Einführung des Fan-Prinzip Podcasts
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Speaker
Herzlich willkommen zum Fanprinzip Podcast. Roman Becker, Buchautor und Entdecker des Fanprinzips, spricht mit Top-Entscheidern über Kundenbeziehungen, die erfolgreich machen.
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Speaker
Ja, liebe Zuschauer, ich freue mich heute sehr auf das Gespräch mit Udo
Kunden in Fans verwandeln: Udo Aul von SEW YourDrive
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Speaker
Aul. Udo Aul ist Geschäftsführer der SEW YourDrive, einem führenden Anbieter für Antriebstechnik. Mit ihm will ich heute darüber sprechen, wie man in der Industrie und damit in Geschäftskundenbeziehungen Kunden zu Fans macht. Also genau dort, wo Entscheidungsprozesse angeblich frei von Emotionen sind. Guten Tag Herr Aul. Guten Tag Herr Becker.
SEW Eurodrive: Familienunternehmen und Marktführer
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Speaker
Da vermutlich nicht jeder die SEW Eurodrive kennt, laube ich mir das Unternehmen kurz vorzustellen. Die SEW Eurodrive ist ein Familienunternehmen in dritter Generation mit aktuell über 18.000 Mitarbeitern, 17 Fertigungswerken und 81 Drive Technologies Centern in 52 Ländern auf fünf Kontinenten.
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Die SW Eurodrive erwirtschaftet mittlerweile einen Umsatz von über 3,3 Milliarden Euro weltweit und ist damit weit mehr als ein Hidden Champion.
Erfolgsfaktoren: Kundenbeziehungen bei SEW Eurodrive
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Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind die exzellenten Kundenbeziehungen. Die SW Eurodrive hat seit vielen Jahren eine Fan-Quote von über 30 Prozent. Das ist im B2B-Bereich herausragend.
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Und wenn ich diese empirische Zahl um eine ganz persönliche Einschätzung ergänzen darf, ich habe in den letzten 25 Jahren kaum ein Industrieunternehmen kennengelernt, das so konsequent und durchgängig Kunden und Mitarbeiter zentriert agiert.
Kundennähe und globale Erreichbarkeit bei SEW Eurodrive
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Speaker
Aber gleichzeitig gibt es eben auch Strukturen und Prozesse. Eine Vielzahl von Elementen, aber auch ein paar Basisstrukturen, die schon der Unternehmensgründer mit uns auf den Weg gegeben hat. Und eines dieser Kleinigkeiten lautet eine Stunde zum Kunden.
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Und eine Stunde zum Kunden war natürlich in den 50er und 60er Jahren eine andere Aufgabe als heute in der Globalisierung. Aber auch heute sind wir innerhalb von einer Stunde bei all unseren Kunden, sowohl in Europa, in Asien, in Nordamerika. Und wir sind immer für ihn da.
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Das heißt 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Und das nicht nur als Schlagwort, sondern wirklich. Ja, und Sie haben damit zumindest meine zweite Frage schon teilweise beantwortet. Denn im FAN-Prinzip geht es ganz entscheidend um den Kundenkontakt. Der Kunde möchte das, was ihn einst zum FAN macht, immer und immer wieder erleben. Er möchte die Wiederholung, er möchte das Ritual.
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Speaker
Und Sie haben eben schon beschrieben, wie Sie diese Kundennähe herstellen und das in Zeiten, in denen sich viele Ihrer Wettbewerbe eher aus der Fläche verabschieden, eher zentralisieren, eher Ressourcen abbauen. Wollen Sie da vielleicht noch ein bisschen intensiver auch darauf eingehen, was Sie hier besser machen als
Investitionen in Krisenzeiten: SEWs regionales Engagement
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Ihr Wettbewerb? Ja, gerne. Und ich gehe wirklich nochmal auf so Grundwerte zurück.
