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T&T16 Anti-Atomkraft im Wendland

Tee & Taktik
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126 Plays19 days ago

Was, wenn Protest nicht reicht? In dieser Folge spricht Dalilah mit Katja Tempel, einer Aktivistin, deren Leben vom gewaltfreien Widerstand geprägt ist. Ihre Eltern brachten die Ostermärsche aus England nach Deutschland, sie selbst beteiligte sich schon als Jugendliche und junge Erwachsene an Fastenaktionen und Sitzblockaden der Friedensbewegung und  auch ihre Tochter beteiligt sich an Aktionen. Zusammen mit anderen nahm sie später Zahnbürsten mit zu Aktionen, als Symbol der Bereitschaft, für die eigenen Überzeugungen sogar ins Gefängnis zu gehen - was sie auch immer wieder tat. Für sie ist reiner Protest lediglich massenhafte Meinungsäußerung. Sie hingegen will das, wogegen sie ist, tatsächlich unterbrechen - und sei es nur für einen Moment. Sie erzählt davon, wie alles was wir tun, eine Wirkung hat, von der Rolle guter Vorbereitung von Aktionen und wie Kinderbetreuung und Aktivismus sich nicht ausschließen.

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Buch von Lea 

Bei Fragen, Kritik, Ideen: teeundtaktik@protonmail.me

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→ alle, die uns mit einer Spende unterstützen

→ die  DFG Kollegforschungsgruppe „Zukünfte der Nachhaltigkeit“ an der Uni Hamburg, die diese Folge möglich gemacht hat!

→ die Stiftung “Kraft der Gewaltfreiheit” für die finanzielle Unterstützung

→ unseren Partner für die Postproduktion, das Kreativstudio für Wissenschaftskommunikation Zum Staunen*
→ Jochen Neumann fürs Connecten

Lebenslaute: Musik- und Aktionsgruppe spielt Musik auf Militärübungsplätzen und Abschiebeflughäfen, vor Atomfabriken und Raketendepots, in Ausländerbehörden und an anderen menschenbedrohenden Orten, als Form des Protests und zivilen Ungehorsams.

 Kurve Wustrow : Bildungs- und Begegnungsstätte für Gewaltfreiheit / “Gewaltfreiheit verbreiten”

Gewaltfreiheit wirkt - 12 Menschen - 12 Geschichten

Portrait von Katja Tempel in der o.g. Broschüre

X-Tausend Mal Quer

Aufruf Büchel65 Zahnbürsten einpacken

gorleben365

Gebrüder Berrigan

Pershing Rakete

Sitzblockaden gegen Pershing-II-Stationierung und andere Highlights der Friedensbewegung

Compass Collective - BoatSpotting im Mittelmeer (Katjas aktuelles Engagement)

Narayan Desai - Institute for Total Revolution


Transcript

Einleitung des Podcasts und Episodenthema

00:00:07
Speaker
Hallo und herzlich willkommen zu Tee und Taktik, deinem Podcast zu strategischem Protest.
00:00:14
Speaker
Wir sind Lea und Lila.
00:00:15
Speaker
Hallo.
00:00:17
Speaker
Herzlich willkommen.
00:00:20
Speaker
Ja, hi.
00:00:21
Speaker
Gleich geht's los mit der neuen Folge zur Anti-Atomkraft.
00:00:25
Speaker
Und das war übrigens eines der inspirierendsten Gastgespräche, die ich in diesem Podcast führen durfte.
00:00:31
Speaker
Von daher hoffe ich, dass da auch ein paar interessante Gedanken oder auch Impulse für euch dabei sind.

Finanzierungsaufruf und Spenderaufforderung

00:00:36
Speaker
Aber ja, der Grund für diesen Einschub vorneweg ist, dass wir leider schlechte Nachrichten haben.
00:00:43
Speaker
Es sieht nämlich schlecht aus mit der Zukunft von T&Taktik.
00:00:48
Speaker
Die Förderung läuft aus und wir brauchen eure Hilfe, damit es im nächsten Jahr weitergehen kann mit dem Podcast.
00:00:57
Speaker
Wir haben schon einige spannende Dinge überlegt und davon erzählen wir euch dann in der nächsten und letzten Folge in diesem Jahr.
00:01:05
Speaker
Aber um das alles umsetzen zu können, brauchen wir eure Hilfe und von daher
00:01:11
Speaker
möchte ich euch an dieser Stelle bitten, einmal auf den Link zu unserer Spendenkampagne zu klicken.
00:01:16
Speaker
Den findet ihr unter der Beschreibung zu dieser Folge in den Show Notes.

Einführung der Gastrednerin Katja Tempel

00:01:20
Speaker
Ja, jeder Beitrag hilft und es wäre richtig cool, wenn ihr uns unterstützen könntet, damit dieser Podcast Zukunft haben kann.
00:01:30
Speaker
Ganz vielen lieben Dank und jetzt viel Freude mit der neuen Folge.
00:01:39
Speaker
Seid gegrüßt zu einer neuen Folge über die Wirksamkeit gewaltfreien Widerstandes, wo es diesmal um die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland geht.
00:01:47
Speaker
Heute bin wieder ich dabei, also Dalila, und ich freue mich wirklich sehr, dass heute Katja Tempel hier zu Gast ist, jahrzehntelang eine Schlüsselfigur in der Anti-Atomkraft-Bewegung.
00:01:58
Speaker
Hallo und herzlich willkommen Katja.
00:02:00
Speaker
Ja, hallo, vielen Dank für die Einladung.
00:02:02
Speaker
Schön, dass du da bist.
00:02:03
Speaker
Heute ist auch eine ganz besondere Folge, weil wir uns hier vor Ort im Wendland treffen.
00:02:08
Speaker
Sonst machen wir die Aufnahmen ja immer aus der Ferne, also remote, wie man heutzutage sagt.
00:02:13
Speaker
Und es ist jetzt zum ersten Mal so, dass wir hier gemeinsam in einem Raum sitzen, also hier auch ein Novum an der Stelle.
00:02:19
Speaker
Und sonst frage ich eben auch unsere Gäste, welchen Tee sie sich selbst eingeschenkt haben.
00:02:23
Speaker
Aber da ich dir ja heute so eine Kräuterteemischung eingeschenkt habe, an der Stelle die Frage, welchen Tee trinkst du denn sonst gern?
00:02:30
Speaker
Ja, ich habe hier diesen Tee in der Tasse und ich trinke ihn jetzt auch.
00:02:33
Speaker
Aber eigentlich ist für mich viel wichtiger, in welcher Tasse ich den Tee trinke.
00:02:37
Speaker
Und da bietet sich hier bei uns im Wendland immer...
00:02:39
Speaker
So einen Becher an, wo auch die Anti-Atomkraft-Sonne drauf ist.
00:02:45
Speaker
Das ist dann mein Lieblingsbecher und der ist mir viel wichtiger als der Tee da drin.
00:02:48
Speaker
Ah ja, der ist auch sehr verbreitet und findet man sehr vielen Haushalten.
00:02:55
Speaker
Ich liebe diese Tasse auch.
00:02:56
Speaker
Genau, du bist ja Hebamme und Sozialpädagogen eben aus dem Wendland und warst wie gesagt jahrzehntelang im Gorleben Widerstand aktiv.

Katjas Weg in den Aktivismus

00:03:06
Speaker
Aber bevor wir ins eigentliche Thema der Anti-Atomkraft-Bewegung, vor allem der Proteste gegen die Atommülltransporte einsteigen, fände ich es wirklich spannend nochmal mehr über dich als Person zu erfahren, weil du ja quasi schon ein ganzes Leben gewaltfreien Widerstand gegen Unrecht in verschiedensten Bereichen geleistet hast und dafür auch schon ins Gefängnis gegangen bist.
00:03:26
Speaker
Zum Beispiel als Minderjährige und junge Erwachsene hast du dich eingesetzt gegen Waffen und für den Frieden und später auch gegen den Anbau von genmanipulierten Mais und bist bis heute vielfältig aktiv auch in der Seenotrettung.
00:03:39
Speaker
Also das letzte Mal, als wir telefoniert haben, warst du gerade in Sizilien, um da eben dich in der Seenotrettung zu engagieren.
00:03:45
Speaker
Also sehr, sehr beeindruckend und von daher wäre es total spannend, einfach mal, wenn du so einen Schwank aus deinem Leben erzählen möchtest und über dich.
00:03:53
Speaker
Genau.
00:03:54
Speaker
Ja, ich fasse das vielleicht nochmal ganz kurz zusammen, was für mich so meine Etappen waren.
00:04:00
Speaker
Ich bin 1963 geboren im Speckgürtel von Hamburg in Ahrensburg in Schleswig-Holstein und bin aber hineingeboren worden in ein Elternhaus, das schon recht politisch war.
00:04:11
Speaker
Meine Eltern haben die ersten Ostermärsche aus England mit nach Deutschland gebracht und haben die ersten Kriegsdienstverweigerer vor Gericht.
00:04:20
Speaker
Und insofern war emanzipatorische Politik eigentlich immer schon Bestandteil am Abendbrotstisch.
00:04:30
Speaker
Und ich habe dann auch, so wie du es gesagt hast, schon als Jugendliche mit 16 zusammen mit meinen Eltern in Kellenhusen blockiert.
00:04:37
Speaker
Da waren Kinder.
00:04:37
Speaker
Ich bin dann zum Studieren nach Bremen gegangen, habe da Sozialpädagogik studiert und von dort aus habe ich dann angefangen mit weiteren Blockaden.
00:04:54
Speaker
Ich bin in die Trainingsszene reingekommen.
00:04:56
Speaker
Wir brauchten in der gewaltfreien Aktionsgruppe, die wir gegründet haben, jemanden, der ein gewaltfreies Aktionstraining mit uns macht.
00:05:03
Speaker
Und da hatten wir keinen.
00:05:04
Speaker
Und dann habe ich mir ein Buch gekauft von Günter Google aus dem Verein für Friedenspädagogik über gewaltfreie Aktionen und gewaltfreie Trainings und habe mit meiner Bezugsgruppe die ersten Trainings gemacht und bin so praktisch immer weiter reingerutscht und habe dann in Mutlagen Pershings blockiert und wegen mehrerer Blockaden dort in der Nähe von Schwäbisch gemünd, bin ich dann auch innerhalb meiner Studienzeit in Bremen für 40 Tage ins Gefängnis gegangen und
00:05:30
Speaker
Und insofern kam praktisch ein politisches Engagement nach dem anderen.
00:05:37
Speaker
Und nach meinem Studium bin ich auch vor einem Jahr nach Indien gegangen, um die gewaltfreie Bewegung zu studieren.
00:05:46
Speaker
Ich hatte in der Zwischenzeit über die Kurve Wustro jemanden, den Narayan Desai vom Institut for Total Revolution kennengelernt und da hatte er mich eingeladen,
00:05:57
Speaker
nach Indien zu kommen.
00:05:58
Speaker
Und so habe ich da ein Jahr lang die gewaltfreie Bewegung begleitet.
00:06:04
Speaker
Und habe irgendwann dann in der Kurve hauptamtlich angefangen und dann auch in der Kurve Ende der 80er.
00:06:10
Speaker
Die Kurve Wustru ist ja die Bildung- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktionen hier im Wendland, die sich wegen des Gorlim-Konfliktes hier angesiedelt hat.
00:06:18
Speaker
Und habe dann dort auch 1991 meine erste Tochter bekommen und dann 1995 die zweite Tochter.
00:06:24
Speaker
Und habe dann nochmal eine Umschulung zur Hebamme gemacht und war aber die ganze Zeit, so wie du das auch gesagt hast, aktiv auch in der Kinderzeit oder so haben wir immer versucht, politische Aktionen, zivilen Ungehorsam gleichzeitig mit der Begleitung von Kindern auch im jungen Alter auf die Reihe zu kriegen und uns nicht in der Familienzeit komplett aufs Private oder so zurückzuziehen.
00:06:48
Speaker
Ja und jetzt bin ich in der Seenotrettung, dann kamen viele Menschen 2015, 2016 und die haben wir unterstützt auf der Balkanroute mehrmals medizinisch, vor allen Dingen ich als Hebamme und seit 2023 bin ich jetzt mit dem Kompass-Kollektiv auf dem Mittelmeer aktiv.

