines Standards.
00:06:25
Speaker
um dann in Richtung dieses dann zu vermarkten über ein Unternehmen, das am Markt ist, wie durch eine Lizenzierung oder eben wenn es kein Unternehmen am Markt gibt, also man ein Marktversagen hat, durch ein Startup oder wenn es aus der Uni wird, dann konkret durch ein Spin-off.
00:06:42
Speaker
Und die Frage ist eben, wie kommt es zu dieser Erfindung? So, und normalerweise, und das haben Sie auch angesprochen, mit der Sprint ist eben das Thema, man hat eine Technologie entwickelt, gefunden. Das kann zufällig basiert sein, das kann aber auch aufgrund übergeordneter Fragestellung sein, sieht, oh, hier hat man was ganz besonders Neues entdeckt.
00:07:02
Speaker
macht dann letztendlich eine Recherche, ist da schon mal irgendwo anders publiziert worden? Nein, ist es nicht und sagt, das könnte was Interessantes sein, schreibt das Patent und geht dann auf die Suche, erst im zweiten Schritt, wer könnte ein möglicher Patentnehmer sein?
00:07:22
Speaker
Und das ist sozusagen bei mehr oder weniger zufälligen Patenten, die entstehen während der Arbeit. Es gibt natürlich auch Patente, wie ich zum Beispiel jetzt in meiner jetzigen Arbeit mache, hier am Lithium-Institut, was eine private Forschungseinrichtung ist. Da werden die Fragen natürlich gesteuert. Wie können wir Kreislaufwirtschaft erreichen? Wo können wir neue Quellen von Lithium zum Beispiel gewinnen?
00:07:43
Speaker
Da werden die Fragestellungen aus dem Markt vorgegeben. Das heißt, der Markt gibt Fragestellungen vor und wir werden dann darauf gesetzt, uns dazu Gedanken zu machen. Also es gibt beides. Es gibt sozusagen die, die sozusagen, wir sagen da ja, aus Neugier, also erkenntnisgetrieben sind. Und es gibt natürlich die Innovationen, die auftragsgetrieben sind.
00:08:05
Speaker
Weil ein Auftraggeber sagt, schaut euch das mal an, gibt es da ein paar Ideen oder wie kann ich CO2 ansparen und so weiter. Und dann kommt man auf neue Ideen, beides gibt es. Die Fragestellungen, die aus der Industrie kommen typischerweise, sind allerdings natürlich inkrementeller Natur. Ein Unternehmen hat ein Problem, geht auf eine Forschungseinrichtung und sagt, könnt ihr mir das Problem lösen. Und es kann dabei sein, dass da etwas herauskommt, was letztendlich eine Innovation, eine Erfindung bedeutet. Ja, wenn es wirklich was Neues ist.
00:08:34
Speaker
Das sind aber dann typischerweise schon Dinge, wo ein Produkt im Markt ist und man dieses Produkt verbessern möchte oder es an neue Anforderungen anpassen möchte, weil die Regulation sich ändert und das würden wir ja so allgemein als inkrementelle Verbesserung machen. Die Disruptiven, also wo wirklich neue Erkenntnis geschaffen wird und man wirklich was ganz Neues entdeckt, das kommt dann meist wirklich aus der Forschung, ist normalerweise, das ist meine Erfahrung, nicht in Projekten entstanden, sondern wirklich aus

