Einführung und Vorstellung der Gastgeber
00:00:03
Speaker
No Strategy, No Breakfast, der Podcast rund um Strategieentwicklung von und mit Jürgen Magetich und Karl Bredemeyer.
00:00:11
Speaker
Jürgen und ich sind Organisationsberater in Berlin und Wien und wir heißen euch ganz herzlich willkommen zu einer neuen Folge No Strategy, No Breakfast.
Vorstellung des Gasts Wolfgang Vorwerk
00:00:18
Speaker
Ja, lieber Karl, wir haben ja viele Gespräche geführt mit Beratern, Theoretikern.
00:00:25
Speaker
Heute haben wir einen Gast da, der ganz aus der Praxis kommt, mit dem wir über die reale Sache Strategieentwicklung und Umsetzung sprechen können.
00:00:34
Speaker
Wen hast du eingeladen?
00:00:37
Speaker
Das stimmt, lieber Jürgen.
00:00:38
Speaker
Ich freue mich ganz besonders, dass Herr Vorwerk unserer Einladung gefolgt ist.
00:00:42
Speaker
Und wie wir es hier ganz gerne machen, würden wir die Vorstellung gerne Ihnen persönlich überlassen, Herr Vorwerk.
00:00:49
Speaker
Schön, dass Sie da sind.
00:00:51
Speaker
Bitte erzählen Sie uns doch mal ein bisschen was über sich.
00:00:54
Speaker
Ja, ein großes Dankeschön erstmal, dass ich überhaupt hier sein darf heute und mit Ihnen über ganz spannende Themen ins Gespräch komme.
00:01:03
Speaker
Mein Name ist gefallen, Wolfgang Vorwerk.
00:01:05
Speaker
Ich bin Vorstand des Leiner Stifts einer Jugendhilfe- und Behindertenhilfeeinrichtung mit Sitz in Ostfriesland.
00:01:12
Speaker
Wir haben eine ganz lange Geschichte von 160 Jahren genannt.
00:01:16
Speaker
In diesem Jahr, insofern haben wir schon ganz viele Erfahrungen sammeln dürfen.
00:01:20
Speaker
Wir haben ungefähr knapp 1000 Mitarbeitende, die sich in den vielen verschiedenen Dienst- und Einrichtungen des Leinerstifts betätigen.
Bedeutung von Strategie in sozialen Einrichtungen
00:01:28
Speaker
Genau, und ich bin seit drei Jahren hier Vorstand und habe in den letzten zwei Jahren großartige Erfahrungen mit dem Netzwerk-Knoten machen dürfen in Organisationsentwicklung.
00:01:38
Speaker
Und wie gesagt, deswegen freue ich mich, dass wir heute darüber etwas ins Gespräch kommen.
00:01:43
Speaker
Vielleicht so eine erste Frage, Leinerstift, soziale Einrichtung und Strategie.
00:01:48
Speaker
Strategie kennen wir so, da denkt man immer an das Unternehmen, Gewinn, Ziele erreichen.
00:01:55
Speaker
Welche Funktion hat denn Strategie oder was ist Strategie für Sie in dem Kontext?
00:02:00
Speaker
Warum machen Sie Strategie?
Herausforderungen bei Leiner Stift
00:02:04
Speaker
Ja, letztendlich ist es ja auch eine soziale Einrichtung, auch eine Jugendhilfeeinrichtung, eine Behindertenhilfeeinrichtung, ein Unternehmen, das irgendwie agiert in einem Markt, der vielleicht nicht so breit gestreut ist wie in anderen Bereichen.
00:02:19
Speaker
Aber für uns ist natürlich eine Strategie wichtig.
00:02:21
Speaker
Wo wollen wir hin?
00:02:22
Speaker
Was wollen wir tun in Zukunft?
00:02:24
Speaker
Was sind eigentlich Bedarfe?
00:02:25
Speaker
Was sind Einflüsse von außen?
00:02:29
Speaker
Was sind Dinge, die für uns eine große Bedeutung haben?
00:02:33
Speaker
Was kommt aus der Geschichte heraus?
00:02:35
Speaker
Wie setzen wir das um?
00:02:37
Speaker
In welche Regionen wollen wir eigentlich?
00:02:39
Speaker
Also natürlich hat auch ein Träger wie wir sich mit einer Strategie zu beschäftigen.
00:02:45
Speaker
Sie hatten sicher, also Sie haben es ja eingangs gesagt, wir kennen uns, wir kennen uns aus der gemeinsamen Arbeit in den vergangenen zwei Jahren und trotzdem vielleicht an der Stelle auch für die Zuhörer.