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das Thema Erreichbarkeit, Kundennähe, das ich natürlich schön in Unternehmensbroschüren und in Powerpoints packen kann, aber ich muss es eben auch wirklich tun. Und weil wir hier wirklich auch den Unternehmensgründern und der Familie uns schon immer verpflichtet sehen,
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Speaker
gehen wir hier wirklich in die systematische Vorleistung. Das heißt, wir investieren in Regionen und zwar nicht nur dann, wenn die Sonne scheint, sondern auch dann, wenn mal ein Sturm aufzieht. Ich könnte jetzt mal
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Speaker
den östlichen Bereich Deutschland zitieren oder auch Zentraleuropa. Das heißt, nach dem Fall der Mauer gingen natürlich viele Firmen in die neuen Länder. Einmal in Deutschland, aber ging auch nach Tschechien, nach Slowenien, nach Slowakien.
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Ich kann Ihnen als praktisches Beispiel mal Ungarn
Marktführerschaft durch frühzeitige Investitionen
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schildern. Wir waren eines der ersten Unternehmen, das nach Ungarn ging. Dann ging das Unternehmen 2, dann ging das Unternehmen 3, dann ging der Wettbewerber Nummer 4.
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Dann haben alle gemerkt, Mensch, so groß ist ja der Markt gar nicht. Dann haben eben drei Wettbewerber irgendwann kalte Füße bekommen und gesagt, das rechnet sich ja alles gar nicht. Heute sind wir der einzige namhafte Antriebshersteller in Ungarn.
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Weil wir eben früh genug in den Markt gegangen sind und eben auch dort geblieben sind, als die Bäume nicht in den Himmel gewachsen sind. Wir investieren momentan in Russland.
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trotz Sanktionen, weil wir sagen, ja, wir verhalten uns sanktionskonform, ja, die Märkte sind aktuell gedeckt aufgrund der Sanktionen, aber wir wissen, Russland ist einfach ein natürlicher Markt für die Antriebstechnik und für die Automation und wir investieren da antizyklisch.
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Das heißt auf der einen Seite wirklich dieses Commitment, dieses Investment, was ich kurz bei Frage 1 angesprochen hatte, Strukturen und Organisationen zu schaffen, aber das Ganze eben dann auch mit Menschen zu unterfüttern und zwar Menschen, die eine hohe Identifikation mit der SEW haben.
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Speaker
die wir immer auch lokal rekrutieren. Das heißt, in Russland haben wir einen russischen Geschäftsführer, in China einen chinesischen, in Brasilien einen Brasilianer, in Italien einen Italiener. Das heißt, wir gehen immer in die Länder, investieren da im Personal, auch über viele Jahre im Vorlauf, begleiten letztendlich dann die Menschen auf ihrem beruflichen Lebensweg.
Kundenzentrierung als Unternehmenspriorität
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Und das führt dann zu einer hohen Identifikation, sprich interne Fans der SW, die dann in der Kundenorientierung auch diesen Fan-Charakter in den Markt transportieren.
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Wenn ich das mal bis dahin zusammenfassen darf, Sie sagen auf der einen Seite, das reicht nicht, wenn wir Kundenzentrierung als eine Aufgabe von Marketing und Vertrieb verstehen, sondern das muss wirklich die Gesamtorganisation vom Inhaber top down
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Vorgeben und vorleben, das muss alle Prozesse, alle Strukturen des Unternehmens erfassen. Punkt eins, Punkt zwei. Es scheint ein großer Vorteil zu sein, ein Familienunternehmen zu sein in der heutigen Zeit, weil sie den Atem haben und auch die Konsequenz und die Nachhaltigkeit, wenn sie sich für den Thema entscheiden, das auch dauerhaft zu betreiben, während auch viele Wettbewerber in Konzernstrukturen arbeiten.
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Speaker
und sehr stark von Quartalszahlen dominiert werden. Da ist manchmal, das erlebe ich selbst auch in meiner täglichen Beratungserfahrung, die Entscheidung von vor sechs Monaten nichts mehr wert, wenn sich der kurzfristige Erfolg nicht einstellt. Also da haben Sie sicher auch strukturell einen großen Vorteil.