Grundlagenforschung vs. marktfertige Innovationen

00:09:00
Speaker
der Grundfinanzierung. Das ist ganz entscheidend.
00:09:02
Speaker
Weil die Projekte haben das Problem ja, dass man immer einen Meilensteinplan schreiben muss, wenn ich ein Projekt mache. Und wenn ich den Meilensteinplan schreibe, dann ist ja eigentlich schon klar, was das Ergebnis ist. Und dann kann ja auch eigentlich keine Erfindung mehr dahinterstehen. Deshalb sind bei mir persönlich meine Erfindungen eigentlich nicht in Projekten entstanden, sondern im außerhalb von Projekten, in denen man sozusagen Ideen hat, die man so weiterentwickelt hat. Also Projekte, öffentlich geförderte Projekte ist mein persönlicher Eindruck, ist sozusagen eher nicht zielführend.
00:09:32
Speaker
Was ein wirklich schönes Statement ist, auch die Grundlagenforschung weiter zu fördern, denn der Stichwort Impact, die Förderlandschaft der Wissenschaft hat sich da ja auch ein wenig verschoben, also in meiner anekdotischen Evidenzfolge zumindest.
00:09:49
Speaker
hat die Grundlagenforschung auch oft ein Problem, Finanzierung zu bekommen. Interessant finde ich, dass aus Ihren Aussagen für mich auch ein Bild entsteht, dass die große disruptive Innovation, um die es mir jetzt hier und ich glaube auch in vielen Projekten gerade allgemein geht, genau diese auch zeitlosere, also das ist glaube ich ein ganz wichtiger Faktor, es ist nicht auf ein Ziel hin orientiert, es ist auch nicht auf eine Zeit hin orientiert, Art der Forschung ermöglicht.
00:10:16
Speaker
Hab ich das richtig verstanden? Nein, das haben Sie nicht ganz richtig verstanden. Ich habe nur gesagt, dass die Erfindungen, ich habe noch nicht über Innovationen gesprochen, ich habe über Inventionen gesprochen, wir müssen jetzt mal trennen. Ich habe über Erfindungen über Inventionen gesprochen, wir sind noch nicht bei Innovationen. Also die Inventionen, die Erfindungen, die sozusagen disruptive Innovationen ermöglichen, das meinte ich, die kommen meist aus der Grundlagenforschung.
00:10:39
Speaker
Aber wenn ich eine klassische Invention, also eine Erfindung aus der Grundlagenforschung in den Markt bringe, dann habe ich immer das Problem des sogenannten Product Market Fits. Das heißt, Technologie oder Produkt sucht Markt. Das ist die Problematik. Es ist wirklich was ganz Besonderes, aber man weiß nicht genau, wofür man das anbinden soll.
00:10:59
Speaker
Und dieses Problem ist der nächste Schritt, der gelöst werden muss und wo ich sagte, da haben wir noch ein methodisches Defizit. Und die Sprint hat einen in der Tat, wie sie es sagte, einen ersten Ansatz gewählt, indem sie sozusagen eine Kanalisierung dieser erkenntnisgetriebenen Invention gemacht haben und gesagt haben, okay, wir machen jetzt hier mal einen Suchraum auf.