Mitarbeiterbeteiligung im Strategieprozess
00:03:02
Speaker
Was hat Sie denn dazu veranlasst, den Prozess, den wir dann letztlich gemeinsam gestartet haben, zu öffnen?
00:03:09
Speaker
Ja, das Leinerstift kam, als ich es übernommen habe, aus einer sehr schwierigen Situation, was Führung und Leitung anging.
00:03:19
Speaker
Es gab einige Auseinandersetzungen auf verschiedenen Ebenen.
00:03:24
Speaker
Ich habe das Leinerstift gemeinsam mit einem Kollegen quasi übernommen, als es wirklich darum ging,
00:03:31
Speaker
wo soll es eigentlich hingehen, was wollen wir eigentlich sein, wer sollen wir sein.
00:03:35
Speaker
Und wenn man dann in die Jugendhilfe guckt, ist eben ein ganz großer Part, eine ganz wichtige Aufgabe in der Jugendhilfe das Thema Beteiligung junger Menschen.
00:03:44
Speaker
Also Partizipation, Einbindung in die Entwicklung, in die Arbeit, in die Hilfepläne etc.
00:03:50
Speaker
gehört einfach dazu.
00:03:51
Speaker
Und für mich, für uns war dann irgendwie klar,
00:03:54
Speaker
Also hier kann nicht einer in einer Einrichtung sitzen und sagen, das und das machen wir jetzt, sondern wir leben Beteiligung im Alltag, dann müssen wir auch Beteiligung eben in der Mitarbeiterebene leben und auch gucken, was ist eigentlich sinnvoll, was ist gut für das Leinerstift.
00:04:12
Speaker
Aber auf der anderen Seite macht es auch keinen Sinn, dass einer alleine Ideen hat, wenn ein
00:04:17
Speaker
800 andere, 900 andere, je nachdem, in welchem Zeitraum wir gucken, tatsächlich auch gute Ideen haben.
00:04:22
Speaker
Und so war dann am Ende klar, okay, ein Strategieprozess mit Einbindung aller Beteiligten ist irgendwie das notwendige Ziel, um auch alle mitzunehmen und auch mit dem Leinerstift eine gute Zukunft zu haben.
00:04:40
Speaker
Was waren da so Ihre Erfahrungen?
00:04:43
Speaker
Wie würden Sie das jetzt rückblickend beschreiben?
00:04:46
Speaker
Ja, also wenn man in so eine Einrichtung guckt, wie die unsere, dann fallen immer verschiedene Gruppen auf von Menschen.
00:04:52
Speaker
Menschen, die sagen, naja, eigentlich ist das doch eine Erwartung an den Vorstand, dass der sagt, wo es hingehen soll.
00:04:58
Speaker
Und warum sollen wir jetzt auch noch die Arbeit machen, für die der eigentlich bezahlt wird?
00:05:02
Speaker
Dann gibt es andere, die sagen, ach, ja, ist ja schön.
00:05:06
Speaker
Und es gibt eine dritte Gruppe, die sagt, ja, super, cool.
00:05:09
Speaker
Wir werden gefragt, wir werden gehört und wir können uns mit auf den Weg machen.
00:05:13
Speaker
Für mich war total wichtig, genau diese letzte Gruppe irgendwie zu motivieren, sich wirklich mit auf den Weg zu machen und die anderen beiden Gruppen davon zu überzeugen, dass es gut ist, auch sich bei der Entwicklung zu beteiligen.
00:05:27
Speaker
Letztendlich fing das mit einer großen Mitarbeiterbefragung in 2021 an.
00:05:32
Speaker
in 2022 im Frühjahr an, wo es darum ging, was ist eigentlich die Haltung der Mitarbeitenden, wo wollen sie eigentlich hin und mündete dann jetzt in diesem ganzen Strategieprozess, der letztendlich, wie gesagt, immer auf Beteiligung, immer auf Partizipation der Mitarbeitenden ausgerichtet war.
00:05:49
Speaker
Wie groß ist denn, also 1000 Mitarbeiter, waren jetzt alle beteiligt oder waren das Teilgruppen?
00:05:54
Speaker
Oder macht sie so richtig Halle auf und da sind alle drinnen und dann diskutiert man das?
00:05:59
Speaker
Ich stelle mir auch Sozialarbeiter und ihre Leute ja sehr diskussionsfreudig vor.
00:06:04
Speaker
Wie groß haben Sie es denn angelegt?
00:06:06
Speaker
Ja, wir haben verschiedene Formate gewählt.
00:06:08
Speaker
Wir haben erst im kleinen Kreis einige Dinge besprochen, erhoben, überlegt, wo es hingehen soll.
