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Gangarten richtig reiten: der Schritt - Töltverhör mit Stephan Fischer

S5 E170 · Takt und Verstand - der Islandpferde Podcast
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1.2k Plays8 days ago

Wie reite ich eigentlich die verschiedenen Gangarten richtig? Diese Frage beschäftigt gerade uns als Gangpferdereiterinnen sehr viel, denn wir wissen: mit unserem Sitz können wir bei unseren Pferden ganz schön viel verbessern...oder eben auch verschlechtern. Wir klären die brennenden Fragen im Töltverhör mit Sitz-Experte Stephan Fischer!

Mehr über Stephan und seine Arbeit findet ihr hier:
https://www.reiten-ist-kommunikation.de/
Instagram: reitenistkommunikation

Vielen Dank an unsere Werbepartner von HorseDay, der App, die speziell für das Islandpferd, seine Reiter, Besitzer, Ausbilder und Züchter entwickelt wurde. https://de.horseday.com/

Diese Folge enthält gemafreie Musik von frametraxx.de.

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Transcript

Einführung des Podcasts

00:00:00
Speaker
Diese Folge wird präsentiert von Horse Day. Tagt und Verstand der Islandpferdepodcast. Alles rund ums Islandpferd mit Svenja und Melanie.
00:00:30
Speaker
Hi Melanie, schön dich wieder zu sehen und zu hören. Wir sind zurück, neue Woche, neue Folge. Ich muss kurz atmen.
00:00:38
Speaker
Okay, während du atmest, mache ich dann einfach mal weiter, damit unsere Hörerinnen nicht einfach nur Stille hören. Das wäre zwar auch sehr entspannt, aber nicht so zielführend.

Vorstellung von Stefan Fischer

00:00:46
Speaker
Wir haben heute nämlich einen Gast bei uns im Podcast und dieser Gast möchte mit uns ganz dringend über das Reiten der verschiedenen Gangarten sprechen, weil er ist Experte für den Reitersitz. Herzlich willkommen, lieber Stefan. Hallo, danke für die Einladung, die erneute. Stimmt, wir haben ja schon mal mit dir gesprochen. Ja, ich durfte schon bei euch sein.
00:01:08
Speaker
Das ist schon ein paar Jahre her sogar. Oh Gott, das klingt furchtbar, wenn du das so sagst. Ja. Als wären wir alt? Nein, der Podcast ist halt einfach so erfolgreich, dass es den schon so lange gibt. Den gibt's tatsächlich jetzt schon richtig lange. Ja.

Sitzfehler und Korrekturmethoden

00:01:23
Speaker
Aber trotzdem, für alle, die nicht wissen, wer du bist, Stefan, kannst du nochmal ganz, ganz kurz zusammenfassen und dich vorstellen.
00:01:31
Speaker
Ja, also ich bin Stefan Fischer, ich bin hauptberuflich Trainer, darf Reiter und Pferde ausbilden und habe mich spezialisiert auf Sitzschulung, Einwirkung und klassische, ich sag mal, Sitzfehler, mit denen ich mich ganz viel beschäftige und über verschiedene Ideen wie Descented Riding und die Franklin Methode auflösen, wie sich solche Sachen auflösen lassen, gerade im Bereich auch mit Gangpferden, noch mal eine ganz spannende Sache tatsächlich.
00:01:58
Speaker
Genau, das wollte ich nämlich auch gerade sagen und wir haben ja letzte Woche Svenja schon drüber gesprochen, wie man die Gänge beeinflussen kann, wie die Energie des Reiters die Gänge beeinflussen kann und eben auch der Sitz des Reiters und deswegen wollten wir jetzt hier auf die einzelnen Gangarten nochmal explizit eingehen, um da auch in die Praxis einzusteigen.
00:02:19
Speaker
Genau, und dafür haben wir uns eben einen Stefan an unsere Seite geholt und explizit wollen wir darauf eingehen, wie eben auch die eigene Vorstellung der Gangart helfen kann, die korrekten Hilfen zu geben und das Pferd einfach ein bisschen besser zu reiten. Wir fangen in dieser Folge mit dem Schritt an. Wir fangen natürlich ganz vorne an und jetzt stelle ich einfach mal ganz naiv die Frage, Stefan, wie reitet man eigentlich richtig Schritt?

