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20blue minutes #16: Daniel Probst

20blue hour
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32 Plays1 year ago

In die aktuelle Interview-Folge unseres Podcasts hat sich Anja Mutschler Daniel Probst eingeladen, Partner und Berater bei Verwegener & Trefflich. Innovation war bei Verwegener & Trefflich lange Zeit Kerngeschäft, mit Prototyping und Design Thinking hat die Beratung schon viele Organisationen und Prozesse begleitet. Häufig verliefen aber auch nach umfangreicher Vorarbeit und erfolgreichen Prototypen Ideen im Sande, ohne, dass etwas umgesetzt wurde.

Was macht also eine erfolgreiche Innovation aus? Für Daniel Probst bedeutet Innovation etwas Neues, dass sich dann aber auch verbreiten kann, Diffusion und ein Erfolg am Markt macht also erst aus Ideen Innovationen.

Der Erfahrung nach führt dieser Weg aber nicht über die richtig gute Idee, die dann alle mitzieht. Für Probst ist inzwischen klar, dass eine Veränderung nach innen zuerst im Vordergrund stehen muss, bevor Innovationen umgesetzt werden können. Menschen und Organisationen müssen lernen, in einen Fluss zu kommen, mit dem man Veränderungen nicht mehr im Wege steht. Sein Tipp an Strukturen in Unternehmen: „Klassische Hierarchien einladen, sich abzuschaffen“.

Denn klar, Veränderungen können nach hinten losgehen, weshalb die Komfortzone des Status Quo so verlockend sei. Genau diese Komfortzone sei aber auf Dauer für Organisationen sehr schädlich.

Kann man also Innovation managen? Eher nicht, wenn wir unter Management immer noch die Technik aus dem 20. Jahrhundert verstehen, die laut Probst eher ins Industrie- und Bürkokratie-Zeitalter passt. Diese Prozesse auf der Grundlage von klaren Hierarchien funktionieren für komplexe Prozesse irgendwann nicht mehr.

Denn komplex bedeutet für Probst, auch im Gegensatz zu kompliziert, eine gewisse Ergebnisoffenheit, die sich nicht so leicht standardisieren oder gar automatisieren lässt und erst in der Interaktion entsteht. Für diese Interaktion brauche es neue Führungssysteme, die mit der alten Art von Management brechen.

Verwegener & Trefflich geht dabei mit gutem Beispiel voran, Probst erklärt auch das eigene Modell, um Mitarbeitende sowohl an Entscheidungen und Gewinn, aber auch an Risiko und Prozessen zu beteiligen. Auch die Kommunikation zwischen den Partnern funktioniert auf der Basis von Vertrauen und bleibt so interaktiv, aber ohne die Notwendigkeit ständiger Absprachen und „alles totquatschen“ zu müssen.

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Transcript

Anpassung von Organisationen für Innovationen

00:00:00
Speaker
Was die Organisation lernen muss, ist, hey, wir verändern uns, wir bringen was Neues raus, aber dazu müssen wir auch im Inneren anders sein. Wie können wir in diesem neuen Zielbild alle eure wahren Bedürfnisse auf eine neue Art und Weise erfüllen? 20 Blue Minutes, der kleine Podcast vom Research Institut 20 Blue.

Vorstellung des Gastes Daniel Probst

00:00:25
Speaker
Hallo und herzlich willkommen. Mein Name ist Anja Mutschler und ich habe da mal eine Frage. Und zwar heute an Daniel Probst von Vorwegener und Trefflich, einer Innovationsberatung aus Leipzig. Hallo Daniel. Hallo Anja. Schön, dass ich hier sein kann.
00:00:40
Speaker
Ja, schön, dass wir uns hier treffen. Es ist Ende Juni, Freitagnachmittag und wir haben sicher beide eine volle Woche

Kann Innovation gemanagt werden?