00:06:13
Speaker
Wir haben das dann um weitere Leitungskräfte auf der zweiten und dritten Führungsebene erweitert.
00:06:19
Speaker
Und wir haben zwischendurch im Prozess auch alle Mitarbeitenden eingeladen zu verschiedenen Veranstaltungen,
00:06:24
Speaker
Ich erinnere mich an ein ganz spezielles Format, digital, online, wo letztendlich jeder Mitarbeitende sich zuschalten konnte und jeder, der wollte, hat das dann auch getan.
00:06:34
Speaker
Also da haben wir wirklich versucht, die breite Menge der Mitarbeitenden auch einzubinden, so gut es geht, weil wir ja in den vielen verschiedenen Regionen auch
Organisationales Lernen und Widerstand gegen Veränderung
00:06:43
Speaker
Wir haben Büros in Berlin und Brandenburg, Streisund.
00:06:46
Speaker
Das heißt, wir konnten auch jetzt in Präsenz nicht immer alle zusammenholen, sondern das digitale Format war wichtig.
00:06:53
Speaker
Und zwischendurch eben über Kommunikation in unseren internen Medien tatsächlich auch Rückfragen, Möglichkeiten zur Beteiligung, Möglichkeiten zur Rückmeldung etc.
00:07:04
Speaker
Das waren ganz wichtige Formate, ja.
00:07:09
Speaker
Es ist ja so ein Strategieprozess.
00:07:11
Speaker
In einem Gespräch haben wir immer gelät, so eine Phase, wo sich die Organisation mit sich selbst beschäftigt, sich selbst betrachtet.
00:07:18
Speaker
Also Umwelt natürlich sozusagen, was verändert sich im Außen, aber auch wie sind wir denn wirklich zwischen dem, was man gewohnt ist und nochmal genau hinschauen.
00:07:27
Speaker
Was haben Sie denn über die Organisation gelernt in dem Prozess?
00:07:31
Speaker
Gab es so Dinge, die aufgepoppt sind?
00:07:34
Speaker
Sie gesagt haben, das ist jetzt ein neuer Aspekt oder...
00:07:39
Speaker
Also ich habe über die Organisation gelernt und ich weiß nicht, ob das das Besondere am Leinerstift ist oder ob das nicht vielleicht bei vielen anderen Organisationen auch so ist, dass man viel an der Aufhebung bestimmter Beharrungskompetenzen arbeiten muss.
00:07:54
Speaker
Also Mitarbeitende haben ja häufig die Situation, dass sie gut begründet bekommen müssen, warum sie eigentlich mit einer Einrichtung sich verändern sollen, sich weiterentwickeln sollen etc.
00:08:06
Speaker
Und ich habe gelernt, wirklich intensiv gelernt, dass das eine durchaus große Herausforderung ist.
00:08:13
Speaker
Aus der Ferne heraus Mitarbeitende davon zu überzeugen, dass eine Entwicklung nötig ist und notwendig ist.
00:08:21
Speaker
Gleichzeitig habe ich gelernt, dass auch ein solches Unternehmen wie unseres tatsächlich eine Unmenge an Menschen hat, die
00:08:30
Speaker
die im Hintergrund eigentlich total gute Ideen haben, total gut mitarbeiten und über welche Formen, über welche Möglichkeiten wir da quasi diese Leute auch hören können, wie wir diese Leute auch einbinden können in Arbeitsgruppen, in Fragen, in Themen, damit diese Kompetenzen einfach nicht verloren gehen.
00:08:50
Speaker
Und das sind zwei Dinge, die ich sehr deutlich hier gelernt habe, dass das eine Herausforderung ist in jedem Organisationsentwicklungsprozess in einer solchen Einrichtung.
00:09:00
Speaker
Also den Schatz zu heben auf der einen Seite und auf der anderen Seite.
00:09:04
Speaker
Ich muss jetzt bei diesem Thema Beharrung, das tatsächlich muss immer wieder vorkommen.
00:09:08
Speaker
Da muss ich denken, tatsächlich könnte man auch so anschauen und sagen, das ist ja eine Stärke der vorhergehenden Strategie.
00:09:14
Speaker
Also da will man ja, dass etwas beharrlich dann umgesetzt wird.
00:09:18
Speaker
Also in der Implementierung wollen wir, dass die Leute dranbleiben.
00:09:22
Speaker
Nur doof, wenn dann wieder eine Veränderung kommt.
00:09:24
Speaker
Die scheitert dann sozusagen oder kämpft mit der Stärke der vorhergegangenen.
00:09:29
Speaker
Da ist vorher was gelungen.
00:09:30
Speaker
Das ist ja interessant, Herr Magetich, wie wir jetzt beide Beharrung verstehen.
