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Folge 15: Digitale Editionen für die Kunstgeschichte

S1 E15 · #arthistoCast – der Podcast zur Digitalen Kunstgeschichte
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177 Plays2 months ago

In dieser Folge spricht Jacqueline Klusik-Eckert mit Michael Wenzel und Martin de la Iglesia über digitale wissenschaftliche Editionen in der Kunstgeschichte. Sie berichten aus dem DFG-geförderten Langzeitprojekt ‚Kommentierte digitale Edition der Reise- und Sammlungsbeschreibungen Philipp Hainhofers (1578-1647)‘.

Zu Beginn wird deutlich, welchen Mehrwert wissenschaftliche digitale Editionen bieten. Neben der Bereitstellung der Originalpublikation als gescanntes Faksimile wird häufig parallel eine Ansicht für die Transkription und den editorischen Anmerkungsapparat geliefert. Diese Parallele liefert eine neue Transparenz. Dadurch können Forschende die Quellen direkt mit der Edition vergleichen, was einen Mehrwert im Forschungsprozess darstellt.

Die technischen Anforderungen an digitale Editionen orientiert sich dabei stets an der Quellenlage und dem Editionsziel. Dabei spielt gerade die Gestaltung des User-Interface eine große Rolle. Es zeigt sich, dass digitale Editionen oft individuelle Lösungen benötigen, es keine standardisierte Herangehensweise gibt, gleichwohl man auf einen großen Erfahrungsschatz und Vorbilder zurückgreifen kann.

Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist die Frage, wie in den digitalen kunsthistorischen Editionen der Umgang mit unterschiedlichen Medien-, Datei- und damit auch Darstellungsarten gestaltet wird. Eine strukturierte Verknüpfung ist dabei das eherne Ziel.

Auch die Herausforderungen der Langzeitarchivierung digitaler Editionen werden thematisiert. Neben der Sicherung der Daten über Repositorien sind es gerade die Interfaces, die uns aktuell vor eine Herausforderung stellen. Hierbei spielen sowohl technische als auch institutionelle Strukturen eine entscheidende Rolle, um die Zugänglichkeit digitaler Editionen zu gewährleisten.

Dr. Michael Wenzel ist an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und im Projekt Kommentierte digitale Edition der Reise- und Sammlungsbeschreibungen Philipp Hainhofers (1578-1647) für die Konzeption und interne wissenschaftliche Leitung zuständig.

Dr. Martin de la Iglesia ist an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und für die technische Umsetzung der digitalen Edition im Projekt Kommentierte digitale Edition der Reise- und Sammlungsbeschreibungen Philipp Hainhofers (1578-1647) verantwortlich.

Begleitmaterial zu den Folgen findest du auf der Homepage unter https://www.arthistoricum.net/themen/podcasts/arthistocast

Alle Folgen des Podcasts werden bei heidICON mit Metadaten und persistentem Identifier gespeichert. Die Folgen haben die Creative-Commons-Lizenz CC BY 4.0 und können heruntergeladen werden. Du findest sie unter

https://doi.org/10.11588/heidicon/1738702

Bei Fragen, Anregungen, Kritik und gerne auch Lob kannst du gerne per Mail an uns schicken unter

[email protected]

Recommended
Transcript

Einführung in den ArtistoCast Podcast

00:00:06
Speaker
ArtistoCast, der Podcast zur digitalen Kunstgeschichte.
00:00:16
Speaker
Sicherlich, die Kunstgeschichte ist eine Bildwissenschaft. Aber auch wir brauchen Texte. Wir brauchen Quellen, und am besten sind sie wissenschaftlich editiert.

Bedeutung wissenschaftlicher Editionen für die Kunstgeschichte

00:00:27
Speaker
Editionswissenschaft ist als philologische Teildisziplin absolute Grundlagenforschung der Geistes- und Kulturwissenschaften. Kunsthistorische Forschung ist ohne Quellenmaterial nicht denkbar.
00:00:39
Speaker
Der Anspruch an wissenschaftliche Editionen ist seit der Reihe der Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, also die Ende des 19. Jahrhunderts erschienen ist, stark gestiegen. Und trotzdem ist diese mehr als 100 Jahre alte Publikationsreihe für viele Quellen immer noch die einzige Edition. Und damit gar nicht mal die schlechtesten.
00:01:02
Speaker
Der Mehrwert von digitalen Editionen liegt jedoch auf der Hand. Im Digitalen kann man gescannte Quellenseiten neben Transkriptionen und editorischen Hinweisen parallel betrachten.
00:01:13
Speaker
Die erschlossenen Texte können wiederum als Daten dienen für weitere Analysen. Polemisch gefragt, darf man eigentlich noch analog eine Edition publizieren? Und warum gibt es so wenig Editionsprojekte in der Kunstgeschichte?

Projektvorstellung zu Philipp Heinhofer

00:01:28
Speaker
Für diese Fragen habe ich mir zwei Wissenschaftler eingeladen, die beide Kunsthistoriker sind und am DFG-geförderten Langzeitprojekt Philipp Heinhofer, die Reiseberichte und Sammlungsbeschreibungen arbeiten.
00:01:40
Speaker
Das ist eine Kooperation der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und Tertrierer Arbeitsstelle für Künstler Sozialgeschichte. Zu Gast sind Dr. Michael Wenzel. Er ist für die Konzeption und interne wissenschaftliche Leitung zuständig und Dr. Martin de la Iglesia. Er ist für die technische Umsetzung sowie alle Fragen im Bereich der Digital Humanities zuständig. Darunter fällt dann auch Textkodierung, technischer Workflow und noch einiges mehr.
00:02:13
Speaker
Hallo Michael, hallo Martin, danke, dass ihr da seid. Hallo. Hallo Jacqueline. Wir sprechen ja heute über wissenschaftliche Editionen und digitale wissenschaftliche Editionen in und für die Kunstgeschichte. Aber fangen wir doch erstmal ganz von vorne an. Was macht eine wissenschaftliche Edition eigentlich aus? Also was für einen Anspruch hat man an eine wissenschaftliche Edition?
00:02:37
Speaker
Ja, der erste Anspruch an eine wissenschaftliche Edition ist sicherlich die Textkritik, dass man einen Text bereitstellt, der

Kriterien und Anforderungen an wissenschaftliche Editionen

00:02:47
Speaker
historisch geprüft ist, textkritisch geprüft ist, wenn es mehrere Überlieferungen gibt, wenn es verschiedene Überlieferungsformen gibt, dass man diese Überlieferungsformen benennt, quasi auch versucht, die in ein logisches Kunstdruck zu bringen, was war zuerst da, was ist später, was ist eine Zufügung und so weiter.
00:03:06
Speaker
Und dann ist es eben die Aufgabe der Edition, das transparent zu machen. Da gibt es verschiedene Wege. Klassisch wäre bei einer handschriftlichen Überlieferung, dass es mehrere Textvarianten gibt. Da benennt man erstmal die Textvariante, die man als die Hauptvariante ansieht, die sogenannte Leithandschrift. Dann muss man begründen, warum man diese ausgewählt hat und nicht eine andere. Da gibt es verschiedene
00:03:33
Speaker
mal Ansätze zu, warum, wie man das machen kann, weil man sagt, die ist die späteste, die vollständigste, die persönlichste. Es kann auch verschiedene Gründe geben. Man kann auch eine Gewichtung machen. Das ist der Grund, warum wir das gemacht haben. Und dann macht man eben transparent, was die anderen Überlieferungsstränge beinhalten, wo die Unterschiede sind, die manchmal sehr spannend sein können. Es geht eben um Nachvollziehbarkeit, also dass der Text für jeden verständlich ist.
00:04:01
Speaker
dass verstanden wird, warum dieser Text nun quasi so vorgelegt wird. Und die wissenschaftliche Edition gibt auch noch Beihilfen durch Kommentare und so weiter, dass das Textverständnis erleichtert wird und dass auch quasi ein mehr oder weniger niederschwelliger Zugang zu einem Text möglich ist. Also kann auch kulturhistorische Erläuterungen sein, Einführungen und so weiter.
00:04:27
Speaker
Das heißt, grundlegend für die Konzeptionsarbeit ist auch erstmal zu schauen, was für Arten von Quellen haben wir. Du hast Handschriften angesprochen, manchmal gibt es ja auch schon gedruckte Sachen oder Skripte, die vorliegen, das sammelt man sich erstmal alles zusammen. Und dann muss man durch eine methodisch gestützte Konzeptionsarbeit durch, um die Sachen aufzubereiten.