Einfluss der Familie und persönliche Erfahrungen

00:07:06
Speaker
Und dass deine Kinder das so früh mitbekommen haben, das hat sich auch ausgewirkt, dass es dann schon der Aktivismus und das Engagement in der dritten Generation dann auch weiterging.
00:07:16
Speaker
Und deine Tochter Clara war ja auch bei der Aktion Büchel 65 mit dabei, zwar nicht in der Orga beteiligt, aber eben so ein Go-In auf die Start- und Landebahn eines Militärflugplatzes in Büchel durch das junge Netzwerk politische Aktion Unipa.
00:07:32
Speaker
Genau, das ist natürlich auch total spannend zu sehen, wie dann von einer Generation zur nächsten so eine Familientransition des Engagements aufrechterhalten wird.
00:07:41
Speaker
Und sie hat ja jetzt auch ein Buch wohl veröffentlicht über Geborgenheit in sozialen Bewegungen.
00:07:47
Speaker
Ja, genau.
00:07:48
Speaker
Dieses Go-In, was wir zusammen gemacht haben auf die Start- und Landebahn von den Tornados, die eigentlich mit atomaren Waffen bestückt werden sollen, im Ernstfall, das hat nicht stattgefunden im Rahmen von Büchel 65, weil Büchel 65 war eine reine Blockadekampagne, wo wir an 65 Tagen versucht haben, für jeden Tag unterschiedliche Gruppen nach Büchel zu mobilisieren.
00:08:11
Speaker
die sich dort Zeit nehmen, sich einen Tag vorzubereiten, einen Tag die Aktion zu machen, mit uns die Nachbereitung zu machen und dann auch wieder abzureisen, also ohne so einen großen Zeitaufwand.
00:08:21
Speaker
Und drumherum sind aber immer wieder andere, auch eingreifende Aktionen passiert und zum Beispiel dieses Go-In auf die Start- und Landebahn.
00:08:29
Speaker
Ja, genau, klarer dann auch.
00:08:31
Speaker
sich entschieden hat, die Geldstrafe nicht zu bezahlen.
00:08:35
Speaker
Und andere aus unserer Gruppe haben sich entschieden, das zu bezahlen, weil Gefängnis gerade nicht dran war.
00:08:40
Speaker
Und Clara war dann zehn Tage in Hildesheim auch im Gefängnis.
00:08:45
Speaker
War das auch die Aktion, wo ihr Zahnbürsten demonstrativ mitgebracht habt, um eure Bereitschaft zu zeigen, ins Gefängnis zu gehen?
00:08:52
Speaker
Soweit ich mich erinnere, war das der Abschluss von Bischel 65, dass wir diese Zahnbürstenblockade gemacht haben.
00:08:58
Speaker
Die Zahnbürste ist ja ein Symbol des gewaltfreien Widerstandes um Martin Luther King, wo viele Schwarze die Zahnbürste mit sich getragen haben und gesagt haben,
00:09:10
Speaker
Ich bin bereit, ins Gefängnis zu gehen für meine Rechte.
00:09:14
Speaker
Und das haben wir praktisch übernommen.
00:09:17
Speaker
Es gibt ein Lied, kennst du die Story von kleinen Johnny, man sperrt heute so viele Menschen ein, die gegen Unrecht sind.
00:09:23
Speaker
Und dann kommt der Refrain, hast du deine Zahnbürste dabei?
00:09:27
Speaker
Und dann haben wir halt alle unsere Zahnbürste mitgebracht.
00:09:30
Speaker
Und ich glaube, wir waren an dem Tag 60 bis 80 Leute.
00:09:33
Speaker
Und wir haben so lange blockiert, bis wir tatsächlich alle in Gewahrsam gekommen sind,
00:09:38
Speaker
Aber soweit ich mich erinnere, haben sie uns dann doch nicht über Nacht behalten.
00:09:42
Speaker
Aber diese Bereitschaft, diese Haltung dahinter zu sagen, okay, ich mache jetzt hier nicht mal einen Ausflug nach Büchel und mache eine symbolische Blockade, sondern ich bleibe wirklich so lange, bis die Gegenseite meint, reagieren zu müssen.
00:09:56
Speaker
Und da können die mich auch gerne drei Tage in Gewahrsam verbringen.
00:10:00
Speaker
Das war praktisch die, sollte die Aussage sein.
00:10:05
Speaker
Und das hat ja auch sowohl eine BürgerInnenrechtsbewegung als auch dann in eurem Fall macht es natürlich den Protest auch sehr kraftvoll, wenn man eben so eine Bereitschaft dann auch mitbekommt.
00:10:16
Speaker
Ich war selber in den 80ern 40 und dann war ich nochmal zehn Tage später, das war ungefähr 98, als meine jüngere Tochter oder noch ein bisschen früher, als meine jüngere Tochter gerade abgestillt war.
00:10:30
Speaker
Ich sollte schon gehen, als ich noch gestillt habe und da habe ich gesagt, nee, das ginge nicht, weil ich wollte jetzt nicht abstillen wegen eines Gefängnisaufenthaltes.
00:10:37
Speaker
Da sie 95 geboren ist, war das wahrscheinlich 97, da bin ich wegen eines Go-Ins ins atomare Zwischenlager in Gorleben nochmal ins Gefängnis gegangen.
00:10:46
Speaker
Da hatten wir eine Konzertblockade gemacht mit der Aktionsgruppe Lebenslaute, das ist die am längsten existierende gewaltfreie Aktionsgruppe in Deutschland, muss man dazu sagen, die mehr als 33, wahrscheinlich jetzt schon 35 Jahre existiert.
00:11:01
Speaker
Wir haben draußen musiziert und tauchten plötzlich Leitern auf und wir sind in das Gelände.
00:11:08
Speaker
reingesprungen und haben dort mit einem Kammerchor weitergesungen.
00:11:12
Speaker
Und das war dann halt Hausfriedensbruch.
00:11:14
Speaker
Und da habe ich mich dann geweigert, die Geldstrafe zu bezahlen und bin dann auch noch mal für zehn Tage in Pferden ins Gefängnis gegangen.
00:11:22
Speaker
Und welches Instrument hast du da gespielt?
00:11:24
Speaker
Ich singe im Chor da.
00:11:28
Speaker
Und wie hast du die Zeit im Gefängnis erlebt?
00:11:32
Speaker
Wie war das für dich?
00:11:34
Speaker
Also die intensivere Zeit war natürlich die Zeit, wo ich die 40 Tage war während meines Studiums und das war eine sehr intensive Zeit, weil ich auch reingegangen bin mit der Haltung, ich möchte hier richtig eintauchen.
00:11:47
Speaker
Es gab zu dem Zeit...
00:11:49
Speaker
Menschen, die im Gefängnis saßen wegen Pershing-2-Blockaden, die sich zum Beispiel geweigert haben zu arbeiten, weil Arbeit ja wieder was ist, was dem Gefängnis auch einen Gewinn bringt.
00:11:59
Speaker
Und ich habe mich bewusst entschieden, unbedingt arbeiten zu wollen, damit ich tagsüber nicht in der Zelle eingeschlossen bin, sondern ganz viel Kontakt mit anderen Frauen habe.
00:12:08
Speaker
Und für mich war eigentlich die Hauptbedeutung,
00:12:14
Speaker
auch eine andere Lebenswelt kennenzulernen, die Situation von den anderen Inhaftierten mit eigenen Ohren zu hören.
00:12:25
Speaker
Und da war ich ja auch Studentin der Sozialpädagogik.
00:12:28
Speaker
Ich habe dann auch meine Diplomarbeit über das Frauengefängnis geschrieben.
00:12:33
Speaker
Der andere Effekt war eigentlich der, dass über diese staatliche Sanktionierung, die mir praktisch passiert ist, ich bin die ja offenen Willens sozusagen eingegangen, aber dass über so einen Gefängnisaufenthalt man nochmal Menschen erreichen kann, die vorher für die Fragen von Aufrüstung, Atomwaffen und so gar nicht zugänglich sind.
00:12:56
Speaker
Aber wenn die dann hören, dass eine Sozialpädagogikstudentin im Gefängnis ist,
00:13:01
Speaker
Dann ist das was, wo die sich erstmal entrüsten.
00:13:03
Speaker
Wie kann denn das sein?
00:13:04
Speaker
Weil da gehören doch irgendwie nur Kriminelle hin, was ich zum Beispiel gar nicht finde.
00:13:07
Speaker
Ich finde, wir sollten alle Gefängnisse auf der Welt abschaffen.
00:13:11
Speaker
Aber ich konnte praktisch über diese Betroffenheit, über meinen Gefängnisaufenthalt, konnte ich dann gucken, dass ich Menschen nochmal für die Thematik der Atombewaffnung praktisch erreiche.
00:13:22
Speaker
Und ich habe dann 350 Briefe ins Gefängnis gekriegt.
00:13:25
Speaker
Die meisten von Menschen, die ich nicht kannte.
00:13:27
Speaker
Es gab vorher Radiointerviews, Live-
00:13:31
Speaker
In dem Radio Bremen Sender oder so meine Hochschule, die ganze Fakultät oder wie das, ich weiß gar nicht, ich kenne diese ganzen Fachbegriffe gar nicht mehr, hat mich abgeholt vom Gefängnis und wir haben ein gemeinsames Frühstück in der Kantine von der Hochschule Bremen gemacht.
00:13:48
Speaker
Also es gab sehr viel Resonanz und das Thema war zumindest in Bremen und zum Teil auch bundesweit halt präsent.
00:13:57
Speaker
Und das war halt auch die Absicht von diesem Gefängnisaufenthalt.
00:14:02
Speaker
Und insgesamt ist das natürlich eine Grenzerfahrung.
00:14:04
Speaker
Also ich habe mich da auch gut drauf vorbereitet, indem ich mich mit Gefängnis im Rechtsstaat einerseits auseinandergesetzt habe, auch als Sozialpädagogin, aber auch mit
00:14:16
Speaker
Mit Menschen insgesamt aus sozialen Bewegungen, die ja schon Gefängnisaufenthalte hinter sich hatten, wie die Gebrüder Berrigan, die mehrere Monate und Jahre im Gefängnis waren.
00:14:28
Speaker
Und auch gerade andere Bürgerrechtsaktivistinnen aus den USA.
00:14:33
Speaker
Und für mich ging es auch ganz stark darum, keine Angst vorm Gefängnis zu haben.
00:14:38
Speaker
Ich möchte praktisch frei in meinem Handeln sein.
00:14:41
Speaker
Ich möchte, dass mich dem Unrecht widersetzen können,
00:14:47
Speaker
Auch so, dass es wirklich eingreifend ist und dass ich weiß, das wird sanktioniert, das kann sanktioniert werden, das kann Gefängnisstrafen geben und ich wollte da für mich selber die Wege öffnen und da sind 40 Tage, also 40 Tage sind ja praktisch sechs Wochen, das ist ein sehr überschaubarer Zeitraum.
00:15:07
Speaker
Und danach war klar, das muss ich jetzt nicht ständig