00:09:37
Speaker
Also beharrlich und auf etwas beharren ist für mich tatsächlich ein deutlicher Unterschied.
00:09:43
Speaker
Also beharren auf den Status quo, die Frage zu stellen, warum sollen wir uns eigentlich hier entwickeln, das war für mich so ein großes Thema, das ich gelernt habe.
00:09:53
Speaker
Da muss ich Argumente haben.
00:09:55
Speaker
Ich muss Gründe haben, warum eigentlich Menschen,
00:09:59
Speaker
warum eine Einrichtung, eine Organisation sich entwickeln soll, wenn es doch eigentlich gerade ganz gut läuft, also im Kleinen, wenn eine Wohngruppe, wenn eine Tagesgruppe doch eigentlich gut läuft, warum müssen wir uns damit beschäftigen, dass wir uns als Organisation weiterentwickeln?
00:10:14
Speaker
Und da habe ich gelernt, okay, da muss man viel argumentieren, da muss man viel erklären können, da muss man viel auch mitnehmen können.
00:10:23
Speaker
Das ist, finde ich, schon eine große Herausforderung.
00:10:26
Speaker
Das ist ja wahrscheinlich jetzt beharrlich, beharrlich an etwas weiterarbeiten.
00:10:30
Speaker
Aber jetzt Thema Beteiligung, weil ich habe etwas Schönes gesagt.
00:10:35
Speaker
Das eine ist die Beteiligung, die wir uns immer wünschen.
00:10:37
Speaker
Wir sagen, bringt eure Ideen an den Tisch, dann haben wir mehr Material.
00:10:41
Speaker
Aber wenn ich Ihnen so höre, ist ja Beteiligung auch darüber zu verhandeln, was der Sinn und Zweck ist.
00:10:47
Speaker
Ja, das war... Also erstmal tatsächlich überhaupt zu gucken, muss das überhaupt sein?
00:10:54
Speaker
Also warum sollen wir uns denn eigentlich mit so einer grundsätzlichen Strategie beschäftigen?
00:11:00
Speaker
Warum sollen wir eigentlich gucken, wo wir in 20 Jahren stehen?
00:11:05
Speaker
Warum ist es eigentlich so wichtig für eine Einrichtung, sich damit zu beschäftigen, welche Einflüsse von außen haben wir?
00:11:10
Speaker
Was bedeutet eine politische Entscheidung?
00:11:13
Speaker
Was bedeuten bestimmte Haushaltssituationen bestimmter...
00:11:18
Speaker
Was bedeuten alle diese Dinge?
00:11:19
Speaker
Und dafür eine Bereitschaft zu erzeugen, sich überhaupt mit Fragen zu beschäftigen, die eigentlich über meinen Arbeitsalltag im ganz praktischen pädagogischen Alltag hinausgehen, das ist schon auch wichtig, das Menschen, Mitarbeitenden einfach auch gut zu erklären und zu begründen.
Persönliche Herausforderungen und Entwicklung als Leiter
00:11:37
Speaker
Haben Sie dann ein Erfolgsrezept, wo Sie sagen, okay, oder vielleicht etwas, worin Sie besonders vielleicht gut sind oder erfolgreich sind?
00:11:45
Speaker
Weil das ist ja tatsächlich eine Herausforderung, die ganz, ganz viele immer haben und dann immer sagen, ja, Moment, aber das steht doch in der E-Mail oder das haben wir Ihnen doch erklärt.
00:11:52
Speaker
Jetzt machen Sie doch einfach mal mit.
00:11:54
Speaker
Und damit ist es ja meistens nicht getan.
00:11:56
Speaker
Und Sie sagen, da gibt es irgendwas im Leinerstift, was besser funktioniert als anderes, wenn es darum geht, Dinge zu erklären oder Menschen mitzunehmen?
00:12:08
Speaker
Also ich würde mir nicht anmaßen, dass es besser funktioniert als woanders, aber wir haben uns natürlich mit dieser Frage beschäftigt und ich glaube, dass es auch sehr damit verbunden ist, dass man, ich greife jetzt mal wieder den Begriff beharrlich auf, tatsächlich an der Stelle,
00:12:23
Speaker
dass man beharrlich daran arbeitet, letztendlich den Mitarbeitenden jetzt auch fortzuleben.
00:12:29
Speaker
Also auch die Mitarbeitenden jetzt nicht nur immer über irgendwelche Mails oder über einen internen Kommunikationsweg immer nur zu schreiben oder so, sondern auch zu sagen, nee, wir meinen es auch ernst.
00:12:42
Speaker
Und das ist über diesen Prozess in den zwei Jahren gewachsen.