00:00:48
Speaker
hinter uns. Wir werden uns heute einem Thema beschäftigen, wo ich dich nicht ohne Bedacht ausgesucht habe. Wir laufen uns jetzt seit ein paar Jahren immer wieder über den Weg und du bist sehr eng verbunden für mich mit dem Begriff Innovation. Daher will ich dich fragen. Innovation, was ist das und kann man Innovation überhaupt managen? Was ist deine Meinung?
00:01:10
Speaker
Ja, spannende Frage. Und ich gucke mittlerweile schon ein bisschen mit Abstand auf das Thema Innovation. Das war so vielleicht vor drei Jahren so der Kern von verwegener und trefflich Innovationsstrategien zu entwickeln. Davor haben wir viel so am Prototyping und Kreativprozessen gearbeitet.
00:01:31
Speaker
Und am Schluss sind wir immer wieder hingeblieben an, wir haben eine gute Idee, der Prototyp funktioniert, die Ressourcen sind alluzieriert, aber wir machen es trotzdem nicht. Und da ist so mittlerweile unser Blick eher auf, was fehlt denn oder welche Blockaden stehen mir als Mensch, als Führungspersönlichkeit oder auch als Organisation im Weg, dass wir das, was wir rational wollen, am Schluss doch nicht tun.

Barrieren der Innovationsdiffusion

00:01:57
Speaker
Aus der Perspektive gucke ich und wenn du mich fragst, was ist Innovation, dann ist es für mich was Neues.
00:02:10
Speaker
diffundiert, also das sich verbreitet. Also für mich ist Innovation immer erfolgreich, sonst ist es eine gescheiterte Erfindung oder Technologie oder irgendwas. Sobald wir von Innovation sprechen, ist in meinem Blick der Erfolg am Markt in der Diffusion schon da.
00:02:30
Speaker
Okay, ich denke natürlich noch einen Schritt vorher auch über die Ideenfindung nach, weil mich der Punkt tatsächlich am meisten interessiert. Du bist jetzt sozusagen, ihr seid vielleicht hängen geblieben an dem Moment der Diffusion, wenn ich dich richtig verstehe. Also die Idee ist da, aber trotzdem droht sie zu scheitern, weil sie aus Gründen A bis Z nicht diffundiert wird. Vielleicht kannst du das noch ein bisschen genauer
00:02:55
Speaker
was da passiert und was ihr dann mittlerweile also auch vielleicht macht.
00:03:01
Speaker
Naja, ich glaube, wir sind noch eine Stufe früher gescheitert, beziehungsweise die Ideen bei den Kunden und Partnern, die wir begleitet haben, weil die meistens noch gar nicht bis auf den Markt geschafft hatten, sondern schon im Prozess in der Organisation zerrieben, klein gemacht wurden, sodass es gar nicht mehr erst dazu kam, wirklich zu gucken. Bringen wir es auf den Markt, damit das erfolgreich werden kann.
00:03:27
Speaker
Also insofern glaube ich noch ein Schritt früher stecken geblieben. Verstehe ich das jetzt richtig. Also ihr versucht dieses Steckenbleiben zu, naja, verhindern, ist jetzt irgendwie ein vielleicht nicht ganz geschicktes Wort, aber die Ströme ins Fließen zu lassen, um mehr Innovation zu ermöglichen. Habe ich das jetzt richtig verstanden?
00:03:47
Speaker
Ja, genau. Also das hast du auch schön formuliert. So würde ich das auch betrachten. Wie können wir als Menschen und als Organisation so ins Fliesen kommen, dass wir uns nach Veränderungen nicht in den Weg stellen? Und ich glaube, das Wichtige, was schnell außer Acht gerät, ist, es geht nicht nur darum, ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung nach außen auf den Markt zu bringen, sondern das bedeutet einfach immer auch eine
00:04:14
Speaker
mehr oder weniger radikale Veränderungen nach innen.

Transformation vor Innovation?