Was macht einen guten Schritt aus?

00:02:45
Speaker
Ja, das ist eine gute Frage. Da müssen wir eigentlich immer unsere Pferde fragen. Also das ist immer so ein bisschen die Ausgangslage tatsächlich. Was ist denn gut? Ist ja auch immer schon eine große Interpretationssache.
00:02:57
Speaker
Wie definieren wir dem Haupt, was gut ist? Und im Optimalfall, wenn wir unsere Pferde gerne haben und sie ganz lange reiten möchten, dann ist es natürlich gut. Vielleicht ein Gradmesser für Gesunderhaltens. Das wäre vielleicht ein Maßstab. Oder förderlich für die Beweglichkeit des Pferdes. Und da dran können wir ein paar Sachen festmachen, wann ein Schritt tatsächlich ein guter Schritt ist. Ein guter Schritt ist zum Beispiel der, der sich
00:03:24
Speaker
innerhalb der natürlichen Möglichkeiten des Pferdes bewegt. Das klingt jetzt erstmal ein bisschen abstrakt und einfach, aber im Prinzip geht es erstmal darum, dass wir real erkennen müssen, was für eine Schrittqualität hat unser Pferd von Natur aus und was kann ich zum Beispiel durch Ausbildung oder Training verbessern und was aber vielleicht eben auch nicht. Also da erstmal, bevor ich mir über gut und schlecht Gedanken mache, erstmal gucken, wo sind Möglichkeiten und Grenzen? Was kann ich von meinem Pferd verlangen?
00:03:53
Speaker
Das ist ein guter Punkt. Als Ausgangslage nehmen wir jetzt einfach mal den Schritt in der bevorzugten Geschwindigkeit meines Pferdes und wir wollen jetzt einfach erstmal nur als Reiter eine neutrale Sitzform finden.