Strategische Proteste gegen Atomkraft

00:15:11
Speaker
haben.
00:15:11
Speaker
Aber wenn das mal eine Konsequenz von einer gewaltfreien Aktion zivilen Ungehorsams ist, dann ist das so und dann komme ich da gut durch.
00:15:19
Speaker
Das heißt, die Angst vor dem Gefängnis hast du dir genommen, indem du dich gewagt hast, dich dem zu stellen und ins Gefängnis zu gehen?
00:15:28
Speaker
Ja, und ich weiß auch gar nicht, ob das so viel mit Wagen oder mit Mut zu tun hat.
00:15:33
Speaker
Also insgesamt habe ich die Haltung,
00:15:35
Speaker
dass da ja keine, da sitzen keine bösen Menschen drin.
00:15:38
Speaker
Und insofern hatte ich eigentlich gar keine, ich hatte vor den Menschen keine Sorge, ich hatte eher vielleicht vor meinen eigenen Ohnmachtserfahrungen Sorge.
00:15:45
Speaker
Heute wollten wir dann hauptsächlich über die Anti-Atomkraft-Bewegung sprechen.
00:15:50
Speaker
Und von daher wäre da so ein bisschen auch die Frage, ob du uns so ein bisschen mitnehmen kannst in die Zeit, damit wir uns das ein bisschen vorstellen können.
00:15:58
Speaker
über welche Zeit wir sprechen, weil die Initiative X.000 LQ, die du ja mitgegründet hast, die wurde ja 1996 gegründet.
00:16:09
Speaker
Und das war so zehn Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986.
00:16:13
Speaker
Und in der Zeit regiert ja CDU, CSU mit FDP unter Kohl.
00:16:19
Speaker
Und die hochradioaktiven Abfälle sollten aus Frankreich wieder zurückgebracht werden nach Deutschland und zwar eben nach Gorleben im Salzstock, um da als endgültige Lösung, die halt in den 70er Jahren identifiziert wurde und in den 80ern da vorbereitet wurde,
00:16:38
Speaker
Und das sollte 1995 losgehen und von daher fing da eben dieser massive Protest an, weil eben dann auch wenig Rückhalt für die Atomenergie nach Tschernobyl erstmal da war.
00:16:52
Speaker
Aber was sollten wir vielleicht noch wissen über diese Zeit, um eure Erfahrungen auch besser einordnen zu können?
00:16:58
Speaker
Ja, so 95, 96, 97, das ist auch schon sehr lange her und ich bin jetzt eine Aktivistin.
00:17:04
Speaker
Ich lebe immer sehr ausgiebig im Hier und Jetzt.
00:17:08
Speaker
Das heißt, ich muss mich selbst auch nochmal so zurückerinnern.
00:17:11
Speaker
Also 95, 96 waren die ersten Kastortransporte dann nach Gorleben angekündigt.
00:17:17
Speaker
Und diese Kastoren, die tragen das nukleare Inventar in jedem Kastor von 40 Hiroshima-Bomben.
00:17:23
Speaker
Das ist also schon ganz schön heftig.
00:17:26
Speaker
Und die sollten nach Gorleben, weil wir dort irgendwann mal ein Endlager für hochradioaktiven Müll haben sollten.
00:17:34
Speaker
Aber dieses Endlager im Salzstock, was du gerade auch erwähnt hast, das gab es zu dem Zeitpunkt noch gar nicht.
00:17:40
Speaker
Aber es wurde halt erkundet.
00:17:42
Speaker
Es wurde angefangen auszubauen.
00:17:44
Speaker
Und wir haben diese Castortransporte dann als Möglichkeit genommen, um die Nutzung von Atomenergie praktisch anzugreifen, indem wir gesagt haben, wir gehen da rein, wir stoppen die Castortransporte, wir verzögern die.
00:17:58
Speaker
Wir machen auf der Straße deutlich, dass wir die Nutzung von Atomenergie
00:18:03
Speaker
Energie in Atomkraftwerken, natürlich auch in Atombomben, auf keinen Fall wollen hier für uns.
00:18:11
Speaker
Und es gab ja schon ganz lange die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg hier im Wendland, die Protest organisiert hat und haben aber gemerkt, wir müssen irgendwie wirklich auf die Strecke und wir können nicht nur daneben stehen und große Demos machen, sondern wir müssen durchführen.
00:18:29
Speaker
Ja, eigentlich eingreifen.
00:18:31
Speaker
Und dann gab es einen Kastortransport und ganz viele Menschen standen neben der Strecke und haben geboot und sich aufgeregt.
00:18:39
Speaker
Aber der Transport ist einfach gerollt ins Wendland Richtung Gorleben.
00:18:44
Speaker
Und in dieser Situation haben wir uns zusammengesetzt und haben gesagt, wir müssten auf die Schiene gehen oder auf die Straße.
00:18:52
Speaker
Wir haben uns dann für die Straße entschieden.
00:18:55
Speaker
Und dann hat jemand von uns ausgerechnet, wie viele Menschen bräuchten wir eigentlich, um die Straßenstrecke von einem Verladekran, wo der Kastor von der Schiene auf die Straße auf einen Lkw verladen wird und dann nochmal irgendwie 18 Kilometer fahren muss bis nach Gorleben, um diese Straßenstrecke zuzukriegen.
00:19:15
Speaker
Da kamen, glaube ich, 10.000 Menschen oder so raus.
00:19:17
Speaker
Und dann gab es schon mal so diese Idee, wir brauchen 10.000 Menschen,
00:19:21
Speaker
Und wir haben dann gesagt, wir organisieren eine große gewaltfreie Sitzblockade vor diesem Verladekran.
00:19:27
Speaker
Das dauert nämlich stundenlang die Verladung von diesen hochradioaktiven Behältern.
00:19:33
Speaker
Das war in einer Zeit, wo auch der Widerstand gerade vor dieser Frage stand, bleiben wir weiterhin im Protest.
00:19:42
Speaker
Oder fangen wir auch an, mit anderen Mitteln gegen diese Kastortransporte zu agieren, zum Beispiel mit Anschlägen auf die Bahntrassen.
00:19:52
Speaker
Und gleichzeitig war die staatliche Reaktion so, dass es immer mehr Bespitzelungen gab, immer mehr Abhöraktionen, Hausdurchsuchungen.
00:20:00
Speaker
Das heißt,
00:20:01
Speaker
Die Bewegung wurde stärker und was passiert ist dann als Reaktion darauf, wird auch die staatliche Kriminalisierung, Repression stärker.
00:20:09
Speaker
Und das hätte dahin abgleiten können, zumindest war das unsere Analyse, dass immer mehr Leute sagen, okay, wir können nicht mehr im offenen Aktionen vorbereiten, wir müssen das eigentlich im Klandestinen, im heimlichen machen.
00:20:23
Speaker
Das hätte aber bedeutet, nach unserer Einschätzung, dass weniger neue Menschen hätten hinzukommen können.
00:20:31
Speaker
Und dass diese Menschen, die das geheim praktisch machen, verdeckte Aktionen vorbereiten, dass die irgendwann immer mehr an die Seite rutschen im Widerstand, sich immer mehr abtrennen praktisch, vielleicht immer radikaler werden, aber dann irgendwann auch immer kleiner werden.
00:20:49
Speaker
Und das haben wir ja auch in der deutschen Weltkrieg.
00:20:51
Speaker
Geschichte von der RAF oder so.
00:20:54
Speaker
Und das war eine Tendenz, der wir massiv entgegenwirken wollten, indem wir sagten, nee, in dem Moment, wo die staatliche Repression immer stärker wird und wo es immer mehr Abhörmaßnahmen gibt, da müssen wir umso stärker im Offenen agieren.
00:21:09
Speaker
Und wir haben dann
00:21:11
Speaker
Von vornherein gesagt, was wir vorhaben, dass wir da eine Blockade machen werden, auch an welchem Ort.
00:21:16
Speaker
Haben das über Monate veröffentlicht und haben dann Namen und Menschen gesammelt, die das schon vorher in der Elbe-Jetzel-Zeitung ankündigen, die also sowas wie eine Selbstverpflichtung unterschreiben.
00:21:29
Speaker
Ich werde mich an dem Tag X zusammen mit X.000 mal quer vor den Verladekran setzen.
00:21:37
Speaker
Also um genau eigentlich
00:21:40
Speaker
in eine andere Richtung zu kommen, wir stehen dazu, was wir machen.