Herausforderungen der Pandemie für SEW Eurodrive
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Speaker
Lassen Sie uns mal auf ein Thema zu sprechen kommen, was natürlich aktuell für Sie sicherlich eine ganz große Rolle spielt, nämlich die Pandemie.
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und die damit einhergehenden Herausforderungen. Zum einen die explodierende Digitalisierung, die ist jetzt wirklich eingetreten. Das was also Berater Scharen über zehn Jahre nicht geschafft haben, hat jetzt so ein kleines Virus geschafft. Und zum anderen jetzt ganz aktuell die Komponenten- und Rohstoffkrise oder Knappheit, die vermutlich auch Sie sehr belastet.
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Speaker
Wie gehen Sie damit um? Was macht das mit den Kundenbeziehungen? Vielleicht können Sie uns darüber ein bisschen was erzählen.
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Speaker
Corona selbst war eindeutig ein Trendverstärker. Das wissen wir alle. Das heißt, es war einmal ein Trendverstärker Richtung Digitalisierung. Es war aber auch ein Trendverstärker Richtung Social Media. Es war aber auch ein Trendverstärker Richtung Kundenbeziehungen. Und wenn ich jetzt mal Digitalisierung als erstes nehme.
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Digitalisierung, Industrie 4.0, digitale Wertschöpfungskette ist in aller Munde seit mehr als zehn Jahren. Durch den Corona-Effekt wurden natürlich viele, viele Dinge beschleunigt, aber gleichzeitig ist es hier, war es hier und bleibt es hier unsere Aufgabe, die Kernwerte
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Speaker
Richtung Kundenorientierung eben auch in die Digitalisierung zu überführen. Jetzt gibt es so schöne Schlagworte wie antizipativ, situativ, kundenfokussiert. Jetzt gehe ich mal auf unser persönliches Gespräch. Das heißt, im persönlichen Gespräch reagiere ich natürlich individualisiert auf Ihre Fragen, auf Ihre Vorschläge, auf Ihre Gedanken.
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Speaker
Diese Systematik und diese Fähigkeiten müssen wir in die digitale Welt überführen. Das heißt dann, wenn der Kunde ein spezifisches Thema hat, der Interessenten ein spezifisches Thema hat, dann müssen wir auch mit der entsprechenden Lösungskompetenz Fähigkeiten, egal ob online oder offline, zur Verfügung stehen.
Mitarbeiterengagement während der Pandemie
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Speaker
Und für uns war die Pandemie nicht nur ein Trendverstärker Richtung Digitalisierung, sondern sie war auch ein Trendverstärker Richtung Kundenbindung. Sie haben das Stichwort gesagt, wir sind Familienunternehmen und zu Beginn der Pandemie hat unser Gesellschafter
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ganz klar einen Brief, eine Mitteilung an alle Mitarbeiter versandt, wo er ganz klar sagt, wir gehen gemeinsam in die Krise, wir gehen gemeinsam durch die Krise und wir gehen auch gemeinsam aus der Krise heraus. Das heißt, wir hatten weder Kurzarbeit, wir hatten keinen Stellenabbau, wir haben weiter unsere Lieferanten wirklich treu
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Speaker
Wir waren wirklich treu zu Lieferanten, auch zu den Lieferanten, die hier und da mal Themen hatten. Wir haben entsprechende Investitionen vorgezogen, um Lieferanten zu stärken und wir waren eben auch für unsere Kunden da.
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Speaker
Ja, denn das Schlimmste ist ja dann, wenn der Kunde eine Unterstützungsmaßnahme benötigt, sei es durch ein eiliges Produkt, sei es durch einen eiligen Serviceeinsatz oder sei es durch einen ad hoc Außendienstbesuch. Und das geht nur, wenn Sie hier dieses langfristige im Auge haben. Und für uns war es wirklich eine Verstärkung.
