Become a Creator today!Start creating today - Share your story with the world!
Start for free
00:00:00
00:00:01
Mit Organizing zum Wahlerfolg image

Mit Organizing zum Wahlerfolg

S2 E9 · Tee & Taktik
Avatar
147 Plays22 days ago

Wie erreichen wir Menschen außerhalb unserer Blase? In dieser Folge von Tee & Taktik geht es um eine der wichtigsten Fragen für erfolgreichen Protest: Wie gewinnen wir Menschen, die bisher nicht erreicht wurden? Wir sprechen über Organizing, darüber, warum Zuhören oft wirksamer ist als Argumentieren. Die Partei die Linke hat in der Bundestagswahl doppelt so gut abgeschnitten als vorhergesagt und Organizing war dabei ein wichtiger Faktor. Und das Handwerkzeug könnte auch anderen nützlich sein: Ob Klimabewegung, soziale Gerechtigkeit oder Antifaschismus: Wer Veränderung will, muss raus aus der eigenen Blase. Wie das gelingt? Hör rein!

Bleibt immer auf dem Laufenden bei Instagram: @dalilah_shemia, @lea_bonasera,

Buch von Lea 

Spende jetzt für die 2. Staffel !

Wahlergebnis Bundestagswahl 2025 Was ist Organizing? McAlevey No Shortcurts (deutsche Version: Keine halben Sachen)

Organizing for Power Kurs der Rosa Luxemburg Stiftung 

Politische Möglichkeitsfenster/ Political opportunities structures: Tarrow, Sindey. 1994. Power in Movement: Social Movements and Contentious Politics. Marshall Ganz zu Obama Marshall Ganz zu Obama (Video) Tipps zum Organizing von der Bewegungsschule

Naumann Stiftung Community Organizing

Danke an

→ alle, die uns bisher mit einer Spende unterstützt haben

→ die Stiftung “Kraft der Gewaltfreiheit” für die finanzielle Unterstützung

→ unseren Partner für die Postproduktion, das Kreativstudio für Wissenschaftskommunikation Zum Staunen* → alle die mit uns über das Thema der Folge gesprochen haben

alle die mit uns über das Thema der Folge gesprochen haben

Transcript

Einführung des Podcasts

00:00:03
Speaker
Ich habe einen Traum.
00:00:11
Speaker
Das dritte meiner Kenntnis ist das Dokument.
00:00:18
Speaker
Unverzüglich.
00:00:25
Speaker
Hallo und herzlich willkommen zu Tee und Taktik, deinem Podcast zu strategischem Protest.

Rückblick und Folgenfokus

00:00:31
Speaker
Wir sind Lea und Lila.
00:00:33
Speaker
Herzlich willkommen.
00:00:39
Speaker
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Tee und Taktik.
00:00:42
Speaker
Mein Name ist Lea und genau vor einem Monat saß ich hier mit Carola Rakete, EU-Abgeordnete, Kapitänin und Klimaschützende, die sich bei verschiedenen Protesten eingebracht hat.
00:00:53
Speaker
Und jetzt bin ich hier gerade wieder mit Dalina.
00:00:56
Speaker
Schön, dass wir das zusammen machen.
00:00:57
Speaker
Hallo, auch von meiner Seite.
00:00:59
Speaker
Ich freue mich wieder hier zu sein mit dir auch, Lea.
00:01:02
Speaker
Ja, das war ja eigentlich nicht so richtig geplant.

Thematischer Wechsel zu Organizing

00:01:05
Speaker
Eigentlich sollte jetzt eine Fußballfolge mit Thomas Kessen und dem erfolgreichen Protest gegen Investorendeals sein.
00:01:13
Speaker
Aber wir haben uns dazu entschieden, die beiden Folgen zu tauschen, weil ja gerade viel los ist in Deutschland.
00:01:19
Speaker
Die Wahl hat stattgefunden und da gab es einen überraschenden großen Aufschwung bei den Linken.
00:01:26
Speaker
Und dahinter steckt unter anderem ganz viel zum Organizing und das wollen wir uns heute anschauen.
00:01:31
Speaker
Und das hat uns so motiviert, dass wir uns da zu entschlossen haben, die Folgen eben zu tauschen.
00:01:37
Speaker
Ja, genau.
00:01:37
Speaker
Und nochmal vielleicht ganz kurz als Erinnerung, was Organizing eigentlich überhaupt ist.
00:01:42
Speaker
Da geht es darum, tatsächlich nicht nur einfach durch Medien und Plakate und so Menschen aufzurufen, etwas zu tun, wie zu einer Demo zu gehen

Was ist Organizing?

00:01:52
Speaker
oder eben...
00:01:52
Speaker
jemanden zu wählen, sondern wirklich mit Menschen in Kontakt zu kommen, in persönlichen Gesprächen, danach zu fragen, auch was ist das, was die Menschen wirklich bewegt, was sie brauchen, was sie stört und da wirklich auch Beziehungen aufzubauen.
00:02:06
Speaker
Und die Idee ist daran, dass damit durch das direkte Gespräch eben Menschen auch vielleicht auch mehr dazu kommen, sich dann auch selber einzubringen und so ins Handeln zu kommen, für ihre eigenen Rechte und Interessen einzustehen.
00:02:18
Speaker
Genau, also es geht uns in dieser Folge nicht um einzelne Parteien oder die Linke, sondern es geht uns um die Methode, also das Organizing selber, was wir uns anschauen wollen.

Interviews und Beiträge zum Organizing

00:02:29
Speaker
Und dafür haben wir was gemacht, was wir jetzt so in dem Podcast auch noch nicht gemacht haben.
00:02:34
Speaker
Und zwar haben wir mit vielen, vielen verschiedenen Menschen gesprochen.
00:02:38
Speaker
Menschen, die selber das Organizing gemacht haben,
00:02:42
Speaker
die an Haustüren geklingelt haben, die Menschen angerufen haben, die geflyert haben, auch die mit den Linken teilweise nichts zu tun hatten.
00:02:49
Speaker
Und wir haben mit den Menschen gesprochen, die das ganze Organizing organisiert haben, also die sich die Pläne dahinter überlegt haben.
00:02:57
Speaker
Und wir haben so kleine Schnipsel von denen eingefangen, wo sie uns erzählt haben, wie das genau gelaufen ist, auch wie sie sich dabei gefühlt haben.
00:03:05
Speaker
Und diese Schnipsel werden wir in dieser Folge zwischendrin einspielen und dann werden wir darüber sprechen.
00:03:12
Speaker
Und es war echt super überwältigend, wie viel Rückmeldung da auch kam und wie offen die Menschen waren, ihre Geschichten zu teilen und auch unser Thema heute zu unterstützen.
00:03:23
Speaker
Und das ist überhaupt nicht selbstverständlich.
00:03:25
Speaker
Deswegen an dieser Stelle schon mal vielen, vielen Dank für die ganzen Menschen, die mitgewirkt haben.
00:03:31
Speaker
Insbesondere auch, weil die Hälfte erst mal krank war nach dem ganzen Stress vor der Wahl.
00:03:35
Speaker
Also ja, wir sind echt dankbar, dass wir diese Folge so machen konnten.
00:03:40
Speaker
Ja, vielen, vielen Dank an die ganze Arbeit, auch an dich, Lea.
00:03:43
Speaker
Und auch, dass das natürlich auch für die Technik viel mehr Arbeit bedeutet und dann alle spannenden Beiträge.
00:03:49
Speaker
Ich bin schon ganz aufgeregt.
00:03:52
Speaker
Bevor wir jetzt vielleicht in dieses Thema rein starten, Dandina, würde ich dich fragen, was hast du heute für einen Tee, den du trinkst?

Teeauswahl und Geduld im Organizing

00:04:02
Speaker
Ja, da wir ja über Organizing sprechen wollen, war es mir wichtig, irgendwie danach zu gucken, weil das Ganze kommt ja auch so ein bisschen von dem betrieblichen Organisieren, in welcher Teesorte die Menschen am besten organisiert sind.
00:04:16
Speaker
Ja.
00:04:17
Speaker
Und da gibt es tatsächlich einige Schwarz- und Grünteesorten aus Indiens und Sri Lanka.
00:04:23
Speaker
Und da habe ich mir eins von so einer Fairtrade-Kooperative aus Sri Lanka ausgesucht.
00:04:28
Speaker
Und ich muss sagen, Schwarztee mag ich schon auch manchmal.
00:04:31
Speaker
Aber ich habe schon sehr oft versucht, meinen liebgewonnenen Kaffee durch Grüntee zu ersetzen.
00:04:35
Speaker
Aber da kriege ich leider manchmal Kopfschmerzen von.
00:04:38
Speaker
Und du, welchen Tee hast du dabei?
00:04:40
Speaker
Ja, ich hatte auch noch nie so einen thematisch passenden Tee wie heute und zwar habe ich mir auch den Grüntee rausgesucht, weil der braucht Geduld.
00:04:49
Speaker
Den darf man nicht einfach mit kochendem Wasser übergießen, was ja auch Teil vom Organizing ist, also dass es Zeit braucht und auch ein
00:04:55
Speaker
langen Atem.
00:04:56
Speaker
Und der grüne Tee wirkt auch erhellend.
00:04:59
Speaker
Und das Organizing bringt ja auch immer wieder frischen Wind rein.
00:05:03
Speaker
Also ich dachte mir, sowohl Organizing und Tee brauchen Zeit, aber entfalten dann eine nachhaltige Wirkung.
00:05:09
Speaker
Also...
00:05:10
Speaker
Sehr passend.