00:12:46
Speaker
Das war natürlich am Anfang eher so skeptisch, skeptisch.
00:12:50
Speaker
Ist das wirklich so?
00:12:51
Speaker
Nehmen die das jetzt wirklich ernst?
00:12:52
Speaker
Machen die das wirklich, was wir sagen?
00:12:55
Speaker
Und über die zwei Jahre wirklich auch das umzusetzen, was wir beschlossen und besprochen haben, um das deutlich zu machen, das hat Menschen schon auch motiviert mitzumachen.
00:13:07
Speaker
Aber das ist nicht der Grund,
00:13:10
Speaker
Funke gewesen, mit dieser Sache haben wir das jetzt mal eben geschafft, sondern das war auch wirklich ein Teil des Organisationsentwicklungsprozesses, Mitarbeitende davon zu überzeugen, dass es auch wirklich am Ende kein leerer Ballon ist, der da irgendwie steigen gelassen wird.
00:13:27
Speaker
Jetzt sind Sie ja in einer besonderen Situation in diesem Prozess, auch in einem Spannungsfeld.
00:13:34
Speaker
Sie wollen Partizipation, müssen die aber sozusagen anordnen und Top-Down-Partizipation anordnen, spezielles Unterfangen.
00:13:46
Speaker
Was haben Sie über sich gelernt in dem Prozess und auch in diesen Spannungsfeldern, in denen Sie da unterwegs waren?
00:13:54
Speaker
Also ich habe für mich gelernt, dass es als Führungskraft schon auch immer Arbeit ist, sich immer wieder neu darauf einzulassen, andere zu beteiligen.
00:14:06
Speaker
Natürlich ist es viel einfacher, selber Entscheidungen zu treffen.
00:14:08
Speaker
Natürlich ist es viel einfacher, Dinge zu erledigen.
00:14:11
Speaker
Und ich erwische mich noch heute daran, dass ich hinterher denke, ach Mann...
00:14:16
Speaker
Das war jetzt sehr doof, dass du das für dich alleine gemacht hast.
00:14:19
Speaker
Aber für mich ist das, was ich gelernt habe, total gut zu sagen, ja, mir fällt das auf.
00:14:25
Speaker
Also mir fällt auf, dass ich anders hätte agieren müssen.
00:14:29
Speaker
Und natürlich, auch Menschen in meinen Positionen machen natürlich Fehler.
00:14:34
Speaker
Und sich dieser Fehler auch bewusst zu werden, ist total gut.
00:14:40
Speaker
Und ich habe gelernt für mich, über mich, dass es wirklich eine Herausforderung ist, das einfach auch auszuhalten.
00:14:48
Speaker
Und wenn man die Bereitschaft nicht mitbringt, dann finde ich, dann ist der Prozess auch relativ schnell zum Scheitern verurteilt, weil es einfach erlebt werden muss, dass diese Partizipation gelebt wird.
00:15:02
Speaker
Und das, wie gesagt, das ist etwas, was mich noch heute ständig beschäftigt, eigentlich in jeder Frage,
00:15:08
Speaker
ja, wen beteilige ich jetzt, mit wem bespreche ich das jetzt und wann muss man vielleicht auch mal zum Wohle einer Einrichtung letztendlich eine schnelle Entscheidung treffen und kann gar nicht so viele Leute fragen.
00:15:20
Speaker
Und dass mir das immer wieder schwerfällt und dass mich das immer wieder herausfordert, das ist ein großes Thema.
Aktuelle Phase der Strategieumsetzung bei Leiner Stift
00:15:27
Speaker
Vielleicht viel über den Entstehungsprozess.
00:15:31
Speaker
Sind Sie noch in der Entwicklung oder setzen Sie schon um?
00:15:35
Speaker
In welcher Phase stehen Sie mit dem Strategieprojekt oder Thema?
00:15:40
Speaker
Man könnte es ja mit der Möbelhauswährung sagen.
00:15:42
Speaker
Entwicklst du noch oder lebst du schon?
00:15:47
Speaker
Beides tatsächlich.
00:15:49
Speaker
Also ich glaube, dass dieser Prozess nie zu Ende ist, sondern wir uns immer wieder reflektieren müssen, was wir da eigentlich tun.
00:15:56
Speaker
Aber von dem, was wir konkret entwickelt haben, Strategien von Zielplanung,
00:16:02
Speaker
von Unternehmenszielen.
00:16:03
Speaker
Wir haben zwölf Unternehmensziele im letzten Jahr auch gemeinsam entwickelt.
00:16:07
Speaker
Wo wollen wir darauf hinarbeiten?