Auswahl und Analyse von Quellenmaterialien

00:04:51
Speaker
Richtig. Wobei man da Leitlinien festlegen kann, die ich ja schon genannt habe. Und das kann durchaus, man muss nur begründen, warum man jetzt sagt, dies ist quasi unser Bild davon, wie dieser Text entstanden ist und was der Autor, wenn man den Begriff des Autors verwenden will überhaupt in dieser Art und Weise, oder quasi was die Summe daraus ist zu einem gewissen historischen Zeitpunkt.
00:05:17
Speaker
Aber immer gleichzeitig auch durchschaubar machen, wo die Varianten liegen, was die Veränderungen sind. Es ist klar, es gibt zum Teil auch gedruckte Quellen. Vielleicht sind es sogar die meisten Quellen in der Kunstgeschichten-Editorik. Da haben wir gedruckte Vorlagen, aber da gilt das Ähnliche. Wann ist welcher Druck erschienen? Wer hat quasi dazu noch beigetragen? Ist es ein Raubdruck oder irgendwas? Hat es alles abgeschrieben worden? All das muss quasi nochmal überprüft werden.
00:05:47
Speaker
Mhm. Und hat sich denn jetzt im Zuge von einer digitalen Edition, also wenn das Ziel nicht ein gedrucktes Buch ist, sondern das Ziel eine digitale Publikation, gleich wie die auch immer ausschauen mag, hat sich im Zuge von digitalen Editionen

Nutzererlebnis und UI-Design in digitalen Editionen

00:06:05
Speaker
an dieser Konzeptionsarbeit irgendetwas geändert? Nicht zwingend, also nicht zwingend. Aber der Vorteil der digitalen Edition darauf, werden wir sicherlich noch häufig
00:06:15
Speaker
zurückkommen ist natürlich, dass man das noch einfacher, langsam mal plausibel machen kann. Also man hat eben die Möglichkeiten, die Textzeugen tatsächlich als Faximile vorzulegen, dass also wirklich die Überprüfbarkeit für den Nutzer absolut gegeben ist.
00:06:33
Speaker
Wenn er das dann natürlich nicht lesen kann, hat er natürlich die Möglichkeit, unsere Transkription und so weiter daneben zu halten und auch zu gucken, ob wir das richtig gemacht haben. Also sozusagen ist durch das Digitale auch quasi der Anspruch an die Edition noch mal höher, weil man nicht mehr der Herrscher quasi über den Text ist. Und dann ist er für viele erst mal nicht zugänglich. Man muss also quasi der Edition glauben, sondern der Nutzer kann in jedem Moment überprüfen, ob die das auch richtig
00:07:01
Speaker
Aber ich meine, so schwierig ist das dann nicht. Aber trotzdem ist es durchschaubarer. Man hat viel schneller die Möglichkeit, alle Textvarianten nebenan anzugucken, als Originale oder auch in der klassischen Form der Lesarten. Und ja, das wird dadurch, sagen wir mal, transparenter. Und es ist dann auch einfacher, nachvollziehbarer sowohl für den quasi Bearbeiter oder die Bearbeiterinnen,
00:07:31
Speaker
als auch für die Nutzerinnen und Nutzer. Jetzt hast du ja schon ziemlich viel angesprochen, Michael, was Richtung dann die visuelle Publikation angeht. Also wie muss das Interface gestaltet sein und was für Daten, was für Zugänge muss man geben, was für Sachen muss man auch mit einbauen, damit Nutzerinnen und Nutzer ein gutes Publikationsnutzer-Erlebnis haben.
00:07:55
Speaker
Vielleicht Martin, an dich die Frage aus Perspektive der Digital Humanities oder eben aus auch für die technische Seite und die Herausforderung. Was bedeutet das für dich, also was für einen Anspruch hat dann dieses User Interface bei einer digitalen Edition? Oder andersherum gefragt, was muss man alles mit bedenken?
00:08:16
Speaker
Naja, das Wichtigste ist sicherlich, dass man den Text lesen können muss. Was Michael schon erwähnte, diese Möglichkeit, Faximiles digital zu publizieren, das ist natürlich ein bisschen ein zweischneidiges Schwert, weil man muss sich dann ein bisschen, man steht unter Rechtfertigungsdruck, wenn man das Faximiles sehen kann, warum braucht man dann noch die Edition.
00:08:43
Speaker
Sicherlich ist nicht für jede Art von Text dann auch die digitale Edition das geeignete Mittel der Publikation. Aber wenn man jetzt eben so ein Textmaterial vorliegen hat, wie das unsere, wo man eben diese ganzen zusätzlichen Materialien benötigt, diese textkritischen Apparate, den Stellenkommentar, Register und so weiter.
00:09:07
Speaker
Wenn dann vielleicht auch noch der Originaltext schwierig zu lesen ist, weil es sich vielleicht um eine Handschrift handelt, man eben auch die Transkription gut darstellen muss, dann sind es eben alles Komponenten, die irgendwie untergebracht werden

Werkzeuge und Lösungen für digitale Editionsprojekte

00:09:23
Speaker
müssen.
00:09:23
Speaker
auf dieser Editionswebseite oder über dieses Interface irgendwie zugänglich gemacht werden sollen. Und das ist dann schon eine Webdesign-Aufgabe, die mittelmäßig komplex ist, sagen wir mal, die dann auch nicht unbedingt von den Editorinnen und Editorinnen im engeren Sinn geleistet werden muss. Aber das muss natürlich mitbedacht werden bei der Konzeption.
00:09:54
Speaker
Tools, auf die man zurückgreifen kann. Also kann man da irgendwie aus so einem Werkzeugkasten Kompartimente zusammenbauen oder sprechen wir hier immer von einem kompletten neuen Webinterface.
00:10:07
Speaker
Es gibt, denke ich mal, keine Lösung, die out of the box funktioniert, dass man ohne irgendwelche Vorkenntnisse im, sage ich mal, digitalen Bereich einfach so eine Editionswebseite auf die Beine stellen könnte. Es gibt diverse Werkzeuge für diverse Schritte in dem Workflow.
00:10:34
Speaker
die einem auch die Arbeit sehr erleichtern können, zum Beispiel die Dateneingabe.
00:10:39
Speaker
oder dann auch die Datenkonversion in das gewünschte Zielformat. Die sind aber meines Erachtens nicht so standardisiert, dass es jetzt den Ergebnis würde, bestimmte Produkte zu nennen, weil es dann doch verschiedene Vorlieben gibt einfach oder eine gewisse Vielfalt in dieser Infrastruktur, die es da gibt oder in diesem Angebot an Tools.
00:11:04
Speaker
Jetzt hattet ihr in dem Projekt, also über die Reiseberichte von Philipp Heinhofer, ja ganz unterschiedliches Material, das vorliegt. Es gibt ein bisschen was Getrucktes, es gibt Handschriften, es gibt Hinweise über die Registen der Höfe oder sonst irgendwie andere Quellen.
00:11:23
Speaker
Wie geht man nun vor, wenn man weiß, das Ziel ist eine digitale Publikation? Traut man sich dann, irgendwo einen Schlussstrich zu machen? Also bei der Projektkonzeption auch. Es gibt ja dann so viele Möglichkeiten, was man machen kann.

Inhalt und Kriterien von Manuskripten in digitalen Editionen

00:11:38
Speaker
Man kann die Kunstwerke verknüpfen, die Personen verknüpfen, nimmt man Personenbibliografien mit rein oder verknüpft man mit Wikipedia. Zieht man dann irgendwo einen Schlussstrich oder ist man verleitet, zu viel auch zu machen?
00:11:53
Speaker
Vielleicht eher die Frage an dich Michael, wo zieht man auch konzeptionell so eine Grenze, so eine Projektgrenze? Also wir haben das, einmal ist es ganz einfach und dann ist es natürlich sehr komplex. Das einfache ist, wir sind tatsächlich vom Material ausgegangen. Bei Hainhofer ist es so,
00:12:12
Speaker
dass wir eine handschriftliche Überlieferung haben. Und er selber hat sich auch immer dagegen gewendet, was zu drucken. Er hat das sogar mal selber formuliert so, sodass wir quasi einen Handschriftenkorpus haben mit eingebundenen Drucken. Und wir nehmen quasi, das war auch ein Ziel und das ist auch etwas, was in der digitalen Edition erst möglich ist. Wir sagen also, wenn wir die Leit-Handschriften definiert haben,
00:12:39
Speaker
Das viele Einlagen, Grafiken, Handzeichnungen, aber eingebundene Brücke, Stammbäume, meistens sind es einfach auch Porträg-Grafiken, erwähnte Personen, die werden alle mit aufgenommen, genauso verschlagwortet und werden quasi als Teil des Werkes verstanden. Und das war früher, im Denken war das ja anders, dann war der Text quasi die oberste Kategorie.
00:13:05
Speaker
Und dann wartet man vielleicht, da sind Beilagen drin und so weiter, aber wir nehmen alles gleich, weil wir tatsächlich diese Handschrift auch als Medium, als spezifisches Medium, er hat es nicht drucken lassen, aber er hat sie ausgeliehen, die Leute, also die seinerzeitige Publikum konnte die
00:13:18
Speaker
Da hat die quasi ausgeliehen bekommen, hat sie so bekommen, also mit der handschriftlichen Teil, mit eingebundenen Drucken. Diese Informationsebenen spielten also zusammen. Und das wollen wir tatsächlich rekonstruieren, dass man das heute genauso nachvollziehen kann. Deswegen gibt es einerseits ein klares Ausschließkriterium. Es wird von uns nur das identiert, was in diesen Handschriften drin ist, also nichts anderes.
00:13:44
Speaker
Aber es ist sehr viel drin, was uns zum Teil auch ein bisschen, sagen wir mal, schon viel Arbeit abverlangt. Aber es hat sich bis jetzt immer gelohnt. Es führt auch auf ganz andere Wege. Es führt auch von klassischen Zielstellungen ab. Ist das jetzt eine kunsthistorische Edition? Nein, ist es in der Hinsicht nicht. Es spiegelt quasi das komplette Objekt wieder. Wenn wir dann fragen,
00:14:08
Speaker
Wo sind dann die Grenzen der Verschlagwortung, des Kommentierens und so weiter? Also einerseits sind die ganz klar gesetzt durch das Material. Wir verschlagworten und kommentieren nur das, was da ist. Allerdings ist das recht vielfältig.

