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Ines Ventzke und die depressiven Ultras

S1 E3 · Feist & Fragwürdig
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164 Plays1 year ago

Ines spricht über rosa Elefanten, Angst und depressive Episoden.

Depressive Ultras auf Instagram: instagram.com/depressiveultras/

Transcript

Einführung und Ziel des Podcasts

00:00:00
Speaker
Ja, Therapie für alle, beziehungsweise emotionale Bildung für alle, würde ich mir wünschen. Moin, servus und hallo zur dritten Folge von Feist und fragwürdig, dem vielleicht etwas woken Podcast. Zu Feist und fragwürdig möchte ich besondere Menschen einladen, die auf ihre Weise sinnstiftend handeln und von ihnen erfahren, was ich tun kann, um zu einer lebenswerteren Zukunft für uns alle beizutragen.

Vorstellung der Gäste

00:00:27
Speaker
Mein Name ist Nikolaj Spreng, ich bin Vater, Ehemann, Landei, Hundefreund, Outdoor-Mensch und Creative Director bei einer Stuttgarter Kommunikationsagentur. Also bitte verzeiht mir den schwäbischen Dialekt, ich werde mir Mühe geben. Meine heutige Gästin ist die Ines Wenske. Hallo. Hallo Ines. Mit welchen Pronomen darf ich dich ansprechen? Sie, ihr, gerne.
00:00:54
Speaker
Alles klar. Ich sag mal kurz ein paar Worte zu dir. Du bist geflüchtet nach Berlin aus dem schönen Nordschwarzwald, arbeitest als Kreativstrategin und bist ein großer Fan von Meerschweinchen und Faultieren.

Projekt 'Depressive Ultras' und Community-Building

00:01:10
Speaker
Darüber können wir gerne eine zweite Folge machen.
00:01:13
Speaker
Aber heute soll es um ein auch ein Projekt gehen und zwar dein Projekt Depressive Ultras, wo du viel über diese Krankheit dich ausgelebt hast oder damit irgendwie auch ein bisschen verarbeitet hast. Und genau, ich freue mich sehr, dass du heute hier bist. Ich freue mich. Hallo. Hallo, Dankeschön.
00:01:36
Speaker
Erzähl doch mal ein bisschen was zu den depressiven Ultras. Der Name an sich ist ja schon sehr spannend und macht viele Bilder im Kopf auf. Ja voll. Ganz bewusst natürlich als Kreativstrategin so einen Namen gewählt. Die depressiven Ultras sind
00:01:51
Speaker
beziehungsweise ist eine kleine Community, die ich versuche aufzubauen. Und die Idee dazu kam mir, als ich selbst Therapie gemacht habe und immer mal wieder aus der ein oder anderen Sitzung ein paar Gedanken oder Kritzeleien mitgenommen habe, die mir geholfen haben, das was so abging oder auch abgeht, zu verarbeiten und in irgendeinen
00:02:17
Speaker
in irgendeine Form zu bringen, keine Ahnung. Und dann habe ich das Ganze einmal aus einem Akt des Impulses in Merch verwandelt und unter dem Namen Depressive Ultras verkauft, wenn man so will.

Gesellschaftliche Wahrnehmung von Depression

00:02:33
Speaker
Die Einnahmen damit habe ich dann an Organisationen, die Menschen mit Depression oder generell psychische Gesundheit unterstützen.
00:02:43
Speaker
Wie findest du, wie momentan mit dem Thema Depression in der Gesellschaft umgegangen wird, gerade durch so populäre Menschen wie Sträter und Krömer, die damit ja an die Öffentlichkeit gegangen sind, hast du das Gefühl, das Bild hat sich verändert?
00:03:05
Speaker
Ja, voll. Ich würde mal sagen, gefühlt vor zehn Jahren hat da noch niemand wirklich drüber gesprochen. Man hat im ersten Moment vor allem darüber gesprochen, dass es einen Stigma gibt. Das Thema Stigmatisierung war richtig groß. Und heute, ich denke auch beschleunigt durch Social Media, sprechen plötzlich alle darüber und wenige wirklich über sich. Und ich denke,
00:03:35
Speaker
ohne die Werke der beiden Kollegen gelesen zu haben. Einerseits ganz cool, dass die so ihren eigenen Blickwinkel und ihre eigene Perspektive auf das Thema oder auch das eigene Erleben mit in den Diskurs bringen.