Kapitelgliederung der Episode

00:05:11
Speaker
Wir haben die Folge so ein bisschen in drei Teile aufgeteilt.
00:05:15
Speaker
Also erstmal, dass wir uns anschauen, was ist genau passiert?
00:05:18
Speaker
Warum hat das Organizing so gut geklappt?
00:05:21
Speaker
Und dann als drittes, was können andere davon lernen oder was sind auch mögliche Gefahren?
00:05:26
Speaker
Also falls ihr das Organizing schon kennt, dann kommen euch vielleicht einige Grundlagen bekannt vor.
00:05:31
Speaker
Aber uns war es halt wichtig oder ist es ja wichtig, mit diesem Podcast möglichst viele verschiedene Menschen mitzunehmen, die auch außerhalb unseres Umfelds sind.
00:05:40
Speaker
Und ja, insgesamt hoffen wir aber, dass für jeden was in dieser Folge dabei ist.
00:05:44
Speaker
Also was ist denn überhaupt passiert?
00:05:46
Speaker
Vielleicht machen wir nochmal eine kurze Rückschau.

Wahlerfolg von 'Die Linke'

00:05:49
Speaker
Die Linken haben im Oktober letzten Jahres noch die Prognose gehabt, dass sie deutlich unter der 5%-Hürde bleiben werden und haben dann aber tatsächlich bei den Bundestagswahlen 8,8% geholt.
00:06:02
Speaker
Das heißt, die haben sich verdoppelt, ne?
00:06:04
Speaker
Schon krass, ja.
00:06:06
Speaker
Genau, und sie haben sechs Direktmandate erkämpfen können.
00:06:10
Speaker
Also im Vergleich zu der Europawahl im Juni 2024 lagen sie zum Beispiel noch bei 2,7 Prozent, was einfach ein riesiger Zuwachs ist, nicht nur in den Prozentzahlen, sondern auch in den Mitgliedern.
00:06:23
Speaker
Alleine in den letzten zwei Monaten kamen 40.000 neue Menschen in die Partei dazu.
00:06:30
Speaker
Ja, sie feiern gerade große Mitgliederrekorde.
00:06:33
Speaker
Genau, und jetzt sind ja gerade ganz viele Analysen zu dieser Geschichte da.
00:06:37
Speaker
Warum ist die Linke jetzt gerade so erfolgreich geworden?
00:06:41
Speaker
Viele verschiedene Faktoren werden beleuchtet.
00:06:44
Speaker
Also einer der Punkte, der natürlich immer wieder genannt wird, ist die Social-Media-Kampagne von insbesondere Heidi Reichenick, die da einfach sehr präsent war, gerade junge Wählerinnen mitgenommen hat.
00:06:54
Speaker
Dann Jan von Arken, der in den Talkshows unterwegs war und auch die Mission Silberlocke.
00:06:59
Speaker
Vielleicht hat es die eine oder andere Person mitbekommen, der drei Herren, Bodo Ramelow, Gregor Gysi und Dietmar Bartsch, die auch nochmal ein anderes Publikum mitgenommen haben.
00:07:08
Speaker
Also es sind viele verschiedene Faktoren, die gerade beleuchtet werden, warum die Linke jetzt so erfolgreich war.

Rolle des Organizing im Wahlerfolg

00:07:15
Speaker
Und einer der Punkte eben genau dieses Organizing und die Haustürgesprächen, da habe ich auch nochmal eine krasse Zahl gefunden, weil insgesamt wurden 638.123 Haustürgespräche durchgeführt von den Linken.
00:07:30
Speaker
Also allein diese Zahl ist verrückt.
00:07:33
Speaker
Ich glaube, die hatten 100.000 angepeilt und sind weit über das Ziel hinaus geschossen quasi.
00:07:38
Speaker
Voll gut.
00:07:39
Speaker
Ja, weit, weit, weit.
00:07:41
Speaker
Genau, und das ist halt einer der Faktoren, den wir uns heute insbesondere angucken wollen, der dazu beigetragen hat.
00:07:47
Speaker
Ja, und ich finde es auch nochmal echt wichtig, weil obwohl natürlich die ganzen anderen Faktoren auch eine Rolle gespielt haben und zum Beispiel auch natürlich Social-Media-Arbeit wichtig ist oder eben diese beeindruckende Rede von Heidi Reichenegg, als dieser Move da war mit Merz und AfD und wo sie halt eben diese markanten Worte gesagt hat,
00:08:05
Speaker
wir sind die Brandmauer

Kollektive Anstrengung vs. individuelle Ausstrahlung

00:08:06
Speaker
und so weiter.
00:08:06
Speaker
Das hat alles natürlich einen Einfluss gehabt, aber wenn man das dann medial so darstellt, es ist diese eine charismatische Person, diese Rede, diese Social-Media-Präsenz etc., dann kriegt man so schon den Eindruck einfach, okay, ich bin halt nicht so als einzelner Mensch, der halt sich belastet ist von den verschiedenen Krisen und Umständen in der Gesellschaft.
00:08:27
Speaker
Man denkt sich halt, ja, ich bin halt nicht so wie diese Heidi und ich habe nicht diese Social-Media-Präsenz und ich kann nicht so tolle Reden schwingen.
00:08:33
Speaker
Also
00:08:34
Speaker
Lasse ich es lieber ganz bleiben irgendwie.
00:08:36
Speaker
Und zu sehen, dass da eben letztendlich das wirklich so ein gemeinschaftlicher Akt war, so ganz, ganz, ganz viele Menschen beteiligt waren daran und wirklich jeder sich einbringen kann, indem man eben solche direkten persönlichen Gespräche führt und dass das einen Unterschied macht.
00:08:50
Speaker
Und ich finde, das ermächtigt einen so ein bisschen, gibt einem so ein Gefühl von, ich kann was tun, ich kann wieder in die Handlung reinkommen, ich muss kein charismatischer Anführer dafür sein, sondern jeder kann was beitragen und das ist auch bitter nötig, weil meistens sind es kollektive Bemühungen und es sind niemals einzelne Personen und es wird oft einfach, weil es leichter ist, eine Geschichte anhand einer Person zu erzählen, oft dann medial so runtergebrochen und
00:09:13
Speaker
Was ja auch schön ist, so Geschichten auch zu hören, aber eben man muss immer dabei bedenken, was hat das für eine Wirkung und fühlt man sich dann weniger fähig, in die Handlung zu kommen.

Kollektive Bewegungsgeschichten

00:09:24
Speaker
Ja, das haben wir auch letztes Mal bei der Carola-Folge gesehen, dass auch diese eine Geschichte um Carola Rakete gebaut wurde, aber halt so viele andere Menschen schon vorher auch diesen Protest gemacht haben, den sie gemacht hat, aber damit halt nie passiert.
00:09:37
Speaker
so erfolgreich waren.
00:09:38
Speaker
Genau, deswegen ist es voll das wichtige Thema, eben Licht darauf zu lenken, dass da so viele Menschen dahinter stehen und dass das Ganze ja auch eine Vorgeschichte hat.