Herausforderungen beim Verlinken und Annotieren

00:14:22
Speaker
Und man muss auch sagen, wir sind ja ein Langfristvorhaben. Wir sind natürlich auch mit den Jahren gewachsen. Wir haben erkannt, das war ein bisschen viel an der Stelle. Aber jetzt haben wir uns dieses Level gesetzt und das halten wir auch ein.
00:14:35
Speaker
Dann haben wir neue Möglichkeiten erkannt, quer zu verschlag worden oder auch noch mehr, was sicherlich noch dazugekommen ist, einfaches Verlinken mit anderen historischen Objekten, sodass es quasi auch ein Netzwerk nach außen sich ergibt, jenseits von unserer engen Handschriftenüberlieferungsgrenze. Das ist noch dazugekommen. Ansonsten machen wir strikte Kommentare.
00:14:57
Speaker
Sicherlich sind die Register etwas, was eine hohe Wichtigkeit erreicht hat. Im Vergleich zur klassischen Ethorik ist das ganz was anderes. Das sind quasi kleine Aufsätze, die auch noch mal raus in die Welt quasi verlinken, sodass es auf diese Art und Weise möglich ist, quasi dieses historische Objekt in einem Netzwerk darzustellen. Die Grenzen muss man dann jeweils, also wir haben klare Grenzen. Wir sagen, es wird mit das quasi aufgenommen, was im Text drin ist.
00:15:25
Speaker
Aber wie weit das quasi ausgeführt wird, wie weit das geht, an jeder Stelle muss man dann individuell tatsächlich auch nochmal sagen, jetzt ist Schluss, mehr können wir nicht leisten. Aber ich denke, wir leisten da eine ganze Menge und kommen dadurch auch zu quasi einer neuen Qualität.
00:15:40
Speaker
Die von dir angesprochene Vernetzbarkeit dann auch im Digitalen, das interessiert mich. Wie habt ihr das denn gemacht? Greift ihr da auf Standards zurück? Oder schafft ihr selber neue Standards? Wie funktioniert das? Ja, das ist ein schwieriges Thema. Du hattest ja in einer vergangenen Artistokast-Folge über Normdaten gesprochen und
00:16:08
Speaker
Deswegen brauchen wir jetzt auch nicht mehr darüber sprechen, warum das wichtig und eine gute Idee ist, zu verlinken, also konkret von unseren Register-Einträgen auf Normdatensätze. Und im Fall der Kunstgeschichte ist es ja so, dass es bestimmte Entitätentypen gibt, wo einfach die Normdatenlage nicht so gut ist, nämlich eben Kunstwerke.
00:16:35
Speaker
Also zusätzlich zu den Personen und Orten, die ja in so ziemlich jeder Edition irgendwie als Register erschlossen werden, möchten wir halt auch was sagen über Werke oder Objekte, wie wir sagen, die in unserem Text erwähnt werden. Und da ist es dann schon so, dass wir gucken müssen, was wir da so an
00:17:00
Speaker
Verlinkungen bereitstellen können, weil die gemeinsame Normendatei, die ja sonst eigentlich das ideale Linkziel ist für Personen vor allem, die taugt dann nur sehr wenig.

Verwendung von Museumsdatenbanken für digitale Editionen

00:17:13
Speaker
Und da müssen wir jetzt noch vielleicht auch in den nächsten Jahren noch überlegen, wie wir mit dem Problem umgehen. Ob wir da vielleicht auch selber dann entsprechende Datensätze anlegen.
00:17:28
Speaker
Das ist natürlich eine Herausforderung, die bei einer digitalen Edition nochmal dazukommt. Also noch eine Aufgabe mehr im Vergleich dann auch. Genau, das kann man schon so sagen, dass wenn man einmal anfängt, diesen Weg beschreitet, dann muss man halt auch gucken, dass man da eine gewisse Vollständigkeit auch irgendwie erreicht, dass es nicht zu heterogen ist dann im Endeffekt, was dann dabei herauskommt.
00:17:58
Speaker
Wobei es natürlich auch, das wollte ich jetzt noch ergänzen, zum Teil natürlich dieser klassische Vergleich der Kunsthistorische, der wird man dann doch eher auf einem niederen Level gemacht. Dann hat man, also die viele Museen haben ja inzwischen Bilddatenbanken oder Museumsdatenbanken vorliegen, die auch
00:18:19
Speaker
persistente Verlinkungen zulassen.

Planung und Inspiration von digitalen Editionsprojekten

00:18:22
Speaker
Und dann ist es, das ist zwar nicht quasi sortiert und geregelt, aber man kann quasi diesen klassischen Vergleich durch eine Verlinkung an diese Datenbanken dann auch sehr gut hinkriegen. Also das ist jetzt quasi auf dem niederen, schnierschwelgen Niveau quasi innerhalb eines Kommentartextes.
00:18:37
Speaker
Wenn man jetzt ein Kunstwerk erwähnt und man hat die Möglichkeit, es quasi dadurch aufzurufen, indem man den Link an diese Datenbank umsetzt, dann machen wir das. Und das ist, was sicherlich noch nicht, also keine theoretisierte Zugang ist, aber letzten Endes eine relativ einfache Hilfstellung für den Nutzer. Also das ist auch noch eine Ebene, die da vorhanden ist, die eher an der praktischen Seite ist.
00:19:02
Speaker
Jetzt entsteht so ein Projekt natürlich nicht in einem Vakuum. Man schreibt so einen Projektantrag, weil man eben das Material hat. Und dann guckt man meistens, oder im besten Fall, was wurde eigentlich vorher schon gemacht im Bereich digitale Edition. Man guckt ja auch gerne dann ab, was fand man gut, was war nicht gut, wo möchte man was verbessern. Was waren denn aus eurer Perspektive die Vorbilder? Oder gab es auch Meilensteine in der Kunstgeschichte im Hinblick auf digitale Editionen, an denen man sich orientiert hat?
00:19:33
Speaker
Ja, als ich das konzipiert habe, gab es eigentlich, und vielleicht ist es heute auch immer noch so, also eine Textedition, die vorbildlich war für uns. Das ist Sandratnet. Ich glaube, das liegt auch nahe, auch bei den quasi die Kunsthistorischen Arbeiten in diesem Bereich, dass das sehr
00:19:58
Speaker
hilfreiche Textausgabe ist. Und er hat auch viele Wege gewiesen, was die Kommentierung angeht, auch die Bild-Verknüpfung und so weiter. Wobei man da natürlich sieht, die Zeit ist heute uns günstiger gestimmt. Als die das von Sandra nicht gemacht haben, konnten die noch auf wesentlich weniger gemeinfreie oder mit CC-Lizenz versehene Bilder zugreifen. Die mussten da dieses alte Verfahren der Belegabbildung in Schwarz-Weiß und Kleines zum Teil machen.
00:20:27
Speaker
Wenn man das nochmal überarbeiten würde, könnte man das jetzt ganz anders gestalten. Aber so von der Struktur her war das ein Vorbild und viel mehr anderes. Wir haben hier zum Beispiel im Haus, was vielleicht gar nicht so bekannt ist, Rubens Online. Das ist in zwei Jahren entstanden. Das ist auch schon ein paar Jährchen hier, jetzt 15 Jahre oder so.
00:20:50
Speaker
Und die haben quasi die gedruckte Edition der Rubensbriefe, den Codex Diplomatikas Rubenianus, als Basis genommen und quasi noch dazu weitere gefundene Quellen
00:21:06
Speaker
die eine der Antreibsteller reingeteilen, also Originalquellen, und dadurch einen guten Korpus an Rubens Dokumenten zusammengestellt, der auch die Bedingungen der digitalen Edition sehr gut widerspiegelt und erfüllt, aber ist, glaube ich, nicht so, ich weiß es nicht, ich bin kein Rubens Forscher, ich weiß nicht, ob da noch ein bisschen mehr Werbung für gemacht werden müsste, dass das auch darauf zugezogen ist, aber es ist in seiner, sagen wir mal, in dieser zweiten Ebene, die wir ja auch anstehen, der Kommentierung, der Bildbelege, der
00:21:36
Speaker
auch quasi der Indexierung nicht so weit fort. Also das ist quasi in dem Rahmen nicht möglich gewesen. Es war in einem wesentlich kleineren zeitlichen Rahmen. Aber das wäre auch so ein Punkt, wo man sagen würde, das ist eine Edition, die spannend und hilfreich ist. Und ja, das sind so diese großen kunsthistorischen Dinge, die man so kannte, als man sich damit beschäftigt hat, auch eine Edition auf den Weg zu bringen.
00:22:04
Speaker
Und gab es für das User Interface oder auch für die digitale Aufbereitung Vorbilder oder orientiert man sich da auch an so einem Standard? Also ich kenne jetzt so Trier als das große Zentrum für die Editionswissenschaften in der Digital Humanities. Guckt man sich da was ab oder muss man das wirklich auf das Projekt hin immer anpassen?
00:22:25
Speaker
Also auch da ist eigentlich sandrad.net als vorbildlich zu nennen, weil die schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt sämtliche Daten als linked open data bereitgestellt haben. Das ist was, was immer noch seltenheitswert hat und wo wir natürlich auch gesagt haben, dass das eine tolle Sache ist.
00:22:54
Speaker
Ansonsten, was die Ansicht des Standardansichts vom Text angeht, kann man sagen, oder muss man sagen, diese synoptische Ansicht, Faximile auf der einen Seite, transkribierte Texte auf der anderen Seite, das ist natürlich
00:23:16
Speaker
nichts wo man jetzt konkrete Vorbild dafür haben muss. Was noch dazu kam jetzt bei der Entstehungsphase von unserem Projekt ist das Aufkommen von dem IIIF-Standard, der eben gewisse Vorteile bezüglich der Darstellung von jeglichen digitalen Bilddaten bietet.
00:23:38
Speaker
Und da haben wir natürlich auch gesagt, dass wir das gerne nutzen möchten, weil es einfach sehr komfortabel für die Nutzerinnen und Nutzer ist. Was dann eben aber auch dazu geführt hat, dass wir da eine maßgeschneiderte Lösung in Auftrag gegeben haben, um eben diese Technik nutzen zu können.
00:23:58
Speaker
Ja, und gerade was du sagtest, diese synoptische Ansicht, man hat sich ja auch dran gewöhnt. Also es ist ja auch so was, man muss ja auch dann so gewisse Sehgewohnheiten bedienen, dass man auch eine einfache Benutzung hat. Wenn da jetzt mit irgendwas sehr abwegend, weiß ich nicht, Texte und Bilder im virtuellen Raum kommen würde,
00:24:17
Speaker
Und die Leute müssten sich dann erst mal durch so eine 3D-Welt durchklicken. Das ist vielleicht als Gedankenspiel ganz nett, aber das würde, glaube ich, dann am Endeffekt keiner machen. Man kann ja dann auch nicht so richtig mit solchen experimentellen Visualisierungen