Neutrale Sitzposition und Balance

00:04:06
Speaker
Kannst du uns dann mal ein inneres Bild an die Hand geben oder eine Idee, was das dann sein könnte, ohne dass wir das Pferd erstmal einwirken wollen, sondern einfach nur, wie ist die Neutralposition des Reiters im Schritt?
00:04:16
Speaker
Ja, also im Prinzip ganz, ganz simpel. Erstmal geht es immer darum, dass ich meinem Pferd nicht auf den Keks gehe. Das ist immer unsere Ausgangslage. Das Pferd soll sich im Optimalfahrt von mir schon mal nicht gestört und genervt fühlen und es geht lustigerweise viel schneller, als wir das immer denken.
00:04:29
Speaker
Und deswegen geht es erstmal darum zu verstehen, wo das Pferd seinen Schwerpunkt hat und wo ich meinen Schwerpunkt dafür platzieren. Erstmal müssen wir verstehen, dass das Pferd grundsätzlich seinen Schwerpunkt, wenn wir von vorne auf das Pferd gucken und auf den Reiter, wir stellen uns vor, wir haben ein Pferd und ein Reiter vor uns, die uns frontal angucken. Da kann ich den Reiter vom Schwerpunkt genau über den Schwerpunkt vom Pferd setzen. Das möchten wir natürlich grundsätzlich in allen Gangarten auch so beibehalten.
00:04:59
Speaker
Jetzt ist es aber so, wenn ich mir ein Pferd und einen Reiter aus der Seitenansicht angucke, zum Beispiel wenn ich jetzt jemand auf der Obalbahn beobachte und ich sehe die in der Seitenansicht in der Silhouette, dann ist es so, dass der Schwerpunkt vom Pferd immer einen Tacken vor dem vom Reiter liegt, weil wir tatsächlich nie ganz über dem Schwerpunkt vom Pferd sitzen, sondern der Pferdeschwerpunkt ist immer ein bisschen weiter vorne. Den können wir auch nicht künstlich zurückverlagern durch zum Beispiel nach hinten sitzen. Das ist ganz wichtig. Also erstmal geht es gar nicht drum. Ich kann während des Laufens
00:05:27
Speaker
vom Pferd die Hinterhand, wenn es vorwärts laufen soll, nicht stärker belasten, weil das würde automatisch tatsächlich auch eine längere Verweildauer auf dem jeweiligen Hinterhof bedeuten. Das bedeutet, das Pferd wird per se langsamer. Deswegen, wenn das Pferd sich vorwärts bewegt, haben wir immer den Schwerpunkt vom Pferd vor dem eigentlichen Schwerpunkt vom Reiter. Das ist auch völlig in Ordnung. Da ergibt sich dann quasi eine Art Gesamtmaßeschwerpunkt. Und deswegen ist erstmal das Ziel, dass ich mich nicht
00:05:55
Speaker
weit aus dem Schwerpunkt wegsetze, aus meinem eigenen Körperschwerpunkt, also weder weit nach hinten setzen, das haben wir im Gangpferdebereich noch immer mal wieder, weder noch das Pferd auf der Schultersatte nun ganz vorne sitzen, sondern dort, wo das Pferd besattelt werden kann, in der Mitte der Fläche, wo der Pferd liegen kann, da sollte ich sitzen, da sind belastbare körperliche Strukturen.
00:06:16
Speaker
ein kleines inneres Bild, das ich dafür immer sehr gerne benutze. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich kann mir erstmal eine senkrechte Linie vorstellen. Was ich sehr oft mit meinen Schülern mache, ist das Erarbeiten der zentralen Achse. Das ist eine senkrechte, gedachte Linie.
00:06:32
Speaker
von in meiner Körpermitte, die ich mir vorstellen kann. Die geht durch meinen Schädel, durch den ersten Halswirbel, streift meine Halswirbelsäule und die Letztenwirbelsäule und geht unten zwischen meinen beiden Sitzbeinen ganz senkrecht nach unten durch. Und
00:06:49
Speaker