Venture Studios und Marktanpassung

00:11:24
Speaker
Und alle erkenntnisorientierten Inventionen, die in diesem Suchraum sind, die können mal hier vorbeikommen und mal ihre Dicke vorstellen. Somit in gewisser Weise versuchen, Dinge zu kombinieren. Ich würde persönlich aus meinem Erkenntnisstand einen Schritt weitergehen und das nennt sich heute Venture Building. Ist ein relativ neuer Denkansatz, der so aus der Berliner IT-Szene kommt, den man aber
00:11:47
Speaker
auch meiner Ansicht nach weiter denken kann. Und das ist sozusagen das Venture Studio. Das heißt, ich habe einen Suchraum, wo ich sage, in diesem Suchraum gibt es aktuell ein Marktversagen. Das heißt, ich habe keine Akteure, keine konventionellen Akteure, die in diesem Markt aktiv sind. Aber es ist klar, dieser Markt wird in Zukunft sehr wichtig sein. Ausgrund der Nachhaltigkeit, ausgrund der Digitalisierung, der Demografie oder was auch immer. Wo eben die disruptiven Aktivitäten gerade stattfinden.
00:12:15
Speaker
Und da ist ein Suchraum und diesen Suchraum eröffne ich und dann versuche ich sozusagen die erkenntnisorientierten Inventionen mit diesem Suchraum zu matchen. Und hier so ein Gebilde zu machen, was ganz anders ist, denn es ist ja so ein Top-Down-Startup dann und eine Top-Down-Innovation. Genau. Das ist im Moment der Ansatz, der ausprobiert wird. Die Sprint hat damit angefangen. In Berlin ist ein sehr bekanntes Unternehmen, was das im IT-Bereich macht, Mirantix.
00:12:43
Speaker
die sich mit diesen Themen beschäftigen und wo man sozusagen über das Venture Studio, also sozusagen ein Venture Building macht, also ich baue letztendlich für einen Zielraum, einen Zielmarkt, wo noch kein Unternehmen ist, sozusagen ein Unternehmen und sauge alle relevanten, erkenntnisorientierten Patente
00:13:02
Speaker
die irgendwie eine Zeit lang so rumgedümpelt haben zusammen und die bringe ich ihr zusammen. Und das heißt natürlich gegebenenfalls auch, dass der Erfinder nicht der Gründer ist. Das ist natürlich dein Ergebnis daraus. Auch das ist noch etwas, was Schwierigkeiten teilweise mit sich bringt.
00:13:20
Speaker
Aber das ist so der Stand aktuell, würde ich sagen, wo man im Bereich der Sprunginnovation oder bei den disruptiven Innovationen aktuell steht und wo man gerade experimentiert, ob man das methodisch besser mit diesen Denkansätzen zusammenbringt. Braucht es dafür dann eine neue Art von Gründer, Gründerin? Weil es ist ja erkenntnisgetrieben an einer bestimmten Stelle noch.
00:13:47
Speaker
Gibt es diese Leute schon? Weil wenn ich an klassische Start-up-Gründung denke, ist der Geldfaktor da aus meiner Sicht, also das skalierbare Produkt, sehr schnell im Vordergrund. Während ich bei der Wissenschaft die Scheu, sich mit dem Thema Marktgängigkeit meiner Erfindung, sich zu beschäftigen, immer noch als, ja, also eine Scheuempfinde. Brauchen wir da noch einen neuen Typus?