Herausforderungen und Potenziale digitaler Editionen in der Kunstgeschichte

00:24:29
Speaker
arbeiten. Oder wir sind sie vielleicht einfach auch noch nicht gewöhnt. Trotz allem, auch bei der Vorbereitung jetzt für diese Folge, habe ich mir überlegt, okay, was für digitale Editionen kenne ich eigentlich? Was habe ich genutzt? Ich habe auch mit diesem Registrer Imperii natürlich gearbeitet und sowas. Das sind diese Registen, das ist eine andere Form von Edition.
00:24:47
Speaker
Aber so richtig viele kunsthistorische Editionen, digitale Editionen sind mir auch gar nicht eingefallen. Also gibt es wenig digitale Editionsprojekte in der Kunstgeschichte oder kennt man die einfach nur nicht? Also Rubens Online war mir jetzt auch nicht bekannt, aber ja, ich bin auch keine Rubensforscherin. Ja, wahrscheinlich stehen wir ein bisschen fragend im Raum. Vermutlich gibt es tatsächlich recht wenige Editionen oder sie sind gerade in der Mache und im Kommen. Wir haben sie noch nicht im Blick, manchmal mit den Jahren.
00:25:16
Speaker
Arbeit man ja doch ein bisschen tunnelmäßig, man macht sein eigenes und kennt seine, was man machen muss und so weiter. Aber eigentlich sind wir offen und gucken, besonders wenn sich was zum verlinken, also eigentlich ein Aspekt, den wir noch gar nicht genannt haben, ist, dass wir also wir verlinken regelmäßig als zu Sandratnet, wenn da ähnliche Stichworte auftauchen, sodass der Nutzer sehr einfach
00:25:39
Speaker
quasi ein Bild aufmachen kann, was Sandrat in dem Kontext quasi zu diesem Aspekt gemacht worden ist oder was da bekannt ist und was bei Hainhofer ist. Und wenn es dann noch sehr, sehr viel mehr anderer Editionen dieser Art, würden wir vielleicht auch das ergänzen, aber mir fährt jetzt da nicht viel ein, hängt auch vielleicht damit zusammen, dass die Kunstgeschichte als solche ja kein Editionsfach ist. Das ist aus mehreren Gründen. Wir sind bildorientiert.
00:26:09
Speaker
Und versuchen dann auch, das war auch ein Ansatz bei uns, auch dem Bild eine stärkere Rolle zu geben, also auch der eingebundenen Kunst. Das andere ist, dass die Kunstgeschichte auch nicht sozusagen, auch wenn das Modell vielleicht inzwischen auch immer mehr quasi etwas oldschool wird, aber wir sind quasi schon immer eine Wissenschaft gewesen, die nicht an einen bestimmten Sprach- oder Kulturraum gebunden ist. Und das war ja eher so,
00:26:36
Speaker
Die deutsche Kunstgeschichte blickte nach Italien sehr lange, tut es auch immer noch. Und dann ist die Frage, wer ideiert denn jetzt italienische Quellen? Machen das jetzt auch noch deutsche Kunsthistoriker? Nein, wahrscheinlich dann doch eher nicht. Oder sie müssen zumindest eine Begründung haben, also eine Übersetzung, dass es quasi eine Transferleistung ist. Die Frage nach dem Editionswesen in der Kunstgeschichte ist wahrscheinlich auch eine fachspezifische
00:27:02
Speaker
Sache, das ist nicht so klar wie es bei Historikern oder Germanisten, denke ich schon, ja. Und vielleicht auch eine Förderungsfrage, weil es ja eine absolute Grundlagenforschung ist, dass vielleicht auch in dem Bereich gar nicht so viel gefördert wird. Ja, aber andererseits, wenn man da mit einem guten Argument hinkommt und sagt, es wird nicht so viel gefördert, ist es eigentlich eine gute Basis, um die Förderung zu bekommen. Aber das nur als Hinweis an der Seite, also man muss natürlich, es muss einen gewissen Stellenwert haben und bei Hainhofer war es ja so, dass
00:27:33
Speaker
die ja auch ungefähr im 19. Jahrhundert sehr viele gedruckte Editionen von Heinhofer entstanden sind. Und zwei davon sind ja auch in der berühmten Quellenedition der Wiener Schule publiziert worden. Also einem Ort, der quasi die Krone darstellt, was kunsthistorische Quellenaufbereitung bieten kann. Also im späten 19. Jahrhundert. Und damit hatten wir natürlich auch schon quasi
00:28:04
Speaker
Die haben damals schon für Hainhofer Normen gesetzt. Das gehörte quasi zu den klassischen Quellentexten dazu. Das ist auch ein Vorteil gewesen. Aber man muss... Trotzdem gab es genügend Gründe, das neu zu machen. Das ist ein anderer Erfrage, den haben wir eben alle erwähnt. Aber ich denke, dass wenn man da dran anschließt und darauf verweist, dass es da schon mal diese Tradition gab und man hat entsprechende Texte, die dafür in Frage kommen, denke ich, dass die Fördersituation gar nicht so schlecht aussehen würde.
00:28:34
Speaker
Es wäre wunderbar, wenn diese Reihe dieser Quellenschriften für Kunstgeschichte, Kunsttechnik, Mittelalter, Renaissance, wenn das alles neue Editionen erfahren würde. Jeren Ansatz, vielleicht sollten wir das an Anschluss an Heino von mal überlegen, was man da machen könnte. Vielleicht auch einige andere jetzt inspiriert, mal so eine digitale Edition anzugehen. Jetzt ist so eine Frage,
00:29:02
Speaker
Das hattest du, Martin, schon gesagt. Man braucht halt auch unterschiedliche Fähigkeiten, unterschiedliche Kompetenzen. Wie sieht denn jetzt so ein Team aus für eine digitale Edition historischer Quellentext oder historischen Quellenmaterials? Also ihr seid jetzt zu zweit hier zu Gast.
00:29:19
Speaker
Einmal Michael als Kunsthistoriker und für die Konzeption und das Domänwissen. Martin für die technischen Aspekte, die Digital Humanities Aspekte, auch die Aufbereitung der Daten und alles, was dann noch dazugehört. Aber zu zweit macht man sowas ja nicht, oder? Nein, also wie ich vorhin schon erwähnt hatte, Webdesigner und Webdesignerinnen,
00:29:48
Speaker
Die haben einfach noch mal eine Fähigkeit, die die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einfach nicht besitzen. Die haben das ja auch gelernt, ihr Handwerk, und deswegen sollte man tunlichst davon absehen, das selber versuchen zu wollen, weil die Ergebnisse dann nicht so professionell ausfallen, wie sie sollten. Deswegen haben wir das auch so gemacht, dass wir da eben einfach diesen Aspekt der Webentwicklung und des Webdesigns outgesourced haben.
00:30:18
Speaker
Man braucht dann natürlich immer noch jemanden, der alles, was davor passiert, vor der Publikation der Daten, diesen ganzen Workflow organisiert, eben von der Dateneingabe, wie die passieren soll und in welcher Form bis zur Datenkonversion, dass die Daten eben in die Form gebracht werden, mit der dann der Webdesigner oder die Webdesignerin was anfangen kann und die auf einer Webseite veröffentlichen.
00:30:48
Speaker
Jetzt interessiert mich der Blick unter die technische Motorhaube. Wir gehen jetzt mal so gedanklich vor. Die Konzeption ist gemacht. Man weiß, welche Texte reinkommen, welches Material reinkommt.
00:30:57
Speaker
Dann wurde sicherlich auch viel oder das meiste musste ja transkribiert werden. Wie seid ihr beim Transkribieren vorgegangen? Sitzt man dann 20 arme kleine SHKs? Nein, die können ja wahrscheinlich alle gar nicht die alten Schriften lesen. Also wie viel technisches Know-how oder welche technische Unterstützung habt ihr mit reingenommen? Wie war denn da der Workflow?
00:31:20
Speaker
Ja, das ist also im Antrag festgelegt. Wir sind auch mehr als wir zwei. Das ist auf jeden Fall so. Und den Martin von ihr erwähnten Webdesigner ist ja ein externer Auftrag gewesen, der gehört gar nicht dazu.