Organizing in verschiedenen Kontexten

00:09:47
Speaker
Also es hat ja nicht nur bei diesem Wahlkampf angefangen, sondern schon weit vorher das erste Mal jetzt für diesen Wahlkampf wurde das Organizing ausprobiert bei den Landtagswahlen in Leipzig, wo auch schon 50.000 Haustüren
00:10:00
Speaker
geklopft und Gespräche geführt wurden.
00:10:02
Speaker
Und das war so ein bisschen auch die Inspiration für diesen Wahlkampf.
00:10:06
Speaker
Ich habe es so verstanden in den Gesprächen, die wir geführt haben, dass die Linken eigentlich einen viel größeren Plan hatten, noch mehr Gespräche zu machen und noch mehr Organizing-Dinge.
00:10:16
Speaker
Aber dadurch, dass die Wahl dann vorgezogen wurde und es nur in so einem kurzen Zeitraum gab, gar nicht im Endeffekt alle ihre Organizing-Werkzeuge auspacken konnten,
00:10:26
Speaker
Aber genau, vielleicht schauen wir mal kurz darauf, was alles gemacht wurde.
00:10:31
Speaker
Also es wurden Haustüren geklingelt, es wurde geflyert in Briefkästen zu der Rush Hour in den S- und U-Bahnhöfen.
00:10:39
Speaker
Es gab so Aktionstage und ganz viele andere Dinge.
00:10:42
Speaker
Und da haben wir einmal die Organiserin Lilly, die im Berliner Stadtteil Neukölln für das Direktmandat von Ferhat Kocak mitorganisiert hat, gefragt, was alles passiert ist.
00:10:55
Speaker
Ja, also genau, ich würde sagen schon, das Herzstück und das, was so den Großteil ausgemacht hat, waren tatsächlich die Haustürgespräche.
00:11:02
Speaker
Ich weiß nicht, inwiefern es von außen sichtbar war, aber es gab ja außerhalb dieser Aktionstage oder Wochen, die wir hatten, auch selbstorganisierte Aktionen von Kids-Organizerinnen.
00:11:14
Speaker
Und das ist, würde ich sagen, mehr so die Organizing-Arbeit, die im Hintergrund stattgefunden hat.
00:11:19
Speaker
Also Menschen zu finden, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen für einen gewissen Kiez, dort die Haustür abzuklingeln und die Menschen dann dabei zu unterstützen, auszubilden, Vertiefungsschulungen mit ihnen zu machen, sie darin zu unterstützen, Leute zu mobilisieren für die Aktionen und sie quasi...
00:11:37
Speaker
mehr und mehr einbinden in diese Bewegung.
00:11:39
Speaker
Aber im Grunde ist es auch Haustürgespräche.
00:11:41
Speaker
Ansonsten wurde auch viel Telefonorganizing gemacht.
00:11:45
Speaker
Wir haben ja den Haustüren immer Kontakte gesammelt und dann haben mehrmals wöchentlich Telefonaktionen stattgefunden, wo die Leute dann gezielt angerufen wurden.
00:11:55
Speaker
Also erst mal eingeladen wurden zur Stadtteilversammlung, wo ja die Forderungen beschlossen wurden für den Wahlkampf oder die Vorhaben.
00:12:01
Speaker
Dann eingeladen zum Winterfest, aber auch vor den Aktionswochen.
00:12:06
Speaker
Alle Leute, die angekreuzt haben beim Kontakt, sie wollen mitmachen, nochmal abtelefoniert und eingeladen, selber aktiv zu werden, zur Aktionswoche zu kommen, selber an den Haustüren zu klingeln.
00:12:15
Speaker
Das hat auch besser geklappt, als wir gedacht haben.
00:12:16
Speaker
Das sind tatsächlich ein und die Leute, die wir an den Haustüren angesprochen haben, dann auch später selber aktiv geworden.
00:12:21
Speaker
Genau.
00:12:22
Speaker
Und ein Element von dem Telefonorganizing war auch so eine Art Get-out-the-Vote-Element.

Strategien des Organizing

00:12:28
Speaker
Das ist, glaube ich, in den USA eher ein Thema versuchen, dass möglichst viele Leute, die auch sonst nicht wählen oder in der Vergangenheit vielleicht nicht gewählt haben, das erste Mal wählen.
00:12:37
Speaker
Wir haben dafür quasi so eine Sammel-SMS kurz vor der Wahl nochmal verschickt, wo Leute nachgucken konnten,
00:12:43
Speaker
Was ist bei mir das nächste Wahllokal?
00:12:45
Speaker
Da gibt es eine Internetseite für von Berlin.
00:12:47
Speaker
Und genau, nochmal in ein, zwei Sätzen erklärt, warum jetzt diese Wahl wirklich wichtig ist, warum es wichtig ist, dass die morgen wählen gehen.
00:12:55
Speaker
Genau.
00:12:56
Speaker
Und dann gab es auch so Community-Organizing-Elemente, würde ich sagen, wo vor allem Ferad selber...
00:13:03
Speaker
viel in Moscheen zu Besuch war, in Kulturzentren, Vereinen, zu Diskussionsveranstaltungen.
00:13:10
Speaker
Das ist manchmal auch durch die Haustüren zustande gekommen.
00:13:12
Speaker
Also dass Leute zum Beispiel gesagt haben, ich bin ein sehr aktives Mitglied bei mir in der Moschee und wenn Ferhat mal mit meinem Imam telefoniert, vielleicht könnte er mal vorbeikommen.
00:13:21
Speaker
Genau und teilweise natürlich also größtenteils auch auf eigene Initiative von uns oder von dem Team von Ferhat, die dann angefragt haben, ob er da vorbeikommen kann.
00:13:29
Speaker
Und das Winterfest war die Idee auch so ein bisschen an der Inspiration von Leipzig, wo auch schon mal so eine erfolgreiche Haustürkampagne stattgefunden hat, nochmal einen Moment zu haben, wo Nachbarinnen einfach zusammenkommen, sich gegenseitig kennenlernen, man so ein bisschen mehr in der Nachbarschaft ein Gefühl etabliert von hier ist wirklich eine Bewegung, hier ist nicht nur einmal jemand bei euch an der Haustür, sondern jetzt während der Wahl, aber auch langfristig ist die Linke einfach quasi die Partei, die hier präsent ist und weil sie nah an den Menschen dran ist.

Ziel: Gemeinschaft und Zugehörigkeit

00:13:58
Speaker
und auch so einen Umfeldeffekt, nennen wir das so, zu stärken.
00:14:02
Speaker
Also eine Person hat ein Haustürgespräch, ist vielleicht überzeugt, Ferhat zu wählen, aber wenn die Person dann nochmal mit ihren Kindern und mit ihrer Nachbarin zum Winterfest kommt, vielleicht Ferhat als Kandidat kennenlernt, mehr ein Gefühl bekommt von, was bedeutet es eigentlich, hier Politik anders zu machen und so weiter, kriegt sie dann vielleicht auch nochmal mit ihren Kollegen und so weiter.
00:14:21
Speaker
Genau, ich glaube, dafür ist es wichtig, manchmal nicht nur inhaltlich zu überzeugen, sondern quasi auch ein Gefühl aufzubauen von, hey, das ist
00:14:28
Speaker
Ein Raum, wo ich mich wohlfühle, wo ich gerne mit meiner Familie hinkomme, wo ich eine gute Zeit habe, wo ich irgendwie mit meinen Nachbarinnen nicht connecten kann und so weiter.
00:14:36
Speaker
Ja, spannend und echt wirklich beeindruckend, was in so kurzer Zeit da auf die Beine gestellt wurde und dass man dann wirklich auch Menschen direkt aus der Nachbarschaft erreicht hat und zwar so viele auch, die dann da zusammenkommen, die vielleicht vorher echt noch nie aktiv waren.
00:14:50
Speaker
Sehr beeindruckend.
00:14:51
Speaker
Und aber man muss auch dazu sagen, dass natürlich Organizing, Methoden und Elemente für den Wahlkampf zu benutzen, jetzt auch keine Erfindung der Linken ist, also der Partei, sondern dass das sogar schon 2006 in den USA zur ersten Obama-Wahl auch schon versucht wurde.
00:15:10
Speaker
Community, Mobilizing und Organizing Elemente zu benutzen.
00:15:15
Speaker
Das war federführend von Marshall Gunz.
00:15:17
Speaker
Der ist in Organizing-Kreisen sehr bekannt.
00:15:20
Speaker
Heutzutage lehrt er an der Harvard University und der war ein führender Organizer bei den Farmworkers, also Weintrauben, Landwirte und Farmer.
00:15:33
Speaker
in Kalifornien in den 60er, 70er Jahren, wo eben massenhafte Streiks und Boykotte waren, die auch sehr prägend waren für viele Aktivistinnen der Zeit und von daher da auch viele gute Erfahrungen mitnehmen