Im Prinzip auch da durch den Pferderumpf nach unten durch. Und an dieser senkrechten Linie kann ich mich ein bisschen orientieren. Bilder, die ich dafür gerne nutze, ist zum Beispiel, dass an dieser gedachten Linie kleine Champagnerbläschen nach oben steigen. Das finde ich immer ein ganz belebendes Bild, dass ich mich da an dieser Achse aufrichten kann nach oben. Oder ich kann mir vorstellen, es geht auch genau andersrum, dass diese zentrale Achse
00:07:14
Speaker
wie eine Art Zeltstange funktioniert und mein Körper ist im Prinzip über diese Zeltstange drüber gehängt. Das bedeutet, der Körper bewegt sich um diese Zeltstange ganz locker, um diesen dieser Stoff bewegt sich drum rum, fällt aber immer wieder ganz schlank zur Mitte zurück, sodass wir einfach immer wieder zu einer relativ zentralen Sitzposition kommen. Weil da geht es erstmal drum, der Schritt ist extrem störanfällig, vor allem auch bei unseren Gangtwerden. Erstmal geht es tatsächlich drum, immer die Mitte erstmal zu haben, bevor ich
00:07:43
Speaker
eine Hilfe für irgendwas gibt, sei es eine Kurve oder schneller oder langsamer und dann muss ich zu dieser Nullposition auch wieder zurück.
00:07:50
Speaker
Das ist ein sehr, sehr schönes inneres Bild. Ich glaube, das hilft uns schon viel zu verstehen, dass wir während des Reitens nämlich auch passiv sein dürfen. Ich sehe sehr viele Reiter, die im Schritt sehr viel werkeln, ohne dass sich viel verändert. Und ich glaube, so ein bisschen das hohe Ziel für eine eigene Idee ist wirklich so dieses, ich bin ein bisschen Beifahrer, aber ich bin ein flexibler und hilfreicher Beifahrer in dem Moment erstmal, in der neutralen Position.
00:08:16
Speaker
Das ist eine schöne Beschreibung, ein hilfreicher Beifahrer, der tatsächlich vielleicht mal sagt, du guck mal, in 500 Metern müssten wir rechts abbiegen, dann kann sich der Fahrer schon entsprechend vorbereiten. Die meisten Reiter, das ist ein super Bild von dir, die meisten Reiter verhalten sich so, dass sie sagen, oh jetzt aber, da hätten wir jetzt gerade rechts abbiegen müssen.
00:08:33
Speaker
Ja, cool. Dann ist man als Fahrer natürlich auch relativ schnell frustriert. Sprich, wir frustrieren eben auch unsere Pferde mit so blitzartigen Überfallanweisungen relativ schnell. Was ich vielleicht noch kurz ergänzen möchte, weil das für einen Schritt gilt, aber auch für alle anderen Gangarten. Es gibt zum Beispiel, das Bild kennen ganz viele, das Bild, dass der Reiter sich vorstellen kann, er ist eine Tanne oder eine Fichte oder ein Baum.
00:08:59
Speaker
Der Oberkörper wächst aus dem Sattel nach oben und die Beine wachsen wie die Wurzeln im Sattel nach unten am Rumpf entlang. Finde ich auch ein schönes Bild. Wichtig nur bei allen Bildern, die wir nutzen, in einer Bewegung, die Bilder müssen nach vorne gedacht werden. Das bedeutet in dem Fall, unser Baum wächst nicht senkrecht hoch, sondern leicht nach vorne ein paar Grad. Wenn du nämlich auf einem Pferd sitzt, aufgrund unserer Masseträgheit, und du möchtest senkrecht sitzen,
00:09:25
Speaker
Dann haben wir schon ein bisschen ein Thema, weil du aufgrund der Beschleunigung auf dem Pferd nach hinten geschoben wirst, hat mit der Masseträgheit zu tun. Und wenn du dir jetzt vorstellst, dass du nur nach oben denkst, bist du immer hinter der Bewegung. Also auch das ist im Schritt extrem wichtig. Wir müssen ein paar Grad nach vorne denken, um mit dem Pferd in der Bewegung zu bleiben.

