Einführung in Möglichkeitswissenschaft
00:00:16
Speaker
Moin Steffi, moin da draußen, ich grüße dich, ich grüße euch.
00:00:19
Speaker
Wie geht's dir, Steffi?
00:00:20
Speaker
Moin Lars, ich freue mich auf heute und ich weiß, dass du uns heute ein Wort mitgebracht hast und ich bin ganz gespannt, worüber wir heute gemeinsam laut denken werden.
00:00:30
Speaker
Ja, du weißt ja, seit so einer ganzen Reihe von Jahren ist meine Selbstbeschreibung die eines Möglichkeitswissenschaftlers.
00:00:38
Speaker
Das ist kein Begriff, den ich selbst erfunden habe.
00:00:43
Speaker
Den habe ich von Reinhard Friem übernommen, der gerne von Möglichkeitswissenschaft gesprochen hat.
00:00:49
Speaker
Und genau da möchte ich jetzt auch gerne mit dir drüber reden.
00:00:53
Speaker
über das Möglichkeitswissenschaftler oder Wissenschaftlerin sein oder was eine Wissenschaft ausmacht, die auf Möglichkeiten ausgelegt ist.
Persönliche Reise und Neuausrichtung
00:01:02
Speaker
Das eine hat ja mit dem anderen zu tun.
00:01:04
Speaker
Also MöglichkeitenwissenschaftlerInnen sind diejenigen WissenschaftlerInnen, die Möglichkeitenwissenschaft betreiben.
00:01:11
Speaker
Lass uns über Möglichkeitenwissenschaft reden.
00:01:14
Speaker
Was stellt dieser Begriff mit dir an?
00:01:18
Speaker
Wo darf ich anfangen?
00:01:19
Speaker
Oder darfst du erst sagen, wie du drauf kommst?
00:01:28
Speaker
Ich kenne den Begriff tatsächlich ja auch von Reinick.
00:01:32
Speaker
mich hat der immer sehr freudig gestimmt.
00:01:35
Speaker
Also für mich war, du weißt es ja selber auch, ich habe so ganz lange und ganz viel immer mit Akademie gehadert und ist das wirklich das, was ich möchte?
00:01:44
Speaker
Und mir hat dieser Raum oder dieses Wort, Möglichkeitswissenschaft, einen Raum eröffnet, auch darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten mir wichtig sind, mit wissenschaftlicher Arbeit, wissenschaftlichen Arbeiten schaffen zu können, schaffen zu dürfen,
Möglichkeitswissenschaft als Werkzeug für gesellschaftlichen Wandel
00:02:03
Speaker
Für mich wurde wissenschaftlich damit im Sinne unternehmerisch gestaltend wirksam werden, nicht von ich möchte jetzt alles ökonomisieren und mit Wissenschaft noch mehr Geld machen, sondern dieses gestaltende Element mitdenken zu dürfen, wo und wie darf Wissenschaft wirksam werden, kann Wissenschaft wirksam werden, muss Wissenschaft wirksam werden, um neue Möglichkeitsräume für Gesellschaft schaffen zu können.
00:02:30
Speaker
Und das weckte in mir, so als ich das Wort das erste Mal hörte, ganz viel Freude und ganz viel Lust auf so eine Art auf Wissenschaft schauen zu dürfen.
00:02:39
Speaker
Es gab mir ein Worum und Wofür.
00:02:42
Speaker
Was weitaus mehr ist über, ich brauche Zitationen, ich möchte hochgerankt in irgendwelchen Journals sein, ich habe so und so viele Drittmittel eingeworben, sondern es entstand für mich eine neue Kategorie, eine ganz eigene Währung von Wissenschaft, wenn es darum geht,
00:02:59
Speaker
Möglichkeiten aufzeigen zu dürfen, Perspektiven als Angebot zu machen.
00:03:04
Speaker
Ich habe Lust auf mehr gemacht und auf Wiederwissenschaft.
00:03:10
Speaker
Ich denke, diese Haltung, die du angesprochen hast, die macht da den Unterschied.
Freiheit der Forschung und die Zukunft der Wissenschaft
00:03:14
Speaker
Wir haben das immense Privileg der Freiheit von Forschung und Lehre.
00:03:19
Speaker
Das steht auch nicht irgendwo, das steht im Grundgesetz.
00:03:22
Speaker
Also das hat Verfassungsrang, das ist schon echt eine Hausnummer.
00:03:27
Speaker
Und das bedeutet, dass Wissenschaft, dass es da niemanden gibt, dem Wissenschaft zuarbeitet, sondern dass wir uns selber halt sagen, uns selbst die Regeln der Wissenschaftlerei auferlegen.
00:03:39
Speaker
Natürlich nicht individuell, sondern im Diskurs, aber da zählt halt auch die Frage zu, was ist denn eigentlich Wissenschaft?
00:03:46
Speaker
Wo fängt Wissenschaft an?
00:03:47
Speaker
Wo hört Wissenschaft auf?
00:03:49
Speaker
Und was für eine Art von Wissenschaft wollen wir gerne machen?
00:03:53
Speaker
Und da bin ich bei dir.
00:03:54
Speaker
Das ist diese Haltung, mit der ich da vor allen Dingen rangehe.
Blick in die Zukunft statt in die Vergangenheit
00:03:59
Speaker
Was ich am Begriff Möglichkeitswissenschaft so spannend finde, ist, dass es im Grunde nicht nur eine Haltung ist, sondern auch auf ein Programm.
00:04:10
Speaker
Es ist fast ein Wissenschaftsprogramm, was damit verbunden ist.
00:04:14
Speaker
Gerade die empirischen Wissenschaften sind halt solche, die vor allen Dingen, also alle Wissenschaften, die mit Daten arbeiten, die empirisch arbeiten, die statistisch arbeiten oder mit Interviews oder mit theoretischer Empirie, mit Büchern arbeiten, so die arbeiten halt immer irgendwie mit einem Gegenstand, der was mit der Vergangenheit zu tun hat.
00:04:34
Speaker
Das heißt, diese Wissenschaft, die guckt quasi permanent nach hinten in die Vergangenheit und versucht zu schauen, was ist da passiert.
00:04:41
Speaker
Und mit diesem Begriff von Möglichkeitswissenschaft verbinde ich jetzt also auch diesen Shift zu sagen, hey, wir gucken nicht nach hinten oder nicht vor allen Dingen nach hinten, sondern wir gucken von hinten nach vorn, ja.
00:04:50
Speaker
Blick zurück nach vorn.
00:04:52
Speaker
Es geht irgendwie um Fragen von Zukunft.
00:04:56
Speaker
Fragen von Zukunft und wie die Welt halt auch sein könnte.