Unterschied zwischen Mobilisierung und Organizing

00:15:47
Speaker
konnte.
00:15:47
Speaker
Und es wird gesagt, dass diese Organizing-Elemente eben maßgeblich auch zum Erfolg von Obama bei der ersten Wahl beigetragen haben sollen.
00:15:56
Speaker
Ja, ich finde nämlich, das ist auch was, was man nochmal ein bisschen weiter aufschlüsseln kann.
00:16:00
Speaker
Also die Organizing-Elemente quasi von dem Mobilisieren zu trennen, das ist ja etwas, worüber wir schon öfters gesprochen haben in den vorherigen Folgen, dass es eben einen Unterschied da gibt.
00:16:12
Speaker
dass man Menschen, die sowieso schon politisch aktiv sind, sehr kurzfristig mobilisieren kann für verschiedene Themen, was halt jetzt in diesem Beispiel ja auch stattgefunden hat, gerade bei den Aktionstagen, wo Menschen, die sich für andere Themen, feministische Klimathemen, Antirassismus oder so, sowieso schon aktiv sind, dann auf diesen Zug aufgesprungen sind und auch
00:16:34
Speaker
den Wahlkampf der Linken unterstützt haben versus wirklich dieses tiefe Organizing, wo man mit den Betroffenen in Kontakt geht, wo man quasi nicht die Aufgabe für sie übernimmt, sondern versucht sie zu ermutigen, sich selber für ihre Themen einzusetzen.
00:16:52
Speaker
Und das bedeutet eben, diese schwierigen Gespräche auch zu führen und diese herausfordernden Konversationen und Gespräche
00:17:00
Speaker
Deswegen fand ich es gut, dass es jetzt auch einige Elemente genannt wurden in Lillys Beitrag, die eben dieses Organizing auch widerspiegeln.
00:17:09
Speaker
Also das heißt, insbesondere das Winterfest, finde ich, ist ein schönes Beispiel dafür oder diese Stadtteilversammlung.
00:17:15
Speaker
wo es eben darum geht, Nachbarinnen kommen zusammen, sie lernen sich kennen und sie setzen sich zusammen für ihre Themen ein vor Ort mit einem guten strategischen Plan.
00:17:25
Speaker
Und ebenso Kneipenabende haben mir Menschen erzählt, die stattgefunden haben, wo langfristige Beziehungen aufgebaut wurden.
00:17:32
Speaker
Also man ist nicht um 17 Uhr, als man Feierabend gemacht hat, mit den Haustürgesprächen nach Hause gegangen und das war es dann, sondern die Menschen haben...
00:17:40
Speaker
angefangen, sich auszutauschen und eben diese Beziehung aufzubauen, auf die man dann in der Zukunft weiter anknüpfen kann.
00:17:47
Speaker
Und das ist eben für mich dieses Machtverständnis auch von dem Organizing, dass es darum geht, Führungsqualitäten bei verschiedenen Leuten auch zu entwickeln.
00:17:58
Speaker
und ihnen diese Arbeit eben nicht abzunehmen.
00:18:01
Speaker
Und gleichzeitig, finde ich, sieht man da auch wieder eine große Herausforderung bei dem Organizing, dass es halt aus dem gewerkschaftlichen Kontext kommt, also Gewerkschaften, die versuchen, ihren Betrieb zu organisieren, da Mehrheiten zu erreichen und sich für ihre zum Beispiel bessere Löhne oder gegen Entlassungen einzusetzen, das alles zu übersetzen und zu übertragen auf den Wahlkampf und auf andere politische Themen.
00:18:25
Speaker
Und ich
00:18:26
Speaker
Ich merke das auch selber, wir benutzen ja auch Organizing-Methoden, gerade in der Kampagne, die wir aufbauen, um insbesondere Landwirtinnen und Menschen in dörflichen Gebieten zu organisieren, dass das manchmal gar nicht so einfach ist, sich das quasi umzuwandeln von dem Unternehmen auf die Situation, in der man sich gerade befindet.
00:18:44
Speaker
Aber ich sehe da auch viel Potenzial für die Zukunft.
00:18:47
Speaker
Also in Gesprächen, die ich geführt habe mit den Menschen, wurde immer wieder gesagt, dass diese tiefen Organizing-Elemente den Menschen sehr wichtig sind und dass sie auch in Zukunft mit den Nachbarschaften und den Gemeinschaften arbeiten wollen, runde Tische anbieten wollen.

Langfristiges Engagement durch Organizing

00:19:02
Speaker
Ja, ich finde es gut, dass da auf jeden Fall ein Augenmerk draufgelegt wird, auch was wir schon öfters
00:19:07
Speaker
an Demonstrationen kritisiert haben.
00:19:09
Speaker
Menschen kommen für eine kurze Zeit zusammen, auch sehr viele, und gehen dann aber wieder und alles zerfleddert so.
00:19:15
Speaker
Also das ist nochmal eine wichtige Unterscheidung für mich.
00:19:19
Speaker
Ja, also es waren alles sehr viele wichtige, gute Punkte, die du gesagt hast, aber nochmal ganz kurz zum Festhalten.
00:19:25
Speaker
Also Morbilizing ist Menschen erreichen, Menschen gehen auf die Straße, die eh schon interessiert sind an den Themen.
00:19:31
Speaker
Organizing ist ins Gespräch zu kommen mit Menschen, die davor vielleicht keine Berührungspunkte mit den Themen hatten oder sich
00:19:37
Speaker
noch nicht eingebracht haben.
00:19:39
Speaker
Genau, also könnte man vielleicht so ganz, ganz doll runtergebrochen.
00:19:42
Speaker
Also es gibt verschiedene noch weitere Charakteristika dieser beiden, aber jetzt vielleicht auf dieses Thema hier bezogen, kann man sagen, ist vielleicht so diese eine der grundlegenden Unterscheidungen.

Neue Aktivisten im Organizing

00:19:51
Speaker
Und wenn wir jetzt so ein bisschen den Perspektivwechsel machen, hin zu den Menschen, die da tatsächlich auch mitbekommen,
00:19:57
Speaker
mitgegangen sind.
00:19:58
Speaker
Wir haben mal, als wir den Podcast entwickelt haben, jetzt gefragt, was interessiert Menschen an diesem Thema?
00:20:04
Speaker
Und da wurde oft die Frage gestellt, wie sind Menschen dazu gekommen?
00:20:08
Speaker
Also wie kriegt man das hin, dass auf einmal Leute, die nicht mal bei der Linken organisiert sind, dann wirklich sich da auf einmal anschließen?
00:20:15
Speaker
Welche Leute machen das?
00:20:17
Speaker
Wie war der Aufruf dahinter?
00:20:19
Speaker
Und diese Fragen haben wir eben auch gestellt.
00:20:21
Speaker
Und darauf geben uns Niki und Leander, die beide in Berlin mitgelaufen sind an den Haustüren, ein paar Antworten.
00:20:29
Speaker
Wie bin ich zum Organizing der Linken gekommen?
00:20:32
Speaker
Es war im November die Woche, in der Trump wieder Präsident in den USA wurde und dann das Ampel auskam, war irgendwie für mich total...
00:20:40
Speaker
Ja, der Schock und irgendwie habe ich total viel politische Ohnmacht gefühlt.
00:20:45
Speaker
Und in der Woche danach bin ich eben auf die Veranstaltung von Studis gegen Rechts aufmerksam geworden, die an der HU stattgefunden hat, bei der Ferdinand Kotak, der Direktkandidat für Neukölln, der Vorgang
00:20:56
Speaker
ja auch das Mandat im Endeffekt gewonnen hat durch das Organizing und Nam Su, ein Politiker aus Leipzig, bei dem das Organizing der Linken das erste Mal quasi ausprobiert wurde und wodurch das direkte Mandat bei den Landtagswahlen gewonnen wurde in Leipzig.
00:21:11
Speaker
Die beiden waren dort und es wurde eine kleine Mini-Dokumentation über diesen Haustürwahlkampf in Leipzig gezeigt und danach war so eine Diskussions- und Austauschrunde und auch eben die wurde erzählt, dass eben die Möglichkeit besteht, sich jetzt in Neukölln dort zu engagieren.
00:21:25
Speaker
Und irgendwie der ganze, es waren super viele Leute, der Raum ist quasi übergequollen vor Menschen.
00:21:30
Speaker
Und die Veranstaltung, was sie erzählt haben, hat irgendwie richtig kraftvoll und cool geklungen.
00:21:35
Speaker
Und ja, danach bin ich zum Haustürwahlkampf gekommen.
00:21:38
Speaker
Also ich habe im Wesentlichen eher Haustüren geklingelt, aber auch beflyert, vor allem in der Woche vor der Wahl.
00:21:43
Speaker
War nicht mehr so viel Haustüransprache, sondern da waren wir vor allem an S- und U-Bahnhöfen in der Rushhour unterwegs und haben da...
00:21:51
Speaker
nochmal Flyer verteilt und auch an anderen strategischen Orten am Wochenende zum Beispiel am Tempelhofer Feld und so weiter.
00:21:57
Speaker
Also ich bin zum Wahlkampf bei den Linken gekommen, weil ich einfach Ende letzten Jahres gesehen habe, dass die Linke aktuell nicht in den Bundestag kommt oder dass es zumindest sehr, sehr knapp wird.
00:22:08
Speaker
Und dass halt ein Rechtsruck bevorsteht, also auch in den Wahlen, aber ist schon erkennbar auch in den Diskussionen, Medien und so weiter.
00:22:19
Speaker
Wie gesagt, wir brauchen unbedingt eine linke parlamentarische Kraft, die sich halt gegen den Kapitalismus ausspricht, alternative Argumente bringt und halt auch, dass die ganze Finanzierung für Gehälter, Rosa-Luxemburg-Stiftung, da hängen ja ganz viele Sozialberatungen, da hängen ganz viele Sachen dran, dass die praktisch bestehen bleibt und dann
00:22:42
Speaker
Habe ich denen halt überall ein bisschen schon gefolgt, ein paar Kanäle.
00:22:46
Speaker
Und dann habe ich halt gesehen, okay, Haustür-Wahlkampf, Leute anrufen, das finde ich gut.
00:22:51
Speaker
Und dann bin ich über Instagram im Telegram-Kanal gejoint.
00:22:54
Speaker
Da habe ich dann gesehen, was für Treffen angeboten wurden und bin da zu einem Anrufsession gegangen, wo praktisch Mitglieder angerufen wurden, um die zu mobilisieren für...
00:23:04
Speaker
Die Kampagne in Neukölln war das.
00:23:07
Speaker
Und dann bin ich da hin und habe angefangen Leute anzurufen und habe da sozusagen angedockt.
00:23:12
Speaker
Ich habe dann mehrfach Haustüren geklingelt.
00:23:17
Speaker
Also das konnte man eigentlich unter der Woche immer am Nachhinein machen oder am Wochenende den ganzen Tag.
00:23:23
Speaker
Und keine Ahnung, ich war jetzt vielleicht fünfmal an den Haustüren in Berlin-Mitte und Berlin-Neukölln und einmal in Lichtenberg.
00:23:32
Speaker
Da war mir sozusagen klar, dass da die Direktmandate gewonnen werden können.
00:23:36
Speaker
Und dann habe ich vielleicht zehn Telefonaktionen mitgemacht oder selber organisiert mit Absprache mit den Leuten.
00:23:46
Speaker
Aber es gab auch noch andere Sachen wie Flyern, Plakate aufhängen.
00:23:49
Speaker
Es gab auch was wie eine rote Tafel, wo Essen verteilt wurde und die Leute mit den Leuten ins Gespräch gekommen sind.
00:23:58
Speaker
Das fand ich auf jeden Fall auch sehr spannend.
00:24:00
Speaker
Für mich war es eigentlich eine kleine Überwindung auf jeden Fall am Anfang Haus der Wahlkampf zu machen.
00:24:07
Speaker
Ich hatte schon am Anfang die Einschätzung von, ja okay, ich weiß, das ist das Effektivste.
00:24:11
Speaker
Also ich habe das 2021 schon mal gemacht.
00:24:13
Speaker
Da wurde mir auch gesagt, dass ungefähr jede zwölfte Haustür dafür führt, dass es eine Wahl zu sein gibt.
00:24:20
Speaker
Aber ich hatte mir schon gedacht, die Leute jetzt positiv drauf reagieren werden, gerade wenn man so ein bisschen ausführlicher ins Gespräch kommen will.
00:24:28
Speaker
Ja, und dann waren aber eigentlich...
00:24:30
Speaker
Einige Erfahrungen erstaunlich positiv, also dass Leute wirklich sich Zeit genommen haben, Leute, die halt nicht politisch waren.
00:24:36
Speaker
Natürlich vor allem halt auch viele Leute, die eh schnell mit sympathisiert haben, dass die sozusagen sich die Zeit genommen haben, da nochmal ins Gespräch zu gehen.
00:24:46
Speaker
Aber selbst die, da wussten die Leute halt ganz oft nicht, wer die Direktkandidatin sind, wie die strategische Wahlsituation ist oder was die Linke so generell strategisch gerade macht.
00:24:58
Speaker
Ja, also super spannend.
00:24:59
Speaker
Gerade bei Niki, finde ich, benennt sie eben genau das, was ja auch oft als einen Erfolgsfaktor für Protest eben genannt wird, wenn sich sogenannte Möglichkeitsfenster