Transkriptionsprozess und Textkodierung

00:31:33
Speaker
Wir haben uns bei der Texterfassung bewusst dafür entschieden, das ist meine Kollegin Ursula Thiemann, das ist eine eigene, also auch eine Stelle im Projekt, die das macht, die die ganze Transkription macht und die sogar die Grundkommentierung schon mal ein bisschen mitgibt und auch die Lesarten und so weiter.
00:31:50
Speaker
Ich glaube, weil du das eben angesprochen hast, einer der großen Fehlgedanken ist, dass diese Art von, in Anführungsstrichen, einfachen Arbeiten, Arbeiten für Hilfskräfte sind. Eigentlich braucht man dafür die meiste Erfahrung.
00:32:08
Speaker
Und Hilfskräfte sind eher dafür, noch weitere Recherchen, Daten zu finden oder für Personendaten zusammenzufügen. Aber auch da habe ich gemerkt, ich habe jetzt auch verschiedenen Hilfskräften ja quasi auch quasi den Weg hineingeführt, wie man das macht, wie anspruchsvoll gerade diese Sache ist. Weil man muss von Dingen Ahnung haben, die, es kommt ein blöder Spruch, an den Universitäten nicht so viel vermittelt werden. Es ist eher so,
00:32:38
Speaker
Grundlagenforschung oder wie soll man sagen, also Dinge wie, wie man überhaupt Personen aufnimmt und so weiter und so fort. Und was hat das mit den Titeln auf sich? Wie, was sind eigentlich historische Personen? Also da sind wir wieder bei den Problemen. Bei Historikern ist das vielleicht etwas schon auch noch im Studium, aber bei Kunsthistorikern habe ich jetzt gemerkt, das ist dann doch nicht so ganz schon im Kenntnisbereich vorhanden.
00:33:05
Speaker
Also meinst du jetzt beim Aufnehmen so den Umgang auch mit so einer Datenbank, die dann im Hintergrund liegt? Ja, genau, also einfach zu... Also du siehst einen Namen da in deinem Text und wie finde ich jetzt raus,
00:33:17
Speaker
Wer das war und wie stelle ich den richtig dar? Das ist gar nicht so trivial, wie man sich das denken würde. Das hat auch ein bisschen mit Erfahrung zu tun, wie viel man schon in seinem Leben an irgendwas geforscht hat. Das kann man, glaube ich, auch nicht ersetzen. Also wir haben da eine Struktur, die durchaus diese grundlegenden Dinge sehr ernst nimmt.
00:33:45
Speaker
Und habt ihr experimentiert mit solchen Handwriting- und Recognition-Sachen, also Transkribus oder sowas? Weil wenn man ja mit einem Autor, mit einem Hainhofer arbeitet, dann könnte man ja auch so ein Texterkennungstool ganz einfach trainieren. Oder einfach in Anführungszeichen. War da einfach noch nicht Thema. Wir arbeiten jetzt auch schon ein paar Jährchen und da sieht man, wie sich die Sache entwickelt. Die waren auch gerade in Entwicklung.
00:34:13
Speaker
stellte sich auch wiederum anders dar, weil zum Teil gibt es ja schon gedruckte Editionen, dann ist es nochmal ein feinerer Abgleich. Also es geht nicht so darum, quasi die Textmasse erst mal zu herzustellen, also mit irgendeinem Hilfswerkzeug, sondern eigentlich schon
00:34:33
Speaker
dann doch ziemlich bald in die Feinarbeiten zu gehen. Und ich glaube, da sind immer noch wenige. Also wir haben uns das überlegt. Wir haben uns nicht mal die Struktur, wir haben einen Workflow nicht dafür quasi geeignet. Oder es war keinen äußeren Zwang gegeben, jetzt so was. Wenn man zukünftig überlegt, ja, warum nicht?
00:34:51
Speaker
Ja, wenn ich dazu kurz ergänzen darf, also wie Michael schon sagte, bei der Transkriptionsarbeit, das ist ja kein einfaches Runterschreiben von dem, was man liest, sondern da fängt ja auch schon die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Text bereits an und das kann dann auch keine Maschine leisten.
00:35:11
Speaker
Und zum anderen kommt es natürlich auch auf den Umfang an. Also bei uns, wir haben es jetzt zu tun mit ein paar wenigen tausend Seiten. Und wenn man jetzt da irgendwie in den fünfstelligen Bereich käme oder so und das in der selben Zeit bewerkstelligen wollen würde, dann müsste man schon vielleicht drüber nachdenken, wie man das beschleunigen könnte. Aber mit der jetzigen Konstruktion kommen wir da ganz gut hin, was so Zeit und Aufwand und Masse angeht.
00:35:42
Speaker
Und nachdem dann der Text transkribiert wurde, und ich gehe da absolut mit euch mit, das ist keine Aufgabe, die man irgendwie abschieben kann, sondern das ist ja eigentlich der Kern des Ganzen und da passiert ja auch unglaublich viel Erkenntnis, nachdem es dann der transkribierte Text ordentlich vorliegt, was sind dann die nächsten Schritte der Auszeichnung? Also kommt dann eine TEI-Erfassung oder bleibt es einfach ein maschinenlesbarer Text?
00:36:10
Speaker
Zunächst mal ist es so, dass bereits die Transkription in TEI stattfindet.
00:36:23
Speaker
Zum technischen Standard hat sich mittlerweile TEI als Erfassung für digitale Editionen entwickelt. TEI ist eine Abkürzung für Text Encoding Initiative. Das ist ein internationaler Standard für die digitale Erschließung und Auszeichnung von Texten, der sich in der wissenschaftlichen Praxis durchgesetzt hat. Warum?
00:36:43
Speaker
Zum einen bietet TEI eine beeindruckende Flexibilität. Es ermöglicht die detaillierte Kodierung verschiedener Texttypen, ganz egal, ob man ein literarisches Werk vor sich hat oder ein historisches Dokument. Es deckt einfach eine breite Palette an strukturellen und inhaltlichen Merkmalen ab.
00:37:00
Speaker
Ein weiterer entscheidender Vorteil von TEI ist seine Offenheit und Interoperabilität. Es basiert auf XML. Das heißt, die codierten Texte können ganz leicht in andere Formate konvertiert werden und in unterschiedlichen Kontexten weiter genutzt werden. Dies fördert die Zusammenarbeit und garantiert auch eine langfristige Nachnutzbarkeit der Daten. Es ist kein proprietäres Datenformat.
00:37:26
Speaker
Zwar erfordert die Anwendung von TI ein gewisses technisches Know-how und sorgfältige Planung, doch der Aufwand zahlt sich aus. Die Texte werden zugänglich, durchsuchbar und für die zukünftige Forschung bewahrt. TI hat sich als Standard etabliert und ist somit ein Muss für digitale Editionen.
00:37:53
Speaker
Das heißt, wir haben dann den transkribierten TI kodierten Text und an dem wird dann weitergearbeitet und dann passiert die
00:38:05
Speaker
Ja, in erster Linie die Registererschließung, das ist das, was dann, denke ich mal, die meiste Arbeit bedeutet, dass eben Registeranträge, Einträge angelegt werden und dann verlinkt werden mit dem transkribierten Text und umgekehrt.
00:38:24
Speaker
Das heißt, darum wird der TI-codierte Text dann noch erweitert um diese Registerlinks. Dazu kommt dann noch der Stellenkommentar, der ebenfalls in das selbe TI-Dokument integriert wird.
00:38:44
Speaker
Ja, und auf die Art und Weise entsteht dann eben ein TI-Dokument, was dann weiterverarbeitet werden kann, eben nach HTML konvertiert für die Web-Ausgabe und eben in die ganzen anderen Formate, die wir auch anbieten, wie beispielsweise PDF und dann auch langzeitarchivierungsgereignet ist.