Technologische Hilfsmittel beim Reiten

00:09:44
Speaker
Jetzt kommt Werbung. Svenja, es ist Anfang des Jahres und auf Island hat die Turniersaison angefangen. Verfolgst du denn das Ganze geschehen? Ja, am Rande verfolge ich das, weil zum Beispiel das Maesterra-Delt hat angefangen. Das ist eins der größten Turniere auf Island um diese Jahreszeit und es ist immer sehr spannend zu sehen, weil man da wirklich auch die besten Pferde aus dem Süden zum Beispiel im Süden mitbekommt oder auch aus dem Norden. Und das Ganze verfolge ich aktuell über die Horse Day App.
00:10:14
Speaker
Da funktioniert es nämlich wirklich gut. Die Horst.de-App hat eine Live-Verfolgung. Da kann man live die Noten an den einzelnen Turnieren verfolgen und einsehen. Man kann die Pferde sehen, man kann die Reiter sehen, man kann sehen, wie sich die Pferde auch über die Jahre entwickelt haben in ihrer Turnierkarriere. Und das finde ich immer super spannend. Da kann man zum Beispiel schauen, das eine Pferd hat vor fünf Jahren noch sechser Noten bekommen und bekommt mittlerweile achter Noten. Und das ist total interessant, das auch nochmal nachzurecherchieren und zu verfolgen.
00:10:44
Speaker
Es ist korrekt neben dem Live-Aufnehmen der Noten, bietet Horstie eben auch die Möglichkeit, die Entwicklung von Reiter und Pferd einzusehen. Und es macht wirklich sehr viel Spaß, das noch so ein bisschen mit sich anzuschauen. Es ist ein kleines Feature von vielen Featuren, die die App zu bieten hat. Vor allem nehmen wir die ja auch zum Tracken unserer Trainingseinheiten und um ein Tagebuch zu führen. Lohnt sich auf jeden Fall reinzuschauen und macht sehr viel Spaß, um immer informiert zu bleiben.
00:11:12
Speaker
Die App kann man überall runterladen, wo man Apps runterladen kann in verschiedenen App-Stores. Und man kann auch kostenlos erstmal testen, wenn man sich noch nicht ganz sicher ist, um dann später eben sich die möglichen Abo-Optionen anzuschauen. Viel Spaß beim Ausprobieren. Jetzt geht's weiter mit dem Podcast.
00:11:30
Speaker
Jetzt haben wir ja schon, sagen wir mal, die Neutralposition gefunden und können da jetzt der hilfreiche Beifahrer sein. Wenn ich jetzt aber merke, gerade bei den Gangpferden, dass mein Pferd irgendwie unrund läuft und nicht im Takt, kann ich meinem Pferd denn helfen, mit meinem Sitz in den Takt zu finden? Kann ich sehr gut tatsächlich. Also erst mal ist es ganz wichtig, dass man eine Art inneres
00:11:58
Speaker
Taktgefühl tatsächlich erstmal hat. Das ist für manche gar nicht so einfach. Da gibt es einen ganz praktischen Tipp. Es gibt eine Metronom-App. Da könnt ihr einfach, ich weiß nicht, ob schon mal jemand Metronomen hatte oder gehört hat, das wird im Musikbereich natürlich für Taktvorgabe ganz oft eingesetzt.
00:12:17
Speaker
Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen Takt einzustellen, weil ganz viele Reiter sich tatsächlich schwer tun und sich eher vom Takt vom Pferd beeinflussen lassen und sich quasi mitschubsen lassen in diesen Taktverschiebungen. Und da kann es zum Beispiel sein, das kann man, also bitte nicht laut irgendwie in der Reithalle dann das Metronom anmachen, das ist nicht so optimal, aber man kann sich zum Beispiel auf die Kopfhörer legen oder in die Jackentasche ganz relativ leise machen, dass man so einen inneren Takt hat, dass der eigene Körper den Rhythmus