Auslöser für Organizing-Teilnahme

00:25:08
Speaker
öffnen.
00:25:08
Speaker
Also wenn man darauf schaut, wie die Umstände gerade in dem Land sind.
00:25:13
Speaker
Es gab die riesigen Demonstrationen gegen den
00:25:17
Speaker
Das Aufweichen der Brandmauer gegen rechts.
00:25:19
Speaker
Es gab das Ampel aus.
00:25:20
Speaker
Trump wurde gewählt.
00:25:21
Speaker
Das sind Umstände, die, glaube ich, viele Menschen bewegt haben und die dann eben auch dazu führen können, dass sich Menschen schneller engagieren oder dann wirklich auch diesen Schritt wagen, wo sonst vielleicht nochmal eine größere Hürde ist, Teil davon zu werden.
00:25:33
Speaker
Und was ich auch sehr spannend fand, was Leander nochmal gesagt hatte, und das hat sich in vielen Gesprächen, die ich geführt habe, wiedergespiegelt, dass es natürlich am Anfang eine Überwindung war.
00:25:44
Speaker
Also wenn man einfach bei einem fremden Menschen an die Haustür klingelt, es ist eine krasse Überwindung, gerade wenn man dann Positionen vertreten muss, die man vielleicht, ja, wenn man nicht Teil der Linken ist, nicht zu 100 Prozent vertritt oder auch gar nicht so viel erstmal darüber weiß.
00:25:59
Speaker
Dass ich aber häufig oder in den meisten Fällen mit den Menschen, mit denen ich gesprochen habe, dann
00:26:03
Speaker
das als sehr positiv herausgestellt hat und auch wenn es ein paar negative Erfahrungen gab, insgesamt die Erlebnisse und die Erfahrungen durchweg eigentlich positiv waren und die Menschen sehr viel Motivation dazu bekommen haben, das fand ich irgendwie schön, weil häufig hat man ja doch einfach sehr viel Angst davor,
00:26:19
Speaker
Ja, das kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass es ein bisschen Überwindung auf jeden Fall schon kostet.
00:26:25
Speaker
Aber ich glaube, das führt mich definitiv auch zu einer anderen Frage, die ich hatte.
00:26:28
Speaker
Wie haben sie das geschafft?
00:26:29
Speaker
Also warum hat es geklappt?
00:26:30
Speaker
Und einen Punkt hat ja eben auch Leander schon gesagt, dieses Gefühl von Dringlichkeit, dieses Gefühl, und ich glaube, beide haben es auch angesprochen, auch meine ganze politische Situation, dieses Gefühl von, okay, man muss irgendwas tun, weil der Rechtsruck steht vor der Tür quasi und tatenlos zuzusehen ist keine Option.
00:26:48
Speaker
Und dass das dann, glaube ich, sehr viele Menschen auch motiviert hat, sich daran zu beteiligen und somit eben das auch möglich war, so viele Haustüren dann auch zu bespielen, sage ich mal.
00:26:57
Speaker
Also das war auf jeden Fall ein Faktor.
00:26:59
Speaker
Aber ich kann mir vorstellen, dass da noch ein paar andere Sachen auch eine Rolle gespielt haben für diesen Erfolg des Organisings.
00:27:05
Speaker
Ja,

Zentrale Strategien im Organizing

00:27:06
Speaker
genau.
00:27:06
Speaker
Du hast ja gesagt, die moralen Schocks nennt man die ja auch.
00:27:09
Speaker
Also wenn wirklich was passiert, was dann ganz viel, also ein großes Ungerechtigkeitsgefühl auch auslöst bei den Menschen.
00:27:15
Speaker
Das ist auf jeden Fall eine Sache.
00:27:17
Speaker
In den Gesprächen wurde auch immer wieder genannt, dass die Linke einfach einen sehr überzeugenden Plan hatte.
00:27:23
Speaker
Also gesagt hat, hier vor Ort in diesem Bezirk in Berlin, gerade zum Beispiel auch in Lichtenberg, geht es echt um die Wurst.
00:27:31
Speaker
Wir können hier das Direktmandat holen und wir können gleichzeitig das Direktmandat der AfD verhindern, die so Kopf in Kopf waren auch in dem Bezirk.
00:27:41
Speaker
Und ich glaube, das hat viele Menschen einfach auch überzeugt, dieses wir haben einen Plan, schließt sich uns an.
00:27:48
Speaker
Und dieses Selbstbewusstsein, selbst wenn man auch die Umfragewerte so niedrig waren, aber trotzdem viele einfach daran geglaubt haben,
00:27:54
Speaker
viele Menschen da auch mitzureisen.
00:27:56
Speaker
Und dann natürlich halt die Quintessenz des Organisings ist ja das Anliegen der Menschen, wie du, ich, alle möglichen unsere Familien quasi zu vertreten.
00:28:08
Speaker
Und das wurde halt durch diese Haustüren ja insbesondere geschafft, dass man den Menschen wirklich zugehört hat.
00:28:14
Speaker
Das ist ja auch ein großer Kritikpunkt am politischen System, dass es sehr entfernt ist, die Leute, die im Bundestag sitzen, von dem, was die Menschen zu Hause auf dem Sofa schlagen.
00:28:23
Speaker
für Probleme haben und da anzudocken, auch mit Menschen ins Gespräch zu kommen, mit denen man sonst nicht spricht und sie dann umstimmen zu können, das hat, glaube ich, weil es auch an vielen Stellen sehr erfolgreich war, einen großen Hype ausgelöst.
00:28:36
Speaker
Und da hat uns nämlich Willem, der in Leipzig das Organizing mitgemacht hat, eine Geschichte erzählt.
00:28:43
Speaker
Vielleicht an der Stelle nochmal auch zu den anderen Schnipseln.
00:28:47
Speaker
Viele davon waren einfach Sprachnachrichten, die uns die Menschen geschickt haben.
00:28:51
Speaker
Also falls ihr euch wundert, dass das vielleicht ein bisschen anders klingt, als ihr es gewohnt seid von unserem Podcast, ist das einfach der Grund.
00:28:57
Speaker
Aber wir wollten das halt auch möglichst einfach machen, dass Menschen einfach ihre Geschichten mit uns teilen können.
00:29:02
Speaker
Aber jetzt lass uns einmal Willem zuhören.
00:29:05
Speaker
Das Erste war, das war eine Protestwählerin, die sich für die AfD entschieden hatte.
00:29:09
Speaker
Da war viel Wut, viel Prost.