'Impact Startups' und soziale Wirkung

00:14:15
Speaker
Ne, wir brauchen neue Typos-Unternehmen. Ich weiß gar nicht, ob wir den Gründer brauchen. Also in der Tat sprechen Sie ein zweites Problem an. Das spiegelt sich auch dann in dem Gesellschaften den Wandel wieder. Also die normalen Start-ups sind natürlich auf skalierungsfähig aus auf Multiples entsprechend und sind, wie ich immer sage, Venture-Kapital basiert.
00:14:33
Speaker
Aber die jungen Gründer, wenn sie jetzt auch zum Beispiel jetzt sage ich mal im Bereich Nachhaltigkeit, Klima sehen, die Aktivisten, die sind ja nicht zwingend jetzt daran interessiert, Millionär zu werden, wie so der klassische Gründer ist sozusagen, sondern diesen Impact. Und ich nenne diese Innovationen, diese Unternehmen Impact-Startups. Das heißt, die haben den Impact im Fokus. Das können auch andere Rechtsformen sein. Das können Genossenschaften zum Beispiel sein. Das heißt nicht, dass das Geschäftsmodell
00:14:58
Speaker
was dahinter steht, jetzt keine Gewinne erwirtschaftet, aber die Gewinne fließen zurück ins Unternehmen und man hat ein gemeinsames Ziel, was man gibt. Auch da ist man am Anfang zu sehen, wie sehen die neuen, letztendlich die Impact-getriebenen Unternehmensformen aus, das ist auch eine rechtliche Gestaltung,
00:15:16
Speaker
Man kennt das so ein bisschen aus dem genossenschaftlichen Betrieb, das ist ein Modell, muss aber nicht zwingend das Einzige sein. Auch da ist man am Anfang, ich hatte dazu auch intensiv auch mit einigen Kollegen, auch mit Dietmar Hauhoff, mal eine Interzeit lang mal dazu gesprochen, wie bekommt man eigentlich junge nachhaltigkeitsorientierte Wissenschaftler dazu, die eben nicht diesen Venture Capital drei Farben letztendlich hin, um diese Impact getriebenen Unternehmen, wenn sie wollen eigentlich die neuen Familienunternehmen sind das ja eigentlich.
00:15:46
Speaker
Also die neuen Familienunternehmen, genau korrekt, die impactgetriebenen Unternehmen, wie kriegen wir die eigentlich auf die Straße? Auch da sind wir ein bisschen am Anfang zu gucken, was sind die richtigen Rechtsformen, die dahinter stehen? Wie sehen Finanzierungsoptionen aus? Finanziers wollen Multiple haben.
00:16:07
Speaker
Das heißt, das sind für solche Unternehmen natürlich sehr unattraktive. Das heißt, die brauchen eine stärkere öffentliche Förderung oder aber eben eine stärkere Fremdfinanzierungskomponente durch Banken. Die können auch durch einen EIF, also durch öffentliche Banken wie KfW oder EIF, eventuell gehebelt werden, solche Möglichkeiten, um das Risiko von klassischen Privatbanken zu reduzieren.
00:16:27
Speaker
Also da sind wir am Anfang, aber ich denke, dass sich da viele geradezu Gedanken machen, dass man sieht, dass die Innovationsforscher da dran sind. Und ich bin mir sicher, das ist für diese Art sozusagen diesen Wandel Richtung wirklich dieser nachhaltigen, ja familienähnlichen Unternehmen, wobei die Familie dann eben eine große Community ist.
00:16:47
Speaker