00:12:45
Speaker
muss man bei jedem Pferd ausprobieren, welcher Rhythmus und Takt passen würde. Aber das ist so eine ganz pragmatische, für die die E-Technik gerne haben, das ist tatsächlich eine schöne Möglichkeit, weil man in ein schönes eigenes Gleichmaß kommt. Und ansonsten ist es im Schritt tatsächlich so, dass wir verstehen müssen, dass die Wirbelsäule in allen Dimensionen
00:13:05
Speaker
im Schritt eigentlich am schwungvollsten ist. Es wird immer gesagt, der Schritt ist eine schwunglose Gangart, aber da wird immer Schwung mit Schwebephase verwechselt. Nur weil ein Pferd eine Schwebephase hat, muss es noch lange keinen Schwung haben. Wenn ich mir aber die dreidimensionale Bewegung von der Wirbelsäule angucke, dann sehen die am ausladendsten in allen Bewegungen tatsächlich im Schritt. Und da kann ich mir als Reiter wie eine kleine Checkliste machen, welche Bewegungen gelingen meinem Pferd gut, in welcher Ebene und welche nicht.
00:13:34
Speaker
Zum Beispiel kann mein Brustkorb von meinem Pferd gleichmäßig links und rechts rotieren, nach unten und oben. Der Brustkorb rotiert immer abwechselnd nach oben und unten. Das spüren wir in den Sitzbeinhöckern, die abwechselnd angehoben und abgesenkt werden. Passiert das zum Beispiel auf beiden Seiten gleichmäßig? Das kann ich mich fragen.
00:13:54
Speaker
Oder, auch ein wichtiger Punkt, nur weil ein Pär 3, 4, 5, 5 breit übertritt, heißt es nicht, dass es eine gute Schrittqualität ist. Und das sollten wir uns tatsächlich abgewöhnen, weil das kein gutes, sinnvolles Qualitätskriterium ist, aus zwei Gründen.
00:14:09
Speaker
Einerseits haben wir ganz oft und viel Pferde, die so vorhandlastig sind, dass sie das Vorderbein sehr weit unter den Körper nach hinten zurückschieben und deswegen sehr weit mit dem Hinterbein über die Spur des Vorderbeins zu rüber treten. Aber eigentlich ist es sehr häufig eher ein Zeichen für eine enorme Vorhandlastigkeit und nicht für einen guten Schritt. Und das zweite große Problem daran ist die Annahme, dass ein sehr weites Vortreten und Vorgreifen vom Hinterbein automatisch ein gutes Zeichen für ein tragfähiges Pferd ist.
00:14:38
Speaker
Auch das ist häufig der Hintergrund, dass es nicht der Fall ist. Weil, um so weit mit dem Hinterbein nach vorne greifen zu müssen, muss das Pferd das Hinterbein quasi komplett strecken. Aber ein Bein, das mit komplett gestreckten Gelenken auf den Boden auftrifft, kann keine Stöße absorbieren, sondern muss sie erst mal durch die Knochensäule eins zu eins so durchleiten. Und wenn das Tempo dazu dann noch relativ hoch ist, hat das Pferd keine Zeit, diese Gelenke auch noch zu beugen.
00:15:04
Speaker
Das heißt, ich habe eigentlich ein Pferd, das sehr stark auf der Vorhand läuft und mit einem gestreckten Bein, das ist wie wenn ihr beim Laufen eure Knie nicht knickt, das im Prinzip mit einem völlig gestreckten Bein nach vorne greift und dann über diese gestreckte, nicht angebeugte Knochensolle oder vorgebeugte Knochensolle die Bewegung abfangen muss. Und das geht dann eben auch extrem auf die Strukturen. Deswegen muss man so ein bisschen umdenken in manchen Sachen.