Kritik an der Romantisierung von Depressionen

00:03:52
Speaker
Auf der anderen Seite bin ich so als Beobachterin auch von Social Media Feeds und so immer, immer vorsichtiger geworden.
00:04:01
Speaker
was da so passiert, weil entweder wird es krass romantisiert oder es wird auch genutzt tatsächlich, um Aufmerksamkeit zu bekommen heute. So habe ich das Gefühl, es ist so ein Hebel im PR-Repertoire geworden, den man jetzt poliert und dann hat man das Spotlight. Und auf der anderen Seite merkt man so,
00:04:27
Speaker
Der Social Media Feed ist voll, zumindest bei mir, vielleicht bin ich auch einfach in der Blase, aber ich habe auch so den Eindruck, dass es eine gewisse Obsession zum Teil schon mit dem Thema gibt und auch viele Begriffe aus dem Kontext gerissen werden, wie
00:04:45
Speaker
auch tatsächlich Diagnostik aus einem Kontext gerissen wird und viele so HalbexpertInnen mittlerweile sind über ein Thema und Worte einfach inflationär benutzt werden an Stellen, wo sie vielleicht nicht hingehören. Rund um den Kontext psychische Gesundheit.

Metapher des rosafarbenen Elefanten

00:05:05
Speaker
Führt es in deinen Augen dazu, dass man mit dem Thema ernsthafter oder eher lapidarer umgeht?
00:05:15
Speaker
Ich glaube, das kommt auf die eigene Situation an. Aber nee, ich glaube, das ist es eher lapidare tatsächlich. Es ist halt jetzt ein Thema, neben ganz vielen anderen auch. Wie es in der Pandemie des Brotbacken war, ist es halt jetzt auch noch das Thema Depression oder psychische Gesundheit, psychische Erkrankungen.
00:05:41
Speaker
Und das macht, also man verliert irgendwo auch dadurch, wenn man sich zu viel damit beschäftigt, glaube ich, auch so wirklich den, okay, und was bedeutet das jetzt alles für mich und vielleicht auch meine Herausforderungen, die ich gerade habe, bis hin zu, man beschäftigt sich zu intensiv damit, wird vielleicht auch schon ein bisschen obssessed damit, keine Ahnung.
00:06:07
Speaker
Du hast in unserem Vorbereitungsgespräch von einem Rosalelefanten gesprochen. Vielleicht magst du mal was über den erzählen. Ja, der Rosalelefant. Für mich war ... Depressionen ist für mich nicht nur ein Thema, über das man sprechen sollte. Sondern ich hab auch selber in meinem Leben ein paar Mal Depressionen gehabt. Alles so aus dem Kontext von Ängsten, sehr intensiven Ängsten heraus.
00:06:36
Speaker
Und die depression war immer eine art gipfel davon in einer episode die man länger mal kürzer gedauert hat und ich hab das lange nicht verstanden was da passiert und hab es halt so einfach so als mein mein zustand dann akzeptiert. Oder auch damit leben gelernt vielleicht eher so es kompensieren gelernt auf eine art.
00:07:01
Speaker
bis ich gemerkt hab, das war mit einem größeren Einstieg in meinem Leben zu Beginn der Pandemie, wo ich sehr viel in meinem Leben verändert hab, vom einen Tag auf den anderen, wo ich gemerkt hab, hm, da ist irgendwas hier im Raum und vielleicht ist es ein rosa Elefant, der einem eine ganz gute Umarmung braucht. Und das war halt für mich dieses Thema Depression und

