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Lieblingsmethode - Restorative Circles

S1 E16 · Konflikte in kleinen Dosen
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9 Plays23 days ago

Sag mal, was machst du gern, wenn es zu Konflikten kommt? Diese Frage stellen wir uns in dieser Sonderfolge.

Heute erzählt Lisa von ihrem Lieblingsmodell, was das so kann und für welche Kontexte es sich gut eignet - Restorative Circles.

Wer mehr von dem Thema wissen möchte, kann hier nachschauen:

Dokumentarfilm Restorative Circles in der Anwendung: ⁠https://vimeo.com/ondemand/restorativecircles⁠

Akademie der Restaurativen Praktiken: ⁠https://www.restorative-circles.de/akademie

Transcript

Einführung in Restorative Circles

00:00:05
Speaker
Hallo und herzlich willkommen bei Konflikte in kleinen Losen mit den Kellerkindern Alina Jenßen und Lisa Zenker.
00:00:11
Speaker
Willkommen.
00:00:13
Speaker
Heute geht es um das Thema Lieblingsmethoden in Bezug auf Konflikte.
00:00:19
Speaker
Und das ist eine Sonderfolge, weil diesmal geht es darum, was Lisa heute mitgebracht hat und zwar ihr Lieblingsmodell der Restore to Circles und warum es vielleicht ihr Leben verändert hat.

Transformation durch Restorative Circles

00:00:34
Speaker
Erzähl mir doch mal, was fasziniert dich so sehr an den Restorative Circles?
00:00:40
Speaker
Ja, ich versuche mich kurz zu halten.
00:00:45
Speaker
Zum einen ist es die immense Magie, die passiert, wenn man in den Kreisgesprächen sitzt.
00:00:54
Speaker
Und diese Magie entsteht, wenn Menschen wirklich einander verstehen und dann in so einem Aha, das bist du.
00:01:02
Speaker
Aha, deswegen hast du das getan.
00:01:04
Speaker
Und aha, darum stehen wir jetzt hier, wo wir stehen.
00:01:09
Speaker
und damit so eine Weichheit bekommen und wieder eine Zugewandtheit und in Verbindung kommen.
00:01:15
Speaker
Und ich finde das richtig cool, weil das eben auch in großen Gruppen passiert.
00:01:21
Speaker
Also nicht nur im stillen Kämmerlein bei jemand alleinem oder in einer Mediation zwischen zwei Personen, sondern auch in ganzen Gruppen, Teams, Abteilungen, Familien, Schulklassen, wo dann alle eine ähnliche Entspannung auf einmal erhalten.
00:01:39
Speaker
Ich verstehe das voll und fühle es auch schon total.

Strukturierte Gespräche zur Beziehungspflege

00:01:42
Speaker
Und ich glaube aber, wenn du so von Magie sprichst, brauchst du vielleicht für den einen oder anderen oder die einen oder anderen nochmal eine kurze Erklärung, was sind die Restorative Circles überhaupt?
00:01:52
Speaker
Und ist es Hokuspokus oder kann das was?
00:01:57
Speaker
Genau, die Recuritive Circles ist eine restaurative Praktik und das bedeutet wiederum, dass das, was durch Konflikte in Gemeinschaften oder Gruppen kaputt gegangen ist, verloren gegangen ist oder zerrüttet wurde, wiederhergestellt wird, also restauriert wird.
00:02:17
Speaker
Und diese Restauration passiert über ein gemeinsames Gespräch und das passiert in Kreisform, also Kreisgespräche.
00:02:26
Speaker
Und diese Form von Kreisgesprächen ist eine ganz urtypische Form, wie Menschen sich formieren oder auch damals ums Feuer gesessen haben, Sprache entwickelt haben, Gemeinschaft entwickelt haben und das nutzt es sozusagen auch in der Gruppendynamik.
00:02:42
Speaker
die Kreisform, um darüber oder mit dem ins Gespräch zu gehen.
00:02:47
Speaker
Das ganze Modell ist ein Dreiklang aus drei Kreisgesprächen, nämlich zum einen Vorgespräche mit Einzelpersonen,
00:02:56
Speaker
in denen, wie wir schon festgestellt haben, in Konflikten ist so ein Wust von Gefühlen und Bedürfnissen und Gedanken und Taten, die passiert sind.
00:03:07
Speaker
Und diese Vorgespräche sollen ein bisschen eine Sortierung reinbekommen, beziehungsweise den Menschen in den Konflikten helfen, mit einer anderen Klarheit weitermachen zu können.
00:03:19
Speaker
Nach den Vorgesprächen passiert dann sozusagen die Hauptmagie im Hauptkreis oder im Main Circle,
00:03:25
Speaker
wo dann die Gemeinschaft zusammenkommt, also der Verein oder die Abteilung oder die Familie.
00:03:32
Speaker
Und da passieren dann mit einer Form von Moderation, passiert dann die Aussprache oder die Klärung.
00:03:42
Speaker
Und nach einer gewissen Zeit, so nach sechs bis acht Wochen, passiert nochmal ein Nachgespräch, ein Post-Circle mit den gleichen Beteiligten wie im Hauptgespräch.
00:03:54
Speaker
Okay, das klingt erstmal sehr komplex, aber auch sehr systemisch total interessant, weil ja Konflikte oft in irgendeiner Weise so geklärt werden von außen und hier klingt es so, als würde wirklich sich Zeit genommen werden, die Konflikte oder die Themen wirklich anzuschauen und zu bearbeiten, ne?