letztendlich mehr als nur eine Familie, im Sinne jetzt biologische Familie, sondern eher dann sozusagen eine Familie, die die gleichen Werte hat oder die gleichen Ziele teilt, wie wir da, sag ich mal, dann Start-ups bauen können, die unsere zukünftigen disruptiven Probleme lösen können.
00:17:04
Speaker
Sehen Sie, dass der Begriff der Innovation, ich bleibe jetzt auch mal bei dem Begriff der Innovation, durch den Green Deal sich verändert hat, weil da ja eine andere Investitionslogik entstanden

Einfluss des Green Deals auf Innovation

00:17:17
Speaker
ist. Weil das, was Sie mir erzählen, finde ich, da hängt der Begriff Innovation auch nochmal mit einer anderen Begrifflichkeit von Wirtschaften zusammen.
00:17:26
Speaker
Naja, also der Green Deal ist ja erstmal so eine Vision, die davor steht. Das heißt, die Frage ist, wie bricht sich das runter auf letztendlich Finanzierungsinstrumente und der European Investment Fund, der ja Teil der European Investment Bank ist, der AIF, der hat ja genauso einen Denkansatz.
00:17:44
Speaker
Also der ist ja eigentlich auch in dieser Richtung unterwegs, dass er eben versucht zusammen mit landespezifischen Fördereinrichtungen, landespezifischen Forschungseinrichtungen eben diese Finanzierungsmöglichkeiten aufzumachen.
00:17:59
Speaker
Denn letztendlich ist es ja egal, wie das Unternehmen nachher Arbeitsplätze schafft. Ob es über Venture-Kapital schafft oder über eine Fremdfinanzierung, die sehr attraktive Konditionen hat, weil es eben im öffentlichen Interesse ist.
00:18:14
Speaker
Ja, es soll jetzt kein Staatskonzern werden, aber es kann natürlich eine attraktive Finanzierungskonstellation sein, weil eben das vom Green Deal gewünscht ist und damit eben sehr niedrige Verzinsung oder auch sehr attraktive Konditionen eben hat. Und dann macht man das eben über so eine Schiene. Und ich bin mir sicher, dass das mehr und mehr werden wird. Wir sehen auch beim AIF, dass diese ersten Nachhaltigkeitspakete kommen. Letztendlich, was muss er machen? Er muss letztendlich nur
00:18:39
Speaker
jetzt monetär gesehen das Risiko rausnehmen, was durch diese Nachhaltigkeits-Ragestellung additiv ist. Denn wäre es ein normales Unternehmen mit einem normalen Business Case, würde es ja letztendlich in die Privatbank finanzieren.
00:18:54
Speaker
Und die Erhöhung des Risikos, weil wir eben in einem Nachhaltigkeitsmarkt sind, dieses Delta muss ja eigentlich nur die öffentliche Hand mit absichern, sodass die Risiken für die Privatbank letztendlich ähnlich sind, als ob ich ein normales Geschäftsmodell habe. Oder ein klassisches Geschäftsmodell habe.
00:19:10
Speaker
Und das weiß ich, dass der iPhone diese Richtung denkt auch durch meine Gespräche mit ihm. Und es gibt ja auch privat finanzierte wie die Breakthrough Energy Ventures von Bill Gates und so, die genau diesen Denkansatz haben. Und diese Breakthrough Energy Ventures sind ja auch aktiv auch in Europa jetzt und machen genau diese Hebelwirkung, dass sie das Delta des Risikos letztendlich finanzieren.
00:19:36
Speaker
Sie nehmen meine Frage vorweg, weil ich Sie natürlich auch nochmal, da Sie auch in den USA und in Südkorea haben Sie eine Gastprofessur, wenn ich das richtig gesehen habe.