00:04:17
Speaker
Also wenn es uns gelingt, als Organisation was echt Neues zu tun, heißt es ja auch, wir haben das noch nicht selber getan und wir müssen uns dann damit beschäftigen, wie schaffen wir das im Innen und was bedeutet das für die beteiligten Personen.
00:04:31
Speaker
Und was ist dann zuerst? Muss zuerst eine Organisation, Transformation offen sein, um wirklich innovativ zu sein oder kann ein guter Gedanke dazu führen, dass man sich grundlegend verändern möchte?
00:04:48
Speaker
Also meine These mittlerweile ist eher erstere Variante. Ich glaube, an der zweiten haben wir uns acht Jahre lang bei Verwegener und Trefflich abgearbeitet und gesagt, hey, wenn die Idee so viel Strahlkraft hat, dass allen das Herz aufgeht und alle anfangen zu grinsen, dann wird es schon auch. Also das war zumindest in vielen Organisationen, auf die wir getroffen sind, nicht der Fall. Also das Leuchten war halt bei
00:05:18
Speaker
vielen Teams nicht stark genug oder nicht bei genug Menschen. Von der geilen Idee geht wirklich auch eine Veränderung der Organisation aus. Deswegen würde ich heute eher darauf gucken, was brauchen wir als Organisation, um uns auf Veränderung einlassen zu können, weil erst dann die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir es auch erfolgreich umsetzen. Und was brauchen wir?
00:05:39
Speaker
Also vor allem ein Verständnis für Veränderungsprozesse auch bei uns als Menschen im Team. Ganz banal gesagt, Veränderung ist immer gefährlich, weil ich was verlieren könnte. Und selbst wenn ich das, was ich gerade habe, nur so das bekannte Elend ist, bleibe ich lieber beim bekannten Elend, als gar nicht zu wissen, wie es geht. Denen war jetzt gerade sehr, ja.
00:06:05
Speaker
Genau, das sehen wir glaube ich in ganz vielen Veränderungsprozessen, dass wir deswegen halt in dieser formalen Deitenkomfortzone hängen bleiben und die ist nicht schön oder nicht notwendigerweise schön, sondern die kann auch, wie gesagt, das bekannte Elend sein.

Individuelle Bedürfnisse in Veränderungsprozessen

00:06:17
Speaker
Und die Frage, die sich eine Organisation beantworten können muss, ist quasi,
00:06:24
Speaker
Also hier sind Bedürfnisse. Unabhängig von dem Produkt oder der Innovation, die wir entwickeln, meine ganzen Grundbedürfnisse, ich möchte zugehörig sein, ich möchte Sicherheit haben, ich möchte Anerkennung kriegen, ich möchte mich vielleicht verwirklichen oder einbringen können oder was bewirken und so weiter und so fort. Bei jedem unterschiedlich. Und in der Regel habe ich halt im Status Quo irgendwie eine hinreichende Bedürfnis Erfüllung. Und jetzt machen wir was anderes.
00:06:53
Speaker
Und die destruktive Strategie ist, ich versuche mein Bedürfnis auf alte Art und Weise zu erfüllen, weil ich weiß, wie es geht. Und so hat es bisher funktioniert. Und dann bleibe ich in der alten Bedürfnis Erfüllung. Und das, was die Organisation lernen muss, ist, hey, wir verändern uns, wir bringen was Neues raus, aber dazu müssen wir auch im Inneren anders sein. Wie können wir in diesem neuen Zielbild
00:07:13
Speaker
alle eure wahren Bedürfnisse auf eine neue Art und Weise erfüllen. Und dafür einen Aushandlungsprozess zu finden, das wäre, glaube ich, das, wo ich mich leichter auf Veränderungen einlasse. Wenn ich weiß, ah, es wird gesehen, dass ich hier gerade Schiss habe, dass mir meine bisherigen Anerkennungsstrategien verloren gehen und darauf geachtet wird, dass ich vielleicht in einem neuen Setting eine neue Möglichkeit finde. Das zu beachten, ist, glaube ich, eine Qualität oder eine Fähigkeit von Organisationen, die wir brauchen.
00:07:43
Speaker
Aber kann sich eine Organisation aus sich selbst heraus erneuern? Also üblicherweise sind ja so große Transformationen immer auch damit versehen, dass erstmal die Hälfte rausgeschmissen wird und dann schließt man irgendwas und dann passiert was Neues. Ich spreche jetzt nicht nur ganz praktisch vom Fachkräftemangel und der Tatsache, dass
00:08:01
Speaker
gut trainierte Mitarbeitende auch einfach ganz toll und wichtig sind für Unternehmen. Aber gibt es softeren Wege, um diesen Moment vom ändern müssen zum ändern wollen hinzukriegen?
00:08:15
Speaker
Ich möchte zumindest die Hoffnung darauf nicht aufgeben. Ja, ich gehe schon davon aus, weil die Motivation kann natürlich Schmerzvermeidung oder Lustgewinn sein für eine Veränderung. Ich glaube, beide funktionieren. Gerade sind wir bei Augen verschließen vor Schmerzvermeidung.
00:08:38
Speaker
Ja, ich finde es gerade schon tatsächlich ein kollektives Gefühl, was ja auch hilfreich sein kann. Jetzt steile These von mir vielleicht, aber ich denke in ein bis zwei Jahren wird bei Unternehmen anders über Transformation nachgedacht als jetzt.