Direkterer Umgang mit Depression

00:07:27
Speaker
...
00:07:27
Speaker
Tatsächlich finde ich, ist Depression oder psychische Erkrankung in unserer Gesellschaft, obwohl so viel darüber gesprochen wird und es alle sehen können, wird er trotzdem zu wenig direkt angesprochen oder es wird zu wenig mit dem Elefanten, auf den Elefanten zugegangen.
00:07:46
Speaker
Und für mich ist das so eine Metapher dafür geworden, wie ich heute öfter mal mit dem Elefanten chillen, wenn man so will, und ja, versucht habe, so ein bisschen auf den einzugehen. Keine Ahnung, ergibt es Sinn?
00:08:05
Speaker
Auf jeden Fall gibt es ein sehr schönes Bild. Du hast jetzt von depressiven Phasen, glaube ich, gesprochen.
00:08:17
Speaker
Vielleicht hilft das noch mal zum Verständnis für die Leute da draußen. Weil ich glaube, dass man denkt, wenn eine Person depressiv ist, dann ist sie depressiv. Ja. So quasi wie ich bin süchtig, ich bin süchtig. Und wenn ich clean bin, bin ich trotzdem immer noch süchtig. Ist das bei Depressionen auch so? Oder gibt es nur diesen aktiven und den nicht aktiven, kann man das so nennen, Zustand?
00:08:44
Speaker
Das kommt ganz oft den Menschen an. Ich würde mal unterscheiden zwischen Menschen, die haben das chronisch und das kann dann auch einfach sein, dass ihnen ein Hormon im Gehirn fehlt, also ein Otenstoff einfach chronisch nicht ausgeschüttet wird. Aber auch die können in einem anderen Zustand sein, zum Beispiel wenn sie entsprechend Support bekommen, wie auch immer der aussieht.
00:09:06
Speaker
bin ich keine Experte dafür. Und in meinem Fall war das so, also ich habe bestimmte Symptome, wenn man es jetzt pathologisch formulieren will, ich habe bestimmte
00:09:18
Speaker
Besonderheiten in meiner Person, die manchmal so durch zum Beispiel Auslöser ungünstig sich kumulieren, dass ich vielleicht auch unter einem gewissen Umstand in eine Depression flutsche. Und das nennen wir es eine depressive Episode. Die kann dann aussehen, wie sie will. Und das sind halt die Momente, wo man auch einfach besonders auf sich eingehen sollte.
00:09:49
Speaker
Wie funktioniert das? Wie geht man besonders auf sich ein? Wie hat das bei dir funktioniert?