00:21:44
Speaker
Und selbst wenn das dann als sonst was Straftat oder Nötigung gewertet wird, dann ist das halt so.
00:21:49
Speaker
Und so haben wir dann vor dem Kastortransport ungefähr 2000 Unterschriften zusammengekriegt, die genaue Zahl weiß ich nicht mehr.
00:21:57
Speaker
Und das bedeutet immer, wenn man so Unterschriften sammelt als Mittel für Mobilisierung, für zivilen Ungehorsam, gerade bei Selbstverpflichtung, wissen wir schon, dass wir dann auf jeden Fall sehr viel mehr Menschen sein werden, weil natürlich unterschreiben das nicht alle Menschen.
00:22:12
Speaker
Und wir haben dann ein großes Camp gehabt und uns gemeinsam vorbereitet über mehrere Tage.
00:22:17
Speaker
Damals haben Menschen sich noch mehr Zeit genommen für Trainings vor Aktionen zivilen Ungehorsams.
00:22:24
Speaker
Ich glaube, haben wir vier Tage das gemacht und sind dann irgendwann losgezogen.
00:22:28
Speaker
Als klar war, jetzt kommt der Castor bald an und saßen irgendwann nach ein paar Stunden mit fast 9000 Leuten da und haben die ganze Nacht ausgeharrt.
00:22:37
Speaker
Irgendwann wurden Wasserwerfer gegen uns eingesetzt bei Frostgraden.
00:22:41
Speaker
Und das, was dort passiert ist, ist, dass die Polizei dann die Verhältnismäßigkeit der Mittel verletzt hat.
00:22:50
Speaker
Das ist ja so ein Rechtsgut bei der Polizei, dass nur so viel Gewalt angewandt werden darf, wie der Polizei auch entgegengebracht wird.
00:22:57
Speaker
Und wenn wir als gewaltfreie Sitzblockiererinnen einfach nur sitzen, darf man eigentlich gar keine echte Gewalt anwenden, sondern uns nur zur Seite tragen.
00:23:06
Speaker
Und die Polizei war irgendwann so hilflos nach zum 1 oder so, dass sie dann einfach wahllos drauf eingeprügelt hat auf die Leute.
00:23:14
Speaker
Die Leute sind sitzen geblieben, waren weiterhin gewaltfrei und die Räumung hat noch bis zum nächsten Morgen gedauert, nochmal wieder zwölf Stunden.
00:23:22
Speaker
Und der Effekt war davon, dass damals die Bundesumweltministerin Merkel erklärt hat, dass die Kastotransporte nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln durchgesetzt werden können und deshalb die Kastotransporte erstmal mehrere Jahre ausgesetzt wurden.
00:23:38
Speaker
Diese Aktion von x.000 Mal quer, das muss man ganz klar sagen, hat sich eingereiht in auch noch andere Aktionen mit unterschiedlichen Aktionscharakter.
00:23:47
Speaker
Also wir waren nicht die einzigen.
00:23:48
Speaker
Es gab immer eine sehr große Breite von Aktionen zu den Kastotransporten.
00:23:54
Speaker
Aber die Aussage war, auch aufgrund der Blockade von x.000 Mal quer wäre das halt politisch nicht durchsetzbar.
00:24:01
Speaker
Und das ist natürlich ein riesiger Erfolg, wenn durch eine gewaltfreie Aktion eigentlich staatliche Maßnahmen sich delegitimieren.
00:24:07
Speaker
Besser kann man es eigentlich nicht haben.
00:24:11
Speaker
Ja, das ist sehr, sehr beeindruckend.
00:24:14
Speaker
Und der Name ist ja natürlich dadurch auch klarer geworden, dass ihr wirklich x-tausend Mal Aktivistinnen sich quer auf die Zufahrtswege setzen und das eben dann erfolgreich.
00:24:27
Speaker
Weil du sagtest auch, dass das irgendwie...
00:24:29
Speaker
gerichtlich als Nötigung gesehen werden kann.
00:24:31
Speaker
Ich hatte es auch so verstanden, dass die Blockaden ihr damals in den 80ern gemacht hattet gegen die Mittelstreckenraketen.
00:24:37
Speaker
Das waren ja auch tausende Gerichtsverfahren, die dann letztendlich dazu geführt haben, dass das einfach gesetzlich nicht mehr als Nötigung gesehen wird, also was damals ja auch schon ein Erfolg war.
00:24:47
Speaker
Von daher bist du auch von einem Erfolg zum anderen in jedem Jahrzehnt
00:24:52
Speaker
Wir sind ja in Mutlagen, vor allen Dingen wegen Nötigung, also jemand anderen mit Gewalt zu einer Duldung oder Handlung oder Unterlassung zu zwingen.
00:25:00
Speaker
Da sind wir verurteilt worden, obwohl wir uns nur ein Militärfahrzeug in den Weg gesetzt haben.
00:25:06
Speaker
Und ich war dann im Gefängnis die 40 Tage und wir sind alle später vom Verfassungsgericht rehabilitiert worden, weil das Verfassungsgericht dann geurteilt hat, nein, das war keine Gewalt, damit war das keine Nötigung.
00:25:18
Speaker
Und ich habe dann auch Haftentschädigung bekommen, irgendwie fünf Mark pro Tag, weil ich damals Studentin war.
00:25:23
Speaker
Genau, genau.
00:25:25
Speaker
Und dann gab es nochmal wieder einen Wandel bei der Nötigung.
00:25:28
Speaker
Jetzt ist Nötigung gerade wieder bei Straßenblockaden.
00:25:31
Speaker
Der Straftatbestand, der versucht wird anzuwenden, da braucht es auch nochmal wieder andere Gerichtsurteile.
00:25:38
Speaker
Dann hast du ja später auch Gorleben 365 initiiert, 2011.
00:25:44
Speaker
Vielleicht kannst du dazu noch ein bisschen was erzählen?
00:25:47
Speaker
Das war eine Kampagne, als es dann einen absoluten Transportestopp nach Gorleben gab.
00:25:54
Speaker
aber noch gleichzeitig das Endlager in dem Salzstock, also das geplante Endlager für hochradioaktiven Müll immer weiter ausgebaut wurde.
00:26:04
Speaker
Die haben gesagt erkundet, aber im Endeffekt wurde es ausgebaut.
00:26:07
Speaker
Und das Problem ist, dass Atomkraftwerke nur in Betrieb sein dürfen, wenn es einen Entsorgungsnachweis gibt.
00:26:15
Speaker
Und dieses nicht ausgebaute
00:26:17
Speaker
Die Atommüllendlage, also dieser Salzstock mit ein paar Löchern drin, galt einfach als Entsorgungsnachweis und deswegen konnten überhaupt nur die Atomkraftwerke laufen.
00:26:26
Speaker
Und wir haben dann gesagt, okay, jetzt gibt es nicht mehr die Castortransporte, dann können wir da nicht mehr praktisch die Atompolitik angreifen.
00:26:35
Speaker
Also mit angreifen ist immer das Gewaltfreie gegen Angehen gemeint.
00:26:40
Speaker
Aber es gibt noch diese Erkundung, es gibt diesen Ausbau des Seilstocks und da haben wir uns orientiert an einer Kampagne Fastlane 365.
00:26:46
Speaker
Die haben an einer U-Boot-Basis in Fastlane in Schottland diese Atom-U-Boot-Basis an 365 Tagen von einem Jahr blockiert.
00:26:57
Speaker
Und wir haben gesagt, wir versuchen das Gleiche zu machen und da hat sich dann x-tausend Mal quer zusammen mit der Kurve Wüstrow zusammengetan.
00:27:05
Speaker
Und hat diese Kampagne ins Leben gerufen.
00:27:08
Speaker
Und das Spannende an dieser Kampagne, wie wir sie dann hier in Gorleben gelebt haben, ist, dass wir eine Kampagnengruppe hatten.
00:27:15
Speaker
Ich weiß gar nicht, wie die hieß.
00:27:16
Speaker
Da waren zwölf Menschen drin.
00:27:18
Speaker
Die haben wir trainiert darin, dass sie mit anreisenden Blockadegruppen eine Vorbereitung machen können.
00:27:25
Speaker
vierstündige Vorbereitung nur, dann am nächsten Morgen zum frühen Wachwechsel an dieser Endlagerbaustelle in die Blockade gehen, aber nicht selber blockieren, diese Blockade begleiten und mit ihrem Wissen der Blockadegruppe zur Verfügung stehen und nach der Blockade eine Auswertung mit der
00:27:44
Speaker
Wir haben ihnen auch Quartiere hier im Wendland zur Verfügung gestellt.