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Speaker
Und ich darf natürlich Ihnen schon schildern, wir waren teilweise freitags das einzige Antriebstechnikunternehmen, das mit allen Ressourcen überhaupt geöffnet war. Vom Außendienst, über den Innendienst, über den Service, über die Produktion und das hat die Kundenbeziehung da deutlich gestärkt.
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Speaker
Natürlich, so wie heute auch, ging vieles virtuell. Natürlich mussten wir uns da umstellen. Natürlich hatten wir auch Mitarbeiter im Homeoffice. Aber ich darf Ihnen sagen, in bestimmten Bereichen hätte ich eher das Gefühl, dass im Homeoffice die Produktivität eher zugenommen hat als abgenommen. Was ja dann auch ein Thema ist, Fan-Identifikation mit dem Unternehmen.
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Speaker
Und wir sahen das schon vor der Pandemie, haben sich viele Mitarbeiter wirklich auch in ihrer Freizeit für das Unternehmen engagiert. Und jetzt während der Pandemie waren die vom Homeoffice und von zu Hause genauso engagiert wie am Arbeitsplatz.
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Ja, das spricht sehr dafür, dass sie auch unter den Mitarbeitern sehr viele Fans haben und es erklärt auch schon sehr gut, warum das so ist.
Digitalisierung im Vertrieb: Anpassungen bei SEW Eurodrive
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Speaker
Wenn wir an dem Thema gerade noch mal einen Moment verharren, nämlich das war ja doch
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für viele schon auch eine gewaltige Umstellung, also gerade im Vertrieb, der in der Industrie ja klassischerweise sehr stark über persönliche Kontakte funktioniert, der über Messen funktioniert, den Vorortbesuch, damit natürlich viele, viele Möglichkeiten bietet,
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das Kundenbedürfnis besser zu verstehen, aber B auch die Botschaften zum Kunden zu transportieren. Und wir haben an vielen Stellen bei den Mitarbeitern doch sehr große Vorbehalte auch gesehen bezüglich dieser Umstellung. Wie haben Sie das erlebt und wie haben Sie es gemanagt? Also das eine waren natürlich wieder die Rahmenbedingungen. Bei uns heißt das dann mobiles Arbeiten, das entsprechende Equipment für mobiles
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Mobile Geräte, PCs, Notebooks, Laptops, die entsprechenden Software. Und dann haben wir gesagt, wir nutzen die Zeit wirklich zur Qualifizierung der Mitarbeiter in die digitalen Medien.
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Das fängt mit so Banalitäten an wie Xing und LinkedIn. Wie arbeite ich mit LinkedIn? Wie poste ich auf LinkedIn? Wir haben den Mitarbeitern da wirklich ganz pragmatische Handlungsansätze geboten, Coachings geboten. Wir haben sie auch letztendlich ermutigt, die neuen Medien anzunehmen.
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Speaker
Wir haben sie auch ermutigt, mal Fehler zu machen. Nicht jeder Post, den ich dann auf LinkedIn mache, ist vielleicht in der Wortwahl der absolut Glücklichste. Aber wir haben sie da wirklich ermutigt, auch mit den sozialen Medien zu arbeiten. Wir haben sehr, sehr viel über Videos gearbeitet. Und ich gehe aber wieder zurück auf das Thema Trendverstärker. Wenn Sie Mitarbeiter haben, die in der Fläche nah am Kunden sind,
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Speaker
Ja, dann zahlt sich das auch in der Pandemie aus, denn diese Kontakte oder latenten Kontakte bestehen ja schon. Und ich habe dann immer gesagt, wer dem, der jetzt in die Kalterquise muss.
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Speaker
Ja, also Kaltakquise sage ich auch aus meiner Sicht, Kaltakquise geht wieder virtuell nicht. Sie bauen keine Beziehungsebene über den Bildschirm auf, aber eine latente Beziehung. Man hat sich schon mal gesehen, man hat sich getroffen, man stand schon mal im Gespräch, vielleicht noch nicht als Kunde, aber als Interessent.