Therapieerfahrungen und -strukturen

00:09:54
Speaker
Wie hat das bei mir funktioniert? Wie geht man auf sich ein? Ich hab erst mal gemerkt, wie schlecht es mir gerade eigentlich geht. Und das nicht zuletzt körperlich. Natürlich hat auch mein Umfeld Dinge bemerkt. Und schlussendlich gab es dann einen sehr guten Freund, der mir gesagt hat, hey, guck mal, ich mache hier gerade Therapie, melde dich doch da mal.
00:10:20
Speaker
Und da habe ich mich dann gemeldet und genau für mich war das mit mir gut umgehen in so einer Situation tatsächlich der Start einer Therapie. Und in der Therapie habe ich dann, es war eine Verhaltenstherapie, habe ich dann viele, viele, viele Dinge gelernt, wie ich nicht nur mit den Symptomen umgehe, sondern wie ich auch so mit mir und
00:10:43
Speaker
dem Menschen, den ich bin, umgehe, damit es mir vielleicht insgesamt ein bisschen anders geht und dass ich vielleicht nicht so ganz tief in solcher Episoden falle, wenn es dann wieder so weit ist. So. Und ja. Magst du uns mal erzählen, wie so eine Sitzung zum Beispiel abläuft? Ich kann mir vorstellen, dass es viele Menschen gibt, die gar keine
00:11:10
Speaker
Idee haben, was bedeutet denn Therapie? Man stellt sich dann immer so Hollywood-mäßige rote Sofas vor. Aber vielleicht magst du mal erzählen, wenn du das erzählen magst, was da passiert. Unbedingt. Und vorweggeschoben, wenn ich endlich zu einer Königin gewählt werde, dann würde ich veranlassen, dass wirklich jedem einzelnen, also dass es mindestens so viele TherapeutInnen wie Menschen gibt.
00:11:38
Speaker
dass es für jeden Menschen einen Therapeutenmenschen gibt. Deckungsgleich, weil ich finde, jeder Mensch hat es verdient, weil es einfach super großartig ist. Und sich selber emotional kennenzulernen hilft einem auf so vielen Ebenen und macht die Welt zu einem besseren Ort, im Kleinen wie im Großen.
00:12:04
Speaker
Wie läuft so eine Sitzung ab? Also für mich war, man muss erstmal durch so ein Erstgespräch, da wird dann eine grobe Einschätzung gegeben, macht es Sinn, dass man eine Therapie beginnt oder nicht? Und wenn ja, was würde man so beackern an Themen?
00:12:26
Speaker
Und natürlich vorneweg kann man sich so ein bisschen einlesen, welche Form von Therapie findet man denn ganz gut. Also es gibt zum Beispiel eine Verhaltenstherapie oder eine tiefenpsychologische Therapie und keine Ahnung was. Hier in Berlin gibt es auch Substanzen, die man einnehmen kann während der Therapie. Das ist super experimentell und soberlän. Genau, aber für mich war es die Verhaltenstherapie. Ich hatte dieses Erstgespräch und durfte dann erst mal eine kurze Zeit Therapie machen.
00:12:55
Speaker
Dann hat man vier abrobatorische Sitzungen, glaube ich, und dann wird immer weiter geguckt. Und ich bin von diesen zwölf Sitzungen am Ende bei fast zwei Jahren gelandet oder anderthalb oder so.
00:13:14
Speaker
wie so eine Sitzung aussieht, um an deine Frage zu beantworten. Also ganz am Anfang steckst du dir Ziele. Das ist das Allererste so. Und das ist, finde ich, generell ganz geil. Also muss ich als halbe Strategin auch sagen, dass Ziele der Shit sind und die dürfen sich auch verändern. Aber am Anfang steckst du dir mit, nachdem die Therapeutin Personen dich kennengelernt hat, so gemeinsam Ziele, was du erreichen willst durch die Therapie.
00:13:44
Speaker
Und dann wird daran so gearbeitet. Und cool fand ich halt auch, dass meine Therapeutin sich im Laufe der Sitzungen auch so ein bisschen angehört hat, was ich zu erzählen habe und wir auch ein bisschen neue Themen dazukommen lassen haben.
00:14:00
Speaker
Es gibt dann in den, also jede Therapie läuft natürlich anders ab und man lernt dann anhand von irgendwelchen Methoden eben, wie man mit seinen WWs oder wie man mit den Besonderheiten, die man so als Mensch hat, bis hin zu wie man bei akuten Depressionen reagiert und handelt. Ja, sowas lernt man da.
00:14:26
Speaker
Und wie lässt sich das im Alltag dann abrufen oder wie funktioniert das dann?
00:14:35
Speaker
Wie kann man solche Sachen abrufen, was man lernt? Also, indem man es übt. Also, was ich ganz spannend fand, ist so, in der Sitzung selbst kannst du dir zum Beispiel eine Situation, vor der du dir ins Hemd machst, nehmen. Zum Beispiel. Oder eine Situation, wo du weißt, das ist so eine klassische Situation, die mega herausfordernd ist für dich. Und dann gehst du das mal durch im Kopf. Und vielleicht schreibst du sogar was auf dazu.
00:15:05
Speaker
auf einem Whiteboard, auf einem Flipchart.
00:15:10
Speaker
Das ist ein Teil davon. Und dann gilt es einfach tatsächlich, das so oft zu machen in deinem Leben und auszuprobieren, mutig wirklich auszuprobieren, bis sich was für dich verändert, bis du merkst, jetzt fühlt sich es irgendwie besser an. Und dafür brauchst du Momente, Mut und auch ein Umfeld im besten Fall, wo du sowas machen darfst, wo du dir das erlauben darfst und die auch irgendwie milde mit dir umgehen, wenn du vielleicht ein
00:15:39
Speaker
Ja, kurz ausgeufert bist oder so.