Kampagnen und Mobilisierungsstrategien

00:28:00
Speaker
Und wir haben versucht, mit dieser Organisationsgruppe, wo so zwölf Leute waren, auf unterschiedliche Gruppen zuzugehen, die nicht unbedingt Atomkraft als ihr Hauptthema haben.
00:28:11
Speaker
Also zum Beispiel ein politischer Motorradclub, ich glaube, das war coole Wampe.
00:28:17
Speaker
Oder...
00:28:18
Speaker
Bildhauer, die sonst eigentlich Bildhauer-Workshops geben oder Schulklassen, die eigentlich ganz andere Sachen sonst machen und haben gesagt, Mensch, ihr macht auch sonst gute Sachen, also bei Schulklassen jetzt nicht so, aber bei MusikerInnen oder so, aber wollt ihr nicht mal zwei Tage herkommen und eurer Haltung Ausdruck verleihen, dass ihr auch gegen Atomenergienutzung seid?
00:28:43
Speaker
Und dadurch, dass das so ein überschaubarer Rahmen war, auch mit einem ganz klaren Aktionskonsens und dieser Vor- und Nachbereitung, war das gerade für neue Menschen, die ganz neu auch in Sitzblockaden neu dazukamen, eine sehr schöne, anschlussfähige Aktionsform.
00:28:59
Speaker
Und wir haben es geschafft, dass, ich glaube, dass 200 Blockaden stattgefunden haben,
00:29:05
Speaker
Innerhalb eines Jahres.
00:29:07
Speaker
Und da die Blockaden auch zum Teil am Wochenende stattgefunden haben, wo eigentlich durchgearbeitet wurde, dort in dieser Endlagerbaustelle, kam es dann dazu, dass am Wochenende nicht mehr gearbeitet wurde, dass die Bauarbeiten eingestellt wurden.
00:29:23
Speaker
Das heißt, die ganze Endlagerbaustelle hinkte dem Rahmenbetriebsplan hinterher und wir haben tatsächlich die Ausbauarbeiten verzögert und hatten die Chance, durch jede neu anreisende Gruppe aus unterschiedlichen Orten, unterschiedlich zusammengesetzt, immer wieder neue Pressearbeit zu machen und immer wieder die Problematik von Endlagerung beziehungsweise von der Nutzung von Atomenergie für die Energiegewinnung auch immer wieder in die Öffentlichkeit zu tragen.
00:29:52
Speaker
Und wir sind da auch gerade innerhalb dieser Kampagne sind wir mit dem Betriebsrat des Endlagers auch in Kontakt gekommen.
00:29:59
Speaker
Wir haben auf unserer Homepage, es gibt so eine Plattform für Green Jobs, haben wir die verlinkt, sodass wenn Leute vielleicht den Impuls hatten auszusteigen und dort nicht mehr in den Bergbau gehen,
00:30:11
Speaker
das Endlager für atomaren Müll mit vorzubereiten, dass wenn die andere Jobs suchen im Bergbau als Ingenieure oder als einfache Arbeiter, dass sie über diese Green Jobs in ökologisch vertretbare Arbeitsverhältnisse kommen, also um ihnen eine Alternative zu bieten.
00:30:29
Speaker
Und wir haben es geschafft auch, das war aber auch ein großer Heimvorteil, den wir in Gorleben hier sowieso hatten,
00:30:36
Speaker
dass auch häufig die anwesende Polizei auf unserer Seite war.
00:30:39
Speaker
Wir haben zum Beispiel vor den Toren dann geschlafen, um morgens den Schichtwechsel um sechs auf jeden Fall mitzuerwischen.
00:30:46
Speaker
Und dann war es mal so, dass die ganzen Arbeiter ins Endlagergelände reingefahren sind und gehupt haben, um uns zu wecken.
00:30:54
Speaker
Die waren ein
00:30:55
Speaker
Erzähle ich gleich noch eine andere Geschichte.
00:30:57
Speaker
Und dieses Hupen ist aber nicht erlaubt in Deutschland.
00:31:00
Speaker
Und die wollten uns hupen, um uns zu ärgern.
00:31:02
Speaker
Und die Polizei hat denen dann Bußgeldern verpasst, weil sich das nicht gehört, uns da hupend übers Gelände zu fahren.
00:31:08
Speaker
Also da war ganz eindeutig, die haben so kleine Zeichen gesetzt, dass sie voll auf unserer Seite sind.
00:31:13
Speaker
Ein andermal bei dieser Blockade, weil wir alle Tore blockiert hatten, haben die Betreiber selber den Zaun aufgeschnitten.
00:31:20
Speaker
Also wir haben gesagt, die fangen an, das Endlager abzubauen und haben die ganzen Arbeiter, also in dem Fall waren es männliche Arbeiter, über den Rasen, über die Wiese reinfahren lassen ins Gelände.
00:31:33
Speaker
Und der...
00:31:34
Speaker
Damalige Geschäftsführer von der Kurve Wustro, Jochen Neumann, der hat zum Beispiel geheiratet vor dem Gelände.
00:31:40
Speaker
Wir haben Geburtstagsblockaden gemacht, wir haben Tanzblockaden gehabt.
00:31:45
Speaker
Aber das Große war, wir haben es nicht jeden Tag selber gemacht.
00:31:48
Speaker
Also es mussten nicht immer die gleichen zwölf Leute sein, sondern es kamen immer andere Menschen.
00:31:53
Speaker
Wow, das klingt alles sehr spannend und sehr inspirierend und sehr bewegend.
00:31:59
Speaker
Und ich frage mich bei den ganzen Erfolgsgeschichten, wie ihr es geschafft habt, so viele Menschen zu mobilisieren, weil die Anzahl der Menschen ist schon auch ein wichtiger Erfolgsfaktor auch der Forschung gewaltfreien Widerstandes zufolge, weshalb es auch wichtig ist, was du meintest, dass es eben nicht zu klandestiner Aktionen sind, sondern es ist wichtig, dass eben möglichst viele sich daran beteiligen können.
00:32:22
Speaker
Und von daher ist das schon so ein Knackpunkt und von daher ist die Frage, wie habt ihr das gemacht?
00:32:29
Speaker
Also gerade im Gorleben-Widerstand gab es ja ganz unterschiedliche Aktionsformen und
00:32:37
Speaker
Die niedrigschwelligste war praktisch die des Protestes, einfach auf die Straße gehen und an der Mahnwache teilnehmen oder an einer Demonstration teilzunehmen.
00:32:46
Speaker
Und andere waren hochschwelliger.
00:32:49
Speaker
Da ging es eventuell um Sachbeschädigung oder um andere Dinge.
00:32:54
Speaker
Und wir haben gesagt, wir können eigentlich nur gewinnen, wenn wir immer mehr werden und wenn wir vor allen Dingen breit aufgestellt sind.
00:33:00
Speaker
Und mit unseren Aktionen, gerade bei X.000 Mal Quer, wollten wir nicht nur die schon aktiven Aktivisti irgendwie erreichen, die wussten sowieso, was sie machen, wenn der Kastro kommt.
00:33:13
Speaker
Sondern wir wollten die Menschen erreichen, die sagen, Mensch, ich war auf der Straße, aber vielleicht muss ich einen Schritt weiter gehen.
00:33:18
Speaker
Vielleicht muss ich ein bisschen mehr riskieren.
00:33:22
Speaker
Riskieren ist ja dann eventuell Gewaltanwendung von Polizei oder auch, das gab es hier in Gorleben sehr wenig, aber es könnte auch sein, irgendwelche Strafanzeigen oder so.
00:33:33
Speaker
Und da muss man gucken, ob man vor Gericht geht dagegen oder auch nicht.
00:33:38
Speaker
Und diese Menschen zu erreichen, die mit rüberzuziehen in den gewaltfreien Widerstand, das war eigentlich unser Ziel.
00:33:46
Speaker
Und das, was wir während der Aktion auch erreichen wollten und deswegen, es war aber auch klar, dass wir das nur so machen würden, haben wir mit Bezugsgruppen auch gearbeitet, haben wir nach dem Konsensprinzip Entscheidungen gefällt, mit Sprecherinnenräten gearbeitet.
00:34:03
Speaker
ging es eigentlich darum, die Leute dazu zu bringen, richtig Widerstand zu leisten, den Protest erstmal sein zu lassen und in Widerstandsebene zu gehen und gleichzeitig aber auch Lernerfahrungen zu machen, die übertragbar sein sollten auf andere Lebensbereiche.
00:34:22
Speaker
Das war also der zweite Effekt, den wir eigentlich haben wollten.
00:34:26
Speaker
Es ging uns nicht nur um Atomenergie.
00:34:27
Speaker
Atomenergie ist praktisch ein Zeichen von einer Misswirtschaft, von einer fehlgeleiteten Energiepolitik, ein Ausflugs vom Kapitalismus oder so.
00:34:39
Speaker
Aber es gibt ja noch ganz viele andere Lebensbereiche, wo wir aktiv werden müssen und wo wir eingreifen müssen in Atomen.
00:34:46
Speaker
Unrechtes Geschehen.
00:34:48
Speaker
Und das, was wir erreichen wollten, ist, dass die Menschen so gute Erfahrungen machen, dass die nicht sagen, da diskutiert man alles so lange, bis man gar keine Entscheidung mehr hat und das nervt alles, sondern nee, das ist effektiv, da kann ich mich beteiligen, da kann ich mich einbringen.
00:35:03
Speaker
Und Konsens heißt nicht, dass alle total glücklich mit einer Entscheidung sein müssen, sondern es heißt, dass ich irgendwie noch da mitgehen kann mit der Entscheidung,
00:35:11
Speaker
Und solche Erfahrungen zu machen und dann zu sagen, okay, dann bringe ich das auch in Hausprojekte ein oder in andere politische Projekte.
00:35:19
Speaker
Das war auch mit das Ziel.
00:35:20
Speaker
Und das ist uns auch ganz stark gelungen, die ganzen Bewegungen, die nach uns kamen, gerade auch von der Klimabewegung.
00:35:26
Speaker
Das fing dann an, also...
00:35:28
Speaker
Gehen Dreck weg war auch schon dadurch entstanden, dass es x-tausend Mal quer gab.
00:35:34
Speaker
Es gab hinterher die Klimabewegung, Ende Gelände.
00:35:37
Speaker
Die haben ganz viel gelernt von x-tausend Mal quer und ganz viel von uns übernommen.
00:35:42
Speaker
Und da haben wir gemerkt, das Konzept geht auf.
00:35:44
Speaker
Und auch jetzt kann es noch sein, im Moment gibt es ja kaum noch Aktionen zivilen Ungehorsams hier bei uns auf der Straße.
00:35:52
Speaker
Aber wenn man noch an solchen Aktionen beteiligt ist, dass es dann immer noch Leute gibt, die sagen, ja, ich weiß, das ist irgendwie von x-tausend Mal quer übernommen worden, zum Beispiel auch die Fünf-Finger-Strategie.
00:36:03
Speaker
die neu war in Bezug auf, wie können wir durch eine Polizeikette durchgehen.
00:36:08
Speaker
Vorher war es so, es gab hochgewaltfreie Menschen, die sagten, ich kann da doch nicht weitergehen, wenn die Polizei sagt, stopp, hier geht es nicht weiter.
00:36:16
Speaker
Und es gab andere Aktivistinnen, die dann da durchgeprescht sind.
00:36:21
Speaker
Und wir haben dann praktisch eine andere Form geschaffen.
00:36:23
Speaker
uns ausgedacht, dass wir uns aufgeteilt haben, so wie von einer Hand in fünf Finger und haben uns aufgefächert vor einer Polizeikette, sodass wir dadurch die Polizeikette auseinandergezogen haben und mit einem bisschen klarem, deutlichen Auftreten, aber ohne Polizei zu verletzen, konnten wir dann einfach in diesen Lücken einfach weitergehen, weil die Polizei gar nicht damit gerechnet hat, dass wenn die sagen, hier stopp, hier kommen sie nicht durch, dass wir sagen, doch, wir gehen hier durch.
00:36:53
Speaker
Und das ist zum Beispiel eine Strategie, die dann ganz stark auch von der Klimabewegung mit benutzt wurde.
00:37:01
Speaker
Ich erinnere mich damals auch 2010, als ich auch in Gorleben dabei war, gab es diese Strategie auf jeden Fall auch.
00:37:07
Speaker
Und was mir da auch aufgefallen ist, dass es eben so einen Rückhalt in der Bevölkerung vor Ort auch gab.
00:37:12
Speaker
Und ich denke, das ist auch ein wichtiger Faktor, die Menschen vor Ort auch mitzunehmen.
00:37:18
Speaker
Was mir auf jeden Fall auch auffällt in deiner Biografie ist, dass sich gewaltfreie Interventionen, also wie Sitzblockaden zum Beispiel oder Störaktionen durchziehen.
00:37:30
Speaker
Von daher hast du wahrscheinlich die Erfahrung auch gemacht, dass das wirksame Aktionsformen sind.
00:37:34
Speaker
Aber vielleicht kannst du ein bisschen mehr dazu sagen zur strategischen Logik.
00:37:37
Speaker
Warum ist Stören so wichtig im wirksamen Widerstand?
00:37:42
Speaker
Also für mich ist das Problem, dass wenn ich irgendwo protestiere und auf irgendwelche Demonstrationen gehe, dass erst mal in der ganzen Zeit, während ich da gehe, das, wogegen ich auf die Straße gehe, einfach weitergeht.
00:37:54
Speaker
Das heißt, es ist einfach eine Meinungsäußerung, eine massenhafte Meinungsäußerung.
00:37:59
Speaker
Das ist für mich keine gute Möglichkeit, meiner Überzeugung Ausdruck zu verleihen.
00:38:10
Speaker
Das ist ein bisschen schwierig, aber ich habe die Überzeugung oder habe den Eindruck, ich muss eigentlich das oder ich sollte das, wo ich für mich zusammen mit anderen erkannt habe,
00:38:22
Speaker
dass das wirklich eine schädliche Entwicklung ist, dem auch Einhalt gebieten.
00:38:26
Speaker
Und sei es nur für zehn Minuten, manchmal für einen Tag oder so.
00:38:30
Speaker
Das ist so am Beispiel Gen-Mais.
00:38:32
Speaker
Da kann ich auf die Straße gehen und protestieren gegen Monsanto.
00:38:35
Speaker
Die wollten hier in den, ich glaube, frühen 2000er oder so massenhaft genmanipulierten Mais in Versuchen aussehen lassen durch Landwirtinnen.
00:38:45
Speaker
Und da kann ich auf die Straße gehen und dann passiert aber trotzdem, während ich auf der Straße bin, wird dort Genmais eingesät in einem Acker neben mir.
00:38:53
Speaker
Und wenn ich aber auf den Acker gehe und den Acker besetze und dann, wenn eventuell Landwirten das gelingt, diesen Genmais einzudrillen in die Erde, ich den nach ein paar Tagen rausziehe, wenn es sicher ist, wenn der Keimblätter entwickelt hat, dann kann ich wirklich für diese Region, wo ich aktiv bin, zusammen mit anderen verhindern, dass Genmais in die Erde eingebracht wird.
00:39:14
Speaker
Und das ist praktisch das, was mir wichtig ist.
00:39:18
Speaker
Ich will das nicht tolerieren.
00:39:19
Speaker
Und wenn ich auf der Straße bin, das ist für mich die Haltung, dann toleriere ich praktisch, dass dieses Unrecht in dem Moment weitergeht.
00:39:29
Speaker
Wo ich eine große Akzeptanz für diese Protestformen habe, ist da, dass zivile Ungehorsam eigentlich nur funktioniert, wenn es gleichzeitig auch diesen Protest auf der Straße gibt.