00:16:09
Speaker
Das sind schon auch Leitposten, an denen wir uns orientieren.
00:16:12
Speaker
Wir hatten jetzt gerade eine Runde mit insgesamt 80 Leitungskräften am Dienstag, wo wir tatsächlich diese zwölf Unternehmensziele zum Beispiel auch nochmal verfeinert haben.
00:16:24
Speaker
Das Thema, wir wollen Nachhaltigkeit leben, was heißt das denn eigentlich ganz konkret in einer Einrichtung, in einem Dienst, in einem Angebot?
00:16:31
Speaker
Also insofern nutzen wir die Grundlagen, die wir in diesem Prozess haben entstehen lassen bis jetzt, aber wir arbeiten schon auch noch aktiv weiter daran.
00:16:40
Speaker
Und ich glaube, wie gesagt, das wird auch so nicht enden, weil wir immer wieder nochmal auf diesen Prozess zurückgeworfen werden und gucken, wie haben wir es denn damals gemacht, wie haben wir es denn damals umgesetzt.
00:16:54
Speaker
Wie können wir vielleicht diese Erfahrungen, die wir gesammelt haben, auch nutzen, weil diese Beteiligung einfach nicht zu Ende sein soll, sondern die Beteiligung soll einfach ein Kernelement unserer Haltung und unserer Arbeit sein, nicht nur mit den jungen Menschen, sondern eben auch mit Mitarbeitern.
00:17:09
Speaker
Also jetzt würde ich mir das ja so vorstellen, dass wenn man einmal angefangen hat mit so Beteiligungsformaten oder auch mit der Idee, mit einem Selbstverständnis von Beteiligung in solchen Prozessen, haben Sie den Eindruck, dass das mittlerweile selbstverständlich geworden ist oder ist es immer noch was Besonderes, dass so geöffnet wird?
Zukünftige Herausforderungen für Jugenddienste
00:17:32
Speaker
Wird es vielleicht sogar erwartet mittlerweile, das kann ja auch sein.
00:17:36
Speaker
Also ich glaube schon, dass es wertgeschätzt wird.
00:17:38
Speaker
Ich glaube, dass es bei Mitarbeitenden angekommen ist, dass es gut ist und dass sie das auch erwarten, dass das auch so bleibt, weil man ja doch irgendwie auch eine Erwartungshaltung geschwört hat und auch eine Bereitschaft erzeugt hat, auch sich zu beteiligen.
00:17:55
Speaker
Und es gibt sicher auch Menschen, die sagen, ach,
00:17:58
Speaker
Wenn jetzt keiner so ganz genau hinguckt, dann kann ich mich auch ein bisschen zurückhalten.
00:18:01
Speaker
Da brauche ich auch nicht so viel mich beteiligen.
00:18:05
Speaker
Aber ich habe, wie gesagt, schon den Eindruck, dass das...
00:18:08
Speaker
mehr Erwartungshaltung ist, dass wir das auch zukünftig weiter so behalten und beibehalten.
00:18:18
Speaker
Wir hatten ja eingangs kurz darüber gesprochen, mit welcher Idee Sie den Prozess geöffnet hatten oder öffnen wollten.
00:18:26
Speaker
Und dann kam zurück, dass vor allen Dingen in der Jugendhilfearbeit selbst
00:18:32
Speaker
die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen einfach im Zentrum steht.
00:18:36
Speaker
Wenn Sie jetzt nochmal an Faktoren von außen denken, also was da auf die Jugendhilfe zukommt oder wovon Sie ausgehen, dass es auf die Jugendhilfearbeit zukommt, was glauben Sie, welchen Herausforderungen würden Sie da gegenüberstehen, wo Sie sagen, okay, da hilft uns einfach die Öffnung der ganzen Arbeit?
00:19:00
Speaker
Also es gibt letztendlich gerade, wir machen ja verschiedene Arbeitsbereiche, aber wenn wir auf den Bereich Jugendhilfe gucken, gibt es gerade gesetzlich ganz viele Veränderungen hin zu einer inklusiveren Haltung, also letztendlich die Sichtweise auf die
00:19:16
Speaker
die Gleichwürdigkeit aller Menschen, nämlich Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung auch gleich zu behandeln.
00:19:22
Speaker
Und gleichzeitig auf der anderen Seite eigentlich gehören wir tagtäglich überall leere Kassen in den öffentlichen Kommunen.
00:19:28
Speaker
Und das, was wir arbeiten, das, was wir tun, wird ja letztendlich über diese Töpfe finanziert.
00:19:33
Speaker
Wir sind ja über kommunale Mittel letztendlich refinanziert für unsere Leistungen.