Zukunft der Unternehmens-Transformation

00:08:51
Speaker
Gerade dieses Jahr empfinde ich als
00:08:53
Speaker
sehr diskursiv, sehr stark, alles kommt aufs Tapet, so wie du sagtest. Also es gibt einfach auch mal einen offenen Diskurs, wovor habe ich Angst, das möchte ich vielleicht nicht verlieren, das ist ja auch gut, auch wenn es vielleicht nicht immer in dem Tonfall gesagt wird, den wir uns wünschen, aber es kommt mal raus. Also es kommt manchmal auch so ein bisschen vor, als ob jetzt einmal alles raus muss und wir dann wieder zurückkommen können in eine gute Kommunikation.
00:09:18
Speaker
Und das wird wahrscheinlich schon auch beeinflussen, wie Unternehmen über Transformation nachdenken können als amorphes Gebilde. Das ist ja auch krass zu sagen, eine Organisation denkt. Was ist das überhaupt? Also wer denkt da? Was ist dieser Körperorganisation und wo beeinflusst

Traditionelles Management und Innovation

00:09:36
Speaker
man den? Üblicherweise ja immer an den Spitzen. Wie würdest du das generell auch sehen? Wo kann man Veränderungsimpulse setzen, dass die sich weitertragen? Klug.
00:09:48
Speaker
Ich würde sagen, klassische Hierarchien einzuladen, sich abzuschaffen. Also das ist vielleicht auch der Bogen zu deiner eingangs gestellten Frage. Also kann man Innovationen managen? Ich denke eher schlecht.
00:10:05
Speaker
Wenn wir unter Management verstehen, diese Kulturtechnik aus dem 20. Jahrhundert, wo wir Macht auf wenige Menschen oder Rollen fokussieren, die dann Verantwortungsträger und Leistungsträger und all diese alten Vokabeln sind. Und ich denke, die Managementtechnik, diese Kulturtechnik, die gehört halt einfach eher in so einen Industriezeitalter.
00:10:32
Speaker
oder auch in ein Bürokratie-Setting. Also das ist die Frage klare Prozesse, klare Regeln, klare Hierarchien, klar ist richtig und falsch. Und wenn ich eine Frage habe, wird die nach oben delegiert bis wenn die Wetter zurückkommt. Im Normalfall.
00:10:50
Speaker
Und das funktioniert halt für komplizierte Aufgabenstellungen, aber für Komplexe irgendwann nicht mehr. Nach ganz kurzen Unterschied, kompliziert und komplex für meine liebe Hörerschaft. Na ja, eine komplizierte Fragestellung ist eine,
00:11:07
Speaker
Da muss ich mitdenken, aber dann kann sie am Schluss auch automatisiert werden, in einem Prozess abgebildet werden und maschinell gelöst werden. Also jetzt mal zumindest vielleicht nicht KI gesprochen, sondern alte Maschinen, wo das dann auch reproduzierbar ist und wo die Frage immer dann diese Skalierungsthematik der Industrie Zeit ist.
00:11:28
Speaker
Eine komplexe Leistung oder eine komplexe Fragestellung erfordert einfach die Interaktion von ganz vielen Gehirnen und von ganz viel Wissen und lässt sich eben nicht in einen Standardprozess pressen, sondern ist immer auch ein Stück weit ergebnisoffen und entsteht in der Interaktion.
00:11:50
Speaker
Dafür brauchen wir neue Führungssysteme, die glaube ich gerade überall ausprobiert und vertestet werden, aber eben noch ganz viel Legacy im klassischen Management ist, wo nach wie vor in ganz vielen Organisationen Macht gebündelt ist und das eben auch so eine Loslassübung ist. Also da sind wir wieder bei der Veränderung. Solange Management nicht Wege findet, die eigene Wichtigkeit,