Innovationsmanagement international

00:19:50
Speaker
Dort sehen Sie ja andere Märkte, wissenschaftliche, wirtschaftliche, Transfermärkte. Gibt es Dinge, Sie haben es ein bisschen angerissen jetzt mit Bill Gates.
00:19:59
Speaker
die wir jetzt hier in Europa, sag ich mal, weil ich glaube, es ist ein rein deutsches Phänomen, lernen können in Bezug auf das Innovationsmanagement. Ja, also das ist sehr unterschiedlich, muss man sagen. Südkorea und USA, das sind sehr unterschiedliche Kulturen. Die USA sind gar nicht so viel besser letztendlich bei der bevölkerungsbezogenen Startup-Quote. Und die sind einfach nur sehr viel mehr und haben einfach sehr viel mehr Venturekapital als wir.
00:20:26
Speaker
weil das traditionell so ist. Das heißt, die können sich mehr Fehlschüsse erlauben. Und wenn ich eine Gauss-Statistik mache und eben einfach mehr habe, dann habe ich eben auch in den Ausläufern, in den Einhörnern oder auch eben in den Zebras, wenn wir jetzt mal die Nachhaltigkeitsthemen nehmen, da habe ich eben mehr absolut gesehen und die haben natürlich dann eine höhere Attraktivität auch für Geld geben. Aber so mein Eindruck ist, dass durch jetzt Corona und die Digitalisierung, das sich auch ein bisschen besser verteilt,
00:20:52
Speaker
sodass ich gar nicht genau weiß, ob wirklich das Umfeld in den USA im Vergleich, was jetzt auch in Berlin entstanden ist oder auch in München rund um die TUM, also die haben ja auch eine tolle Start-up-Szene entwickelt, ob da an der Stelle eventuell wirklich die großen Unterschiede noch sind, außer dass eben sehr viel mehr Venture-Kapital darum umdümpelt. Und die Frage ist, kriegen wir das über, sag ich mal, die ganzen digitalen Medien, die wir es jetzt auch nutzen, eventuell auch besser verteilt auf der Welt?
00:21:21
Speaker
lösen damit eins der Probleme, was wir eben in Deutschland noch haben, eben den Zufluss von Venture Capital. Südkorea ist anders strukturiert. Interessanterweise haben die die höchste F&E-Quote auf der ganzen Welt. Die liegt ja, ich glaube aktuell, bei über viereinhalb Prozent des BIPs. Wir sind ja nur gerade bei drei. Das heißt, die gehen da deutlich stärker rein, sowohl die Unternehmen, aber auch der Staat natürlich.
00:21:48
Speaker
Und die haben im Prinzip, wenn man sich mal die Transfers anschaut, letztendlich wie der Wissenschafts-Wissenschaftstransfer geht, da gibt es ja letztendlich sieben Kategorien, wenn Sie so wollen, wie man Wissenschaftstransfer machen kann und die nutzen ein bisschen anderen Weg. Wir haben ja gerade sozusagen, also der klassische, wir haben gerade besprochen, ist Ausgründung oder Lizenzierung.
00:22:09
Speaker
Ein anderer ist natürlich der Transfer über Köpfe. Und das ist natürlich etwas, was in Korea sehr, sehr gut läuft. Wir haben eine sehr hohe Anzahl an Wissenschaftlern und einen sehr, sehr guten Austausch zwischen der Akademie und der Industrie. Also die gehen da hin und her. Leute aus der Industrie werden Professoren in der Akademie und umgekehrt. Und durch diese hohe Durchlässigkeit ist letztendlich da ein sehr hoher Transfer möglich.
00:22:37
Speaker
Und das ist die große Stärke. Die ist bei uns ja durch unser akademisches System ein bisschen schwächer ausgeprägt. Und die Leben ist mein Eindruck jedenfalls aus meiner Zeit dort. Ich war gerade jetzt Ende Juli dort. Das ist der Transfer über Köpfe. Das heißt, die Kontakte letztendlich der Professoren in die Industrie sind bestens, weil meine Doktoranden sind da bzw. der Kollege.
00:22:57
Speaker
der hier gerade neben mir sitzt, also mein Kollege jetzt in Korea, der ist gerade von Samsung rübergekommen und macht jetzt noch mal zehn Jahre Professor an der Universität, am Kent Tech, wo ich bin, wo es um nachhaltige Technologien geht. Und da ist ein höherer Austausch und damit schaffen die das letztendlich, auch eine hohe Innovationskraft zu kriegen über die Struktur Transfer über Köpfe.
00:23:18
Speaker
Und so ist das ein bisschen unterschiedlich in den unterschiedlichen Ländern. Die Start-up-Kultur in Korea ist nicht so stark ausgeprägt, muss man sagen, wie jetzt in Deutschland oder in den USA. Da sind sie noch am Anfang, wissen aber, dass sie da auch stärker werden müssen. Also das ist auch auf der Agenda in Korea, aber da sind sie eher hinter Europa und hinter den USA natürlich.
00:23:42
Speaker
Interessant. Ja, wir kommen langsam zum Ende unseres Podcasts, super spannend. Ich werde ihn sicherlich off the record dann, wir sehen uns ja vielleicht nochmal ein paar Fragen stellen. Zuletzt würde mich im Rahmen dieses Podcasts interessieren, ob Sie eine Empfehlung haben für Unternehmen, die sich für wirklich bahnbrechende Erfindungen interessieren, eine Disruption
00:24:08
Speaker
auch brauchen und suchen danach in der Kooperation mit