00:05:01
Speaker
Nicht wie ist sie gewesen, sondern wie könnte sie auch sein.
00:05:06
Speaker
Und für mich eine sehr nahe alltägliche Momentidee von Zukunft und Zukunften eher.
00:05:12
Speaker
Also nicht ein in Szenario denkend, weit Analyse machend, sehr weit in die Zukunft gerichtet, sondern in dem überlegenen Blick nach vorne, einen gestaltenden Moment aufzugreifen, etwas möglich zu machen.
00:05:28
Speaker
Nicht irgendwann, sondern jetzt heute hier.
Unmittelbare Möglichkeiten und Chancen heute
00:05:31
Speaker
So eher nach dem Motto, Zukunft ist das, was jetzt passiert und wir dürfen mit Möglichkeitswissenschaften ausarbeiten, Ideen, Angebote machen, wie diese Möglichkeiten auf ganz unterschiedliche Art und Weise betrachtet werden können, ausprobiert werden dürfen, Räume schaffen dürfen, wo Dinge neu zueinander finden können, nicht für einen irgendwann, sondern um jetzt ins Handeln zu kommen.
00:06:01
Speaker
das steckt für mich in dieser Idee von Möglichkeitswissenschaft drin, nicht ein analysierendes Moment nach hinten, kein strategierendes, strategisierendes, ich weiß gar nicht, ob es das Wort gibt, nach vorne, sondern ein, das ist ja dieses Konzept, was aus dem Unternehmerischen kommt, ein sehr effektuales Moment von dem, was bietet mir unterschiedliche wissenschaftlichen Zugänge schon heute und wie kann ich sie in dem
00:06:30
Speaker
Ausprobierenden zusammenbringen, auf ganz unterschiedliche Ziele ausrichten.
Utopische Ideen vs. realistische Möglichkeiten
00:06:35
Speaker
Nicht in einer kausalen Kette, sondern in einem ausprobierenden Moment.
00:06:43
Speaker
Ich finde dieses Moment, was du gerade beschrieben hast, dass irgendwie Zukunft ist das, was jetzt passiert, beziehungsweise das, was wir uns heute irgendwie vorstellen können, das ist ja auch so eine wiederkehrende Formulierung hier bei uns im Podcast, finde ich super wichtig daran.
00:06:56
Speaker
Also so ein anderer Begriff, der da häufig mit verbunden ist, ja so dieses Utopische, ne?
00:07:02
Speaker
Und so das Utopische im strengen Wortsinne, also der Utopos, den Ort, den es nicht gibt, kein Ort nirgends, mit Christa Wolf gesprochen, den Ort, den es nicht gibt, darum geht es ja nicht bei Möglichkeiten, sondern Möglichkeiten sind ja solche Orte, die es auch tatsächlich geben könnte, die es vielleicht noch nicht gibt, aber die es unter diesen und jenen Bedingungen geben könnte.
00:07:27
Speaker
Und Wissenschaft, die sich mit diesen Orten, die es geben könnte, unter den heute gegebenen Bedingungen beschäftigt und halt sagt, okay, wenn wir dieses und jenes machen, dann kommen wir zu diesen Orten hin.
00:07:39
Speaker
Nicht im Sinne von, die sind sowieso unmöglich zu erreichen.
00:07:42
Speaker
Das ist irgendwie so eine Idealvorstellung oder sowas, von der wir wissen, dass sie niemals erreicht werden wird.
00:07:52
Speaker
sondern etwas, was wir möglich machen können.
00:07:55
Speaker
Und da dann zu schauen, da gehen wir jetzt mit wissenschaftlichen Methoden ran und versuchen, die Bedingungen der Möglichkeit zu analysieren, zu verstehen und darüber aber auch die Bedingungen verbessern zu helfen.
Inklusion und Vielfalt in der Wissenschaft
00:08:11
Speaker
Das ist das, was mich an diesem Begriff auch so reizt.
00:08:16
Speaker
Mich reizt tatsächlich auch eine Verantwortung,
00:08:21
Speaker
die damit nochmal anders einhergeht.
00:08:23
Speaker
Also, dass ich nicht nur in einer Wissenschaft, die sich sehr fachlich ausrichtet, die eine sehr gewisse Exzellenz in einer sehr eng manchmal geführten Thematik hat, sondern
00:08:37
Speaker
Für mich bedeutet Möglichkeitenwissenschaft auch, es möglich zu machen, dass Wissenschaft stattfinden kann.
00:08:43
Speaker
Und zwar auch Wissenschaftler, Wissenschaftlerin sein, in jedem Menschen da draußen zu wecken, um das zusammenzuführen.
00:08:52
Speaker
Und diese Idee von zukunftbetrachtenden Möglichkeiten, sich damit auseinanderzusetzen, in den Diskurs zu gehen, in den Dialog zu gehen, auch das ist
00:09:05
Speaker
für mich eine Idee von Möglichkeitswissenschaft in der Gesellschaft stattfinden zu lassen, jeden zum Forschenden einer für uns alle besser gelingenden Zukunft zu machen.
00:09:17
Speaker
Und damit ist Möglichkeitswissenschaft nicht etwas, die sich mit sich selber beschäftigt, sondern die sich damit beschäftigt, wie wir...
00:09:26
Speaker
Wissenschaft zu einem alltäglichen Phänomen machen können, um möglichst viele Perspektiven, möglichst viele Ideen und Gedanken in den Austausch zu gehen.
00:09:34
Speaker
Und damit ist Möglichkeitswissenschaft auch etwas, die sich nicht mit einzelnen Thematiken und Inhalten beschäftigt, sondern Möglichkeitswissenschaft ist, wie du vielleicht sagtest, ein Programm, was ich in jede Disziplin, in jedes Fach tragen kann, wenn es darum geht, was in hochexzellenten, vielleicht sogar Grundlagenforschung
00:09:55
Speaker
passiert, ganz, ganz früh in die Welt getragen wird.
00:09:59
Speaker
Um es halt möglich zu machen, dass Wissenschaft nicht isoliert im Elfenbeinturm stattfindet, sondern dass Wissenschaft ein Grundrauschen im Austausch der Gesellschaft
Integration von Bürgerwissenschaft und transdisziplinären Ansätzen
00:10:13
Speaker
In einem sensibilisierenden Moment, in einem qualifizierenden Moment, vor allen Dingen aber auch in einem interaktiv-kommunikativen Moment.
00:10:22
Speaker
Ja, was du beschreibst, findet ja anderswo so als Citizen Science statt.
00:10:26
Speaker
Also das ist so die eine Richtung, die ich da kenne, wenn beispielsweise Bürgerinnen und Bürger, ich mag den Begriff eigentlich nicht so gerne, weil der stark belastet ist historisch, aber so wird das nun mal im Diskurs genannt, Citizen Science.