Vergleich mit Mediation

00:04:16
Speaker
Von den Betroffenen selber.
00:04:17
Speaker
Genau, das ist, glaube ich, ein großer Unterschied zu einer Richterinnenrolle oder so.
00:04:23
Speaker
Und gleichzeitig, du sagst, es klingt erstmal viel, das ist richtig, aber im Endeffekt ist es, wie ich finde, eine der effektivsten und effizientesten Varianten, Konflikte zu lösen.
00:04:33
Speaker
Weil wenn man sich eine Mediation vorstellt, ist das auch ein Prozess von mehreren Gesprächen und von mehreren Gesprächsphasen.
00:04:42
Speaker
Da hört auch gerne nochmal rein in die Folge Mediation mit Elisabeth Schwertfeger.
00:04:47
Speaker
Also auch das ist sozusagen ein Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt.
00:04:51
Speaker
Und hier sind es in der Regel die Vorgespräche, die dauern so 20 bis 30 Minuten, drei davon werden gespielt.
00:04:58
Speaker
Also mit drei Betroffenen wird gesprochen, der Hauptkreis bewegt sich immer so zwischen zwei bis maximal drei Stunden, weil dann auch irgendwann die Energie und die Luft raus ist und das Nachgespräch ist meistens auch nochmal eine Stunde bis anderthalb.
00:05:10
Speaker
Also das eigentliche Zusammenkommen ist dann gar nicht so viel oder aufwendig.
00:05:17
Speaker
Und du sagtest ja, du hast es als sehr effektiv wahrgenommen.
00:05:21
Speaker
Was hat sich denn für dich seitdem geändert in deinem Leben?
00:05:24
Speaker
Was ist seitdem anders, seitdem du das Modell kennst und es auch anwendest in der Arbeit?

Persönliche Verantwortung in Konflikten

00:05:31
Speaker
Also ich habe ja schon vor ein paar Jahren den Kontakt gehabt mit bedürfnisorientierter Kommunikation und da ist ja die Prämisse von, ich trage die Verantwortung für meine Gefühle selbst ganz hochgehangen.
00:05:45
Speaker
Hier bekommt es nochmal, wie ich finde, eine enorme Steigerung.
00:05:52
Speaker
Weil hier bekommt der Satz, nur ich selber mache mir meine eigenen Gefühle, niemand anderes tut das, nochmal eine ganz andere Bedeutung.
00:06:00
Speaker
Weil die Selbstverantwortung, die hier zuteil wird, jedem Einzelnen in diesem Konflikt, ist halt immens.
00:06:08
Speaker
Und davon lebt das Modell auch.
00:06:11
Speaker
Es wird sichtbar, dass alle darin irgendeine Form von Beitrag leisten, um den Konflikt aufrechtzuerhalten und dementsprechend auch eine Verantwortung tragen, diesen in Klärung zu bringen.
00:06:25
Speaker
Und ich spreche hier nicht von Lösungen, also wer hat Schuld oder welche Strafe wird jetzt verhangen für eine Person.
00:06:35
Speaker
Und darum geht es hier gar nicht, sondern es geht eher darum zu gucken, was verstehen wir voneinander, um uns dann wieder, ja, uns anders wieder angucken zu können und damit in eine Verbindung zu gehen und auch eher die Frage, was können wir tun, um wieder gut zu machen.
00:06:53
Speaker
Also was braucht es denn an Bedürfnispflege oder auch an Angeboten, damit wieder in Gemeinschaft das Leben entstehen kann?
00:07:05
Speaker
Und das hat für mich eine komplette Haltung verändert.
00:07:10
Speaker
Also nicht nur, wie ich Menschen mehr zutraue.
00:07:16
Speaker
Menschen können richtig viel und die tragen schon teilweise so lange den Konflikt mit sich und können damit leben,
00:07:22
Speaker
Die können richtig viel halten und die können auch was im Sinne von sich regulieren.
00:07:28
Speaker
Also die haben ganz viel bei sich, um damit klar zu kommen.
00:07:31
Speaker
Ich muss keine Retterin sein und ich muss sie damit automatisch zum Opfer machen, sondern Menschen können sehr wohl selber für sich sorgen.
00:07:40
Speaker
Und das macht für mich einen krassen Unterschied auch in anderen Lebensbereichen.

