Einführung und Vorstellung des Podcast-Themas
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Speaker
Machen ist wie wollen, nur geiler. Moin, servus und hallo zur zweiten Folge von Feist und fragwürdig, dem vielleicht etwas woken Podcast. Zu Feist und fragwürdig möchte ich besondere Menschen einladen, die auf ihre Weise sinnstiftend handeln und von ihnen erfahren, was ich tun kann, um zu einer lebenswerteren Zukunft für uns alle beizutragen.
Nikolaj Sprengs Hintergrund und Vorstellung von Misha Bierenfeld
00:00:24
Speaker
Mein Name ist Nikolaj Spreng, ich bin Vater, Ehemann, Landei, Hundefreund, Outdoor-Mensch und Creative Director bei einer Stuttgarter Kommunikationsagentur. Also bitte verzeiht mir den schwäbischen Dialekt, ich werde mir Mühe geben.
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Speaker
Mein heutiger Gast ist Misha Bierenfeld. Hallo Misha. Hallo Nicolai. Wir kennen uns nun wirklich schon seit fast 30 Jahren. Du hast dich schon während deiner Schulzeit mit Webdesign beschäftigt und auch direkt eine kleine Agentur gegründet und dann natürlich auch irgendwas mit Medien studiert. Du hast mit einigen Freunden nachhaltige Maßentzüge verkauft, als selbstständiger Webkonzeptor und sogar als Kampfsportlehrer gearbeitet. Korrekt.
Mishas Karriereweg und Rolle als psychologischer Coach
00:01:04
Speaker
ich freue mich wirklich sehr dass du heute hier zu gast bist mein gast bist du arbeitest ja jetzt als psychologischer coach aber der weg dorthin
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Speaker
quasi dich dich selbst eine aufgabe zu finden war nicht so ganz einfach. Darüber wollen wir heute sprechen über selbstfindung über emotionale verarbeitung über alleine sein über grenzen die die man überwindet.
Der Jakobsweg: Planung und Motivation
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Speaker
und über das einfach machen. Bevor du 2000 Kilometer Fluss bereist hast, bist du ja den Jakobsweg gegangen. Wie kam es denn dazu? Also letztendlich kam ich auf die Idee, den Jakobsweg zu gehen, indem ich gar nicht auf die Idee kam. Meine Mutter kam nämlich auf die Idee.
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Speaker
Ich war damals zu Besuch bei ihr und hatte in meinem Kopf die Idee, ich möchte gerne irgendwo weit wandern gehen. Und da ich überhaupt nicht wusste, wie man solche Reisen plant, habe ich mich da ein bisschen schwer getan. Und dann saßen wir da in der Küche und ich habe ihr so von meiner Idee erzählt. Und dann hat sie gesagt, hey, geh doch auf diesen Jakobsweg da. Ich habe da ein Buch gelesen.
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Speaker
Und das war 2011 um 2012. Und da ging ja gerade ein gewisses Jakobsweg Buch durch aller Munde und.
Erfahrungen und Erkenntnisse auf dem Camino Francés
00:02:34
Speaker
Ja ich wusste das gar nicht was das ist und sie meint sie hat mir dann erklärt und hat gesagt ja das ist dieser weg durch spanien und dort gibt es überall ganz viele kleine herbergen und die einen laufen das eben aus einer religiösen motivation die anderen aus einer sportlichen die anderen aus einer spirituellen oder was auch immer es gibt ja viele
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Speaker
Ideen weswegen man den weg laufen kann und dann habe ich mir gedacht hey das klingt doch eigentlich ganz gut da sind viele kleine herbergen da muss ich mir keine sorgen machen ob ich irgendwo pennen kann es ist warm das heißt selbst wenn ich mal keinen platz finde dann kann ich auch notfalls am straßenrand schlafen und erfriere nicht und
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Speaker
Ja, das war dann so letztendlich der Einstieg in den Camino Francés. Also das ist der bekannteste Jakobsweg, der im Prinzip von der französischen Grenze bis nach Santiago de Compostela geht. Ja, den bin ich dann gelaufen. Ein bisschen, um wieder vor allem zu mir selbst zu kommen, weil ich gemerkt habe,
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Speaker
Und das ist auch so der Anfang von meiner Konversion, sagen wir es mal, in Richtung Coach und in Richtung Am und Mitmenschen arbeiten wollen.