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Speaker
Und daran jetzt anknüpfend in den digitalen Medien war für uns auch ein Trendverstärker, ganz klar. Das heißt, dort, wo wir einfach latent die Kontakte hatten, konnten wir die auch in den digitalen Medien hervorragend überführen.
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Speaker
Ja, das heißt, es geht hier ganz entscheidend auch um Nachhaltigkeit in der Kundenbeziehung, nicht um den schnellen Erfolg, sondern eigentlich immer wieder dieses Muster des Familienunternehmens, strategische Ziele eben nicht jedes Quartal in Frage zu stellen, sondern wirklich mit einer gewissen Nachhaltigkeit zu verfolgen.
Rolle der Fans in Krisenzeiten und Feedbackprozesse
00:17:21
Speaker
Gerade der Fan ist ja für solche Phasen geradezu prädestiniert, denn er geht ja mit Ihnen durch die schlechten Zeiten. Und wie Sie es im Grunde im Umgang mit Ihren Lieferanten beschrieben haben, wird er Sie eben auch in so einer Phase ganz anders unterstützen, viel offener und auch mit der Bereitschaft mal einen Fehler zu akzeptieren, mit Ihnen umgehen.
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Speaker
der Fan, an dem Sie ja so intensiv über die Jahre auch schon arbeiten, für Sie in so einer Krisensituation sicher einen besonderen Stellenwert. Das ist ja der Fan noch viel mehr. Er ist ja nicht nur sehr treu und geht mit Ihnen durch schwierige Zeiten. Er ist nur Ihr Promoter, Ihr Vertriebler. Das ist ja auch ein ganz wichtiger Aspekt in solchen Phasen. Gerade in solchen Phasen, dass man auch über die Weiterempfehlung
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Speaker
neue Kontakte zugespült bekommt, sondern er ist ja auch in hohem Maße Experte. Er kennt sich exzellent mit ihren Angeboten aus und hat auch großes Interesse, sie bei der Entwicklung von neuen Produkten, von neuen Prozessen, Lösungen etc. zu unterstützen. Wie nutzen Sie denn das Potenzial Ihrer Fans? Also es gibt bei uns ein geflügeltes Wort, das lautet, dein größter Kritiker ist nicht unbedingt dein Feind.
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Speaker
Und der, der dich am meisten lobt, ist vielleicht nicht dein größter Freund. Und das sehen wir genau bei den Fans. Also ich gehe jetzt mal auf das Thema Fans zur Weiterentwicklung.
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Speaker
Fans sind natürlich kritisch und ich denke, das ist dann gerade so wie auch in der Familie, Mama, Papa, Bruder, Schwester, Cousin und so weiter. Da sagt man sich auch mal Dinge, die würde man einem anderen nicht sagen. Aber vor allem das aus der Fanbrille heraus. Man will es ja, um sich gemeinsam weiterzubringen und nicht nur Unternehmen zu Unternehmen, sondern auch Mensch zu Mensch. Man will sich ja weiterentwickeln. Man will
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Speaker
Der Mensch will eine gute Arbeit tun und das sehen wir gerade mit den Fans. Und die Fans binden wir natürlich einmal emotional ein, binden die dann auch strukturell ein über Kundenzufriedenheitsanalysen, Umfragen, aber auch sehr, sehr gezielt mit Workshops. Das heißt Workshops zu neuen Produkten, Workshops zu neuen Technologien.
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Speaker
Und ich kann Ihnen sagen, da knirscht es auch oft und da muss ich unserer eigenen Entwickler daran erinnern, Mensch, der mag uns, das ist unser Fan, seid doch froh, wenn der uns hier jetzt auch mal den Kopf wäscht. Und dieses Setting ist natürlich wichtig, dass alle verstehen, Mensch, wir haben ja ein gemeinsames Ziel und es ist jetzt wirklich ein Fan-Kunde, der einfach das Beste für uns will.