Vorteile digitaler Editionen und Datenstrukturierung

00:39:07
Speaker
Genau diese Nachnutzbarkeit oder auch diese Offenheit für andere Nachnutzszenarien ist ja auch das Charmante von digitalen Editionen. Also die Nutzung hat ja unterschiedliche Perspektiven. Also einmal bin ich eine Wissenschaftlerin und ich brauche es als Quelle und lese mir das dann durch und gucke, ob die Leute auch ordentlich das Ganze gemacht haben. Die Transparenz ist gegeben. Ich kann auch in die Faximiles reinschauen und so weiter und so fort.
00:39:34
Speaker
Aber dann ist ja auch die Idee, also auch der digitalen Kunstgeschichte, dass man datengetrieben Meta-Analysen machen könnte. Also wenn es mehrere Editionen geben könnte, könnte ich ja dann auch die miteinander strukturell einfacher vergleichen. Oder ich könnte jetzt auch mit Strukturanalyse auf den ganzen Corpus von Hainhofer meine Methoden losschicken.
00:39:55
Speaker
Und meine Forschungsfragen, die, also ich keine Ahnung, wo war er besonders oft oder mit wem hat er ganz viel korrespondiert, mit wem eigentlich gar nicht oder was hat auch die Korrespondenz für einen gewissen Ton oder für ein Geschmäckle oder so weiter. Diese Nachnutzungsszenarien sind ja bei euch in der Edition schon mitgedacht durch die Anlage als maschinenlesbare Textformate.
00:40:20
Speaker
Habt ihr das dann selbst bei euch auch schon mal ausprobiert? Also gibt es da auch jetzt schon so erste Strukturanalysen, die man da mal gemacht hat?
00:40:29
Speaker
Also wir haben das bewusst so offen gestaltet, dass viele Sachen möglich sind und wir da nicht irgendwelche Perspektiven bereits vorgeben. Wir haben natürlich experimentell oder zu Machbarkeitsstudienzwecken schon das ein oder andere Mal ausprobiert.
00:40:54
Speaker
eine beliebte Spielerei ist, zum Beispiel, wenn man die Personen jetzt nimmt, die bei uns im Register erschlossen sind, die zu bebildern mit Porträts aus anderen Quellen. Dass man dann am Ende so eine Porträtgalerie hat von den bei uns im Text vorkommenden Personen oder so.
00:41:15
Speaker
Oder was auch gerne mal gemacht wird, ist zu vergleichen, wo kommen die Personen, die bei uns in den Texten vorkommen, noch in anderen Editions, in anderen editierten Texten vor, sodass man da schon mal eine inhaltliche Schnittmenge sieht, dass eben zwei verschiedene Texte von verschiedenen Autoren über dieselben Personen sprechen.
00:41:35
Speaker
Ja, und man kann natürlich noch weitergehen und noch mehr Daten miteinander in Beziehung setzen. Beispielsweise spannend finde ich auch die Frage der Konfession. Das ist bei uns im Personenregister auch kodiert, ob die erwähnten Personen katholisch, protestantisch oder was auch immer waren. Und da kann man dann schöne Statistiken anstellen mit wie vielen Personen oder in welchen Anteilen welcher Konfession
00:42:07
Speaker
Philipp Hainhofer dann in Kontakt getreten ist. Vielleicht sage ich noch was gerade zu diesem Aspekt, der ist mir auch eingefallen, das wäre ja quasi schon eine Vorprägung, vielleicht noch auf die Frage zurückgekommen, wie wir im Workflow vorgehen, also dann, wenn dieser Text steht, würden natürlich diese Register-Erschließungen und quasi einleitenden Texte usw. gemacht.
00:42:28
Speaker
sodass man zu publizierenden Ergebnissen kommt. Aber gerade an der Konfessionssache ist schon die Problematik, weil man muss, und das habe ich mir auch leichter vorgestellt, man muss denen ja Konfession zuweisen. Und das ist gar nicht so einfach. Und das Raster, was man drüberlegt, ist vermutlich ziemlich ahistorisch. Aber man kann damit arbeiten. Aber ich habe auch daraus gelesen,
00:42:57
Speaker
Es ist nicht einfach, weil historische Personen das nicht so preisletzten Endes geben. Natürlich gibt es berühmte Leute, da weiß man das, wenn die sich auch geäußert haben, aber dann wird es sehr schnell auch
00:43:14
Speaker
dass man es einfach nicht weiß, dass man es vermuten kann, wenn der in der Stelle gearbeitet hat, wird es wahrscheinlich ein Protestant gewesen, sonst hätte er den Job nicht gehabt. Aber ich glaube, das ist eine nicht richtige Herangehensweise. Und man sieht daraus, durch das Strukturieren und Benennen der Daten schafft man natürlich immer noch quasi die Basis der Auswertung und beeinflusst sie damit. Deswegen muss man da recht vorsichtig vorgehen. Und wenn man plötzlich zu einem Ergebnis kommt,
00:43:41
Speaker
bei so und so vielen Leuten keine Eingabe bei der Konfession, weil wir das einfach nicht leisten können, dann ist natürlich auch nicht viel daraus zu gewinnen. Aber wir gucken mal, wie wir weiterkommen. Aber da sieht man, wie die Schwierigkeiten auch gemacht sind. Also man muss auch die Daten entsprechend, zumindest bei verschiedenen Aspekten, vielleicht bei anderen nicht so sehr,
00:44:02
Speaker
Also so vorstrukturieren, dass eine derartige Abfrage im Big Data Bereich nicht quasi in die falsche Richtung geleitet wird, nur weil man quasi falsche Annahmen genommen hat. Ich kenne es jetzt auch nur von Prager Hof, da wechseln sich natürlich auch Konfessionen. Das haben wir zwar berücksichtigt, also wir können sogar, aber es ist schwierig, sagen wir es mal so.
00:44:29
Speaker
Aber jetzt so grundlegend, welche Forschungsfragen können denn aus eurer Perspektive jetzt im Projekt und auch mit dem Wissen, das ihr habt, erst durch digitale Editionen beantwortet werden? Oder ist alleine das Machen einer digitalen Edition schon die Antwort auf viele Forschungsfragen? Nein, das glaube ich nicht, dass das reine Machen, also
00:44:55
Speaker
Die Sache, das wurde ja eben schon angesprochen, sind die ganzen technischen Auswertungen, die natürlich mit traditionellen Editionen nicht machbar sind in dieser Art und Weise. Natürlich gibt es dazwischen Produkte wie quasi gescannte und mit OCR bearbeitete Editionen. Traditionen, die können natürlich auch in irgendeiner Form ausgewandelt werden. Das ist quasi so ein Zwitter zwischen dem alten und dem neuen. Lassen wir den mal beiseite.
00:45:21
Speaker
Es ist einfach auch, sagen wir mal, eine digitale Edition dieser Art, wie wir sie machen, eine Möglichkeit der Forschung sehr viel schneller komplexe Daten an die Hand zu geben, als das früher der Fall war. Und zwar in einer Art und Weise.