Investitionen in Startups und Marktforschung

00:24:14
Speaker
Wissenschaft. Was müssen solche Unternehmen mitbringen, damit so ein Transfer gelingt? Was brauchen die? Was sind gute Voraussetzungen? Worauf müssen sie sich vielleicht auch einlassen? Der Transfer in die Unternehmen, die Märkte bedienen,
00:24:29
Speaker
Der ist eigentlich sehr gut in Deutschland. Deswegen haben wir auch mit die besten und leistungsfähigen Verbrennungsmotoren. Das hat auch ganz viel mit Kooperationen zu tun zwischen Forschung und Industrie. Und das läuft gut über die ganzen klassischen Kanäle, die wir haben, Vertragsforschung, Ausgründung, Lizenzierung, Transfer über Köpfe, Nutzung der Infrastruktur, Wissenschaftskommunikation und natürlich noch
00:24:48
Speaker
Aber VW hat den E-Motor nicht früh genommen. Ja, aber das lag daran, dass das ein neuer Markt ist. Den kannten sie nicht. Das war keine Inkriminierung. Da mussten sie einen Sprung machen. Und das Thema, was Sie ansprechen, ist jetzt, wie kann ein Transfer passieren in einen Bereich, ein Marktbereich, wo aktuell die Akteure selber noch nicht sind und sie auch nicht wissen, ob sie in diesem Bereich wirklich in Zukunft Geld verdienen. Und dafür gibt es eben letztendlich die Start-ups und Ausgründungen.
00:25:18
Speaker
Die nehmen letztendlich das Risiko von Unternehmen, von klassischen Unternehmen sozusagen eine Markterkundung zu machen, weil Ausgründungen sind ja letztendlich Markterkundungen, hat er Erfolg, hat er nicht Erfolg und ich kann den großen Konzernen nur empfehlen, mehr in Ausgründungen zu investieren, weil damit erfahren sie auch extrem viel über die Märkte. Tesla war ein Startup-Unternehmen und
00:25:41
Speaker
Und alle, die dort investiert haben, haben sicherlich viel erfahren über den Markt. Und wir sehen das auch hier in Deutschland zum Beispiel. Ich will mal ein Beispiel nennen, weil das bekannt ist. Aber die Firma Total ist ein Ölkonzern, ja. Und die haben sehr frühzeitig zum Beispiel in die Firma Sunfire, das ist bekannt, investiert. Das sind Elektrolyseurhersteller, die kannten den Markt nicht.
00:26:03
Speaker
Und durch das Unternehmen haben Sie den Markt kennengelernt und sind jetzt ganz weit vorne im Bereich des grünen Wasserstoffs, der grünen Moleküle, Methanol, auch dadurch, dass Sie über Sunfire sehr viel Information bekommen haben. Also ich kann Unternehmen nur empfehlen, wenn Sie in Zukunftsmärkte wollen, wo Sie sagen, okay, das ist eigentlich jetzt keine inkrementelle Innovation mehr, sondern das ist wirklich was Neues.
00:26:25
Speaker
geht über Start-ups, geht über Spin-offs, also sozusagen mit Know-how von Universitäten, investiert da rein, schaut euch die an, schaut, wie die im Markt agieren, wie der Markt reagiert und zur Not kauft ihr dann später oder wenn es nichts ist, dann war es eben nichts, dann habt ihr investiert, aber das ist besser als eine Marktstudie.
00:26:48
Speaker
Weil auch eine Marktstudie hat irgendwo ihre Grenzen und eine Ausgründung auch als anteilige Marktstudie zu sehen, kann ich persönlich nur empfehlen. Und dann hätten wir auch wiederum mehr Venturekapital in Europa, wenn die Unternehmen in diese Richtung denken würden und würden auch einen Schritt weiter kommen im Vergleich zu den USA.
00:27:05
Speaker
Perfektes Schlusswort. Herr Wehrspun, ich danke Ihnen sehr für Ihre Zeit. Das war, glaube ich, zumindest für mich sehr erhellend. Ich hoffe auch für euch, die zugehört habt.

Abschlussbemerkungen zur Rolle der Wissenschaft

00:27:15
Speaker
Ihr findet in der Reihe 20 Blue Hour einige Podcasts, die sich derzeit mit der Frage beschäftigen, kann man Innovation überhaupt managen? Ich hatte heute einen Wissenschaftler,
00:27:25
Speaker
der diese Frage für mich perfekt beantworten konnte, was die Wissenschaft dort von der Rolle spielt und wünsche einen schönen Nachmittag. Wir haben den 15. August um 14.39 Uhr. Das sage ich nur sicherheitshalber falls in einer Woche jetzt was Wichtiges passiert ist und wir uns irgendwo überholt haben vom Wissen, aber das glaube ich nicht. Herr Berspun, vielen Dank. Ja, herzlichen Dank.
00:27:47
Speaker
Den kleinen Podcast 20 Blue Minutes findet ihr überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Und natürlich bei uns auf 20.blue. Bis bald.