00:12:18
Speaker
die eigene Anerkennung oder die eigene Macht auf konstruktive Art und Weise sich zu befriedigen in einem anderen Setting, wo nicht mehr ich an der Spitze von der Pyramide stehe, solange wird diese Managementfunktion auch immer wieder reproduzieren, dass ich zwar sage, ihr müsst alle Verantwortung übernehmen,
00:12:38
Speaker
Aber bitte genauso, wie ich es auch mache. Und damit funktioniert Innovation nicht, weil wir für die komplexen Probleme brauchen, dass die Menschen interagieren und Dinge ausprobieren und es eben nicht planbar ist. Und ich nicht weiß, ob ich nachher meine Reputation erhöht habe oder sie verliere, zumindest nicht auf den Management-Gesichtspunkt. Da kriege ich keinen Bonus für und keine Gehaltserhöhung, weil das anders funktioniert.
00:13:04
Speaker
Und deswegen glaube ich, zumindest unter so einem Verständnis von Management lässt sich Innovation eher schlecht managen.
00:13:11
Speaker
Also du sprichst verschiedene spannende Punkte an. Eine Beobachtung, die ich teile, ist, dass Transformation, Veränderung zu schnell als Managementaufgabe begriffen wird. Als aktuelles Beispiel haben wir das Nachhaltigkeitsthema. Damit beschäftigen wir uns bei Adventure Blue ja gerade viel. Wie kriegt man Nachhaltigkeitsmanagement, ist ja auch schon wieder so ein Wort, in Unternehmen installiert.
00:13:36
Speaker
Und dann ausgerollt und alle mitgenommen. Genau. Und es ist für mich eine ganz interessante Beobachtung, wenn wir mit den Menschen sprechen, die unmittelbar betroffen sind. Das sind also CSR-Beauftragte, Stabsstelle, Nachhaltigkeit, Menschen, die relativ viel Verantwortung auf den Tisch gelegt bekommen haben. Mach mal unser Unternehmen nachhaltig, aber wenig Procura haben.
00:13:59
Speaker
so alles wieder abstimmen müssen. Und da geht es tatsächlich vor allem darum, rauszufinden, ob es diesen einen Pfad oder Schema F gibt, nicht despektierlich gemeint, aber den einen Prozess, den man sicher angehen kann, damit man weiß, danach ist was anders als vorher.
00:14:19
Speaker
Aber ich verlasse die Reporting-Struktur nicht. Also Reporting ist also ein ganz wichtiges Element von Nachweis, ob ich gut oder schlecht arbeite. Und das ist jetzt einfach nur eine Anmerkung. Also du hast ja schon alles dazu gesagt. Und das Zweite, was mir dazu einfällt,
00:14:36
Speaker
Ich bin ja nun selber auch Gründerin und Geschäftsführerin und hatte das schon aus unserem Vorgespräch auch als sehr spannenden Impuls mitgenommen, dass ihr ja, ihr habt ja eure eigene Chefrolle auch überarbeitet. Vielleicht willst du das mal ein bisschen ausführen, weil da, finde ich, steckt sehr viel Interessantes drin. Denn Chef, Chefin sein, Verantwortung übernehmen ist ja auch nicht nur leicht und schön, sondern es gibt ja auch für die Amorphisierung von Macht viele Gründe.
00:15:04
Speaker
Erzähl mal, wie ihr da gerade steht, was ihr entwickelt habt. Wir haben da immer wieder experimentiert. Wir waren ja zwischenzeitlich mal zu neun, drei Partnerinnen und fünf Angestellte. Und wir haben immer experimentiert mit Wie geht es?