Reise allein: Selbsterkenntnis und persönliches Wachstum
00:03:44
Speaker
Ich bin gerade fertig geworden mit einem Job und habe dann diesen Vertrag nicht verlängert und habe in meiner Vergangenheit in vielen Firmen und mit der Zusammenarbeit mit vielen Kunden
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Speaker
gelernt, wie man kommunizieren kann in einem Unternehmen, aber vor allem auch gesehen, dass sehr oft sehr am Menschen vorbei kommuniziert wird. Und das hat mich irgendwie nicht mehr losgelassen. Das ist irgendwie geblieben und es hat mich so verfolgt. Und ja, als ich dann auf meinen ersten längeren Weg gegangen bin, also auf diesen Jakobsweg, ich bin den komplett am Stück gelaufen, von Sergeant Pierre Deport vom Pyrenäen-Ausläufer aus, noch auf französischer Seite, dann eben bis Santiago de Compostela. Und
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Speaker
Das war so ein Runterkommen für mich. Wie lange warst du da unterwegs? Ich glaube, das waren so 36 Tage am Ende. Das ist auch schon eine ordentliche Wanderung. Das sind insgesamt knapp über 800 Kilometer. Das ist schon eine Weile her. Ich weiß es nicht mehr genau. Und ich bin so zwischen 20 und 40 pro Tag gelaufen. Also da kann man sich es ungefähr ausrechnen, wie lange ich dann am Ende gebraucht habe. Ich glaube, das kommt hin.
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Speaker
Und du bist es alleine gelaufen oder hast du dir noch jemand mitgenommen? Nee, ich bin es alleine gelaufen. Das war auch irgendwie so eine Eingebung in mir irgendwie. Das hab ich mir von innen heraus diktiert. Hab mir gesagt, das mach ich alleine, weil ich wollte ja irgendwie zu mir. Und wenn man das mit anderen macht, dann hat man ja doch immer wieder irgendjemanden, den man kennt, der bei einem ist, mit dem man sich ablenken kann, wenn man vor sich selbst davon rennt zum Beispiel und keine Lust auf sich hat.
00:05:32
Speaker
Und deswegen war für mich das klar, dass ich das alleine machen muss, wenn das irgendwie einen Sinn ergeben soll für mich.
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Speaker
Und was hat sich jetzt verändert? Also, wir gehen auf die längere Reise nachher noch mehr im Detail ein. Was hat sich auf dem, in Anführungszeichen, kurzen, auf der kurzen Wanderung, auf diesem kleinen Spaziergang, dem 36-tägigen, was hat sich da verändert mit dir, in dir, um dich herum? Na, da gibt's einiges. Vor allem jetzt, aus der Perspektive jetzt, über zehn Jahre später, gibt's da viele Sachen, die mir erst zum Beispiel jetzt auffallen.
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Speaker
Aber was ich damals direkt gemerkt habe, war, dass man viel, viel, viel länger braucht, um wirklich runterzukommen vom normalen Stresspegel, den viele von uns hier in unserer Gesellschaft eben umgeben sind.
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Speaker
dass man da viel länger braucht, um auf einem gesetzten Level, auf einem entspannten Level anzukommen, als ich dachte. Ich bin da entlanggelaufen und hab mir alle drei Tage gedacht, boah, jetzt bin ich auch mal voll entspannt, jetzt bin ich total runtergekommen, ja, Wahnsinn. Dann ging das wieder weiter. Drei Tage später hab ich mir gedacht, okay, das hört ja gar nicht auf. Und so den, für die damalige Verhältnisse,
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Speaker
optimalen Punkt oder wie nennt man es optimal? Den für die damaligen Verhältnisse sehr, sehr ultra entspannten Punkt habe ich nach drei Wochen erreicht. Also daran kann ich mich noch erinnern an diesen Moment, als ich gemerkt habe, wie nochmal irgendwas einfach losgelassen, nachgelassen hat, sich entspannt hat, sich gelöst hat, wie auch immer man es nennen mag.
Nach der Reise: Depression und Rückkehr zur Selbstständigkeit
00:07:15
Speaker
Man spürt es ja irgendwie innerlich, wenn man locker lässt und
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Speaker
ab dann hat sich nicht mehr so arg verändert aber es hat tatsächlich knapp über drei Wochen gebraucht. Und wie war deine
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Speaker
Situation als du wieder zurück kamst, also du warst ja dann quasi auf dem absoluten, dem positivsten Nullpunkt, den man erreichen kann, gefühlt. Nach dem, in deiner damaligen Situation zumindest. Und dann zurück in die Realität, in die Leistungsgesellschaft, in das System. Wie ging es dir damit?