00:19:40
Speaker
Und das zu koppeln mit den Ansprüchen, mit den Bedarfen, die wir hier so haben, die wir so entwickeln, das ist schon nicht so ganz einfach.
00:19:48
Speaker
Und deswegen ist das auch so wichtig, zu gucken, wie können wir Entwicklung gut begründen, wo wollen wir hin und gleichzeitig aber auch zu gucken, was sind unsere Grenzen, was sind unsere Rahmen, in denen wir uns entwickeln.
00:20:00
Speaker
Also wir können ja auch nicht...
00:20:04
Speaker
ich sage mal, rahmenlos oder grenzenlos irgendwelche Dinge uns ausdenken, sondern wir müssen auch immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben.
00:20:12
Speaker
Und das ist ein Austarieren, das ist letztendlich auch ein System, ein System, in dem wir stecken, nämlich letztendlich zu gucken, wer hat eigentlich welche Erwartungen, wer hat welche Einflüsse und wie können wir auch bestimmte Außenwirkungen auf uns übertragen beziehungsweise umsetzen.
Ermutigung zu partizipativen Strategieprozessen
00:20:32
Speaker
Vielleicht mit Blick auf die Zeit.
00:20:37
Speaker
Da ist sie wieder in Frage.
00:20:38
Speaker
Ich fand es jetzt schon sozusagen, war ja auch da das Thema Rahmung ein wichtiges Fazit vielleicht.
00:20:45
Speaker
Was nimmst du jetzt aus unserem Gespräch mit?
00:20:49
Speaker
Also als allererstes nehme ich mit, dass ich gerade zum ersten Mal auf die Uhr geguckt habe.
00:20:52
Speaker
Das spricht auf jeden Fall für das Gespräch.
00:20:56
Speaker
Vielen, vielen Dank, Herr Vorwerk, für die ganzen Einblicke.
00:21:00
Speaker
Ich habe jetzt eine ganze Reihe mir hier so notiert am Rande, was für mich, Sie hatten es ganz am Anfang gesagt, jetzt nochmal ganz klar geworden ist, dass Sie ja in einer Organisation, die eine 160 Jahre alte Tradition hat, sozusagen reingegangen sind mit der Idee,
00:21:22
Speaker
etwas anders zu machen, etwas neu auf eine andere Art und Weise auch zu gestalten.
00:21:26
Speaker
Und die beiden hatten das dann von Beharrlichkeit und auf etwas Beharren.
00:21:32
Speaker
Und das ist ja ein ganz normales Muster, darüber hatten wir ein paar Mal schon auch gesprochen,
00:21:38
Speaker
Das ist der erste Versuch eines Systems und seiner Mitglieder immer dahin geht, etwas zu bewahren, was da ist.
00:21:47
Speaker
Und das trifft natürlich bei so traditionsreichen Unternehmen nochmal mehr.
00:21:52
Speaker
Da sind einfach Muster, die schon jahrelang aktiv sind, die man überhaupt erst mal entdecken und verstehen muss.
00:22:00
Speaker
Ich fand sehr, sehr spannend, wie Sie
00:22:06
Speaker
ihre eigene Rolle in dem Prozess beschrieben haben und da immer wieder, also es gibt ja so Guckloch-Menschen, die gucken auf die Welt und sehen sich aber selbst nicht Teil davon.
00:22:18
Speaker
Und so wie ich sie verstanden habe, haben sie sich halt schon immer wieder gefragt, okay, was ist jetzt eigentlich meine Rolle in diesem ganzen Prozess?
00:22:26
Speaker
Und da würde ich sagen, das ist schon, stelle ich mir als einen großen Faktor vor, der das Ganze eben zum Gelingen oder auch zum Scheitern bringen kann, weil wenn ich
00:22:35
Speaker
Veränderung anstoße und mich aber immer wieder zurückziehe und so tue, als hätte ich damit nichts zu tun, dann kann das nicht funktionieren.
00:22:42
Speaker
Also das fand ich nochmal ganz spannend, dieses sich immer wieder darauf neu einlassen, Menschen zu beteiligen, was ich mir unfassbar
00:22:51
Speaker
anstrengend vorstelle.
00:22:54
Speaker
Und ja, das ist so auch bei der Frage, wie kann man sich in einem, also ihre Rahmen sind ja relativ starr, sage ich jetzt mal, vorgegeben.
00:23:05
Speaker
Es gibt Dinge, die sie dürfen und Dinge, die sie nicht dürfen und es muss immer jemanden geben, der das bezahlt.