Standards und Nachhaltigkeit in digitalen Editionen

00:45:42
Speaker
Ich bin zwar nicht jemand, der sagt, dass Beschleunigung immer das redeste Lösung ist, aber es ist wesentlich komfortabler zurückzukommen, weil wir wirklich versuchen auch, wenn wir in den Texten noch weitere Quellen nennen, dass die gleich, wenn die denn publiziert sind online, dass die gleich mit aufgerufen werden können, sodass die Forscherinnen oder der Forscher sich wesentlich schneller ein Bild darüber machen,
00:46:12
Speaker
kann und natürlich steht dann zur Frage, ob das nicht dann doch letzten Endes, wenn das immer mehr die Möglichkeit ist, auch quasi das, was ansonsten noch publiziert oder erforscht wird, dann nicht dadurch auch neu geformt wird in irgendeiner Weise, weil es einfach neue Möglichkeiten gibt, wie auch immer das dann konkret aussieht.
00:46:34
Speaker
Jetzt, Martin, hattest du vorhin schon gemeint, der Herausforderung bei eurem Projekt war auch so ein Standard wie Triple IF, der ja in der Kunstgeschichte, auch in der Museumslandschaft mittlerweile ein Bildstandard geworden ist, mit einzubeziehen. Gab es denn noch andere Herausforderungen, die eine kunsthistorische Edition auch an die technische Seite abverlangt hat? Also multimodal müssen die Sachen ja sein. Es gibt Bilder, es gibt Text, Handschriften gedruckt.
00:47:03
Speaker
Gab es denn sonst noch irgendwelche Aspekte, die wegen der kunsthistorischen Perspektive mehr Arbeit bereitet haben?
00:47:09
Speaker
Was ich schon ein bisschen angesprochen hatte, ist dieser Status des Werks oder des Objekts als Entität, der gewissermaßen bei kunsthistorischen Editionen neu hinzutritt zu den üblichen Personen und Orten. Mit Personen und Orten weiß man mittlerweile, wie man da umzugehen hat. Also die haben gewisse
00:47:36
Speaker
gewisse Daten, die man einfach sinnvollerweise angibt oder erfasst und gewisse Standards, in denen diese Daten erfasst werden. Bei Personen beispielsweise, wann sind die geboren, wann sind die gestorben, bei Orten, bei welchen Geokoordinaten befindet sich dieser Ort. Und wenn man jetzt aber Kunstwerke hat, dann ist diese Standardisierung da noch nicht so weit fortgeschritten. Da muss man sich ein bisschen
00:48:05
Speaker
selber überlegen, welche Daten möchte man erfassen und in welcher Form gibt man die an. Und da gibt es natürlich Aspekte, die so in verschiedene Richtungen gehen. Da gibt es auch den Datierungsaspekt, also beispielsweise in welcher möglichst maschinenlesbaren Form gebe ich an, wann ein Objekt entstanden ist.
00:48:27
Speaker
auch wenn das üblicherweise nur mit sehr ungefähren Worten beschrieben wird, so eine Datierung. Und dann auch dieser Ortsaspekt, also Objekte sind ja oft an einem Ort, wie gebe ich an, an welchem Ort sich was befindet. Da gibt es auch mehrere Möglichkeiten, oder auch die Ortsveränderlichkeit natürlich von den Objekten irgendwie abzubilden.
00:48:54
Speaker
Ja, das ist, glaube ich, schon noch so ein Aspekt, der herausfordernd ist. Und was sind aktuell die größten Probleme mit digitaler Edition? Ja, vielleicht um noch einen Aspekt zu erwähnen, der bezwinglich zur Sprache kam. Eine Problematik an digitalen Editionen im Unterschied zu gedruckten ist ja, dass es mit dem Erstellen und dem Veröffentlichen von einer digitalen Edition nicht getan ist.
00:49:21
Speaker
sondern die Probleme fangen oft erst danach an. Oder um es mal, um sich der Frage von einer anderen Richtung aus anzunähern, du hattest vorhin gefragt nach anderen kunsthistorischen Editionen, die irgendwie uns so als vorbildhaft vorkommen. Und da ist mir noch eine eingefallen, nämlich die Van Gogh Briefe.
00:49:45
Speaker
die in den Niederlanden hergestellt worden sind und zwar schon vor ziemlich langer Zeit. Ich weiß nicht genau wann, aber es gibt eben schon sehr lange die digitale Edition der Van Gogh Briefe. Und das Faszinierende ist, dass diese Webseite immer noch funktioniert, immer noch zugänglich ist. Man kann die Edition immer noch nutzen.
00:50:06
Speaker
trotz ihres Alters. Die sieht natürlich nicht genauso aus, wie damals, als sie zum ersten Mal veröffentlicht worden ist. Und das ist genau der Punkt, da wurde nämlich kontinuierlich Arbeit reingesteckt, diese Webseite aktuell zu halten, das Design, die Funktionalität zu erhalten.
00:50:24
Speaker
sodass die mit heutiger Browser-Technik nutzbar ist. Und ja, im Unkerschluss, es gibt eben auch sehr viele Editionen, wo das nicht gemacht worden ist. Die wurden eben auch zur selben Zeit veröffentlicht und dann nie wieder angefasst. Und dementsprechend gibt es sehr viele Editions-Webseiten, die einfach gar nicht mehr erreichbar sind oder wo der Funktionsumfang eben
00:50:52
Speaker
eingeschränkt worden ist durch das Fortschreiten der Technologie, an das die Webseite nicht angepasst worden ist. Und das ist natürlich was, was man bei einem Erstellen einer neuen digitalen Edition nur schwer gewissermaßen prospektiv beeinflussen kann, wie dann später mit dieser Edition umgegangen wird oder wie die Pflege aussieht.
00:51:17
Speaker
Man kann natürlich gewisse Vorkehrungen treffen. Man kann die Daten so gestalten, dass sie leicht langzeitarchivierbar sind, leicht langzeitverfügbar gehalten werden können, leicht konvertierbar sind in eventuelle neue Datenformate, an die man heutzutage noch gar nicht denkt.
00:51:37
Speaker
Aber letztendlich ist der Einfluss nur begrenzt und dazu kommt ja noch die Problematik dieser Struktur des Projektes. Also ein Projekt hat immer einen Anfang und ein Ende. Nach dem Ende hört dann die Trittmittelförderung auf und trotzdem verursacht die Ressource ja doch Kosten eben diesem Pflegeaufwand und wie dieser zu gewährleisten ist, das ist eben ein Problem, was denke ich immer noch nicht gelöst ist.
00:52:06
Speaker
Ja, man kann ja die Daten ablegen, ein Reprositorium, da liegt man halt an diese TI-Datei. Aber der Mehrwert für NutzerInnen, die jetzt nicht technisch rasiert sind, also die nicht mit den Daten und den Konvertierungsmöglichkeiten haben, für die ist ja eigentlich dieses Web-User-Interface da. Das macht ja auch so einen Mehrwert dann aus, mit diesem Vergleich von unterschiedlichen Ansichten, die Transkription, der Kommentar gleicht sich dabei.
00:52:33
Speaker
Und das ist ja was, also Webinterface wird ja überhaupt nicht aufbewahrt. Das ist genau das, was ich meinte. Das ist ein großes Problem. Das ist eine Frage, auf die ich jetzt auch keine Antwort weiß. Ich kann eben nur sagen, man kann es versuchen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Weil wenn man das nicht macht und die Edition so gestaltet, dass sie auf eine bestimmte
00:53:03
Speaker
Präsentationsform ausgerichtet ist, dann kann das sehr viel Aufwand bedeuten, wenn diese Webseite dann doch irgendwann kaputt geht und man dann fast schon Datenarchäologie betreiben muss, um die Daten aus dieser Edition dann irgendwie wieder zu extrahieren und in eine zeitgemäße Form zu bringen, sodass man dann am Ende wieder eine funktionierende Webseite hat. Von daher ist es natürlich besser und effizienter, dass man es gar nicht erst so entkommen lässt,
00:53:33
Speaker
Obwohl man das, wollte ich noch einbringen, natürlich sagen muss, dass die beantragenden Institutionen schon verpflichtet sind und sich auch dazu verpflichten, eigentlich das zu gewährleisten, dass die langfristig zu nutzen sind. Und wenn das nicht der Fall ist, müssen die dann auch gucken, dass man das wieder hinkriegt. Und es ist ja auch so, es kann nicht sein, dass
00:54:02
Speaker
öffentlich geförderte Wissenschaftsprojekte, die müssen natürlich bereitgehalten werden und zweien ihrer kompletten Nutzbarkeit, also nicht nur das abgelegte Forschungsdaten, die irgendwo für fachlich versierte abrufbar sind. Klar, da gibt es vielleicht noch Differenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit, aber das
00:54:27
Speaker
Die Institutionen das wissen und es auch tun und das ist glaube ich klar. Was Martin sicherlich recht ist, dass die Durchführung manchmal schwierig sein kann, das wirklich so hinzukriegen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und zukünftige Entwicklungen