Neue Führungssysteme für komplexe Probleme

00:15:21
Speaker
Also wir hatten ja glücklicherweise immer ein Team von Leuten, die Verantwortung übernehmen wollten und auch gestalten wollten.
00:15:29
Speaker
Und dann immer eher so die Frage, wo ist unser Fokus oder wie viel Bauchladen machen wir, wenn wir quasi jedem auch sein eigenes einbringen lassen, sein eigenes entwickeln. Und irgendwann standen wir immer wieder vor der Frage, was ist fair?
00:15:46
Speaker
Das ist unfair. Wer trägt wie viel Risiko, auch ökonomisch? Wer kriegt wie viel Freiheit? Natürlich wollen alle gerne nur 30 Stunden oder 20 arbeiten und am liebsten vom See und von irgendwo anders und dann nur die Kunden und Projekte bearbeiten, auf die ich echt Interesse sprach. Klar, will ich auch, aber das verträgt sich nicht notwendigerweise von alleine mit einem festen Monatsgehalt.
00:16:12
Speaker
Und dann gibt es ja auch untereinander den Schmerz, ich streng mich ja doch mehr an als du. Und am Schluss haben wir halt Zeit und Geld, das ist immer dieses leicht Messbare. Und egal, ob die Mitarbeiterinnen dann auch gesagt haben, ja, ich weiß, meine Freunde, die kotzen alle ab, wie es in ihren Firmen ist, aber die kriegen auch 1000 Euro mehr. Und am Schluss ist dieses, ich kann halt diese scheiß Zeit und das scheiß Geld
00:16:40
Speaker
einfach klar messen und das, was einen zusätzlichen Wert da ist, das ist immer schwer im Vergleich zu setzen. Ich nicke gerade sehr, sehr heftig. Ihr werdet es leider nicht sehen und hören, aber es ist ja.
00:16:56
Speaker
Und wir haben dann gesagt, okay, also wir möchten nur noch PartnerInnen an Bord nehmen, die selber mit ins Risiko gehen und haben aber gesagt, okay, wir wollen gucken, dass wir das jetzt nicht so rein wettbewerblich und dann jeder muss seinen Umsatz machen und
00:17:15
Speaker
Sondern wir haben Wege gesucht, wo wir uns ein solidarisches Grundeinkommen zahlen können, wo wir Anteile an der Organisation uns erarbeiten und uns nicht einkaufen. Aber ausbezahlt werden können, auch wenn ich ein sabbatical mache oder wenn ich die Organisation verlasse, wenn ich da zum Aufbau beigetragen habe, auch eine längerfristige Rente rausgelege. Wir haben so ein Negativzinsmodell da eingebaut, dass meine Anteile langsam schrumpfen.
00:17:43
Speaker
und die auch jährlich schrumpfen und wieder neue ausgeschüttet werden. Da haben wir uns einfach viele Gedanken gemacht, wie wir quasi so unsere Werte, wie wir sicherstellen wollen. Jeder macht so viel, wie er kann und will. Und wir kriegen einen fairen Verteilmechanismus dann am Schluss auch von der Kohle hin. Und wir haben gleichzeitig einen Anreiz, nicht nur meinen Stiefel zu machen, wo ich kurzfristig meinen Umsatz optimiere, sondern einen Beitrag zur Gemeinschaft leiste, die allen zugute kommt und das dann aber auch wieder untereinander zu honorieren.
00:18:13
Speaker
Das war am Anfang so, als ich das zum ersten Mal skizziert habe, ich dachte, geil, das wird so einfach und so klar. Es ist dann doch ein bisschen Monster geworden und wir sind gerade dabei, das kommunizierbar und konsumierbar zu machen und wollen das ja auch mit der Juli dann. Das fand ich spannend. Du hast auch
00:18:35
Speaker
damals noch erzählt, ihr müsst sehr viel kommunizieren, also es ist ein Aushandlungsprozess, der auch immer wieder bei jedem Projekt aufs Neue stattfindet und dann je Projekt auch berücksichtigt, was hat man getan und dann auch, wie du schon sagst, dieses Unwohlsein, also wie fühle ich mich gerade in der Runde mit der Aussage, mit dem, was du denkst, was ich getan hätte, also anteilmäßig,
00:19:00
Speaker
Das fand ich nochmal sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass es auch wieder was ist, was kein festgeschriebener Prozess ist, sondern einer, der auch eine gewisse Fluidität in

Kommunikation in Führungsprozessen

00:19:12
Speaker
sich hat. Und darauf baut, dass alle immer miteinander reden wollen. Das ist ja auch nicht immer nett. Also man hat ja manchmal keinen Bock. Also das haben wir tatsächlich, zumindest in unserer Dreierkonstellation als Partnerinnen im Moment, wirklich
00:19:27
Speaker
sehr entspannt gelöst. Wir schreiben da verschiedene Fragestellungen, einfach jeder eine Zahl auf dem Zettel, also eine Prozentzahl und wir vergleichen die und wenn es weniger als 20 Prozent abweicht, nehmen wir immer den Mittelwert. Ohne Diskussion. Und wenn es mehr als 20 Prozent abweicht, dann fehlen Informationen und dann müssen wir sprechen.
00:19:47
Speaker
Also im Idealfall laufen neun von zehn Projekte jeden Monat, ohne dass wir sprechen müssen. Und wir uns zumindest in unserer jetzigen Konstellation da eigentlich jetzt in den letzten drei Jahren, das machen wir schon länger, immer darauf verlassen, dass wir uns immer gegenseitig wohlwollend einschätzen. Also es ist noch nie zu einem
00:20:06
Speaker
Also da geht es nicht nie, aber in 90 Prozent der Fälle ist das immer wohlwollend und ich so, ah ja cool, du siehst ja noch was, was ich schon selber vergessen habe. Und damit kann man sich halt auch entspannt darauf verlassen, dass man nicht über den Tisch gezogen wird und das funktioniert. Und wenn ich trotzdem mal das Gefühl habe, Moment mal, jetzt habt ihr aber hier was nicht berücksichtigt.
00:20:24
Speaker
dann sprechen wir. Aber dass wir quasi 90 Prozent der Fälle nicht alles ausdiskutieren müssen, weil auch das ist natürlich die Kehrseite von einer sich selbst anders verstehenden Organisation, dass man nicht ins alles Totquatschen kommt.