Empathie und politische Veränderungen

00:29:11
Speaker
Erstmal nach dem Öffnen der Tür, sehr Ablehnung.
00:29:17
Speaker
Ja, es ist dann auch Fremdenfeindlichkeit erstmal zu spüren und zu hören.
00:29:22
Speaker
Und dann hat das aber eine 180-Grad-Wendung gemacht, würde ich sagen.
00:29:27
Speaker
Und das war, das war vielleicht nach zwei, drei Minuten oder sowas.
00:29:31
Speaker
Also diese Person hat auch sehr schnell angefangen zu reden und sehr laut und hat dann angefangen, von ihrem Leben zu erzählen, von Miete, von Einsamkeit, von keinem Kontakt zu Kindern, von Dingen, die sehr...
00:29:52
Speaker
letztlich sehr traurig waren.
00:29:54
Speaker
Und vor allem deshalb auch, weil dann die Person auch angefangen hat zu weinen.
00:29:57
Speaker
Wir haben dann auch zusammen geweint und schlussendlich
00:30:01
Speaker
Ja, schlussendlich hat dann sich die Person bedankt fürs Zuhören.
00:30:05
Speaker
Ich habe mich auch bedankt.
00:30:08
Speaker
Und genau, letztlich, also das war, glaube ich, dann nochmal irgendwie auch irgendwie fast, also eher überraschend so.
00:30:16
Speaker
Die Person hat über das Zuhören, also für mich überraschend zu dem Zeitpunkt auf jeden Fall, hat sich dann im Laufe dieses Gesprächs von 20 Minuten überraschend,
00:30:25
Speaker
in der ihr einfach zugehört wurde, hauptsächlich.
00:30:30
Speaker
Es ist weg von der AfD gegangen und hat am Ende gesagt, dass sie jetzt die Linke wählen wird.
00:30:39
Speaker
Ich glaube vor allem für mich deshalb überraschend, weil, und das war auch ein Grund, warum ich das gemacht habe oder angefangen hatte, das war vor allem diese Verhärtung, diese gesellschaftliche Verhärtung,
00:30:51
Speaker
Sie hat natürlich dann auch in mir stattgefunden.
00:30:54
Speaker
Aber sie hat bei mir auf jeden Fall stattgefunden.
00:30:56
Speaker
Und über so ein persönliches Gespräch eine gemeinsame Nähe zu schaffen, das hat uns beiden in dem Moment sehr

Authentisches Engagement im Organizing

00:31:05
Speaker
viel geholfen.
00:31:05
Speaker
Und das war eine sehr eindrückliche Erfahrung.
00:31:10
Speaker
Ja, das berührt einen schön, wenn man sowas hört und ich bin wirklich davon überzeugt, dass wenn Menschen sich gehört fühlen, dass das echt sehr, sehr, sehr viel ändern kann, sowohl gesellschaftlich als zwischenmenschlich.
00:31:22
Speaker
Das ist einfach total wichtig, sich nicht so über Menschen zu stellen, sondern irgendwie ins Gespräch zu kommen und zuzuhören.
00:31:30
Speaker
Ja, ich war auch total überrascht davon.
00:31:32
Speaker
Ich habe es mir anders vorgestellt, dass Leute einfach an die Haustür gehen und ein sehr sachliches Gespräch führen.
00:31:37
Speaker
Aber das ist wirklich, neben Willem haben mir noch so viele andere Menschen Geschichten darüber erzählt, dass es wirklich emotional berührende Momente waren und auch krass diese Geschichten zu hören, wenn Menschen chronische Krankheiten haben oder
00:31:50
Speaker
Auch die ganzen Lebensmittel, die teurer werden, die sich das nicht mehr leisten können.
00:31:55
Speaker
Und da eben anzusetzen, mit den Menschen gemeinsam zuzuhören und dann daran zu arbeiten, das ist, glaube ich, eine große Stärke des Organisings und warum auch jetzt die Linke so viel Erfolg hatte.
00:32:06
Speaker
Sie entwickeln ja auch ihr Wahlprogramm.
00:32:08
Speaker
Oder Teile des Wahlprogramms daraus.
00:32:10
Speaker
Ja, das macht das Ganze einfach sehr authentisch und nahbar.
00:32:13
Speaker
Und ein letzter Punkt vielleicht zu der Analyse, warum es so erfolgreich war, den hatte ich nicht so auf dem Schirm.
00:32:21
Speaker
Aber klar, das ist eine der ersten Sachen, wenn man sich mit Widerstandsliteratur beschäftigt, dann sieht man, dass das, wenn Bewegungen und Kampagnen gut trainiert sind, dass natürlich die Erfolgschance auch wiederum
00:32:32
Speaker
viel größer ist, dass sie viel disziplinierter sind, koordinierter, auch widerstandsfähiger gegen Repressionen.
00:32:39
Speaker
Und da fand ich es richtig spannend zu hören, wie das Training von den Menschen, die jetzt an den Haustürn waren, abgelaufen ist, weil es sehr kurz war.
00:32:49
Speaker
Also es hat mich sehr überrascht, 30 Minuten nur, war da so ein Training und das hatte aber auch einen ganz gewissen Grund, den uns jetzt noch mal Liddy von der Kampagne aus Neukölln kurz schildern
00:33:03
Speaker
Ja, ich glaube, die Trainings sind deswegen so kurz ein bisschen auch aus der Überzeugung heraus, dass man viel mehr lernt über Gesprächsführung, wenn man einfach die Gespräche führt.
00:33:13
Speaker
Also man kann noch so gut darauf vorbereiten.
00:33:16
Speaker
Also wenn das Training länger dauert, werden die Fragen mehr, aber ich glaube nicht unbedingt, dass man mehr lernt dabei.
00:33:22
Speaker
Und ich habe auch viel die Rückmeldung bekommen, dass wenn wir dieses Gespräch, was wir immer gemacht haben, ihr übt jetzt einmal das Gespräch und tauscht dann, wenn wir das weggelassen haben, dann war das total verunsichern für Leute.
00:33:33
Speaker
Und das hat mich nochmal irgendwie daran bestätigt, dass es einfach viel mehr bringt, wenn man direkt an die Haustüren geht und dann aber auch es am Ende auswertet und nochmal darüber spricht.
00:33:42
Speaker
Genau, wir haben...
00:33:44
Speaker
versucht so Vertiefungsschulungen anzubieten.
00:33:47
Speaker
Also für die Kiez-Organizerin gab es sowieso unter der Woche zweimal eine Vertiefungsschulung zu gewissen Einwänden, zu schwierigen Situationen an der Haustür, bestimmten Argumenten, die wir durchgearbeitet haben.
00:33:59
Speaker
Aber auch darüber kann man nur sprechen, wenn man schon in den Haustüren war.
00:34:02
Speaker
Und wir haben auch gemerkt, dass
00:34:05
Speaker
Leute sicherer werden in den Gesprächen, einfach je häufiger sie kommen und nicht unbedingt, je länger die Schulung ist.
00:34:10
Speaker
Und deswegen war unser Fokus mehr darauf, zu versuchen, dass die Leute an den Haustüren bleiben, mehrmals kommen und so weiter, als dass sie irgendwie einmal kommen, eine Zwei-Stunden-Ausbildung haben und dann irgendwie nie wieder.
00:34:22
Speaker
Genau.
00:34:22
Speaker
Das war auch manchmal eine Schwierigkeit, also dass Leute dann an die Haustüren gehen, nicht zur Ausbildung kommen und dann nicht wieder kommen.
00:34:28
Speaker
Das liegt auch, glaube ich, so ein bisschen an Großstadt und alle haben viel zu tun, aber das ist auf jeden Fall eine Herausforderung gewesen.
00:34:35
Speaker
Und dann, glaube ich, muss man auch einfach damit leben, wenn man so eine Masse an Haustünen schaffen will, dass viele Leute Gespräche führen, die nicht genauso, wie sich das vielleicht eine zweijährig ausgebildete Organiserin vorstellen würde, das Gespräch perfekt führen.
00:34:48
Speaker
Ich glaube, es ist auch total in Ordnung und die Gespräche waren auch deswegen authentisch, weil da häufig Leute waren, denen man angemerkt hat, dass sie das sonst nicht machen, dass sie irgendwie die andere Person an der Haustür gemerkt hat.
00:34:57
Speaker
Da steht jetzt jemand vor mir, die macht das gerade in ihrer Freizeit zum ersten Mal.
00:35:01
Speaker
Die muss ja wirklich davon überzeugt sein, dass Ferhat ein krass guter Kandidat ist.
00:35:04
Speaker
Weißt du, wie ich meine?
00:35:04
Speaker
Ja, das ist also auf jeden Fall schon beeindruckend, mit einem halbstündigen Training sowas dann irgendwie hinbekommen zu haben und auf die Beine gestellt zu haben.
00:35:14
Speaker
Weil ich erinnere mich, unsere betrieblichen Organizing-Trainings waren immer so ein ganzes Wochenende, zum Teil von Freitagabend bis Sonntag.
00:35:22
Speaker
Und das war immer sehr überwältigend und erschlagend.
00:35:25
Speaker
Und da weiß ich nicht genau eben, ob das nicht dann doch viel effizienter ist und letztendlich die gleiche Wirkung hatte,
00:35:31
Speaker
Mit dem Halbstündigen.
00:35:33
Speaker
Also das finde ich schon gut zu wissen, dass es auch kürzer geht.
00:35:36
Speaker
Ja und von daher, genau, ich versuche ja auch jetzt so Schlüsse für mich draus zu ziehen und ich denke da aus der ganzen Erfahrung, jetzt nicht nur wie das Training war, sondern eben die ganzen Organizing-Methoden, die da verwendet wurden.
00:35:48
Speaker
dass da schon auch andere Gruppen und Bewegungen was daraus klären können, also dass das schon angewandt werden kann.
00:35:54
Speaker
Also das hatte ich damals auch schon das Gefühl, als ich im betrieblichen Organizing war, dass ich das Gefühl habe, das kann man auch für größere gesellschaftliche Krisen und Probleme und Herausforderungen anwenden und benutzen.
00:36:07
Speaker
Und an sich, glaube ich, ist ein wichtiger, wichtiger Punkt, dieses nicht nur versuchen, quasi die Massen zu erreichen über eben...
00:36:17
Speaker
über Massenmedien oder soziale Medien, sondern wirklich, dass für alle Bewegungen und für alle Zwecke es wichtig ist, den direkten persönlichen Kontakt zu suchen und das Gespräch und auch dieses Zuhören.
00:36:31
Speaker
Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Aspekt.
00:36:32
Speaker
Erstmal zuhören, was bewegt die Menschen, was braucht sie und sie da vielleicht dann abzuholen, das aufzugreifen und tatsächlich dann auch was damit zu machen.
00:36:41
Speaker
Und ich glaube schon, dass das etwas ist, was in anderen Kontexten auch passiert,
00:36:46
Speaker
weiterhin fehlt und was auch weiterhin angewandt werden könnte.
00:36:49
Speaker
Aber klar, ich meine, Gefahren sind