00:20:16
Speaker
Und dann bin ich wieder bei dem Thema den Rahmen setzen, sei es Unternehmen, Workshops, Symposien, Fachtagungen und dann aber einfach die Menschen zusammenbringen. Natürlich auch in einem guten Setting, in dem eben auch mal der Disput Platz hat, aber eben dann auch Zeit ist, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
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Speaker
Ich möchte aber bei dem Thema Fan auch nochmal auf das andere Stichwort zurückgehen, nämlich Multiplikator. Die Welt ist heute ein Dorf.
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Speaker
Das, was früher in dem kleinen Dorf im Schwarzwald passiert ist, wo jeder wusste, geh zu dem und geh nicht zu jenem Handwerker, weil einfach jeder wusste, welcher Handwerker ist gut, welcher ist eher fahrig, das sehen wir ja heute gerade durch Social Media und die Fans global. Das heißt,
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Speaker
Das Stichwort, das Sie vorher nannten, Marketing, Vertrieb. Ja, Marketing und Marketingkommunikation ist wichtig. Aber Sie können heute nur das kommunizieren, was Sie auch wirklich sind. Die Zeiten von bunten Bildchen, die Sie dann später nicht in die Realität überführen konnten, die sind gnadenlos vorbei.
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Speaker
Denn sie müssen all das, was sie an Leistungen versprechen, das berühmte Leistungsversprechen, dann eben auch liefern können. Und das sind Fans natürlich super Verstärker, aber wenn sie dann eben auch mal Schwächen haben, sind sie ihre größten Kritiker.
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Speaker
Das Wesentliche war ja schon immer, dass man das, was man vorne verspricht, auch hinten hält. Das sehr viel auch mit der Leistungserbringung zu tun hat, auch mit der Orchestrierung von Kommunikation und Leistungserbringung. Viele Unternehmen arbeiten ja noch in den Silos. Da weiß der Produktverantwortliche gar nicht, was da gerade im Vertrieb und im Marketing passiert.
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Speaker
Und da, das höre ich raus, sind Sie doch schon einen guten Schritt weiter, denn die Welt ist ein Dorf, ja, wir wissen alle, was für fundamentale Schäden, was Kollateralschäden entstehen heute, wenn der Gegner, den wir ja auch kennen als Muster, der eben schlechte Erfahrungen mit Ihnen gemacht hat, heute eben nicht nur im persönlichen Umfeld diese schlechten Erfahrungen teilt, sondern viral im Grunde mit der ganzen Welt.
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Speaker
Und da im Grunde größer zu sein und auch das Fan-Potenzial, wir sprechen von dem Candystorm, denn der Fan geht ja auch in der Situation für Sie in Vorlagen und sagt, jetzt mach mal Punkt, Fehler machen wir alle mal irgendwann, aber im Großen und Ganzen läuft das mit denen richtig gut. Ja, absolut. Ja, was Sie schon sehr umfangreich jetzt über diese verschiedenen Themen, die wir beackert haben, ausgeführt haben, ist, was Sie alles tun,
Mitarbeiter als Markenbotschafter bei SEW Eurodrive
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Speaker
damit am Ende der Mitarbeiter zu einem Fanmacher oder zum Herzmut-Faktor wird. Und eine meiner Lieblingsaussagen ist, in B2B trägt die Marke Schuhe. Das heißt, auch da ist, glaube ich, nochmal ein wichtiger Aspekt, dass wir im Grunde diese Fanbeziehung gar nicht über Kommunikation erreichen können, sondern das entscheidend ist, was jeden Tag im Multikanal zwischen den Mitarbeitern und den Kunden passiert. Und da gibt es ja auch eine Facette, die für Sie wahrscheinlich sehr, sehr wichtig ist, wenn man liest, wie viele Ingenieure, wie viele High Potentials,
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Speaker
Sie beschäftigen und wir wissen ja alle, wie knapp dieser Markt ist. Was mich jetzt nochmal interessieren würde, ist, wie hilft Ihnen diese enorme Qualität, die Sie auch in der Mitarbeiterbeziehung haben, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren? Würde ich vielleicht wirklich auch wieder auf beide Elemente eingehen wollen. Einmal die Menschen, aber dann auch den Rahmen zur Digitalisierung, den wir setzen können.