Prototyping und öffentliche Innovation

00:20:40
Speaker
Ja, okay, das ist auch vielleicht nochmal ein wichtiger Hinweis, denn das ist ja eine Sache, die man oft hört, oh, jetzt kommt wieder so jemand, der einem Veränderung beibringen will, jetzt müssen wir erstmal reden, vom Reden ins Machen zu kommen. Es ist wahrscheinlich auch so eine Kiste, wahrscheinlich einfach mal ausprobieren auch ein paar Sachen, oder was ist so ein
00:21:03
Speaker
Ja, also ich glaube, das ist die schöne Erfahrung, die wir haben, weil wir eben aus diesen Kreation Design Thinking Prototyping kommen und das auch einfach wirklich gut gefrühstückt haben, dass wir uns schon auch immer wieder mal mit einem Prototyp zufriedengeben, ausprobieren und darauf verlassen, dass entweder funktioniert es, dass niemand jemals mehr wieder schreit oder wir machen die nächste Iteration. Und da sind wir, glaube ich, also miteinander mittlerweile so geübt und durchlässig, dass das gut funktioniert.
00:21:33
Speaker
Es war ja immer das Beaumont, wenn du wirklich disruptiv sein willst, musst du eine neue Firma gründen. Start-up oder ein Spin-off. Oft hat man sich auch Innovationen eingekauft. Den Trend denke ich immer noch. Logischerweise, weil du damit keinen Veränderungsprozess erst mal hast, dann wird versucht zu integrieren, funktioniert solala.
00:21:56
Speaker
wird es dann wieder verkauft oder es gelingt zu halb. Aber was ich gerade tatsächlich interessant finde ist, wir sehen es jetzt zum Beispiel an Ausschreibungen, die auf dem Markt sind, wir machen ja eher Studien, Gutachten, dass tatsächlich die öffentliche Hand echt auf der Suche nach
00:22:15
Speaker
den größeren Fragen ist. Und da dieses Co-Designing, also dass du sagst, wir hören alle an, wir gehen intersektoral, multiperspektivisch an die Sache ran, das sehe ich mit großer Freude, dass man dieses demokratische Element von Veränderung da doch verstanden hat. Das finde ich irgendwie ganz interessant, weil ich tatsächlich auf jeden Fall glaube, dass Innovation kein rein wirtschaftlicher
00:22:41
Speaker
Prozess ist, sondern gesellschaftlicher, also welche Gesellschaft wollen wir sein, steckt da ja auch mal ein bisschen dahinter. Und das fand ich irgendwie ganz spannend, dass es da aus meiner anekdotischen Evidenz zumindest eine interessante Verschiebung gibt.