00:23:13
Speaker
Und dass es da total Sinn macht, sozusagen möglichst viele Ohren auf der Straße zu haben, das leuchtet mir jetzt auch im Nachhinein nochmal
00:23:21
Speaker
absolut ein, dass man das nicht alles, man kann es einfach nicht alles selber wissen.
00:23:25
Speaker
Man braucht die Menschen, die auch in ihrer regionalen sozusagen, regionalen Verteiltheit, man braucht die Menschen vor Ort, die mit den Jugendämtern arbeiten.
00:23:37
Speaker
sprechen, die mit den Familien sprechen, das kriegt man alles zentralisiert, glaube ich, gar nicht so gut unter einen Hut.
00:23:45
Speaker
Das ist so mein Fazit.
00:23:47
Speaker
Jetzt kenne ich den Kontext auch schon ein bisschen.
00:23:50
Speaker
Bist du da bevorzugt?
00:23:55
Speaker
Ich möchte an dieser Stelle einmal reingrätschen.
00:23:58
Speaker
Weil mir jetzt wichtig ist, also ich kann, weil wir haben das ja gerade gehört, dass es anstrengend ist, haben Sie ja gerade nochmal als Fazit zusammengefasst, solch einen Prozess zu machen, aber ich kann eigentlich nur Mut machen, zu sagen, okay, also wenn ich eine Einrichtung entwickeln will, wenn ich eine Einrichtung auf den Weg bringen will, egal welche Art, dann kann das nicht auf einen Kopf, auf wenige Köpfe alleine verteilt sein, sondern...
00:24:20
Speaker
Es wären alle blöd, tatsächlich, ganz deutlich sage ich das, die Kompetenzen von Mitarbeitenden, die Ideen, das Wissen, das Know-how, die Netzwerke der Mitarbeitenden nicht zu nutzen.
00:24:30
Speaker
Und deswegen ist, finde ich, diese systemische Organisationsentwicklung, da sind wir ja wirklich auch ganz bewusst für uns darauf eingestiegen, dass wir gesagt haben,
00:24:39
Speaker
Also wir wollen ganz viele Menschen beteiligen und auch ganz viele Systeme im Blick haben.
00:24:44
Speaker
Das finde ich so wichtig.
00:24:45
Speaker
Und wie gesagt, nochmal am Ende dieser Runde Mut zu machen, auch wirklich diesen Weg zu gehen, der sicher anstrengender ist, als wenn man es hierarchisch einfach entscheidet, aber sich am Ende wirklich lohnt.
00:24:58
Speaker
Super, super Schlusswort.
00:25:04
Speaker
Vielen, vielen Dank dafür.
00:25:07
Speaker
War ein tolles Gespräch.
00:25:08
Speaker
Vielen Dank für die Insights.
00:25:11
Speaker
Ich würde gerne in einem Jahr ein neues Gespräch führen, weil Sie ja bleiben in der Strategieentwicklung, Sie bleiben in der Beteiligung.
Kulturelle Ausrichtung und zukünftige Updates
00:25:18
Speaker
Und man sieht da auch ganz gut, der Titel kommt ja von dem Zitat Culture is Strategy for Breakfast.
00:25:25
Speaker
Und eine Bedeutung dahinter ist ja, dass ich an der bestehenden Kultur nicht vorbei kann.
00:25:28
Speaker
Und wie Sie es jetzt nochmal gesagt haben,
00:25:30
Speaker
Sie leben in einer Kultur der Beteiligung auch Ihrer Klienten und Klientinnen an dem Geschehen, in das Sie eingebunden sind.
00:25:36
Speaker
Und das pflanzt sich bis in die Strategie vor, finde ich toll.
00:25:40
Speaker
Ich bin gespannt, was wir in einem Jahr von Ihnen hören, was Sie dann erzählen werden, vielleicht, wenn Sie uns nochmal besuchen.
00:25:45
Speaker
Ich bin neugierig.
00:25:51
Speaker
Vielleicht die Einladung, was sagen wir immer genau, wer von unseren Zuhörern da gerne einen Kommentar hinterlassen will oder Vorschläge hat, für wen wir einladen sollten oder andere Anliegen und Feedbacks gerne immer an podcast.bm-strategy.info.
00:26:07
Speaker
Ein Mail oder in den Kommentaren hinterlassen.
00:26:11
Speaker
Vielen Dank, Herr Vorberg, für den Besuch.
00:26:13
Speaker
für Ihre Insights und das offene Teil eines offenen Prozesses.
00:26:16
Speaker
Karl, bis zum nächsten Mal.
00:26:18
Speaker
Bis zum nächsten Mal.
00:26:19
Speaker
Vielen Dank, Herr Vorwerk.
00:26:20
Speaker
Gerne, bis zum nächsten Mal.