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Speaker
Und wenn ich jetzt wirklich auf den Menschen gehe und ich starte wirklich jetzt von der Montage Hilfskraft über den Facharbeiter, über den Universitätsabgänger, es ist hier einfach wichtig, den Menschen
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Speaker
individualisiert die Möglichkeit zu geben, sich maximal zu entwickeln. Und natürlich schauen wir sehr, sehr oft auf Universitätsabgänger. Wir haben ein sehr, sehr starkes Programm Duales Studium, in dem wir die Mitarbeiter sehr früh ins Unternehmen bringen, das Duale Studium vielleicht gefolgt von einem Master-Studiengang oder einer Weiterbildung im Unternehmen halten.
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Speaker
Aber ich möchte auch auf die Facharbeiterebene gehen, die ja letztendlich doch das Rückgrat jedes produzierenden Unternehmens darstellt. Und hier stellen wir eben nicht nur die Besten der Besten ein, sondern hier haben wir ein Programm, alle zwei Jahre
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Speaker
auf die mittelmäßigen Schüler zu schauen. Da ist Mathematik vielleicht befriedigend, Deutsch ausreichend oder mangelhaft. Und dann schauen wir auf diese Schulabgänger und sagen, was ist es jetzt?
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Speaker
Ja, die Schulnoten sehen nicht so optimal aus, aber sind die motiviert, haben die Energie und wir holen ganz bewusst jedes zweite Ausbildungsjahr immer wieder weiter ins Unternehmen, die vielleicht von den Schulnoten auf den ersten Blick nicht die attraktivsten sind.
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Speaker
Aber auch diese holen wir wieder ab bei ihren individuellen Möglichkeiten, entwickeln die im Unternehmen und die sind dann auf 10, 20, 30, 40, 50 Jahre natürlich die treuesten Mitarbeiter der SW Euro Drive. Die honorieren die Chancen, die ja nicht nur einmalig ist, die sich dann aber im Berufsleben fortschreitet. Das heißt, welche?
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Speaker
Welche individuellen Leistungsmöglichkeiten hast du? Und die Mitarbeiter danken uns das ja wirklich dann auch durch Weiterbildung in der Freizeit, durch Weiterentwicklung, durch Eindringung in der Freizeit und so entsteht einfach
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Speaker
diese Fokussierung auf den Menschen und ich möchte da nicht schmälern, Universitätsabgänger, da haben wir natürlich andere Herausforderungen, aber auch hier geht es darum, welche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bieten wir. Und wenn wir das tun und dann die Mitarbeiter zu echten Fans machen, dann spiegelt sich das im Unternehmen.
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Speaker
Aber es reicht trotz allem nicht, um insgesamt den statistischen Fachkräftemangel auszugleichen und deshalb bauen wir zusätzlich eben auch digitale Strukturen auf, sprich Netzwerke.
Wissenstransfer und Einstellungskriterien bei SEW
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Speaker
Co-Engineering-Netzwerke, Co-Creation-Netzwerke, indem wir unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und unsere Lieferanten wirklich in die Lage versetzen, Problemstellungen im Netzwerk zu teilen und dann
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Speaker
Gibt es immer wieder die schöne Überraschung, Probleme, die wir heute in China sehen, die hat man vielleicht schon mal vor zwei Jahren in Italien gelöst. Aufgaben, die wir heute in Deutschland sehen, haben wir vielleicht schon mal in Kalifornien oder in West Virginia gelöst.