00:10:44
Speaker
Im Englischen geht es ja auch ganz gut über die Lippen, ne?
00:10:48
Speaker
Wenn Bürgerinnen und Bürger beispielsweise Daten liefern, die machen unsere alltägliche Beobachtungen und füttern dann irgendwelche, reichern irgendwelche Datastreams an, die dann akademisch ausgewertet werden, das ist so diese eine Linie.
00:11:01
Speaker
Und die andere, die ich dann noch viel spannender finde, ist diese Transdisziplinarität, wo wir dann nämlich genau drin sind, nicht nur...
00:11:08
Speaker
Fachgrenzen zu überschreiten, also dass eine vergleichende Religionswissenschaftlerin mit einem Sportsoziologen mal zusammen redet und dann vielleicht noch ein Betriebswirt um die Ecke kommt.
00:11:17
Speaker
Das wäre ja so Interdisziplinarität, sondern dass wir das auch hinbekommen, dass nicht wissenschaftliches Wissen, also fachpraktisches Wissen mit eingeht.
00:11:27
Speaker
Unternehmerinnen, Unternehmer, Menschen vor Ort, die viel besser wissen, wo der Schuh drückt, weil um deren Füße geht es ja sozusagen bei all diesen Problemen.
00:11:37
Speaker
Und dieses Wissen damit einzubinden von Beginn an, also diese Menschen nicht nur zu Forschungsgegenständen zu machen, die dann so von außen, wo die Wissenschaft in ihre Sonden so reintaucht, sondern zu sagen, nee, das ist was, was irgendwie auf Augenhöhe stattfindet.
00:11:53
Speaker
wo man also auch gemeinsam am Anfang erstmal festlegt, welche Fragen wollen wir uns denn eigentlich auf den Haken nehmen.
00:12:00
Speaker
Das finde ich dann nochmal eine Spur spannender, wenn das in diese transdisziplinäre Richtung irgendwie reingeht.
Kritik an traditionellen akademischen Ansätzen
00:12:07
Speaker
Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen wollen, um zu sagen, sie nicht nur nicht zum Gegenstand zu machen, sondern sie auch nicht zum Forschungsdienstleister zu machen.
00:12:14
Speaker
Das ist ein bisschen meine Kritik, die wie teilweise Citizenship Science oder Citizenship Science betrieben wird.
00:12:20
Speaker
Die werden dann so zum
00:12:22
Speaker
Forschungsdienstleistenden Objekt erneut dann, und nicht zum Erzugsant zum Objekt, indem sie Datenlieferanten sind, indem sie Beobachtungsobjekt sind, aber in der Selbstbeobachtung, indem sie gewisse Rahmen in gewissen Methoden wiederholen.
00:12:38
Speaker
Das ist auch noch in eine sehr enge Rolle geframed.
00:12:42
Speaker
Aber diese Freiheit von Forschung und Lehre, die wir uns für die Wissenschaft nehmen, würde ich mir auch wünschen,
00:12:49
Speaker
sie in der Möglichkeitswissenschaft in dem freien Rahmen draußen zu sehen.
00:12:53
Speaker
Und das würde bedeuten, dass wir auch lernen dürfen, inwiefern gewisse Kulturpraktiken tatsächlich auch im Leben und erleben empirisch sind.
00:13:02
Speaker
Und sie ganz andere neue Möglichkeitsräume machen.
00:13:08
Speaker
Der Begriff ist mir tatsächlich, nicht nur als Begriff, sondern als Methodik zu Beginn,
00:13:16
Speaker
der Corona-geprägten Periode von, okay, das dreht jetzt alles auf links und wo wollen wir jetzt eigentlich hin, wo können wir überhaupt hin, was können wir uns als Zukunft überhaupt noch vorstellen, wo so viele Ankerparameter uns gerade verloren gegangen ist, ist diese Idee nicht von und über Prognose zu sprechen und damit zu arbeiten, sondern in eine Regnose zu gehen.
Zukunftsorientierte Reflexion und Handeln
00:13:36
Speaker
Also Zukunft, wie du es vorhin sagtest, rückwärts zu denken, zu überlegen, wo möchte ich eigentlich hin und wie sehen wir,
00:13:43
Speaker
mehr an das heute gelagerte Zukunft aus und was kann ich heute tun, um Schritt für Schritt mich in diese zwischenzeitlichen Zäsuren heranzuarbeiten und da immer wieder hineinzuschauen, wären auch andere Zukunft möglich.
00:13:58
Speaker
Mit einer klaren Vision, Idee davon, was ist denn notwendig, damit wir zukunftsfähig sind,
00:14:04
Speaker
Und da auch sehr, sehr kritisch in den Dialog zu gehen, was braucht es eigentlich und was ist gar nicht mehr eine Frage, was braucht es, sondern wo kommen wir überhaupt nicht mehr drum rum.
00:14:12
Speaker
Und da sich auch mal, du nutzt immer so gerne das Wort ehrlich machen, ich finde das total großartig, aber sich mal ehrlich zu machen, wo ist es eben nicht mehr eine Frage von, das wäre schön und das wäre nett, sondern das ist gar keine Frage, das muss.
00:14:26
Speaker
Und aus diesem Muss aber einen Möglichkeitsraum zu schaffen, in einem tagtäglichen
00:14:35
Speaker
Idee davon, wissenschaftliches Denken und wissenschaftliches Handeln nicht in eine Institution oder in bestimmte Funktionen oder in bestimmte Ämter zu übergeben, sondern in eine Fürsprache und in eine Sensibilisierung dafür, dass jeder da einen Beitrag zu leisten kann.
Grundprinzipien der Möglichkeitswissenschaft
00:14:57
Speaker
Auch das ist etwas, wo Möglichkeitswissenschaft für mich auch einen anderen Anwendung
00:15:03
Speaker
Habitus in der Verantwortung von Wissenschaft schaffen kann, dass das eine Aufgabe ist, die Menschen mitzunehmen, für die man das tut, die Welt mitzunehmen, für die man das tut.
00:15:17
Speaker
Ja, Partizipation.
00:15:19
Speaker
Wir könnten diesen Begriff auch mal systematisieren.
00:15:24
Speaker
Also erstmal für alle, die zuhören, es gibt ein ganz, ganz dickes Buch, Möglichkeitswissenschaften, das wir anlässlich des 70.
00:15:32
Speaker
Geburtstags von Rainer Triem ihm zu ehren.
00:15:36
Speaker
geschrieben haben.
00:15:36
Speaker
Ganz viele tolle Leute haben dabei getragen.
00:15:38
Speaker
Das sei auf der einen Seite zur Lektüre empfohlen.