Vielseitige Anwendbarkeit von Organizing

00:36:51
Speaker
da auch.
00:36:51
Speaker
Also ich glaube eben nicht nur, dass zum Beispiel die Klimabewegung, wie ihr jetzt, das Organizing benutzt, sondern eben auch andere soziale Kräfte.
00:37:01
Speaker
Das ist ähnlich, wie wir es in den vorherigen Folgen in der ersten Staffel auch schon gesagt hatten zum zivilen Widerstand.
00:37:06
Speaker
Also es ist einfach ein wirksames Tool, was für andere Interessen auch genutzt werden kann.
00:37:12
Speaker
Also ich würde sagen, die
00:37:13
Speaker
Basisarbeit der AfD da.
00:37:15
Speaker
Die sind ja auch viel in Jugendvereinen und so weiter und so fort unterwegs.
00:37:19
Speaker
Und da versuchen sie auch natürlich auch was ähnliches.
00:37:22
Speaker
Und von daher, es ist halt ein Werkzeug.
00:37:25
Speaker
Und wenn das erstmal entdeckt wird, die Wirksamkeit, kann das natürlich für alle möglichen Zwecke verwendet werden.
00:37:31
Speaker
Das ist so eine Gefahr, die ich sehe.
00:37:32
Speaker
Ich weiß nicht, was für Gefahren siehst du denn noch so unter Risiken in Bezug auf Organizing für andere Gruppen und andere Belange zu verwenden?

Herausforderungen nach der Wahl

00:37:41
Speaker
Ja, auf jeden Fall das, was du gesagt hast.
00:37:43
Speaker
Und ich denke darüber hinaus noch zwei weitere Punkte, die ich als Gefahren einordne, wenn man auch nochmal so ein bisschen auf die Geschichte guckt, in ähnliche Kampagnen, Wahlkampagnen, zum Beispiel hast du die von Obama 2008 genannt, wo eben zwei Punkte aufkamen.
00:38:00
Speaker
Und zwar einmal hat eine der bekannten Organiserinnen, Jane McAlevey, die wir auch schon öfters hier genannt haben, auch gesagt, dass es immer eine große Gefahr ist, dass
00:38:10
Speaker
zu dieser Wahl hin, also bevor quasi gewählt wird und was jetzt passiert ist mit den Linken, dass da die interessantesten, die wichtigsten Gespräche stattgefunden haben und da die ganze Energie und die Aufregung und der Spirit, dass der in diese Zeit reingeflossen ist und dass aber man dazu neigt, also
00:38:28
Speaker
Das ist keine Prognose, was bei den Linken passiert ist, kann ich nicht beurteilen, aber eine generelle Gefahr ist halt, dass es nach der Wahl wieder so ein bisschen hinten runterfällt, diese Energie halt abflacht und das einfach, weil die Dringlichkeit auch ein Stück weit wegfällt.
00:38:44
Speaker
eben nicht mehr so dieses Krisengefühl hat und dran bleibt.
00:38:47
Speaker
Und das sehe ich auf jeden Fall als einfach eine Herausforderung, diese ganze Arbeit über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten und jetzt auch gerade nach der Wahl immer wieder auch in das politische Geschehen einzubringen.
00:39:00
Speaker
Und das leitet auch ganz gut über zu einer zweiten Gefahr, die ich sehe, die tatsächlich Marshall Gantz, hast du vorhin auch genannt, der war ja sehr enttäuscht nach der Obama-Kampagne und hat
00:39:12
Speaker
darüber gesprochen, dass Barack Obama von einem Transformational-Anführer zu einem Transactional-Anführer geworden ist.
00:39:20
Speaker
Also jetzt englische Begriffe, ich ordne das mal kurz ein.
00:39:23
Speaker
Und zwar hatte er quasi geäußert, die Kritik geäußert, dass am Anfang, gerade während dieser Wahlkampf lief, Barack Obama aufgetreten ist als eine Person, die sich viel für die Anliegen verwendet.
00:39:35
Speaker
aus der Bevölkerung eingesetzt hat, große Visionen gesponnen hat, sehr mutig, hoffnungsvoll aufgetreten ist und auch einfach sehr verwurzelt in der Bewegung war.
00:39:44
Speaker
Was man jetzt ja gerade bei vielen linken Politikern auch sieht, die jetzt gewählt wurden, dass eben diese Basisarbeit überhaupt dazu beigetragen hat, dass sie jetzt gewählt werden konnten.
00:39:55
Speaker
Und Marshall Gans übt da eben Kritik und sagt, das hat sich aber nach der Wahl total verändert gehabt,
00:40:01
Speaker
Die Organisation, die vorher das Organizing gemacht hat, wurde überführt in eine quasi NGO, die dann nur noch für Fundraising da war, also Geld zu gewinnen und so ein paar nette Kampagnen zu fahren, aber hat total ihren Zahn verloren.
00:40:18
Speaker
Und auch Barack Obama hat seinen Stil, seinen Führungsstil komplett geändert und hat eben nicht mehr mit diesen Menschen gemeinsam an den Themen gearbeitet, sondern sehr, ist in dieses politische System sehr eingetaucht, hat verhandelt, hat mediiert, hat quasi die, ja, den Kampfgeist, den er am Anfang hatte, auch ein bisschen fallen lassen.
00:40:39
Speaker
Und klar, ich meine, ich bin,
00:40:41
Speaker
Es wäre politisch naiv zu sagen, man kann regieren, wenn man jetzt keine Kompromisse macht oder auch mit anderen Parteien quasi nicht kooperiert.
00:40:49
Speaker
Das ist nicht das, was ich sagen will, sondern der Punkt ist einfach, dass es ein anderes Machtverständnis ist, dass er, als er gewählt wurde, dann gesehen hat oder gedacht hat, dass er nicht mehr auf diese Bewegung angewiesen ist, während Maschek Gans sich sehr gewünscht hätte eigentlich, dass die Bewegung da mehr mit einbezogen worden wäre.
00:41:07
Speaker
Und ja, da sehe ich auf jeden Fall eine Gefahr, dass diese ganzen Organiserinnen jetzt quasi links liegen gelassen werden könnten, wenn man sich auf dieses politische Geschehen so einstellt und ja, das große Machtverständnis, was ja eben diese Menschen mit sich bringen, missachtet.
00:41:23
Speaker
Also nochmal kurz zusammengefasst, das war jetzt ein langer Punkt.
00:41:27
Speaker
Einmal eben, dass die Energie verloren geht und auf der anderen Seite, dass die Organiserinnen politisch quasi unwichtig gemacht werden, weil sich jetzt auf das normale Verhandeln zwischen den Parteien fokussiert wird, obwohl das ja eigentlich wichtig wäre, die mit einzubeziehen.