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Speaker
Und da gibt es natürlich durch die Digitalisierung die Möglichkeit dieses individuelle Wissen, dieses individuelle Herzblut dann eben auch in ein Netzwerk zu überführen, das sich dann hilft. Und ich denke im B2C Bereich sehen wir das alle. In den Social Media sehen wir das auch alle. Aber ich darf Ihnen sagen, es funktioniert auch im B2B.
00:28:00
Speaker
Und wir haben da erste Schritte, wir haben da erste Werkzeuge implementiert und wir werden das weiter ausrollen. Ja, auch in B2B agieren Menschen. Und besonders spannend fand ich Ihre Ausführungen zu den mittelmäßigen Schulabgängern. Das ist ein Konzeptansatz, den man so schön beschreibt mit Train for Skills, Higher for Attitudes. Wir haben das Thema Bedeutung der Motivation angesprochen.
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Speaker
Viele kommen ja über die Fachlichkeit und lassen diesen Aspekt der Haltung außen vor. Und gerade im Kundenkontakt, wenn wir ehrlich sind, kommt es ja gar nicht so sehr auf die Fachlichkeit an. Die kann man sich relativ leicht antrainieren. Damit will ich ihren Vertrieb ja nicht so nahe treten. Die haben natürlich auch eine Fachlichkeit. Aber erfolgreich im Vertrieb sind ja die Empathischen, die Menschenkennner, die
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Speaker
Ja, einfach verstehen, wo sie ein Problem lösen können. Und ja, die Fachlichkeit ist eigentlich nur ein Hygienefaktor. Also das ist sicherlich auch eine sehr kluge und auch, ja, glaube ich, schon in B2B ein bisschen einzigartige Herangehensweise.
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Speaker
Ja, jetzt haben wir über sehr viele Themen gesprochen. Am Ende dieser Interviews machen wir immer so eine Runde, wo ich Sätze anfange und Sie vollenden die und das möglichst sehr pointiert.
Zukunftsvisionen: Menschliche Werte und Innovation bei SEW
00:29:17
Speaker
Herr Aul, in zehn Jahren ist SRW Your Drive ein? Weiterhin ein erfolgreiches, globales Familienunternehmen, in dem der Mensch weiterhin im Mittelpunkt steht. In zehn Jahren wird das Thema Kunden zu Fans uns
00:29:36
Speaker
noch stärker beschäftigen und vor allem in der Kombination aus nur interne Fans, sprich SEW-Fans werden auch externe Fans schaffen. Und das bei geänderten Rahmenbedingungen, aber ich glaube, bei identischen ethischen Grundwerten. In zehn Jahren ist Antriebstechnik, wie wir sie heute kennen,
00:30:05
Speaker
nach wie vor wichtig, aber das Thema CO2-Neutralität, Klima steht im Mittelpunkt und wir werden dann Produkte anbieten, die diese CO2-Neutralität auch sicherstellen. In zehn Jahren wird sich ein top ausgebildeter Ingenieur für SEW entscheiden, weil? Weil er mit SEW einen Partner fürs Leben hat.
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Speaker
Wow, das gibt mir die Überladung zu meiner allerletzten und dann sehr persönlichen Frage. In zehn Jahren ist Udo Aul. Immer noch ein SEW-Fan, immer noch für die SEW tätig, aber denke ich deutlich offener für die neue Generation. Und ich denke, das ist die Aufgabe für jede Führungskraft.
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Speaker
jeder Generation von Menschen und vor allem von Führungskräften ihre Chance zu geben.
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Speaker
Ja, das ist schon fast eine philosophische Schluss Aussage, Herr Aul. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für dieses Gespräch. Sie haben nicht die Blaupausen hier mit mir ausgetauscht, sondern Sie haben uns einen sehr authentischen und auch einen sehr ehrlichen und auch sehr konstruktiv kritischen Blick auf Ihren Arbeitgeber vermittelt. Und das wird sicherlich viele, die sich das anschauen, auch begeistern. Vielen lieben Dank. Ich danke Ihnen, Herr Becker.