Einfluss der Therapie auf Beziehungen

00:15:44
Speaker
Okay. Umfeld ist vielleicht auch noch ein ganz schönes Thema. Wie ging dein Umfeld mit dir um, als du dich dann ausprobiert hast, also das geübt hast, als du damit auch an die Öffentlichkeit gegangen bist mit deiner Situation?
00:16:04
Speaker
Also auch hier war so ein Elefant im Raum, wie verklickere ich das meiner großartigen Chefin, dass ich vielleicht manchmal länger Mittagspause machen muss. Und das war ein Päckchen so und da
00:16:23
Speaker
bin ich auch heute noch extrem dankbar für, dass meine Chefin, Cheffi, mir dafür den Raum gegeben hat. Und zwar nicht nur für diese etwas längere Mittagspause, sondern auch vollstes Verständnis dafür hatte, wenn ich dann vielleicht mal kurz raus musste. Weil in der Phase meines Lebens hatte einfach ich Priorität und meine psychische Gesundheit hatte dann einfach Priorität. Und dass damit jemand cool ist,
00:16:52
Speaker
Einfach stark. Und ein anderes Ding ist natürlich so, die Menschen, die dir super nahe sind, denen erzählst du sowas natürlich auch. Dass du jetzt dieses großartige Programm machst, wo du als neuer Mensch rauskommst. Und da muss ich sagen, war ich so positiv überrascht und es hat mich teilweise Menschen auch noch näher gebracht.
00:17:22
Speaker
weil ich eine gewisse Verwundbarkeit dazu natürlich auch gezeigt habe, in dem ich mit meinen Themen gesprochen habe, die mich beschäftigt haben, in dem ich vielleicht auch mal den Fokus wirklich auf die Beziehung selbst und was brauche ich denn eigentlich auch und sowas ist natürlich auch gleichzeitig, brauchst du auch immer die Offenheit, ein anderer Mensch braucht dich vielleicht auch mal und
00:17:47
Speaker
Da bin ich einfach so verfahren, dass ich immer sehr offen darüber kommuniziert habe. Und das hat auf jeden Fall einmal gebraucht, dass ich über diesen riesigen Elefantenschatten springe. Und heute kann ich sagen, hilft einfach nur, macht Beziehungen, die man so hat, einfach viel, viel echter und aufrichtiger.
00:18:12
Speaker
Jetzt habe ich gerade einen Hänger. Ich wollte gerade fragen, ob daran Beziehungen quasi auch zerbrochen sind, weil das ja oft bei Krankheiten so ist.
00:18:22
Speaker
Also ich erlebe das auch in meinem näheren Umfeld gerade, wo jemand sehr, sehr schwer krank ist und sich dann plötzlich Menschen nicht mehr melden, die sich vorher sehr oft gemeldet haben, weil ich weiß nicht warum, weil sie sich vielleicht auch mit der Situation selber gar nicht klarkommen können und sich dann lieber oder vielleicht auch, weil sie das Gefühl haben, ja, die Person muss mich jetzt in Ruhe lassen.
00:18:46
Speaker
War das bei dir so, dass sich da irgendwie so ein bisschen so Freunde von Bekannten getrennt haben oder sind Beziehungen stärker geworden? So und so. Und ich denke,
00:19:06
Speaker
dass jeder so sein eigenes Thema hat, vielleicht. Und tatsächlich glaube ich, dass es für viele Menschen ... Viele Menschen sind ängstlicher, als sie denken. Oder mutiger, als sie denken. Und ich glaube, dass einfach wir alle so unseren Stuff haben, unsere ...
00:19:33
Speaker
Besonderheiten im Charakter und sobald du anfängst auch so ein bisschen Introspektion zu betreiben, verändert es immer auch dein Umfeld.
00:19:45
Speaker
Also, sobald du über dich nachdenkst und sobald du auch an eigenen Themen arbeitest, verändert das automatisch auch die Nähe und Distanz zum Beispiel von Menschen. Und das kann für eine Phase sein, aber das kann auch für viel, viel länger sein. Und vielleicht wirst auch du manchmal pickier, weil du bewusster Entscheidungen triffst, was du gerade auch brauchst und dass du das auch darfst.
00:20:15
Speaker
Und ... Aber deine Frage war mehr so, ob sich andere Menschen auch von mir entfernt haben, oder? Ja, genau. Das ... Also, es haben sich Menschen von mir distanziert. Nicht, weil die wussten, dass ich Depressionen hab in einer Phase meines Lebens, sondern ...
00:20:39
Speaker
glaube ich, weil ich ihnen in dem Moment vielleicht einfach nicht das geben konnte, was ihnen davor an mir gefallen hat oder was ihnen wichtig war. Also Power war einfach weg. Und dadurch entfernen sich natürlich manche Menschen. Aber ich habe nie erlebt, dass jemand mit dem Finger auf mich gezeigt hat und so ew.
00:21:04
Speaker
Du Depri Mensch, das habe ich nicht erlebt. Und tatsächlich ist für mich dieser magische Moment eigentlich
00:21:20
Speaker
in meinem Leben dadurch gekommen, dass ich gemerkt habe, gerade wenn ich darüber offen spreche, passiert was ganz Cooles, weil es passiert nämlich nicht i, sondern plötzlich sprechen auch andere Menschen, mit denen ich vielleicht davor gar nicht gesprochen habe mit mir. Es war so mein Erlebnis, nachdem ich
00:21:39
Speaker
auf mein depressive Ultras Merch auf Instagram aufmerksam gemacht habe, weil dann habe ich halt auch so ein bisschen oberflächlich über meine Situation gesprochen.