00:15:41
Speaker
Es gibt aber noch ein anderes Buch, was gewissermaßen auch so diesen Spirit fortsetzt, Economists for Future.
00:15:51
Speaker
In beiden Büchern bist du ja auch mit drin.
00:15:55
Speaker
Und jetzt gerade in diesem Economist for Future Ding, da haben wir ja eine einfache Struktur gewählt, um mal aufzuzeigen, was denn das eigentlich bedeuten würde, wenn WirtschaftswissenschaftlerInnen
00:16:11
Speaker
konsequent sich orientieren würden im Sinne von for future, also auf Zukunft hin sich orientieren würden, was ja im Grunde nur eine andere Formulierung für genau das ist, worum es hier geht.
00:16:22
Speaker
Und da haben wir so fünf Prinzipien oder Charakteristika dieser Art von Wissenschaft aufgestellt.
00:16:28
Speaker
Das war einerseits Reflexivität, dann Transparenz, Diversität, Partizipation und Befähigung.
00:16:39
Speaker
Ich hätte gut Lust, dass wir die jetzt einmal durchgehen.
00:16:41
Speaker
Was meinst du, wollen wir das machen?
00:16:41
Speaker
Sehr gut, Giti, sehr gerne.
00:16:44
Speaker
Du, Reflexivität ist das erste Ding.
00:16:49
Speaker
Reflexivität, was heißt das?
00:16:51
Speaker
Ah, dass Wissenschaft nicht nur darauf losarbeitet, sondern sich gewissermaßen immer wieder auch evaluiert, was tun wir da eigentlich gerade?
00:17:00
Speaker
Wie wirken wir da eigentlich gerade in dieser Welt?
00:17:02
Speaker
Also sich von hinten auswirken.
00:17:04
Speaker
von hinten immer wieder über die eigene Schulter blickt, die eigene Performativität, die eigenen Wirkungsweisen in der Welt, in der Gesellschaft sich anschaut und dann beispielsweise auch feststellt, ob da irgendwie nicht intendierte Nebenfolgen oder irgendwie Ausfüchse stattfinden oder Verselbstständigungen stattfinden, die problematisch werden.
00:17:26
Speaker
Das meint Reflexivität.
00:17:32
Speaker
Dieser zweite Punkt, Transparenz, finde ich auch nochmal ganz wichtig.
00:17:35
Speaker
Also Annahmen zum Beispiel offen zu legen, sozusagen von diesem und jenem Menschenbild her denke ich das oder von dieser und jener Problemlage her formuliere ich meine Forschung oder auch meine Lehre.
00:17:46
Speaker
Wissenschaft ist ja durchaus mehr als nur Forschung.
00:17:48
Speaker
Da geht es ja immer um Forschung natürlich auch, aber auch um Lehre, um Transfer, akademische Selbstverwaltung, all solche Dinge.
00:17:59
Speaker
Das gehört ja alles zur Wissenschaft mit dazu.
00:18:02
Speaker
Naja, und dann eben dieser Punkt, den wir gerade eben hatten mit dieser Partizipation.
00:18:07
Speaker
Wie sieht für dich gute Partizipation aus?
00:18:09
Speaker
Was macht eine Wissenschaft aus, die partizipativ ist?
00:18:14
Speaker
Eine, die nicht vorgibt, in welcher Rolle die Teilhabe und Teilnahme stattfindet, sondern die schaut, welche Rollen es gibt, welche Routinen und Kulturen es da gibt und diesen Raum gibt und sie nicht vorwegbestimmt.
00:18:33
Speaker
Es gibt ganz häufig Partizipationsprozesse und dann fängt so eine Moderation an mit und du bist dann.
00:18:39
Speaker
Das ist für mich nicht, oder du übernimmst.
00:18:42
Speaker
Wo so eine Zuschreibung stattfindet, Partizipation holt ab, wo Menschen sind, wie Menschen sind und engt sie nicht in dem ein.
00:18:54
Speaker
Partizipation im Sinne einer Möglichkeitswissenschaft schafft Möglichkeiten, wo abgeholt ist, wo man ist, um zu verstehen, wo man gemeinsam hingehen kann.
00:19:03
Speaker
Wo man sich nicht verstellen muss, wo man so sein kann, wie man ist.
00:19:08
Speaker
Wo man verstehen kann, auch im ersten Schritt, wie man eigentlich ist.
00:19:14
Speaker
Häufig in meinem Erleben erfordert aktuelle Partizipationsprozesse, dass ich weiß, wer ich bin und dass ich weiß, warum und wofür ich was mache.
00:19:24
Speaker
Für mich ist aber genau ein wichtiger Anteil einer Möglichkeitswissenschaft, die partizipative Anhalt hat, dass wir das erst überhaupt verstehen dürfen.
00:19:33
Speaker
Also viele moderierte Teilhabeprozesse sind für mich sehr, sehr voraussetzungsvoll und weil dann eine Lücke entsteht, dessen von weiß ich nicht, wird es vorgegeben.
00:19:46
Speaker
Und das sehe ich sehr kritisch.
00:19:49
Speaker
Und deswegen ist für mich eine gute partizipative Raum ein Raum, wo wahrgenommen werden darf und diese Wahrnehmung einen Formulierungszusammenhang bekommen darf.
00:20:01
Speaker
Ja, ist auch einfach super, super wichtig, an welchen Orten sowas zum Beispiel stattfindet.
00:20:07
Speaker
Also wenn ich als Wissenschaftler dahergehe und so einen Partizipationsprozess an der Volkshochschule mache, dann bekomme ich Bildungsbürgertum.
00:20:15
Speaker
Das sind die Leute, die dann halt da so rumhängen.
00:20:17
Speaker
Wenn ich das irgendwo im Jugendzentrum mache, habe ich schon wieder ein ganz anderes Publikum.
00:20:47
Speaker
Also wo genau soll da jetzt noch der Raum sein, um zu sagen, okay, und dann nehme ich da noch, jetzt nicht als Wissenschaftler gesprochen, sondern als Bürger in dem Fall dann, an so einem Prozesteil.
00:21:00
Speaker
Also wer kann sich das leisten?
00:21:02
Speaker
Das ist da auch wirklich nochmal eine ganz wichtige Dimension, finde ich, für diese Partizipationsprozesse.
00:21:08
Speaker
Also damit es ein Möglichkeitsraum ist, braucht Partizipation
00:21:14
Speaker
glaube tatsächlich unterschiedliche Arten von Raum.
00:21:16
Speaker
Es ist einmal der physische Raum, womit wir entscheiden, wer ist wie privilegiert tatsächlich in diesem Rahmen, also wem ist es überhaupt möglich, daran teilzunehmen, was ja auch einschränkt und bedingt, was für Denkräume ich da gegebenenfalls vorgebe und nicht möglich mache.