Entwicklung und Verbreitung von Organizing

00:41:42
Speaker
Ja, das erinnert mich auch ein bisschen an die vorherige Folge mit Carola Rackete, die auch meinte, dass es schade ist, wenn es so gegeneinander ausgespielt wird, sondern dass es sich gut ergänzen sollte.
00:41:52
Speaker
Also dass es natürlich gut ist, wenn Bewegungen so den Rückhalt geben und die gesellschaftliche Verwurzelung und die Parteipolitik dann so der parlamentarische Ausdruck ist von dem Bilden der Menschen.
00:42:06
Speaker
So sollte es ja eigentlich auch sein.
00:42:08
Speaker
Aber zu Obama wollte ich auch nochmal eine Sache sagen, was einige auch nicht wissen, dass er selber ja auch Community Organizer war.
00:42:15
Speaker
Und da ist es dann doppelt enttäuschend, wenn jemand quasi diese ganze Logik auch durch hatte und selber an der Stelle schon gewesen ist und dann trotzdem in der entsprechenden politischen Position dann anders handelt.
00:42:28
Speaker
Ja, das ist dann natürlich bitter.
00:42:31
Speaker
Ja, aber dieses Community Organizing, das erlebt ja seit, ja, ich würde schon sagen, seit der Obama-Wahl immer mehr Bekanntheit und ist irgendwie so eine Renaissance.
00:42:44
Speaker
Wie gesagt, in den 60er, 70ern war das ja auch sehr verbreitet.
00:42:48
Speaker
Und jetzt sogar die Naumann-Stiftung, die ja FDP-nah ist, bietet ja jetzt auch Community Organizing-Seminare an, was ich sehr, sehr spannend finde.
00:42:55
Speaker
Ich frage mich auf die FDP dann im nächsten Wahlkampf,
00:42:59
Speaker
auch auf solche Mittel zurückgreift.
00:43:01
Speaker
Das werden wir dann sehen.
00:43:02
Speaker
Aber ich will nur sagen, es ist wie gesagt ein Tool.
00:43:05
Speaker
Die Wirksamkeit wird entdeckt und kann von allen möglichen Leuten verwendet werden.
00:43:11
Speaker
Ja, ich finde, das ist eigentlich eine gute Überleitung jetzt zu unserem Schlusszitat, was heute tatsächlich auch von einer der Organiserinnen aus dem Wahlkampf selbst kommt.
00:43:23
Speaker
Wir hören nochmal zu Niki.
00:43:26
Speaker
Also für mich war generell Teil des Haustür-Wahlkampfs von der Linken zu sein, eine total positive und so empowernde und so hoffnunggebende Erfahrung, wie gesagt.
00:43:35
Speaker
Also es ist wirklich so kraftvoll und wichtig und
00:43:40
Speaker
Ja, so ein wichtiges, spannendes Tool, so mit Menschen ins Gespräch zu kommen und ja, quasi für diese sozialen Kämpfe sich so aufzustellen und das mit diesen Methoden zu machen.
00:43:51
Speaker
Und das war irgendwie für mich voll die politisierende so Schlüsselerfahrung und auch irgendwie so...
00:43:58
Speaker
Total spannend, das zu lernen und zu erfahren.
00:44:01
Speaker
Und ich meine, es wurde auch konkret unser Wahlkampf mit Erfolg gekrönt.
00:44:06
Speaker
Ferbert Kordok ist als Direktmandat für Neukölln in den Bundestag eingezogen.
00:44:10
Speaker
Und ich freue mich voll, dass jetzt auch diese Bewegung und dieses Community Engagement auch weitergeführt wird über den Wahlkampf hinaus.
00:44:18
Speaker
Und ich glaube auf jeden Fall, dass Organizing ein super kraftvolles Tool ist, um eben Macht von unten aufzubauen.
00:44:26
Speaker
Ja, also Niki hat es jetzt nochmal gesagt, es ist ein sehr mächtiges Werkzeug, um von unten Kraft aufzubauen und Macht und Stärke.
00:44:33
Speaker
Und wir hoffen, dass diese Folge dazu beiträgt, dass dieses Thema auch außerhalb unserer gewohnten Kreise weiter für Begeisterung sorgen kann und eben diese Motivation auch weitergetragen wird.

Förderung von Organizing-Kursen

00:44:46
Speaker
Und wenn ihr jetzt das Gefühl habt, das klingt schon nach einer spannenden Sache, da würde ich mich gerne weiter mit beschäftigen, mehr darüber erfahren.
00:44:53
Speaker
Es gibt ja diesen Organizing for Power-Kurs, den wir auch schon mal angesprochen hatten, von der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
00:44:59
Speaker
Ich hatte den damals 2019 mitgemacht, als es losging damit, damals mit Jane McAlevey.
00:45:06
Speaker
Und seitdem wurden wirklich, glaube ich, über 40.000 Menschen von über 1.800 Gewerkschaften, aber eben auch Organisationen aus Bewegungen aus 115 Ländern darin geschult.
00:45:17
Speaker
Und das ist einfach wirklich eine sehr inspirierende Erfahrung.
00:45:21
Speaker
Ich hatte damals auch zivilen Friedensdienst, tatsächlich andere Friedensfachkräfte auch motiviert, da mal reinzuschauen, weil wir auch versucht hatten, Community Organizing und Mobilizing Elemente und diese Denkweise so ein bisschen auch
00:45:33
Speaker
reinzubringen in unsere Arbeit.
00:45:35
Speaker
Ich kann mich erinnern, du hattest das letztes Jahr gemacht, Lea, oder?
00:45:39
Speaker
Wann war das?
00:45:41
Speaker
Genau, letztes Jahr im Mai.
00:45:42
Speaker
Ich mache ihn jetzt tatsächlich gerade nochmal mit der Kampagne, weil jetzt nochmal viele neue Menschen dazugekommen sind, die auch da drin trainiert werden.
00:45:49
Speaker
Also das wird so eine regelmäßige Sache bei uns werden, um immer neue Leute darin zu trainieren.
00:45:53
Speaker
Ah ja, schön, voll gut, richtig, richtig gut, dass ihr das macht.
00:45:58
Speaker
Ja, und genau, das läuft jetzt noch oder kann man da einfach so einsteigen?
00:46:02
Speaker
Vielleicht kannst du da was dazu sagen, Lea?
00:46:05
Speaker
Ich glaube, es ist am besten vielleicht beim, also man kann jetzt auf jeden Fall reinschnuppern, aber es sind so Sessions, die aufeinander aufbauen.
00:46:11
Speaker
Wenn man sich für den nächsten Kurs anmeldet, dann kriegt man alles von vorne mit.
00:46:16
Speaker
Okay, dann also wir packen euch den Link auf jeden Fall in die Shownotes.
00:46:19
Speaker
Das heißt also unter die Beschreibung der Folge, da sind ja immer so verschiedene Links.
00:46:24
Speaker
Organizing for Power, Rosa Luxemburg Stiftung kann man aber auch googeln.
00:46:28
Speaker
Genau, aber da könnt ihr das auf jeden Fall finden, wenn ihr euch das mal anschauen wollt.

Dank und kollektive Anstrengung

00:46:32
Speaker
Und ja, das war es dann erstmal zu diesem Thema, zu dieser Folge.
00:46:36
Speaker
Das nächste Mal machen wir dann tatsächlich die Fußball-Fan-Proteste mit Thomas Kessen über die erfolgreich abgewendeten Investoren-Deals.
00:46:48
Speaker
Aber ja, zur heutigen Folge vielleicht auch noch wäre es total schön, wenn ihr möchtet, das auch gerne zu verbreiten und an bekannte Freunde, Verwandte oder auch Journalistinnen zu schicken, die über den Erfolg der Linken geschrieben haben, aber halt zum Beispiel noch nicht den Organizing-Aspekt auf dem Schirm hatten bei der Analyse.
00:47:06
Speaker
Da würden wir uns total freuen.
00:47:07
Speaker
Und natürlich weiterhin, wenn ihr uns folgt, Sterne gebt bei Spotify, Apple Podcast und Co.
00:47:14
Speaker
oder auch gerne auch bei Instagram,
00:47:16
Speaker
Instagram schreiben oder folgen, wenn ihr da mehr auch erfahren wollt über diese Themen.
00:47:23
Speaker
Wir freuen uns sehr über euren Support und eure Unterstützung und natürlich auch weiterhin gerne, gerne, gerne bei der GoFundMe Spendenkampagne
00:47:32
Speaker
was da lassen, damit wir weiterhin solche Folgen produzieren können.
00:47:37
Speaker
Für Schnitt und Technik und Sound und so weiter und so fort sind das, natürlich muss das auch alles irgendwie finanziert werden und da sind wir sehr, sehr, sehr, sehr dankbar.
00:47:46
Speaker
Jeder Euro hilft da sehr, sehr weiter.
00:47:49
Speaker
Aber auch da tun wir den Link unter die Folgenbeschreibung rein, da könnt ihr das da aufrufen.
00:47:54
Speaker
Ja, und danke auch nochmal an alle, die an dieser Folge mitgewirkt haben, also neben dem Studio zum Staunen, insbesondere auch an die Menschen, die mit uns gesprochen haben, deren Schnipsel wir jetzt verwenden durften.
00:48:06
Speaker
Also ein großes Dankeschön geht an Lilly, Antonia, Niki, Patricia, Leander, Willem und Fanny.
00:48:13
Speaker
Danke, dass ihr mit T-Taktik gesprochen habt.
00:48:16
Speaker
Vielen, vielen, vielen, vielen Dank.
00:48:18
Speaker
Und danke an alle, die Organizing anwenden, das Ausprobieren, sich trauen und weitermachen.
00:48:24
Speaker
Genau.
00:48:26
Speaker
Und weiterhin auch danke an die Stiftung Kraft der Gewaltfreiheit auch für die Unterstützung.
00:48:32
Speaker
Und ja, alles, alles Gute, liebe Leute.
00:48:36
Speaker
Bis zum nächsten Mal.
00:48:37
Speaker
Dann wieder letzten Donnerstag im April dann.
00:48:41
Speaker
Macht's gut.
00:48:42
Speaker
Tschüss.
00:48:42
Speaker
Tschüss.
00:48:44
Speaker
Diese Kampf ist eine, die du kannst.