Konfrontation mit Angst

00:21:55
Speaker
Und dann haben mir plötzlich ganz viele Menschen geschrieben, also wirklich überraschend viele, und haben mich plötzlich halt nicht nur als dieses Instagram-Profil wahrgenommen, oder die Alte, die man aus der Schulzeit kennt, oder Kollegin, wie auch immer, sondern die haben diesen Menschen dahinter gespürt, der vielleicht ähnliche Themen hat wie sie, und haben auch so ihre Wahrheit ausgesprochen.
00:22:24
Speaker
Ja, hat sich eigentlich eher ins Positive verändert, die Offenheit über das Thema. Lass uns doch noch mal über die Situationen sprechen, von denen du vorher gesprochen hattest. Situationen, in die du gerätst, wo du dann quasi das Gelernte anwenden kannst.
00:22:50
Speaker
Das klang ja so ein bisschen nach dem Thema Angst, Ängste, Überforderung. Magst du über solche, so was zu sprechen? Ja, bei mir war das Thema Angst mein großes Thema tatsächlich. Also im Gefühl, das wir alle haben am Ende. Manchmal verdrängt man es und manchmal ist es so groß, dass es einen lähmt im wahrsten Sinne des Wortes.
00:23:21
Speaker
Auf jeden Fall. Ich fühle mich sehr frei, über Angst zu sprechen. Wie gesagt, wir alle haben das. Wie kann man Angst definieren? Meiner Tochter erkläre ich immer, es ist gut, Angst zu haben, weil Angst rettet Leben. Aber wir sprechen ja nicht von der Angst, auf einen sehr hohen Turm zu klettern, sondern von anderen Ängsten.
00:23:47
Speaker
Ja. Äh, ja, Angst auch, period. Äh, Gefühle sind ... sind ... sind das Beste, was man haben kann, weil sie einem einfach Infos geben über eine Situation und wie du darauf reagierst. Gleichzeitig musst du manchmal halt verstehen lernen, ähm, ist das Gefühl gerade vielleicht größer als du, ähm, und musst du vielleicht wieder dir bewusst werden, dass du das Gefühl hast und nicht das Gefühl dich so. Mhm. Ähm ... Und ...
00:24:17
Speaker
Das ... Angst ist auf jeden Fall, also keine Ahnung ... Ich glaub, du hast gefragt, was die Definition ist, oder? Für dich, ja, genau. Angst ist mein größter Beschützer und gleichzeitig auch ... die Entität, die mich von am meisten abhält ... in meinem Leben, glaub ich. Und ...
00:24:46
Speaker
Ich habe Angst, seit ich denken kann. Ich habe sie auch im Berufsleben zum Beispiel viel gespürt. Und das glaube ich, also jetzt, wo ich mich so intensiv damit beschäftigt habe, verstehe ich erst,
00:25:01
Speaker
Wo ich mich verstehen gelernt habe, verstehe ich erst, wie viele Menschen Angst haben, auch im Beruf. Wie viele Menschen keinen Bock haben, zu präsentieren. Ich hatte zum Beispiel Momente, in manchen Situationen kann ich nicht reden, zum Beispiel. Das ist immer weniger geworden im Laufe der Zeit, aber mir fallen einfach die Worte weg. Es gibt so einen Punkt, zack, ich kann nicht mehr reden, oder ich habe das Gefühl, das, was ich sage, ist Kauderwelsch.
00:25:32
Speaker
Und dann beginne ich vor der Situation Angst zu haben, die sowas in mir auslöst und und und deswegen mache ich immer weniger, deswegen traue ich mich immer weniger. Jetzt ist es so, dass
00:25:44
Speaker
Da, wo ich arbeite, habe ich eigentlich seit ich zurückgehen, denken kann, immer irgendwie Dinge gemacht, die mich komplett aus meiner Komfortzone, also dieses klassische kalte Wasser, gelockt haben. Und das war für mich, und das ist das Schöne, weil sowas habe ich dann auch so als Dinge in der Therapie gelernt, das ist
00:26:09
Speaker
Das beste Mittel gegen Angst ist die Konfrontation. Und das war für mich zum Beispiel bei der Arbeit dieses kalte Wasser immer und immer wieder vor Dinge gestellt zu werden, wo ich dachte, Scheiße, kann ich nicht, kann ich nicht, dafür bin ich noch nicht qualifiziert und da habe ich noch keine Erfahrung. Und das Schöne war, in den Momenten, wo ich es dann einfach gemacht habe, hatte ich zum Teil auch wirklich
00:26:39
Speaker
war ich auch sauer, dass ich jetzt überhaupt mich in so einer Situation wiederfinde und habe dann aber irgendwann verstanden, okay, ich gehe da jetzt durch. Und danach habe ich eine eine Schicht, eine Schicht mehr auf meinem Pangolin-Panzer oder eine Schuppe mehr auf meinem Pangolin-Panzer.