00:21:35
Speaker
Für mich sind diese Aspekte der Reflexivität und Transparenz aber auch ganz wichtig, weil wir etwas verlernt haben, wir haben verlernt wahrzunehmen.
Unvoreingenommene Wahrnehmung in der Wissenschaft
00:21:44
Speaker
unbewertet wahrzunehmen.
00:21:46
Speaker
Und ich lese gerade ein ganz spannendes Buch von Heike Purian, ist in der zweiten Auflage gerade entschieden.
00:21:52
Speaker
Das hat tatsächlich im Titel, wenn wir wieder wahrnehmen.
00:21:55
Speaker
Ich glaube, für eine Möglichkeitswissenschaft ist in einem ersten Schritt, damit wir diese partizipative Räume schaffen, wo wir nicht Rollen und Routinen, Richtungen und Rahmen vorgeben, wichtig, dass wir erstmal wieder
00:22:13
Speaker
dahin kommen, wahrzunehmen, uns wahrzunehmen, Umfeld wahrzunehmen und das erstmal auch als eine unbewertete, reflexiv, transparente Form des Teilens möglich zu machen.
00:22:30
Speaker
Ich finde, es ist im Moment ganz, ganz viel Wertung und Bewertung drin und wir sind ganz weg von dem, dass wir das, was wir wahrnehmen könnten, überhaupt noch können.
00:22:41
Speaker
Und deswegen finde ich diesen Aspekt einer Möglichkeitswissenschaft auch ein Wir-dürfen-wieder-üben wahrzunehmen.
00:22:49
Speaker
Ja, das finde ich schön, weil es auch ein desiderat eine Leerstelle beschreibt, die wir in der Wissenschaft sehr strukturell haben.
00:22:59
Speaker
Wir nehmen da nämlich wirklich ausgesprochen wenig wahr.
00:23:02
Speaker
Das äußert sich dann daran, dass wir regelmäßig überrascht werden in der Wissenschaft.
00:23:06
Speaker
Wir werden vor wenigen Jahren total überrascht, dass Klimakrise ein Thema sein könnte, also jetzt jenseits von den Klimawissenschaften.
00:23:14
Speaker
In den sozialen Geisteswissenschaften ist dieses Thema da erst so richtig groß geworden auf einmal wieder.
00:23:18
Speaker
Natürlich gab es vorher auch schon Menschen, die sich mit Nachhaltigkeit und Sozialwissenschaft beschäftigen, keine Frage.
00:23:23
Speaker
Aber ich rede jetzt so auf breiter Front, dass man sagt, das ist irgendwie auch ein Strukturmerkmal vielleicht oder ein Forschungsschwerpunkt einer ganzen Universität oder so, dass das auf der Ebene auch anerkannt wird, dieses Thema.
00:23:37
Speaker
Jetzt werden wir gerade wieder total überrascht, dass das Machine Learning irgendwie ein großes Ding sein könnte.
Kulturelle Praktiken und gesellschaftliche Normen
00:23:43
Speaker
Also wir werden so permanent irgendwie überrascht von solchen Dingen, was damit zu tun hat, dass wir, glaube ich, nicht so richtig, wie du das beschreibst, wahrnehmen, was so in den Mitwelten eigentlich passiert.
00:23:54
Speaker
Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen.
00:23:56
Speaker
Wir haben gelernt oder wir haben gelernt auszublenden beziehungsweise verlernt, wie bedeutsam es ist auch,
00:24:04
Speaker
einen Blick darauf zu werfen, was unsere Beobachtung rahmt.
00:24:07
Speaker
Also inwiefern gewisse Kulturpraktiken uns nicht nur Raum geben, gewisse Dinge zu tun, sondern damit gewisse Dinge auch ausschließen.
00:24:15
Speaker
Inwiefern bestimmte Sozialisierungen, kulturelle Prozesse tatsächlich auch bedingen, was wir wahrnehmen und dass wir auch auf die einen ganz gewissen Blick werfen müssen, weil sie uns Scheuklappen aufsetzen.
00:24:28
Speaker
Und diese unbewussten Verzehrungseffekte
00:24:31
Speaker
einen unglaublichen Mehrwert meiner Meinung nach im Rahmen einer Möglichkeitswissenschaft haben, damit wir uns die gegenseitig wieder abnehmen können und mehr schauen können.
00:24:41
Speaker
Also diesen Wahrnehmungsraum zu erweitern, also nicht nur einen Handlungsraum und einen Denkraum, sondern tatsächlich eine Erweiterung des Wahrnehmungsraums, ist meiner Meinung nach ein zentrales Element der Möglichkeitswissenschaft, das Reflexivität, Transparenz und Partizipation zusammenbringen kann.
00:25:00
Speaker
Genau, ich wollte gerade sagen, das ist diese Reflexivität, dass man wirklich sagt, wir müssen immer wieder auch schauen, inwieweit erforschen wir diese Welt nicht nur, sondern wir gestalten sie auch immer schon mit, indem wir Diskurse gestalten, indem wir begriffliche Mittel bereitstellen, indem wir Begriffe als Denkwerkzeuge bereitstellen, wenn ich
00:25:24
Speaker
einen Begriff wie Effizienz in den Raum stelle, dann fangen Menschen an, mit diesem Begriff zu denken und die Welt dann demgemäß auch zu gestalten.
00:25:33
Speaker
Also dass gegenwärtig so ungefähr jede Organisation, zumindest hierzulande, brutal auf Effizienz getrimmt wird und das stellenweise diese Organisation aber in dem, wofür sie da sein wollen, neudeutsch ihrem Purpose, kaputt macht.
00:25:50
Speaker
Krankenhäuser beispielsweise oder Schulen, auch Hochschulen.
00:25:55
Speaker
Also diese ganze Vermessung der Welt, die damit stattfindet, hat natürlich was mit Wissenschaft zu tun, hat was zu tun mit der Art, wie wir unsere Wissenschaft über Jahrzehnte im letzten Jahrhundert betrieben haben.
00:26:09
Speaker
Das ist diese Performativität von Wissenschaft, von der ich vorhin auch sprach.
00:26:13
Speaker
ganz, ganz, ganz grundlegende Einsicht, dass Wissenschaft die Welt eben nicht nur distanziert, beschreibt, erklärt, versteht, sondern darüber immer auch mitgestaltet.
00:26:24
Speaker
Und diese Mitgestaltung, dass wir die wieder einholen und das ist diese Reflexivität, dass wir die wieder einholen und eingedenk von dieser Performativität anfangen, Wissenschaft zu betreiben,
00:26:35
Speaker
Das heißt im Zweifel auch manche Dinge einfach sein lassen, wenn es eine Gefahr gibt, dass das missbraucht wird beispielsweise.