Missverständnisse über den Schritt und natürliche Bewegung

00:15:30
Speaker
Und wie ist es denn jetzt, wenn ich jetzt sage, okay, der Takt ist in Ordnung, aber ich habe im Schritt ein Pferd, das wenig Raumgriff hat zum Beispiel. Wie kann ich meinem Pferd denn gedanklich mit einem inneren Bild helfen, dass wir zusammen mehr Raumgriff entwickeln können?
00:15:46
Speaker
Auch da sind wir beim Thema, dass wir erstmal gucken müssen, ob mehr Raumgriff auch automatisch besser ist. Das ist manchmal ein bisschen nervig, wenn man immer alles wiederfragt, was man tut, aber das kann sehr nützlich sein, weil sehr viele Pferde mit sehr viel weniger Raumgriff sehr viel tragfähiger werden. Wir gehen auch automatisch davon aus, dass ein Pferd mit sehr viel Raumgriff und sehr viel Weite im Schritt, das sieht natürlich super ästhetisch aus und sehr elegant, wenn sich ein Pferd bewegt wie eine Katze.
00:16:14
Speaker
Und das ist super, wenn das Pferd das von Natur aus auch in seinem Bewegungsablauf hat. Man muss aber sehr aufpassen, dass man Tritte nicht versucht, künstlich zu verlängern, weil ein Pferd einen Reiter am besten tragen kann, wenn Beine am Boden stehen. Das klingt jetzt wieder ein bisschen doof, aber vergleicht es so. Ihr tragt einen Kasten mit Wasser. Den tragt ihr nah am Körper, an eurer zentralen Achse. Und wenn ihr lauft, habt ihr möglichst immer einen Fuß am Boden. Selten hüpfen wir mit einem schweren Wasserkasten zum Auto, um den da einzuladen.
00:16:43
Speaker
Warum? Weil der natürlich zum Tragen viel schwerer wird. Weil a. die Kräfte der Erschütterung natürlich auf den Körper wirken und b. solange ihr euch in der Luft befindet, müsst ihr den rein mit eurer Muskelkraft tragen. Steht aber ein Bein am Boden, könnt ihr den Druck des Wasserkastens durch euren Körper in den Boden weiter abheben.
00:17:01
Speaker
Und deswegen ist es tatsächlich grundsätzlich schonender, wenn Beine länger am Boden stehen. Wir machen oft aber auch da wieder das Gegenteil, das Pferd muss ganz schnell abfußen und sehr zackig die Beine vom Boden wegnehmen. Deswegen auch da immer, es ist super, wenn ein Pferd in seinem Bewegungsablauf von Natur aus die Möglichkeit hat, Tritte schön groß zu machen. Wenn das in der Natur des Pferdes nicht liegt, sollte man sich auch etwas hüten, das tatsächlich zu
00:17:30
Speaker
forcieren. Aber natürlich gibt es manchmal Pferde, die einfach ein bisschen gebunden laufen und nicht ihren vollen natürlichen Bewegungsablauf haben. Das haben die meisten Pferde, wenn sie geritten werden, sind die einfach etwas eingeschränkt, vor allem beim Anreiten. Und da kann man dann einfach sich ein paar Ideen nehmen. Zum Beispiel finde ich eine schöne Grundidee, dass das Pferd sich unter einem einfach bewegt wie eine Welle. Also die darf einfach unter dem Reiter weiter drunter durchfließen. Eine andere schöne Sache für Raumgriff ist,
00:18:00
Speaker
dass ich mir vorstelle, das Pferd hat, das kann tatsächlich sehr gut helfen, das Pferd hat Fäden, zum Beispiel an seinen Vorderfußwurzelgelenken, die helfen, bei der Bewegung einfach die Vorhand weiter nach vorne rausgreifen zu lassen. Das kann zum Beispiel schon sehr hilfreich sein, dass ich mich in die Gelenke des Pferdes reindenke und sage, welche Bewegung hätte ich denn gerne an dem Gelenk.
00:18:22
Speaker
Oder ein inneres Bild, das mir gerade sehr viel Spaß macht. Ich weiß nicht, ob das irgendjemand anderem auf dem Planet was bringt, aber ich habe gerade mit einem meiner Pferde ein schönes Bild. Das ist eher ein gemütlicher Kollege, der ist nicht so super fleißig und eher etwas gebunden. Und da hilft es mir sehr, damit ich nicht in dieses Dauertreiben und in dieses, jetzt mach mal ein bisschen mehr reinkommen, stelle ich mir vor, dass der auf einem Laufband läuft, das einfach unter dem Pferd
00:18:52
Speaker
weiter nach hinten durchzieht und das Pferd auf diesem Laufband vorwärts läuft. Und ich dann den Vorteil habe, dass die Umgebung quasi an mir vorbeizieht. Also ich reite nicht aktiv nach vorne, sondern ich stelle es mir quasi andersherum vor. Das ist super komplex und vielleicht versteht man es nicht richtig. Aber im Prinzip stelle ich mir nicht vor, ich reite vorwärts, sondern ich lasse quasi die Landschaft und den Boden an mir vorbeiziegen.
00:19:16
Speaker
Und das ist was, was mich in eine bessere Mut bringt, um das Pferd tatsächlich zu unterstützen und zu sagen, guck mal, wir fließen jetzt hier und wenn wir jetzt eine Wendung reiten, dann dreht sich quasi die Landschaft oder die Halle oder der Reitplatz um uns herum und nicht wir drehen uns im Reitplatz. Ist ein bisschen abstrakt zum Überdenken, aber es ist ganz spannend, um sie auch besser im Raum zu organisieren. Das finde ich super spannend, weil man dann auf einmal auch den Blick mal ganz anders einsetzt.
00:19:40
Speaker
Und das fehlt uns auch oft. Wir gucken oft ins Pony runter und dann wundern wir uns, warum die Pferde auch in den Boden runterlaufen. Wenn wir also möchten, dass wir einen schönen Raumgriff haben, erstmal schön weit vor dich her gucken, ganz wichtig. Dieses Bild bringt einen auch weg von dem, ich muss das Pferd jetzt vorwärts schieben mit meinem Becken zum Beispiel, was man ja auch total oft sieht. Und das gibt einem ein anderes Bild. Wenn die Landschaft an einem vorbei geht, dann muss ich nicht so aktiv sein.