Überwindung von Ängsten und Aktivismusmotivation

00:39:40
Speaker
Also zivile Ungehorsam funktioniert.
00:39:42
Speaker
ist sonst immer in der Gefahr oder die Aktivistin, dass sie sehr als sehr radikal, sehr mutig, sehr besonders wahrgenommen werden.
00:39:50
Speaker
Aber dass andere Menschen sagen, ja, macht ihr mal, ich traue mir das nicht.
00:39:53
Speaker
Und dann passiert das, was ich ganz am Anfang beschrieben habe, dass eventuell die Gruppe immer kleiner wird, immer radikaler wird, immer mehr Gefängnisaufenthalte, immer mehr Geldstrafen und irgendwann ist die Bewegung tot.
00:40:04
Speaker
Vielleicht haben wir das so ein bisschen in der Klimabewegung erlebt.
00:40:07
Speaker
Und das, was es eigentlich braucht, ist, dass parallel andere Gruppen, andere Menschen, die nicht zivilen Ungehorsam leisten wollen, dass die auf die Straße gehen und auf der Straße dann noch eine politische Meinungsbildung machen, eine Diskussion anregen, sodass der zivile Ungehorsam darin eingebettet ist.
00:40:26
Speaker
Und da
00:40:27
Speaker
ist es halt dann nicht mein Weg, dieses auf die Straße gehen bei Demonstrationen.
00:40:31
Speaker
Aber ich weiß sehr wohl, dass es einen großen Wert hat, auch damit die gewaltfreien Aktivisten, die die eingreifende Aktion machen, nicht für Jahre eingesperrt werden können.
00:40:41
Speaker
Was schade wäre, weil wir dann nicht mehr auf der Straße oder auf den Genfeldern sein könnten.
00:40:47
Speaker
Du hast es gerade selber gesagt, das traue ich mich nicht.
00:40:49
Speaker
Das ist tatsächlich ja auch so ein Hindernis für einige, aber du hast jetzt gerade auch eine Möglichkeit gebracht, wie trotzdem man sich einbringen kann, auch wenn man sich so fühlt, dass man eben Angst hat.
00:40:59
Speaker
Aber manche sagen ja eben auch, Mut ist ein Muskel, den man halt praktizieren muss, indem man es...
00:41:06
Speaker
Und wenn man immer wieder auch Dinge tut, vor denen man vielleicht Angst hat.
00:41:10
Speaker
Und von daher würde ich, also würde mich tatsächlich interessieren, wie hast du denn deinen Mut kultiviert?
00:41:15
Speaker
Weil es braucht schon Mut, um eben zum Beispiel auf so ein Feld zu gehen und das Saatgut da auszutauschen oder genau, oder auf einen Militärflugplatz zu gehen.
00:41:25
Speaker
Und also gut.
00:41:27
Speaker
Sitzblockaden verschiedenster Art einfach zu machen.
00:41:30
Speaker
Und da habe ich mich gefragt, was hat dir da geholfen, diesen Mut zu kultivieren?
00:41:34
Speaker
War es die gute Vorbereitung?
00:41:35
Speaker
Das ist selber schon gesagt, früher hat man längere Vorbereitungstrainings von vier Tagen gemacht.
00:41:40
Speaker
Waren es die guten Bezugsgruppen?
00:41:43
Speaker
Was hilft, um diesen Mut Schritt für Schritt so aufzubauen?
00:41:48
Speaker
Ja.
00:41:49
Speaker
Ja, das ist total spannend, dass du diesen Begriff nutzt, weil für mich fühlt es sich kein bisschen wie Mut an.
00:41:56
Speaker
Also es fühlt sich nicht was an, wo ich mich doll überwinden muss.
00:42:02
Speaker
Was mir hilft, ist, dass ich viele Aktionen, an denen ich teilnehme, selber mitorganisiere.
00:42:07
Speaker
Das heißt, ich bin häufig auch in der Gruppe, die Aktionsorte vorher auskundschaftet, die sich Strategien überlegt, wie wir dahin kommen, wo wir hinkommen wollen.
00:42:19
Speaker
Das heißt, ich kenne mich sehr gut in einem Gelände aus.
00:42:23
Speaker
Und ich weiß, dass ich mich auf die anderen verlassen kann.
00:42:26
Speaker
Also wir teilen uns ja in Bezugsgruppen auf, dass da so zwischen, können manchmal nur fünf sein, manchmal 15 Leute.
00:42:34
Speaker
Wir tauschen uns aus über Ängste, die wir in Bezug auf die Aktion haben.
00:42:39
Speaker
Und dieses Vorwegnehmen von Ängsten in diesen gewaltfreien Aktionstrainings, in den Bezugsgruppen, das hilft mir total.
00:42:48
Speaker
Und ich bin jedes Mal, also wenn ich auf eine Start- und Landebahn gehe, wo Tornados starten und wo ich weiß, da können gleich die Feldjäger und die Führer,
00:42:57
Speaker
das Militär mit Maschinengewehren ankommen, dann bin ich schon aufgeregt.
00:43:01
Speaker
Aber es ist dann kein Mut mehr, den ich brauche, sondern ich bin dann, die Motivation ist so klar, ich bin hier heute Vormittag, wir machen sowas dann bei helllichtem Sonnenschein, wenn wir es machen.
00:43:13
Speaker
Ich bin hier heute und ich bin genau am richtigen Platz und ich tue genau das Richtige, nämlich ich stelle mich diesen Tornados entgegen.
00:43:21
Speaker
Und dann rast mein Herz und ich habe Schweißausbrüche und ich müsste eigentlich nochmal auf Toilette gehen.
00:43:26
Speaker
Das geht da nicht, weil da gibt es keine Toiletten.
00:43:28
Speaker
Das ist dann einfach so.
00:43:30
Speaker
Und in dem Moment, wo wir dann aber den Aktionsort erreicht haben, dann haben wir ja auch verschiedene Sachen, die wir uns vorher überlegt haben.
00:43:37
Speaker
Zum Beispiel als wir auf die Start- und Landebahn kamen.
00:43:39
Speaker
am Atomwaffenstandort da in Bücher gegangen sind, da hatten wir dann Luftballons dabei und dann haben wir was gesungen und dieses zum Beispiel Musik ist was, was ja total gut so für die eigene Selbstregulation ist, weil man in so einen Rhythmus reinkommt, weil man sich gegenseitig spürt oder man kann sich an den Händen fassen, aber das ist eher wegen einer Aufgeregtheit und
00:44:03
Speaker
Ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich irgendwie das Gefühl hatte, ich muss meinen Mut zusammensammeln oder ich muss mutig sein.
00:44:11
Speaker
Weil diese Entscheidung, dass ich aktiv bin und nicht nur auf der Straße bin, sondern direkt in Unrechtssachen eingreifen will, die ist eigentlich in meinem Jugendalter.
00:44:22
Speaker
So mit 14, 16 am Abendbrotstisch, als ich von Martin Luther ging.
00:44:28
Speaker
und anderen Aktivisten gehört habe, da ist das einfach so, das hat sich so eingeprägt bei mir.
00:44:37
Speaker
Das ist ganz normal.
00:44:38
Speaker
Ich würde sagen, es gehört ganz normal zu meinem Leben dazu.
00:44:41
Speaker
Ich bin Hebamme, ich mache jetzt Sehnotrettung, ich bin Aktivistin und ich hoffe, dass ich das auch irgendwie noch ganz lange machen kann, solange ich irgendwie...
00:44:51
Speaker
von zu Hause wegkomme und mich an öffentliche Orte bewegen kann, wird das bei mir dazugehören.
00:44:59
Speaker
Also dieses auch rausgehen aus der Komfortzone, Sachen unbequem machen und sich vielleicht auch so ein bisschen in Gefahr begegen.
00:45:07
Speaker
Vielleicht gehört das auch dazu.
00:45:09
Speaker
Ein Aktivist hat mal gesagt, bei einer Lebenslauteaktion, ich glaube, der hat es auf Englisch gesagt, what do you wage for peace, was wagen die eigentlich für Frieden und hat darauf Bezug genannt, dass ja Soldaten, die in die Armee gehen oder Soldatinnen, die sind ja bereit, ihr Leben zu geben für Deutschland, für, was weiß ich, Verteidigung der Demokratie und der Grundrechte.