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Speaker
Ja, ich muss echt sagen, ich habe da in den über knapp einem Monat was erlebt, was ich vorher noch nie so erlebt hatte. Ich war auch noch nie so lange allein und ich war noch nie so lange auf mich allein zurückgeworfen sozusagen, dass ich halt, das war damals auch noch anders, ja damals, ja nicht früher, nicht mehr so wie heute und so. Ich kling schon wie Opa, aber
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Speaker
Damals war auch die Netzabdeckung nicht wirklich gegeben in Spanien. Es gab keinen WLAN in den Herbergen. Das war alles nicht so wie heute. Und deswegen, ich war auch echt off-grid. Ich habe zwangs-digital-Detox gemacht. Und da habe ich, wie gesagt, was erlebt, was ich bis dato noch nicht erlebt hatte. So ein Bewusstsein.
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Speaker
für mich und für mein Innenleben und ich bin dann tatsächlich, nachdem ich zurückkam, echt in ein tiefes Loch gefallen. Das war bemerkenswert und das hat mich dann daran erinnert, dass ich mal gelesen hatte, dass zum Beispiel viele Zimmermänner und Zimmerfrauen
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Speaker
nach der Wald auch in solche Löcher fallen, nachdem sie tatsächlich lange Zeit unterwegs auf Wanderschaft und weg von zu Hause waren und im Prinzip dieses Leben gelebt haben, das das mit sich bringt, dass die oft dann auch entsprechend depressive Episoden haben, wenn sie wieder in den standardisierten Alltag zurück müssen. Und so ging es mir auch. Also ich bin wirklich in ein Loch gefallen und nur schwerlich da wieder rausgekommen.
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Speaker
Was hast du dann die nächsten Monate, Jahre gemacht, bis es zur nächsten Entscheidung kam? Ich hab die nächsten Monate und Jahre damit verbracht, wieder selbstständig zu arbeiten. Das lag mir einfach besser, weil ich da selber bestimmen konnte, wie ich mit Menschen kommuniziere und wie ich mit ihnen umgehe. Das war mir sehr wichtig. Und ...
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Speaker
Ich habe versucht, mir so ein paar Erkenntnisse und ein paar Gefühle, die ich da so gesammelt hatte, mitzunehmen. Aber das ist relativ im Sande wieder verlaufen dann. Und es hat dann tatsächlich drei Jahre gebraucht, bis ich dann gesagt habe, okay, jetzt nehme ich die nächste große Strecke in Angriff. Und das war dann die Anschlussstrecke, einmal quer durch Frankreich sozusagen.
00:10:16
Speaker
Also übers französische Zentralmassiv den Weg, den GR 15, das ist der große Wanderweg. Die alte Römerstraße ist der französische große Jakobsweg über das Zentralmassiv und weiter nach Westen. Und der endete im Prinzip dann da, wo ich damals angefangen hatte in Spanien. Das war so die zweite große Tour.
00:10:37
Speaker
Okay, das heißt, kam dann noch mal was? Also, dann war wahrscheinlich wieder drei Wochen zu Fuß? Wie länger? Ich hab mich total verschätzt. Ich hab gedacht, das wär kürzer. Und dann war's aber im Grunde genauso lang, ja. Und bergiger. Und ... da bin ich aber so ein bisschen an der Grenze gestoßen von meinen eigenen Erwartungen.
Erwartungen vs. Realität: Reisen und persönliches Wachstum
00:11:03
Speaker
Ich habe gedacht, wow, wenn das damals sich schon so cool angefühlt hat und so gut und so entspannend und so erkenntnisbehaftet, dann wird es ja jetzt bestimmt wieder genauso und bin damit eine Erwartung reingegangen, die sich nicht erfüllt hat. Also ich habe im Grunde dasselbe nochmal getan und es hat mich halt an ähnlichen Punkt wiedergebracht, aber auch nicht darüber hinaus.
00:11:27
Speaker
Und das lag vermutlich damals, also wenn ich auch wieder von heute zurückblicke, lag das vermutlich auch an meiner inneren Einstellung, also was man alles an Erkenntnis über sich selbst überhaupt zulässt und zulassen kann. Das hat ja auch sehr viel mit seiner eigenen, ja nennen wir es mal, Erkenntnisfähigkeit zu tun. War dir damals schon klar, dass du da noch drüber hinauskommen kannst oder hast du gedacht,
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Speaker
Das ist jetzt halt mein purer Entspannungspunkt.