Herausforderungen für traditionelle Coaching-Rollen

00:07:43
Speaker
Ja, mir kommt auch sofort hoch, weil wir ja auch viele Rollenteile, Coaches zu sein und Prozesse zu begleiten, dass diese Art der Verantwortungsübernahme vielleicht am Anfang auch gar nicht so leicht ist, wenn wir als Coach gelernt haben,
00:08:02
Speaker
viel Input zu geben, die Prozesse mitzuleiten, zu gestalten, vielleicht sogar eine Lösungsfokussierung reinzubringen.
00:08:09
Speaker
Und in diesem Fall ist es ja sehr, sehr frei und sehr prozessorientiert, oder?
00:08:15
Speaker
Und das macht es nicht weniger schwer.
00:08:17
Speaker
Also das, was du gerade gesagt hast, gerade so in den ersten Malen, wo ich Kreise begleitet habe oder Konflikte mit dem Modell begleitet habe, fand ich es super schwer, auch loszulassen.
00:08:32
Speaker
von Inhalten, von Ideen, die ich hatte, was gut sein könnte für die Menschen da in den Kreisen, an Lösungsmöglichkeiten, wo ich natürlich sofort Hunderte im Kopf hatte, das wieder ziehen zu lassen, die Gedanken und zu sagen, die Menschen in dem System wissen am besten selber, was sie brauchen, um Wiedergutmachung zu empfinden, weil das ja super individuell ist.
00:08:56
Speaker
Und genau diesen Anspruch, helfen zu wollen,
00:09:01
Speaker
sein zu lassen, sondern eher mit einer Aufmerksamkeit, mit einem offenen Herzen nur in Anführungsstrichen den Raum zu halten und gegebenenfalls durch ein, zwei Verständnisfragen die Leute wieder in eine andere Form von Kommunikation zu begleiten, das war richtig, das ist schwer und das ist nicht trivial und deswegen braucht es ja, glaube ich, viel Übung und auch eine hohe Selbstreflexion und auch Mut,
00:09:30
Speaker
das einmal auch zu sehen, dass Menschen das hinkriegen.
00:09:35
Speaker
Ja, cool.
00:09:35
Speaker
Ich wollte dich gerade fragen, ob wir direkt schon was abgreifen können und von dir lernen können, wie du das umgesetzt hast.
00:09:42
Speaker
Das hast du jetzt gerade schon genannt.
00:09:44
Speaker
Auch die Gedanken zu hinterfragen, bewusst zu haben, ziehen zu lassen, den Mut, das auch wirklich weiterlaufen zu lassen und immer wieder mantra-mäßig zu sagen, das System reguliert sich von alleine und ich gebe Vertrauen in das System und bekomme Vertrauen zurück in dieser Weise.