Techniken zur Angstbewältigung

00:27:02
Speaker
Ja, aber ja, Angst ist keine Ahnung, also
00:27:10
Speaker
kann natürlich auch sehr intensiv werden, gerade wenn sich viel im Leben verändert, ganz, ganz viel auf einmal, dass sie wirklich dazu führt, dass du sie extrem körperlich spürst. Also viele Menschen kennen vielleicht Panikattacken oder Angstattacken oder so hyperventilieren und und und. Oder so, dass sie sich gerade in dem Moment, wo sie eigentlich am meisten Support bräuchten,
00:27:34
Speaker
aus Angst komplett abschotten und niemanden mehr reinlassen und so ein kleines Fort von Angst flüchten. Und dann wird's leider manchmal schlimmer als man verdient. Wie könnte ich supporten? Also wenn ich merke, ein Mensch in meinem Umfeld
00:28:00
Speaker
kommt gerade in so eine Angstblockade oder steht vor so einer großen Mauer? Wie kann ich das supporten? Ohne quasi, wie soll ich das sagen, von oben herab oder so? Bevormunden oder Übergriffen. Bevormunden zu sein, genau. Wie kann ich auf Wertschätzen respektvoll supporten? Es kommt natürlich auf
00:28:24
Speaker
darauf an, was das gerade für ein Zustand ist. Also ist der Mensch einfach sehr, sehr ängstlich oder befindet sich ein Mensch schon in Anführungsstrichen in einer Panikattacke? Also ist jemand zum Beispiel gerade in so Gedanken kreiseln, die von einer Angst angetrieben werden?
00:28:42
Speaker
da finde ich manchmal total hilfreich, jemanden dadurch zu supporten, zu sagen, aber ist es denn wirklich so? Also was könnte denn im schlimmsten Fall passieren? Und wie realistisch ist es denn? Also tatsächlich oder externalisieren, wie man sagt, fragt die Person, was sie denn einem nahestehenden Menschen raten würde in der Situation. Also versuchen, wirklich
00:29:10
Speaker
in ruhiger, vielleicht auch manchmal rationaler Anker zu sein, wenn die Person darauf Bock hat in dem Moment.
00:29:19
Speaker
Und wenn jetzt jemand aber gerade wirklich auch ein körperliches Angst erleben hat, dann ist es super hilfreich, den Menschen so auf das Umfeld, wirklich auf die Sinne, auf das, was passiert im Umfeld gerade, was hörst du, was riechst du, spürst du diesen Stein zum Beispiel. Also das ist tatsächlich eine Technik, glaube ich, am Ende auch.
00:29:49
Speaker
Und am Ende sind wir schon richtig akut, gemeinsam mit einem Menschen atmen. Weil atmen ist komplett verbunden mit deiner Angst. Ich glaube, das Coolste, was man machen kann, ist eigentlich, für jemanden da zu sein. Und da keine Scheu, auch in so einem Moment, dass man vielleicht so ...
00:30:19
Speaker
über überdingst über übergriffig ist oder was auch immer mich erinnert das was du sagst so ein bisschen an die eine situation wie man mit menschen auf einem drogentrip umgehen kann
00:30:37
Speaker
Also es ist vielleicht jetzt ein blöder Vergleich, aber es gibt ja, also ich habe es schon öfters erlebt, denn Leute auf Festivals oder so quasi in eine schlechte Phase von ihrer Droge kommen und die dann auch teilweise quasi gefragt haben, ob man sie wieder rausholen kann.
00:30:58
Speaker
So Sachen wie du sagst, so fühlst du den Stein oder so quasi zurück in die Realität holen, finde ich das Bild gerade irgendwie nicht, auch wenn es lapidarer klingt, gar nicht so unpassend, weil es ist ja beides quasi eine schwarze Phase, schwarze Wolke, aus der man rausgeholt werden kann.