Staatliche Förderung gesellschaftlicher Innovation

00:22:58
Speaker
Also das finde ich erstmal total schön zu hören. Also es macht mir gerade Mut. Ich habe irgendwann aufgehört, mich mit Ausschreibungen zu beschäftigen, weil ich da in dieser Bürokratiefalle mich ganz unwohl gefühlt habe.
00:23:14
Speaker
Aber das ist total schön zu hören, dass du da Bewegung wahrnimmst und du machst ja noch mal jetzt eine ganz neue Ebene auf. Also wenn wir über Transformation sprechen, verstehe ich zumindest dann eher den gesellschaftlichen Teil. Also Innovation ist das wirtschaftliche, ich will erfolgreich werden und brauche irgendwann den Return on Investment. Und deswegen werden aus sozialen Innovationen irgendwann halt doch keine mehr. Und der Druck, gesellschaftlich voranzukommen,
00:23:41
Speaker
Ja, das ist ja glaube ich einfach nicht mehr, kann man die Augen nicht mehr vorverschließen und umso schöner, wenn Verwaltungen da offensichtlich wach sind dafür und auch Wege suchen. Und ich glaube tatsächlich, das wäre ein mega wichtiges Feld zu gucken. Also wie können wir
00:24:05
Speaker
unser Steuergeld, unsere kollektive Verantwortung so einsetzen, dass tatsächlich auch gesellschaftlich relevante Innovationen entstehen, die tatsächlich gesellschaftlich wünschenswerte Transformation erzielt. Weil ich glaube, in der Falle stecken wir ja so mit unserem Silicon Valley Investorenheldentum drin.
00:24:28
Speaker
ob das am Schluss irgendwas gesellschaftlich wirklich wünschenswertes herausbringt. Sag mir die fünf Beispiele, die du kennst, wo es nicht irgendwo doch umkippt und natürlich die kapitalistischen Verwertungsinteressen oben dranstehen, weil Innovation fucking teuer ist in der Regel, vor allem wenn Technik im Spiel steht und dann steht Kapital drin und dann muss irgendwo der Return kommen und dann
00:24:52
Speaker
ist die Frage, wer kriegt die Medizintechnik am Schluss als Erstes und wird aus der sozialen Plattform einfach eine abgefuckte Geek-Economie, die einfach nur Menschen auf eine andere Art und Weise wieder ausbeutet. Also da einen staatlichen Player, der wirklich Lust auf gesellschaftliche Veränderungen hat, irgendwie zu installieren, wäre Checkpot, glaube ich.
00:25:19
Speaker
Ja, ich glaube, dass ich das auch noch mal in einem weiteren Podcast mit jemandem bespreche, der die Kunst vertritt, weil ich halte diesen Transformationsaspekt, den du jetzt zuletzt angerissen hast, also der nichts mit wirtschaftlicher Verwertbarkeit zu tun hat, sondern die Gesellschaft meint wesentlich dort abgebildet und deswegen
00:25:44
Speaker
verstärkt sich mein Wunsch nach diesem Gespräch nochmal mit jemandem zu reden, der das Ganze aus künstlerischer Perspektive begleitet. Du weißt, wir könnten ewig sprechen, aber unsere Twenty Blue Minutes, die ihr jetzt hört in der 15. Folge, sind auf eine halbe Stunde begrenzt. Was ist das für eine Verwertungslogik?

Abschluss und Ausblick

00:26:10
Speaker
Das ist Nutzerfeedback.
00:26:12
Speaker
Die Twenty Blue Salon. Die Twenty Blue Hour, genau, die darf länger sein.
00:26:22
Speaker
Das fokussierte Interview, das wir jetzt, finde ich, sehr schön hinbekommen haben. Ich habe meine Frage, die ich mir gewünscht habe, dass ein Dani Probst sie beantwortet, beantwortet bekommen. Sehr schön. Und werde, auch wenn ich im Urlaub bin, hoffen, dass du noch mal ein Webinar machst zu dem Thema neues Partnerschaftszusammenarbeiten, weil ich auch glaube, dass wir kleinen
00:26:46
Speaker
Firmen, die ein Purpose, also von einer Idee wirklich getrieben sind und einen Moment haben, dass wir uns auch immer wieder selbst hinterfragen müssen, was ist das eigentlich? Was sind wir? Wir müssen ja keine großen Strukturen imitieren, sondern wir haben ja auch die Freiheit zu sagen, lasst uns noch mal auf Null setzen und immer wieder neu hinterfragen. Ich habe das wunderbare
00:27:07
Speaker
Grabsteinbild von einem deiner Newsletter. Nie vergessen, dass man sich dazu immer mal wieder überlegen soll. Ich trage mein Unternehmen zu Grabe. Was soll auf dem Grabstein stehen, finde ich großartig. Die Übung mache ich auch immer ganz gerne.
00:27:22
Speaker
Also insofern auch noch meine Empfehlung, Daniel, auf LinkedIn oder im Newsletter zu folgen, vorwegender-trefflich.de Vielen Dank. Das war nicht bezahlt, die Werbung. Aber ein Bier darfst du mir trotzdem ausgeben.
00:27:39
Speaker
Alles gut. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und euch allen auch. Danke fürs Zuhören. Schreibt mir, wenn ihr eine Meinung zu Daniels Aussagen habt oder schreibt ihm direkt. Und wir hören uns dann sowieso und euch vielleicht auch. Vielen Dank für das Gespräch. Den kleinen Podcast 20 Blue Minutes findet ihr überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Und natürlich bei uns auf 20.Blue.
00:28:11
Speaker
Bis bald.