00:45:32
Speaker
Und was sind wir eigentlich als gewaltfreie Aktivistinnen, sind wir eigentlich da auch bereit zu?
00:45:37
Speaker
Und das hat mich sehr bewegt.
00:45:39
Speaker
Also wir bewegen uns ja hier in Deutschland immer noch in einem...
00:45:43
Speaker
sehr seichten Rahmen von staatlichen Sanktionen.
00:45:46
Speaker
Das sieht ja in anderen Ländern, wenn wir an gewaltfreie Aktivistinnen in Gaza, in Palästina, aber auch in Israel denken oder sonst wo auf der Welt, diese Menschen riskieren zum Teil ihr Leben, wenn sie gewaltfreie Aktionen machen.
00:46:03
Speaker
Und da würde ich mir hier insgesamt für die Bewegung auch noch mehr
00:46:08
Speaker
mehr wünschen, dass genauso wie andere Menschen in die Armee eintreten und da bereit sind, ihr Leben zu geben, dass wir auch überlegen, ob das hier auch dran sein kann für uns.
00:46:19
Speaker
Ja, mich bewegt deine Haltung auch sehr und regt mich auf jeden Fall zum Nachdenken an.
00:46:25
Speaker
Und auch wenn das jetzt ein wundervolles Schlusswort wäre, habe ich trotzdem noch ein paar Fragen und zwar in Bezug auch auf die Wirkung von gewaltfreiem Protest.
00:46:37
Speaker
Ein paar Sachen hast du ja schon so eingestreut an Erfolgserlebnissen und was es dann gebracht hat, etwa dass zum Beispiel die Castor-Transporte dann in den 90ern für eine Zeit ausgesetzt wurden und
00:46:48
Speaker
Oder eben, dann gab es ja natürlich 2011 den Atomausstieg, also der dann erklärt wurde.
00:46:54
Speaker
Allerdings wird dann von SkeptikerInnen oft gesagt, naja, es lag ja eigentlich nur an Fukushima.
00:47:00
Speaker
Und da persönlich würde ich dann widersprechen, dass es ja nicht automatisch auf der ganzen Welt zu Atomausstiegen geführt hat, sondern automatisch.
00:47:09
Speaker
Es muss halt ein Kontext sein, in dem schon viele Menschen dafür Druck gemacht haben, damit das dann sich so auch umsetzt.
00:47:15
Speaker
Also dass es massive Vorarbeit eben von Jahren und Jahrzehnten ist, um dann hinzukommen.
00:47:21
Speaker
Ja, wie siehst du das?
00:47:22
Speaker
Also wie siehst du da den Zusammenhang?
00:47:24
Speaker
Und was würdest du diesen SkeptikerInnen sagen?
00:47:28
Speaker
Also meiner Meinung nach haben gewaltfreie Aktionen, wenn sie eingreifen, sind eine ganz große Auswirkung auf die Öffentlichkeit und auch auf politische Entscheidungen, was aber natürlich nicht so kommuniziert wird.
00:47:40
Speaker
Da, wo wir es kommuniziert bekommen haben, ist in den 80ern, dass Gorbatschow, das hat hinterher ein Berater, ein ganz enger Berater von Gorbatschow gesagt, dass Gorbatschow sehr beeindruckt war durch die ganz große Friedensbewegung in Deutschland und auch durch den zivilen Ungehorsam und die Blockaden,
00:47:57
Speaker
gegen die Pershing-2-Raketen, die ja gegen Russland gerichtet waren.
00:48:02
Speaker
Und dass auch das mit dazu beigetragen hat, dass es dann nochmal wieder neu zu einer Abrüstungspolitik kam.
00:48:10
Speaker
Ich glaube, alles, was wir tun eigentlich auf der Welt, hat einen Impact, hat eine Auswirkung.
00:48:14
Speaker
Das heißt, deswegen nicht zu tun, weil es eventuell keine Auswirkung haben könnte, ist für mich gar keine Option.
00:48:21
Speaker
Und alles ist praktisch wie ein Puzzleteilchen.
00:48:25
Speaker
Und wir kennen es ja auch aus der Forschung, dass es manchmal eine Schwelle braucht von kritischem Denken, von verändertem Verhalten, sodass dann plötzlich das so stark in die Gesellschaft hineinwirkt, dass es ein Umdenken gibt.
00:48:44
Speaker
Also ich finde das zum Beispiel, Gesellschaften verändern sich ja ganz schnell, das sehen wir an der
00:48:49
Speaker
an den Veränderungen mit der DDR und mit der BRD, dass plötzlich diese Mauer, die wir, glaube ich, alle für unverrückbar gehalten haben, dass die gefallen ist.
00:49:00
Speaker
Ich finde auch ein Beispiel ist der Umgang mit Schwulen.
00:49:03
Speaker
Als ich jung war, irgendwie 70er oder so, da war das insgesamt Homosexualität noch ein
00:49:10
Speaker
Ein total schmutziges, wischiwaschi-Tabu-Thema.
00:49:15
Speaker
Und das hat sich innerhalb von 30 Jahren komplett geändert zu einer akzeptierten Lebensweise.
00:49:21
Speaker
Jetzt auch mit queeren Lebensweisen, mit der ganzen Infragestellung der nur zwei Geschlechter.
00:49:29
Speaker
Da tut sich ganz viel.
00:49:30
Speaker
Und diese Errungenschaften aber, die wir häufig haben in der Gesellschaft,
00:49:36
Speaker
Die müssen erkämpft werden.
00:49:37
Speaker
Manchmal werden die erkämpft über Fernsehserien.
00:49:39
Speaker
Ich glaube, die Lindenstraße hat ganz viel zur Akzeptanz auch von schwulen Lebensweisen beigetragen.
00:49:45
Speaker
Und manchmal müssen wir es eben auf Start- und Landebahnen oder so machen.
00:49:51
Speaker
so erkämpfen.
00:49:52
Speaker
Und ich kann nicht immer gleich sagen, also ich mache natürlich nicht ein Go-In irgendwo und am nächsten Tag werden Atomwaffen aus Büchel abgezogen.
00:50:00
Speaker
So ist es nicht.
00:50:01
Speaker
Aber ich gehe durch die Gerichte, ich versuche eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.
00:50:05
Speaker
Und all diese Dinge machen was.
00:50:08
Speaker
Die verändern was.
00:50:11
Speaker
Je mächtiger wir eigentlich sind, umso mehr Gegenbewegung haben wir dann wieder staatlicherseits.
00:50:18
Speaker
Das ist was, was wir glaube ich gerade in unserer Gesellschaft auch merken, dass je offener wir eigentlich wieder wurden in Bezug auf Geschlechter, aber auch auf
00:50:31
Speaker
zusammen in einer sehr unterschiedlich kulturellen Gesellschaft zu leben.
00:50:36
Speaker
Umso mehr Gegenbewegungen gibt es, so ein Backlash irgendwie.
00:50:40
Speaker
Und da braucht es halt weiterhin Reibungspunkte, da braucht es weiterhin öffentliche Statements, da braucht es Aktionen, um da wieder vorzugehen und
00:50:50
Speaker
Ich lasse mich häufig nicht, auch bei der Atomenergie, da war es auch so, da gab es auch wieder jetzt Tendenzen zu sagen, ach, wir brauchen doch die Atomenergie, um uns freizumachen von anderen Energielieferungen.
00:51:00
Speaker
Das gehört dazu.
00:51:02
Speaker
Und ich lasse mich davon nicht entmutigen.
00:51:03
Speaker
Dann kämpfe ich wieder gegen Atomenergie oder die nachfolgenden Generationen machen das.
00:51:10
Speaker
Das ist ein Auf und Ab und insgesamt...
00:51:14
Speaker
wird es aber so sein, dass wir durch aktiv werden, dass wir was verändern, dass wir uns selbst verändern, dass wir uns selbst wirksam fühlen, dass wir eigentlich zu einer Selbstermächtigung kommen, dass wir uns nicht ohnmächtig fühlen.
00:51:28
Speaker
Und das ist für mich eigentlich mit jedem politischen Kampf, mit jeder Auseinandersetzung verbunden, dieses generelle, mich in dieser Gesellschaft für handlungsfähig zu erleben und nicht für ohnmächtig zu erleben.