Anwendung in verschiedenen Kontexten

00:10:04
Speaker
mit welchen Themen kann ich dann kommen, um die mit Restorative Circles zu bearbeiten?
00:10:09
Speaker
Oder gibt es welche, die da nicht so passen?
00:10:14
Speaker
Also ich würde jetzt erstmal spontan sagen, alle Themen sind willkommen.
00:10:20
Speaker
Man sagt ja immer so, ach, es ist nur ein kleines Thema, dann brauchen wir vielleicht jetzt nicht das ganze Team.
00:10:26
Speaker
Und trotzdem, also selbst wenn man denkt, das ist jetzt nur ein kleiner Konflikt zwischen mir und der Kollegin,
00:10:32
Speaker
hat es ja eine Auswirkung auch auf die anderen, die mit im Raum sitzen oder online, die das ja mitbekommen in der schriftlichen Kommunikation oder zwischen den Zeilen oder an Mimik und Gestik.
00:10:44
Speaker
Und manchmal sind es genau die anderen, die nicht in dieser aktiven Rolle sind, die einen wertvollen Input leisten können für eine Klärung und da nochmal eine andere Perspektive daneben stellen können,
00:10:59
Speaker
Und somit den Raum der Klärung größer machen.
00:11:03
Speaker
Und auch den Raum der Lösung im Endeffekt.
00:11:07
Speaker
Und ich finde es auch viel nachhaltiger, wenn die Menschen mit involviert sind, weil es bringt ja manchmal nichts, nur die Lösung zwischen Zweien festzulegen.
00:11:18
Speaker
Die vereinbaren dann irgendetwas, gehen am nächsten Tag wieder zurück ins Team und dann stellen sich diese normalen Verhaltensmuster, schleichen sich wieder ein und
00:11:27
Speaker
Und es ist gar nichts gekonnt.
00:11:30
Speaker
Aber wenn sozusagen alle mit beteiligt sind, ist eine größere Verbindlichkeit auch da.
00:11:34
Speaker
Und man kann sich dafür so accountable halten oder sich dafür sehr gegenseitig stützen.
00:11:41
Speaker
Und ich finde, das macht was mit einer Gruppe und mit einer Gemeinschaft, wenn die Teil von diesem Prozess waren.
00:11:49
Speaker
Und du sprichst ja schon von Gruppen und Gemeinschaften.
00:11:52
Speaker
Also mit wem kann ich das machen?
00:11:54
Speaker
In welchem Kontext?
00:11:55
Speaker
In welchem Rahmen?
00:11:59
Speaker
Ich finde es immer ganz cool, wenn die Gemeinschaften gemeinsam ist, ein Zweck oder ein Ziel verfolgt.
00:12:07
Speaker
Also ist es der Familienverband oder ist es ein Team, was ein Thema miteinander hat?
00:12:17
Speaker
Sind es vielleicht auch Schulklassen?
00:12:19
Speaker
wo dann Eltern und Lehrkräfte auch mit involviert werden können.
00:12:25
Speaker
Oder ist es zwischen zum Beispiel zwei Führungskräften, dann kann man gucken, wer ist denn das System, was einen Beitrag leisten kann für eine Klärung.
00:12:36
Speaker
Oder sind es Vereine oder vielleicht auch ganze Unternehmungen?
00:12:40
Speaker
Also ich habe von Hauptkreisen gehört, die bis zu 250 Menschen involviert hatten.
00:12:46
Speaker
Die kamen ja ursprünglich aus den Favelas in Brasilien, wo die Leute auf sehr engem Raum leben und dann natürlich auch Großfamilien involviert sind.
00:12:54
Speaker
Und wenn dann zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Familien einen Konflikt miteinander hatten und dann die Systeme oder die Gemeinschaften in der Klärung gegangen sind, dann sind das mal schnell viele Menschen.
00:13:05
Speaker
Also es gibt da glaube ich kein Maximal, sondern man guckt immer so, was ist reasonable, also wer kann den Beitrag leisten zu einer Erklärung.
00:13:15
Speaker
Okay, verstehe.

Feedback

00:13:17
Speaker
Ja, also die Begeisterung für das Thema ist auf jeden Fall total übergeschwappt auf mich und ich freue mich auf die nächsten Projekte mit dir, die wir schon hatten und wieder angegangen sind und ich habe wieder viel Neues über dich erfahren.
00:13:31
Speaker
Danke dafür.
00:13:32
Speaker
Es gibt auch noch eine Sonderfolge dazu, wo du mich interviewt hast über The Work von Byron Katie.
00:13:39
Speaker
Die könnt ihr euch auch gerne nochmal anhören.
00:13:41
Speaker
Und wenn ihr zur heutigen Folge noch Anregungen oder Kommentare habt, dann schreibt uns gerne unter konflikte@kellerkinder.online.