00:54:41
Speaker
Wenn man jetzt alles nochmal im Revue passieren lässt, bedeutet so eine digitale Edition eine große Herausforderung. Man braucht ein großes Team, am besten interdisziplinär, mit Fachwissen über die Zeit, aus der die Texte kommen, über die Personen, die Konzepte, die auch geistig, mentalitätsgeschichtlich dahinter liegen. Auf der anderen Seite braucht man technische Expertise, sowohl im Bereich des Webdesigns, das ist eine andere Expertise als im Bereich der Datenaufbereitung, der Textaufbereitung.
00:55:11
Speaker
Wo kann man das als Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker lernen? Also fehlt das als Teil bei uns in der Ausbildung? Gibt es deswegen auch so wenig digitale Editionen? Also ich denke nicht, dass man im kunstgeschichtlichen Studium alles lehren muss, was man lehren könnte. Vielleicht ist es auch gar nicht so schlimm, dass es so wenig kunsthistorische Editionen gibt. Ich weiß es nicht.
00:55:37
Speaker
Aber auf jeden Fall das technische Wissen, was man braucht, oder ich sag mal das informationswissenschaftliche Wissen, das ist kein Hexenwerk. Das kann man sich auch auf anderem Wege außer durch ein Studium aneignen. Vielleicht auch einfach durch Praxis, dass man in solche Projekte hinein
00:56:03
Speaker
gerät und dann im Laufe der Jahre einfach lernt, wie sowas geht. Ja, ob dafür jetzt ein eigenes Studium notwendig ist, weiß ich nicht. Ich persönlich hatte halt als zweites Hauptfach Bibliothekswissenschaft. Das war dann schon mal eine sehr gute Grundlage und für die Tätigkeit, die ich jetzt ausübe, tatsächlich sogar das Relevantere und nicht so sehr die Kunstgeschichte.
00:56:33
Speaker
Ja, ich denke auch, das Stichwort hier muss einfach Interdisziplinarität sein. Also ich denke auch, dass man es nicht so hoch ansetzen müsste, dass man eigene Studien ginge und so weiter, sondern das einfache Zusammenarbeit zwischen
00:56:50
Speaker
eher Literatursprache- und textorientierten Studiengängen und eben der Kunstgeschichte stattfindet. Das kann in einfachen Seminaren stattfinden, dass das mal quasi zusammengeführt wird. Und da können Interessierte eben erst das erste Mal kennenlernen. Und ich denke, das reicht tatsächlich aus. Und Learning by Doing ist einfach doch sehr viel, wie Martin es auch eben genannt hat. Aber ich denke,
00:57:16
Speaker
Einfach mal in den Universitätsstrukturen wieder mal zusammenkommen, dass dort aus den verschiedenen Fachbereiten mal zusammen etwas angeboten wird. Um das mal auszulocken, würde schon viel bringen. Und die nächste Frage, Martin, wie viel brauchen wir eigentlich an Kunsthistorischen Editionen? Ich weiß es auch nicht.
00:57:37
Speaker
Ich habe ja eingangs einige Schwierigkeiten genannt, die Sache der Sprache. Welche Texte sind eigentlich diejenigen, die in Kunstgeschichte wichtig sind? Ich würde das einfach mal offenhalten und gucken, was passiert. Also auch im zeitgenössischen Bereich haben wir uns ja noch gar nicht so mit beschäftigt. Welche Texte spielen da eine Rolle? Wie kann man die aufnehmen? Welche Standards und welche Ziele sind da eigentlich? Das sind vermutlich andere, als die wir hier haben.
00:58:02
Speaker
Aber die nichtsdestotrotz vielleicht doch mit einer digitalen Edition ganz gut zu leisten sind. Aber das würde ich offen auch so sehen. Es besteht kein Zwang, dass wir jetzt unheimlich viel jedieren digital.
00:58:15
Speaker
Man sollte der Möglichkeit bewusst sein, dass man da was beitragen kann. Allein die Verfügbarkeit der Texte, also du hattest es vorhin ja ausgeklammert, diese Möglichkeit, gescannte Dokumente über eine Handschrift oder eine Object Character Recognition durchsuchbar zu machen, ist ja einfach schon ein großer Schritt, der die Recherchearbeit erleichtert. Also einfach die Frage der Zugänglichkeit von Quellenmaterial hat sich ja auch um einiges gebessert.
00:58:45
Speaker
Ja, und das eben war ja noch ein Van Gogh-Briefe-Thema, also natürlich solche Art von Künstler-Hinterlassenschaften, klassischer Art. Die Frage ist, wie wichtig sind sie tatsächlich für die Recherche? Aber ich denke, dass da auch noch einiges schlummert, was einfach ausgewertet werden kann. Dann muss natürlich auch wieder die Frage sein,
00:59:05
Speaker
muss man mit so großem Aufwand darauf dann zugehen. Vielleicht gibt es dann auch niederschwelligere Sachen, wo man Textarchive oder irgendwas aufmacht für solche Künstlernnachlässungen, dass die einfach mal relativ niederschwellig Massen

Visuelle und Design-Elemente in digitalen Editionen

00:59:18
Speaker
nehmen. Dann könnte man diese ganzen Techniken Transkribus und so weiter mal fragen, ob man damit weiter käme.
00:59:25
Speaker
Ja, wobei es gibt natürlich auch Materialien, die sich sehr gut eignen für so eine Art von digitaler Edition. Wenn ich da mal quasi Werbung in eigener Sache machen darf, vor kurzem Ende August ist die andere Heinhofer-Edition von uns erschienen, nämlich das große Stammbuch Philipp Heinhofers.
00:59:47
Speaker
Und das ist eine Art von Material, wo der Textanteil sehr gering ist und der Bildanteil umso bedeutender. Und es ist natürlich immer eine Frage, wie man so ein Buch am besten präsentiert, wo halt viele Bildzeiten drin sind.
01:00:06
Speaker
Man kennt das ja, wenn man so in Ausstellungen geht und dann wird so ein Buch präsentiert, dann ist das auf einer Doppelseite aufgeschlagen und alle anderen Doppelseiten sieht man erstmal nicht. Und Faximiles herzustellen, also gedruckte Faximiles ist halt auch immer aufwendig und teuer.
01:00:24
Speaker
Und dann werden dann in gedruckten Publikationen meistens irgendwelche Auswahlillustrationen beigegeben. Und das ist denke ich mal ein Fall, wo die digitale Edition da ein sehr gutes Mittel ist, also dass man eben nicht nur
01:00:38
Speaker
die digitalisierten Bildseiten präsentiert, sondern dazu eben auch dann Informationen bereitstellt zu den Textanteilen, die Textanteile transkribiert, übersetzt und so weiter. Und da ist uns, denke ich mal, mit der Edition des großen Stammbuchs auch eine ganz gute Lösung dazu.
01:01:01
Speaker
gelungen, die halt eben natürlich schon gewisse Ähnlichkeiten hat mit den Reiserelationen, aber dann doch eine eigene Form der digitalen Edition darstellt.
01:01:21
Speaker
Bislang sahen die digitalen Editionen ihren gedruckten Vorfahren doch recht ähnlich. Das hat auch etwas mit Nutzungsgewohnheiten zu tun. Hinter der Oberfläche verbergen sich aber dann die Stärken. Eine zeitgemäße digitale Edition hat meist eine Verlinkung von Text und Bildern. Sie bietet die Möglichkeit vielseitiger Anreicherung durch Normdaten und wurde nach DEI erschlossen.
01:01:46
Speaker
Sie generieren nutzbare Forschungsdaten und sind in unterschiedliche Formate transferierbar. Die technischen Möglichkeiten sind jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft. Die Vorteile einer digitalen Edition liegen auf der Hand. Die wissenschaftlichen Entscheidungen sind nachvollziehbar, da man facsimile, Transkription und Kommentar direkt nebeneinander auf dem Bildschirm liegen hat. Jeder Gedankengang ist, bei einer guten Edition, nachvollziehbar und transparent.
01:02:14
Speaker
Aber am Ende muss nicht alles penibelst erschlossen werden. Das Schöne ist doch, dass es auch Zwischenstufen geben kann. Ich bin ja manchmal schon mit einer gescannten Quelle zufrieden, über die eine automatische Texterkennung drüber gelaufen ist, damit ich wenigstens nach Schlagworten oder Personen suchen kann. Es ist zwar dann keine wissenschaftliche Edition, aber zumindest eine Art von editierter Veröffentlichung.
01:02:38
Speaker
Wenn die Quelle dann am Ende wichtig ist, kann ich sie immer noch in einer Erfassung nach editionswissenschaftlichen Prinzipien unterziehen. Digitale Editionen sind eine Mischung aus dahinter liegendem computerlesbarem Text, Bildern und im besten Fall einem einfach zu bedienenden Interface. Wenn möglich, kann man über das Projektende hinaus auch weitere Aktualisierungen hinzufügen oder eine internationale Kooperation anstreben.
01:03:05
Speaker
Doch die Herausforderungen darf man nicht unterschlagen. Es steckt eine enorme Konzeptionsarbeit dahinter und im Anbetracht an Förderstrukturen bleibt eine leise Systemkritik nicht aus.
01:03:18
Speaker
Standards für die Interoperabilität von Daten setzen sich durch, sie müssen jedoch auch eingehalten werden, und von der Langzeitverfügbarkeit der User Interfaces möchte ich gar nicht erst sprechen. Doch der Aufwand lohnt sich. Es gilt, die digitalen Editionen unseres Jahrhunderts robust und stabil zu bauen. Im besten Fall kann man sich in 100 Jahren an die Kolleginnen und Kollegen der Vergangenheitsrückwänden und anerkennend mit dem Kopf necken.
01:03:46
Speaker
So ähnlich wie wir es jetzt bei den Quellenschriften der Wiener Schule machen. Editionsprojekte dauern. Ja.

Abschluss und Danksagung

01:03:53
Speaker
Aber sie sind auch von Dauer.
01:04:04
Speaker
Diese Folge wurde von Jacqueline Closic-Eckardt produziert im Auftrag des Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte. Unterstützt wird sie dabei von der Redaktion der Arbeitskreismitglieder Peter Bell, Lisa Diekmann, Peggy Große, Walter von Pippich und Holger Siemann.
01:04:19
Speaker
Finanziert wird ArtistoCast, der Podcast zur digitalen Kunstgeschichte von NFDI for Culture, dem Konsortium internationalen Forschungsdateninfrastruktur, das sich mit Forschungsdaten zu materiellen und immateriellen Kulturgütern befasst. Unterstützt wird ArtistoCast durch den Deutschen Verband für Kunstgeschichte. Du hast noch eine Frage oder Anregungen? Kontaktiere uns einfach unter podcast-at-digitale-kunstgeschichte.de