Überwindung von Scham und Förderung von Offenheit

00:31:20
Speaker
Ich glaube, das Problem bei Scham ist oder bei Angst ist die Scham, dass du halt nicht frei auf ein Festival, wo sich alle irgendwas reinlöten und das irgendwie schon zum guten Stil gehört, sondern bei Angst deswegen gutes Bild, weil es halt trotzdem ganz anders ist, weil Angst oft Angst haben, oft mit Scham behaftet ist. Also, das war tatsächlich mit einer meiner größten
00:31:51
Speaker
Baustellen, sag ich jetzt mal, dass ich mich für meine Gefühle nicht schäme, die da halt sind. Weil wenn ich sie verstecke und verberge und mit niemandem darüber spreche, dann wird sich ein Gedanke, der mir Angst einjagt, auch nie irgendwie auflösen können oder als falsch oder richtig bedingend, wie sagt man, herausstellen.
00:32:18
Speaker
Und das ist tatsächlich, finde ich, eine der größten Herausforderungen, wenn man in der Depression steckt, ist die Scham und dieser absolut, dieser absolute Fokus auf es geht gar nichts mehr. Dein Körper streikt auch schon. Es geht einfach nichts mehr. Und eben auch dieses hoffnungslose Bild einfach.
00:32:46
Speaker
Wir wollen ja eigentlich über quasi eine lebenswerte Zukunft sprechen. Lebenswert für dich, lebenswert für mich, lebenswert für uns alle. Gibt es etwas, was du den Menschen da draußen mitgeben möchtest, um einen Teil dazu beizutragen? Ja, Therapie für alle. Beziehungsweise emotionale Bildung für alle, würde ich mir wünschen. Als Schulfach. Aber dafür muss ich erste Königin gewählt werden.
00:33:16
Speaker
klappt leider nie.
00:33:20
Speaker
Das, glaube ich, gehört zu einer lebenswerten Zukunft dazu, dass wir alle ein bisschen mehr auch über unsere eigenen Gefühle lernen und verstehen, mit denen umzugehen. Und dass man sich überhaupt gar nicht schämen braucht. Ich weiß immer einfach gesagt als getan, aber ich wünsche mir, dass sich niemand dafür schämen muss, mal eine Depression zu haben, weil ganz ehrlich, ganz viele Menschen haben das.
00:33:50
Speaker
Und ganz viele Menschen haben irgendwelche psychischen Herausforderungen. Und denen wünsche ich einfach, dass sie auf diesen Rosalelefanten oder was auch immer sie für ein Sinnbild dafür finden, zugehen und in sein flauschiges Fäller ein bisschen streicheln. Sehr kuschelige letzte Worte. Ja, und das von einem Pangolin. Vielen Dank, liebe Ines. Schön, dass du da warst.
00:34:18
Speaker
Ich danke dir und mach unbedingt weiter. Dankeschön. So, und jetzt haben wir noch eine letzte Mission, alle füreinander. Wir müssen nämlich den eingeschlafenen Instagram-Kanal der depressiven Ultras wieder zum Leben erwecken und die Ines dazu bringen, auch endlich wieder zu zeichnen und neuen Stuff rauszubringen. Deshalb wird das Ganze in den Show Notes verlinkt. Geht auf die depressiven Ultras. Ciao, ciao. Tschüss.