Häufige Fehler beim Reiten und Entspannung der Beine

00:20:08
Speaker
Genau, weil tatsächlich ist das, was dem Pferd im Schritt am meisten hilft, ist, geh dein Pferd nicht auf den Keks. Bleib mal etwas passiv und versuch es nicht zu aktiv. Wenn es einfach ist, ist es wie mit allem. Wenn es zu dolle probierst, wird es am Ende nix.
00:20:23
Speaker
Und das ist schon die perfekte Überleitung zu meiner letzten Frage, die ich für den Schritt habe. Stefan, was sind denn absolut falsche Ideen im Schritt, die wir Reiter uns unbedingt abgewöhnen sollten? Also die erste Idee ist tatsächlich dieses, durch die Aktivität und Spannung in meinem Körper kann ich das Pferd aktiver vorwärts reiten. Da ist schon meistens Ende Gelände, also das klassische Schieben.
00:20:45
Speaker
Je aktiver ich reite, desto aktiver wird mein Pferd. Nee, das wird nicht passieren, sondern je mehr du dein Pferd störst, desto stärker wird seine eigene Aktivität einschränken. Die zweite Idee ist, das zieht sich aber durch alle Gangarten, dieses unbedingte Bild von ich brauche eine stabile Anlehnung. Auch Zügelkontakt wirkt in erster Regel immer erstmal bremsend.
00:21:08
Speaker
Und ich habe das sehr oft, dass Pferde sehr klemmig laufen und die Reiter sagen, das Pferd geht nicht genug vorwärts. Und wenn du dann mal einfach nachgeben würdest und ich sage mal ganz doll auf die Anlehnung, erst mal pfeifst, dann kann das Pferd vielleicht auch vorwärts gehen. Also es ist immer schwierig, das Pferd gegen die Wand laufen zu lassen. Deswegen auch da Hanteinwirkungen überprüfen, wenn das Pferd keinen freien Schritt hat. Und das nächste ist, Beine hängen lassen. Ganz wichtig, die Beine dürfen das Pferd begleiten, aber die treiben nicht jeden Schritt raus, sondern die treiben, um die Ganger zu initiieren und dann sind die ruhig.
00:21:38
Speaker
Vielen Dank, das hat uns jetzt schon sehr viele gute Bilder für einen Schritt gegeben. Und Svenja, mit welcher Gangart machen wir nächste Woche weiter?
00:21:47
Speaker
Naja, da wir der Logik folgen, werden wir nächste Woche dann über das Thema Trab sprechen. Und dann kommen wir natürlich auch noch zu unserer besonderen Gangart später. Aber ich bin schon sehr gespannt, was der Stefan uns hier mitgeben kann. Und ich bin mir sicher, dass es für alle Vier- und Fünftgängerreiter und auch für diejenigen mit einem Treibgängerpferd wieder sehr spannend wird. Dann bis nächste Woche. Danke euch. Bis nächste Woche.
00:22:26
Speaker
Wir sind jetzt am Ende des Videos.