00:26:44
Speaker
Da sind wir dann wieder an dem Punkt, wo Wissenschaft auch was mit Verantwortung zu tun hat.
Wissenserkennung und -schaffung
00:26:49
Speaker
Da war ich ja vorhin bei diesen Gedanken der Verantwortung.
00:26:51
Speaker
Da mag ich auch nochmal anknüpfen, dass dieser Raum, dieser Rahmen, diese Programmatik einer Möglichkeitswissenschaft bedeutet für mich auch, dass sie als
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Speaker
Erkenntnisinteresse kein Wissen hat, also kein, und das ist dann ein, ich weiß es besser, ich bin besser geworden mit meinem Wissen, sondern dass das Kernelement und das Wert- und Werteversprechen einer Möglichkeitswissenschaft der Moment des Erkennens ist und der immer wieder auch Raumgebenden des Neu- und Anders- oder auch Wiedererkennens ist, also nicht dessen
00:27:35
Speaker
ich schaffe Wissen, sondern ich schaffe es, Wissen zu einem erkennenden Moment als Wertversprechen von Erkenntnis zu machen.
00:27:45
Speaker
Und damit bekommen wir ganz andere Ideen, die wissenschaftstheoretisch nochmal neuen Rahmen im Raum von Möglichkeitswissenschaften betrachten, wenn wir ontologisch, epistemologisch oder methodologisch uns damit mit dieser Wissenschaft beschäftigen möchten.
00:28:05
Speaker
mag so sehr an dem Gedanken, selber Möglichkeitswissenschaftlerin sein zu dürfen, dass es einen unglaublichen Wert hat, in einem irritierenden Moment, okay, das ist ein Erkenntniselement von, das passt doch nicht zusammen.
Irritation als Entdeckungssignal
00:28:22
Speaker
Also da lösen Dinge Irritationen aus, wo ich noch mal genauer hinschauen kann, ohne das zu bewerten, ob das jetzt gut ist, schlecht ist, also ganz ohne
00:28:35
Speaker
eine in dem Moment wertende Haltung, sondern in dem ich zu sagen, okay, ich erkenne da etwas und da möchte ich genauer hinschreiben.
00:28:43
Speaker
Die Heike, ich weiß leider nicht genau, wie man den Nachnamen ausschreibt, P-U-R-I-A-N, spricht, schreibt man es, erzählt in ihrem Buch oder in dem Buch, was sie mit mehreren Menschen ja gemeinsam in die Welt gebracht hat, eine Situation in der Schule,
00:29:02
Speaker
wo sie erst festgestellt hat, warum sie Schule so irritiert hat, also in jungen Jahren, da ging es um den guten Samariter.
00:29:09
Speaker
Und es wurde inhaltlich darum gearbeitet, warum es wichtig ist, Fürsorge zu haben, Wohlwollen zu haben, miteinander zu arbeiten.
00:29:17
Speaker
Und dann wurde eine Klassenarbeit geschrieben und es hieß, seht zu, dass keiner von euch abschreibt.
00:29:22
Speaker
Es wurde abgegrenzt.
00:29:23
Speaker
Teile nicht, sorge nicht dafür, dass auch andere besser sein können.
00:29:26
Speaker
Und diese Absurdität, die teilweise in dieser Welt ist, die nicht zu
00:29:32
Speaker
reinen Aktionismus werden zu lassen und gleichzeitig aber auch nicht zu einer rein moralischen Debatte, sondern zu einem, da fehlt Kohärenz, da ist eine Diskrepanz, lass uns daraus was anderes möglich machen.
00:29:46
Speaker
Das ist für mich so etwas, was in dem Wort Möglichkeitswissenschaft so drinsteht, dass es nicht nur Möglichkeiten sieht, sondern Möglichkeiten schafft.
00:29:59
Speaker
Und das Wissenschaft
00:30:01
Speaker
da in dem schaffenden Moment ist, Wissen nicht als etwas Statisches zu sehen, sondern als immer wieder erkennenden Moment.
Form und Inhalt in Einklang bringen
00:30:11
Speaker
Was du da beschreibst, kommt bei mir vor allen Dingen als so dieses, das Form und Inhalt, was miteinander zu tun haben.
00:30:22
Speaker
Und dass es natürlich möglich ist, Inhalte in Formen zu gießen, in welcher der Inhalt als solcher verfälscht wird.
00:30:35
Speaker
Wie so ein Korsett, was einem dann irgendwie so eine andere Form gibt, die nicht die ist, die man wirklich hat.
00:30:41
Speaker
Deswegen ja auch dann sprichwörtlich irgendwie ein Korsett zu schnüren.
00:30:46
Speaker
Und dass Möglichkeitswissenschaft eben eine Art von Wissenschaft ist, die versucht Form und Inhalt immer auch
00:30:56
Speaker
passend, kohärent zusammenzubringen.
00:31:00
Speaker
Und da steckt dann eine weitere Dimension drin, die ich genauso wichtig finde.
00:31:05
Speaker
Über diese Form- und Inhaltsdiskussion kommen wir dann natürlich rein in die Gestaltung.
00:31:11
Speaker
Da geht es dann nicht mehr nur um reine Fragen von Wissen, wie ist etwas, sondern natürlich auch die Frage, wie ist etwas möglich, sondern da geht es immer auch um das Können.
00:31:21
Speaker
Also nicht nur Wissen, sondern halt auch Können.
00:31:24
Speaker
Da geht es um Handlungsfähigkeiten und solche Dinge.
00:31:27
Speaker
Da sind wir dann drin in dieser Dimension der Befähigung als vierten von den fünf.
00:31:33
Speaker
Wir haben noch zwei offen, die kriegen wir auch noch hin, bevor du los musst.
00:31:37
Speaker
Die Zeit drängt ein bisschen, wir sind ein bisschen hinter der Zeit, wir haben uns vorher festgequatscht.
00:31:43
Speaker
Also Befähigung, dass Wissenschaft nicht nur, Möglichkeitswissenschaft ist nicht nur eine Wissenschaft, von der man dann hinterher auseinander geht und sagt, jo gut, dass wir darüber geredet haben und alles geht weiter wie bislang, sondern ich bin befähigt, ich bin befähigt, anders wahrzunehmen, anders zu denken, anders zu fühlen, anders zu handeln, anders zu sein.
00:32:05
Speaker
Ich würde weitergehen.
00:32:06
Speaker
Du gehst immer weiter, merkst du das?
00:32:08
Speaker
Bei jedem Punkt machst du noch einen Schritt weiter.
00:32:12
Speaker
Du hängst mich ab.
00:32:14
Speaker
Nein, ich mag gerne mit dir nicht nur laut denken, sondern Seite an Seite gehen.