Umgang mit Frustration und Ausdauer in Bewegungen

00:51:44
Speaker
Wow, bei den ganzen Aussagen, die du getroffen hast, brauche ich heute eigentlich kein Zitat mehr am Ende, wie so unsere Tradition hier ist.
00:51:53
Speaker
So viele inspirierende Sachen, die du gesagt hast.
00:51:55
Speaker
Wow, ich werde auf jeden Fall einiges mitnehmen.
00:51:57
Speaker
Aber wenn es halt nicht so ist, wie du es jetzt gerade beschreibst, manchmal gibt es ja auch Phasen, die sind frustrierend und da läuft es halt nicht so, wie man es sich vorstellt oder eben dann.
00:52:05
Speaker
Vielleicht macht man dann Dinge, die man dann in Frage stellt und vielleicht ja dann doch auch Fehler sind und manchmal gibt es auch so Phasen, da kann man halt nicht das große Ganze sehen.
00:52:15
Speaker
Wie seid ihr denn in solchen Phasen damit umgegangen oder du oder ja, was kannst du anderen Menschen, anderen AktivistInnen in solchen Phasen warten?
00:52:24
Speaker
Ja, bei dieser Frage überlege ich so irgendwie über, was weiß ich, 45, ich bin ja 62, 45 Jahre Aktionserfahrung oder so, dass wir eigentlich nie so richtig frustriert waren, weil wir diese Art von Analyse, ich habe das gerade mal sehr einfach dargestellt, dass wir was verändern können.
00:52:48
Speaker
Und auch wenn wir nicht den direkten Erfolg direkt danach haben,
00:52:52
Speaker
dass wir uns damit sehr stimmig gefühlt haben in den Bezugsgruppen und in den Aktionen.
00:52:57
Speaker
Ich glaube, das, was ein wichtiger Bestandteil ist, auch um nicht frustriert zu sein oder zu denken, das bringt alles nichts, ist immer zwischendurch Ruhephasen zu haben, also sich als Aktionsgruppe bewusst auch mal Auszeiten zu nehmen und zu sagen, jetzt machen wir vier Monate mal Pause, aber sich immer schon zu verabreden, aber dann im
00:53:21
Speaker
Im September treffen wir uns wieder.
00:53:23
Speaker
Wenn wir Pausen machen und uns noch nicht verabreden, dann kann es sein, dass uns manchmal der Impuls fehlt, um uns wieder zusammenzuraffen, weil dann gibt es bessere Sachen.
00:53:31
Speaker
Dann kann man lieber schwimmen gehen oder sonst was machen oder sich um Kinderbetreuung kümmern.
00:53:37
Speaker
Also dieses Pause machen ist, glaube ich, ganz wichtig.
00:53:41
Speaker
Und ich glaube, es ist wichtig, auch nach erlittener Polizeigewalt oder auch anderen gewalttätigen Strukturerfahrungen oder von personeller Gewalt, das gut mit den anderen durchzusprechen und auch mal gemeinsam zu weinen, gerade nach Polizeigewalt, da also sich eine Entlastung zu verschaffen, auch zu tolerieren, dass Leute mal drei Jahre nicht so viel machen und dann wiederkommen in die Bewegung.
00:54:10
Speaker
Also das ist eher so ein Umgang mit unseren Ressourcen in der Bewegung.
00:54:14
Speaker
So diese Erfahrung, dass wir Fehler gemacht haben.
00:54:20
Speaker
Das hört sich ja schon fast komisch an, dass wir unsere Aktionen richtig, richtig gut vorbereiten.
00:54:25
Speaker
Und da ist es eigentlich immer eher so, dass die Polizei Fehler macht.
00:54:29
Speaker
Also dass die überreagiert und sich damit ins Ausseits buxiert.
00:54:33
Speaker
Oder dass die Aktionen gegen uns macht, die hinterher von den Gerichten wieder einkassiert werden.
00:54:38
Speaker
Ich kann gar nicht so richtig einen Fehler benennen.
00:54:41
Speaker
Also es ist mir ein bisschen unangenehm, dass ich das nicht kann.
00:54:44
Speaker
Da muss ich vielleicht auch noch mal mehr drüber nachdenken.

Abschlussgedanken und Danksagung

00:54:48
Speaker
Aber ja, eine gute strategische Vorbereitung ist auf jeden Fall das A und O bei wirksam erfolgreichen gewaltfreien Aktionen.
00:54:55
Speaker
Und das zeigt das jetzt vielleicht auch noch mal eure Erfahrung.
00:54:59
Speaker
Aber ja, da wir, wie gesagt, am Ende immer ein Zitat bringen, mache ich heute meine Ausnahme und bringe ein Zitat von dir.
00:55:07
Speaker
Und zwar aus der Broschüre der Kurve Wustro, Gewaltfreiheit wirkt.
00:55:12
Speaker
Und da hast du gesagt, wir sollten niemals sagen, die da oben machen ja doch, was sie wollen.
00:55:17
Speaker
Das können sie nämlich nur, wenn wir sie lassen.
00:55:19
Speaker
Das finde ich auf jeden Fall sehr inspirierend und dass es halt wirklich einiges zusammenfasst auch von der Wirkung und der auch Machtlogik, strategischen Logik von gewaltfreien Aktionen.
00:55:32
Speaker
Und die Broschüre ist an sich auch sehr lesenswert.
00:55:34
Speaker
Zwölf spannende Menschen mit zwölf persönlichen Geschichten zur Wirksamkeit gewaltfreien Widerstandes aus verschiedensten Kontexten.
00:55:41
Speaker
Und das packe ich auf jeden Fall auch in die Shownotes.
00:55:45
Speaker
Vielen Dank, Katja, dass du heute da warst für deine Zeit und fürs Teilen deiner bewegenden Geschichten und Erfahrungen.
00:55:53
Speaker
Also mich hat es auf jeden Fall sehr berührt und es macht einiges mit mir und ich schätze, die eine oder den anderen wird das auch mitnehmen.
00:56:04
Speaker
Von daher vielen Dank an der Stelle an dich.
00:56:07
Speaker
Ja, vielen Dank auch für diese ganze Podcast-Reihe und dafür, dass ich ein bisschen was erzählen konnte, auch wenn es jetzt sehr kurz war.
00:56:14
Speaker
Vielen Dank.
00:56:17
Speaker
Ja, das war es für diese Folge von Theontaktik.
00:56:19
Speaker
Wenn euch das Gespräch gefallen hat, dann folgt uns gerne.
00:56:22
Speaker
Und ihr könnt uns auch eine E-Mail schreiben an theontaktik.protonmail.me.
00:56:28
Speaker
Aber die E-Mail-Adresse steht auch in der Beschreibung, also in den Shownotes.
00:56:32
Speaker
Und danke an der Stelle auch an die Stiftung Kraft der Gewaltfreiheit, die uns in den ersten beiden Staffeln unterstützt hat.
00:56:38
Speaker
Auch ein riesengroßes Dankeschön an unsere SpenderInnen.
00:56:41
Speaker
Und wenn ihr uns auch unterstützen wollt, dann gibt es den Spendenlink auch in der Beschreibung, in den Shownotes.
00:56:47
Speaker
Und an der Stelle zu dieser Folge danken wir auch der Universität Hamburg und zwar Zukunft der Nachhaltigkeit, weil sie diese Folge gefördert hat.
00:57:00
Speaker
Und danke an unseren Partner für die Postproduktion, das Kreativstudio für Wissenschaftskommunikation zum Staunen.
00:57:06
Speaker
Bis zum nächsten Mal und wie immer in diesem Jahr, im letzten Donnerstag im Monat.
00:57:10
Speaker
Macht's gut.
00:57:11
Speaker
Tschüss.
00:57:11
Speaker
This fight is one that you can win.