00:32:20
Speaker
Aber es ist größer für mich.
00:32:22
Speaker
Ich mag da weitergehen.
00:32:24
Speaker
Da steckt noch mehr drin.
00:32:26
Speaker
Es ist nicht ein Befähigsein, sondern den Raum, mich in jedem Moment tagtäglich weiter befähigen zu dürfen.
00:32:34
Speaker
Ich muss nicht so sein, sondern es ist etwas, wo ich immer weiter dran wachsen und lernen darf.
00:32:40
Speaker
Also wenn etwas lebenslanges Lernen hat, dann heißt es für mich, Möglichkeitswissenschaftlerin im Alltag zu sein.
00:32:50
Speaker
Es ist so dieses Lernen lernen.
00:32:53
Speaker
Ja und auch dürfen.
00:32:55
Speaker
Nicht um das sein zu müssen, bin ich so und muss ich so sein, sondern dieses Weiterentwickelnde stetig
00:33:03
Speaker
wahrnehmende und daraus weiterlernende Moment ist für mich ein zentrales Element der Möglichkeitswissenschaft, wo Befähigung kein Zustand ist, in den ich reinkommen muss, sondern Befähigung ein immerwährender Prozess ist.
00:33:18
Speaker
Und halt beides beinhaltet, also Körper und Geist.
00:33:21
Speaker
Also es ist eben nicht nur, es ist eben immer auch mit einer motorischen, einer physischen Dimension verbunden.
00:33:27
Speaker
Es ist nicht nur rein kognitiv, ich bin erleuchtet, sondern es ist eine Form der Erleuchtung, eine Aufklärung, wie man diesen etwas angestaubteren Begriff, aber ja durchaus wichtigen an der Stelle benutzen möchte.
00:33:42
Speaker
Für mich vorliegen.
00:33:43
Speaker
Befähigung auch nicht isoliert bei mir alleine.
00:33:45
Speaker
Befähigung ist etwas, was im Austausch gelingt und damit ist es nicht nur Körper und Geist in der Körper-Geist-Gemeinschaft oder Interaktion, wie auch immer.
00:33:55
Speaker
Es braucht diesen Resonanzmoment.
00:33:59
Speaker
Das sind dann wieder diese Bedingungen der Möglichkeit, die nicht nur verstanden, sondern ja auch verbessert werden sollen.
00:34:05
Speaker
Also manchmal bin ich ja erst befähigt zu einer bestimmten Praxis, wenn ich einen Raum habe oder wenn ich über eine bestimmte Technik verfüge oder irgendwie so etwas.
00:34:18
Speaker
Also diese Materialität, die da mit drin ist, vielleicht ist das der bessere Begriff, diese Materialität ist da nochmal eine ganz zentrale Dimension.
Vielfalt als fortlaufender Prozess
00:34:30
Speaker
Einer haben wir noch offen, und da geht es um die Diversität, um nicht nur die Vielfalt, das wäre die Pluralität, sondern auch die Verschiedenheit, die Unterschiedlichkeit, die Diversität von Theorien, von Methoden, von Forschungsansätzen im Allgemeinen, von Perspektiven, von Gegenständen, aber eben auch von den Forschenden.
00:34:55
Speaker
Das ist ja auch nochmal eine Dimension, mit der du dich intensiver beschäftigt hast.
00:35:02
Speaker
ich würde den Aspekt der Diversität, also ja, Pluralität, möglichst viele unterschiedliche Dinge, in der Quantität also divers, in der Qualität divers, divers aber auch in dem, wie häufig und wie anders und wie vielfältig sich Dinge verändern dürfen.
00:35:22
Speaker
Also divers in dem Moment der Beständigkeit.
00:35:26
Speaker
Also das ist tatsächlich eine Perspektive, die mir da häufig verloren geht und damit ist
00:35:32
Speaker
Diversität für mich in Möglichkeiten wissenschaften eine Frage der Haltung.
00:35:37
Speaker
Es gibt ein schönes Zitat, von dem ich leider, das hängt bei mir über dem Schreibtisch, wo ich leider den Autor oder die Autorin nicht kenne oder den Verfasser, die Verfasserin, vielleicht da draußen in die Welt, vielleicht weiß es jemand von euch.
00:35:49
Speaker
Es ist ein Englisches, es heißt
00:35:51
Speaker
I'm still in a science, but on a higher level.
00:35:55
Speaker
Also ich bin unwissend, aber auf einem höheren Level.
00:35:58
Speaker
Also diese Idee der Möglichkeitswissenschaften ist kein Erkenntnispunkt, Status, Fakt, sondern es ist ein Entwicklungsmoment.
00:36:10
Speaker
Und das ist etwas, was mir unter dem Aspekt...
00:36:13
Speaker
der Vielfalt unglaublich wichtig ist, also Vielfalt im Sinne von Plural, Quantitativ, Vielfalt im Sinne von Qualität, in welche Tiefe, in welche Breite, in welche Dimensionalitäten bewegen wir uns, aber auch die Frage des zeitlichen Moments, es ist kein Status, es ist kein Fakt, es ist ein Entwicklungsmoment.
00:36:34
Speaker
Und auch das ist eine Idee von Vielfalt, weil wir Menschen abholen dürfen, Ideen, Perspektiven abholen können, die in ganz unterschiedlichen
00:36:44
Speaker
die ganz unterschiedlich da sind, in welchem Moment sie gerade sind.
00:36:47
Speaker
Und diese Momente einzufangen und diese Momente in den Austausch zu bringen und so wie die da sind, das gut ist.
00:36:56
Speaker
Und diese Vielfalt von wie weit ist jemand und was ist eigentlich weit.
00:37:01
Speaker
Und sich tatsächlich eine Demut zu entwickeln, eine wissenschaftliche Demut zu entwickeln, ist für mich ein ganz großartiger Teil der Möglichkeitswissenschaft, die ja auch ganz viel mit Diversität zu tun hat.
00:37:14
Speaker
Also allgemein gesprochen, wer oder was findet eigentlich in der Wissenschaft statt?
00:37:23
Speaker
Ich glaube, das ist da auch nochmal eine zentrale Pointe an der Angelegenheit.
00:37:29
Speaker
Das betrifft die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst.
00:37:33
Speaker
Also was sind das für Leute?
00:37:35
Speaker
Sind das vor allen Dingen alte Menschen?
00:37:37
Speaker
Sind das junge Menschen?
00:37:40
Speaker
Sind das männlich oder weiblich gelesene Menschen?
00:37:42
Speaker
Was sind das für Leute, die da forschen?
00:37:44
Speaker
Und das macht einen immensen Unterschied.
00:37:47
Speaker
Und in weiten Teilen der Wissenschaft, so wie wir sie im vergangenen Jahrhundert betrieben haben, war das zumindest hierzulande eine ausgesprochen weiße, ausgesprochen männliche Angelegenheit.
00:37:59
Speaker
Mit einem bestimmten, mit Konsequenzen einfach.
00:38:04
Speaker
Und wenn man da die Teams diverser mischt, was all die Diversitätsdimensionen anbetrifft, die man so auftun kann, Herkunft, Geschlecht, Gender, Alter und so weiter und so fort.
00:38:17
Speaker
Dann entsteht eine andere Form von Wissenschaft.
00:38:20
Speaker
Das heißt aber auch, wer findet statt in der Wissenschaft auf Ebene der, in Anführungsstrichen, Gegenstände.
00:38:26
Speaker
Wir hatten ja vorhin schon darüber gesprochen, dass das eigentlich, also nicht Gegenstände im Sinne von so Objekten, die da so total passiv sind und an denen so rumgeforscht wird,
00:38:36
Speaker
Aber wer findet da statt?
00:38:38
Speaker
Was sind das für Interessen, die da irgendwie auch bewegt werden in der Wissenschaft?
00:38:41
Speaker
Auch das, finde ich, ist nochmal eine wichtige Dimension von Diversität.
00:38:45
Speaker
Sind das irgendwie immer nur Kapitalinteressen, die da bedient werden?
00:38:49
Speaker
Sind das immer nur die ewig gleichen Player, die da zu Wort kommen, die wichtig sind?
00:38:53
Speaker
Oder kommen da auch marginalisierte Stimmen zu Wort?
00:39:00
Speaker
Kommen da Betroffene zu Wort?
00:39:03
Speaker
Ist es um diese Vielfalt von Betroffenen bestellt?
00:39:05
Speaker
Also auch das ist, finde ich, nochmal eine ganz wichtige Dimension von Diversität.
Schlüsselprinzipien für Innovation und Transformation
00:39:11
Speaker
Und dann haben wir die fünf beisammen.
00:39:13
Speaker
Reflexivität, ich gucke mir von hinten über die eigene Schulter und gucke immer so, was stelle ich an in dieser Welt als Wissenschaftlerin oder als Wissenschaftler.
00:39:20
Speaker
Dann Transparenz, dass das, was ich tue, dass ich irgendwie sage, welche Annahmen ich da treffe, warum ich, wo ich überhaupt stehe, dass ich meinen eigenen Standpunkt nicht verschleiere, sondern ihn auch
00:39:33
Speaker
transparent halt mache, sondern sage, hier stehe ich und so gucke ich und deswegen erscheint die Welt für mich so und so.
00:39:41
Speaker
Dann Partizipation, dass unterschiedliche Interessen teilhaben dürfen.
00:39:48
Speaker
Diversität, dass ich mit vielfältigen Methoden, vielfältigen Theorien
00:39:54
Speaker
dass vielfältige Menschen eingebunden sind und dass das Ganze eben nicht nur darauf abstellt, dass wir hinterher auseinander gehen und sagen, jo super, hast du mal verstanden, wie es läuft, sondern dass wir befähigt aus der Forschung herausgehen und sagen, jetzt können wir irgendwie auch was anders machen, anders denken, anders tun, anders fühlen, anders sein.
00:40:15
Speaker
Und wir wissen, was wir dafür noch brauchen und sind vor allen Dingen auch befähigt, das nicht nur als was Singuläres, im Sinne von so, haben wir jetzt mal ein verlängertes Wochenende-Workshop gemacht, sondern irgendwie auch als eine andauernde, in diesem Sinne eine andauernde, eine nachhaltige Angelegenheit zu verstehen.
00:40:35
Speaker
Und das macht doch noch mehr Lust, selber Möglichkeiten-Wissenschaftler zu werden, oder?
Herausforderungen der institutionellen Transformation
00:40:43
Speaker
Ja, und da kommen wir aber wieder an die Grenzen der Institution, weil Wissenschaft sich eben dann fachdisziplinär reproduziert.
00:40:52
Speaker
Ich muss was studieren und dann brauche ich diesen Abschluss, um gemäß Promotionsordnung zu studieren.
00:41:00
Speaker
Promotionsrecht haben die Fakultäten.
00:41:02
Speaker
Die Fakultäten sind in der Regel fachdisziplinär zugeschnitten.
00:41:06
Speaker
Also da drehen wir uns dann ganz schnell wieder in ein ganz neues Feld rein, nämlich wie genau kann eigentlich Wissenschaft transformiert werden?
00:41:14
Speaker
Das sollten wir uns vielleicht für eine weitere Folge aufsparen, oder?
00:41:21
Speaker
Das klingt nach schon Vorfreude auf das nächste.
00:41:24
Speaker
Und das nächste Mal darf ich ja mit einem Wort wieder
00:41:29
Speaker
Ich nehme mal den Abschluss dieser Folge mit und überlege.
00:41:34
Speaker
Nimm das auf, was dann das Wort dafür sein könnte, dass wir uns damit ein wenig beschreiben.
00:41:39
Speaker
Wir sind ja so ein bisschen auch zeitlich in Verzug.
00:41:42
Speaker
Also diese Folge wird vermutlich irgendwie so Richtung November oder sowas rauskommen.
00:41:46
Speaker
Das heißt, du kannst uns so ein kleines Weihnachtsgeschenk ins Körbchen legen.
00:41:52
Speaker
Ins Körbchen, ist ja völlig falsch.
00:41:54
Speaker
Unter dem Baum legen.
00:41:56
Speaker
Wir müssen hier irgendwie auch mal metaphorisch konsistent bleiben.
00:41:59
Speaker
Ich bin glaube nicht, um darüber nachzudenken zwischen den Jahren, je nachdem, was die Menschen feiern in dieser Zeit.
00:42:04
Speaker
Da gibt es ja auch noch wieder Diversität.
00:42:07
Speaker
Und das ist gut so.
00:42:09
Speaker
Das ist sehr gut so.
00:42:10
Speaker
Es hat so viel Freude heute gemacht.
00:42:13
Speaker
So wie immer, so wie stets gemeinsam mit dir laut zu denken.
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Speaker
Ich mag gerade wieder Wissenschaftlerin sein ganz sehr.
00:42:19
Speaker
Ich habe immer so Wellen, wo ich das mag oder nicht und sich mit diesem Begriff auseinanderzusetzen ist.
00:42:24
Speaker
Was für ein Geschenk, Wissenschaftlerin zu sein.
00:42:28
Speaker
Ein immenses Privileg.
00:42:30
Speaker
Ja, ist es tatsächlich.
00:42:34
Speaker
Ich danke euch allen da draußen.
00:42:35
Speaker
Beim nächsten Mal wieder einschalten und jetzt leise weiterdenken.