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Speaker
So ist halt. Nee, das war mir schon bewusst. Ich hab das Gefühl gehabt, dass ich da an was geschnuppert hab, was noch deutlich weitergeht. Allein schon aus der Logik heraus, dass man beim ersten Versuch oder wenn man zum ersten Mal irgendwas macht, macht man natürlich einen großen Schritt. Die ersten paar Meter auf einer neuen Sache gehen immer meistens schnell. Die lernt man schnell, da hat man schnell Erkenntnisse und Erfolge.
00:12:25
Speaker
Aber dann wird es ein bisschen zäh. Da war mir schon klar, dass da noch mehr geht. Das habe ich dann versucht so zu kriegen, aber das hat nicht funktioniert. Definitiv nicht. Und dann wieder Selbstständigkeit, wieder der normale Zirkel im Kreisverkehr des Lebens. Genau, nochmal den Zirkel weiter.
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Speaker
Genau, ich habe immer wieder ein kleines Stückchen mehr mitgenommen, habe ich so das Gefühl. Das war ja dann damals auch die Zeit nach Frankreich, war das dann die Zeit, als dann das mit der fair gehandelten Abendmode dann dazukam und mein Cardi Trainer damals dann im Laufe seiner Tätigkeit als
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Speaker
Fairness-Inspektor in Südostasien. Er ist sozusagen da immer für uns hingeflogen und hat geprüft und gecheckt, ob die Produktion entsprechend unseren Vorgaben läuft, ob die Leute die entsprechende Behandlung bekommen, ob sie das entsprechende Geld bekommen, die entsprechende Krankenversicherung und so weiter und so fort, damit wir dafür ja bürgen können. Und der hat dort seine heutige Frau kennengelernt.
00:13:34
Speaker
und hat dann gesagt, Leute, es tut mir sehr leid, ich hab euch gern und das Projekt auch, aber ich werd nach Laos auswandern und dort heiraten.
00:13:45
Speaker
Und gut, dann haben wir das Projekt beerdigt. Es war ihm keiner böse. Und in dem Zuge hab ich das Kali-Jim von ihm bekommen. Er hat mir den Schlüssel in die Hand gedrückt und hat gesagt, ich geh jetzt. Okay, Misha, mach's zu oder mach's weiter. Und ich war erst mal total verdattert, weil ich mir niemals gedacht hätte, dass ich so was überhaupt kann. Okay. Aber er war davon überzeugt und der Leiter unseres Europa-Verbandes auch.
00:14:11
Speaker
Und dann war das also kein Problem. Dann durfte ich das. Und dann habe ich mir gedacht, okay, gut, das sind zwar Bigfoot-Fußstapfen, in die ich hier steige, aber ich probiere es. Vielleicht magst du mal kurz in zwei, drei Sätzen erklären, was denn Kali ist. Ich glaube, das kennen die wenigsten.
00:14:29
Speaker
Ja, Kali ist eine philippinische Kampfkunst
Die Kampfkunst Kali und ihre Bedeutung für Misha
00:14:33
Speaker
oder beziehungsweise ja nennen wir es mal ein Kampfkunstsystem oder ein Selbstverteidigungssystem, das vom Weglaufen über Diplomatie bis hin zu bewaffneten Kampf, also mit Klinge,
00:14:45
Speaker
und hiebwaffen bis hin zu auch schusswaffen geht also ist ein sehr universelles system das oft auch polizeilich und militärisch eingesetzt wird versportlich der variante davon ist die ist der nationalsport der philippinen geworden.
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Speaker
Und genau das habe ich damals gelernt und dann eben auch Menschen trainiert darin. Und viele die Menschen haben den Namen noch nie gehört, aber im Kino schon wahrscheinlich gesehen. Zum Beispiel
00:15:22
Speaker
Jason Bourne, Bourne Identity und so weiter, der macht Kali. Okay. Also Hollywood hat das entdeckt, um die 2010er rum, weil es, oder vielleicht sogar ein bisschen früher, weil es ein sehr, äh, ein sehr, nennen wir es mal, ein sehr raues, rau darstellbares, ein sehr pragmatisches System ist. Und das deshalb für die groben Action-Sequenzen, die damals in Mode kamen, sich halt wunderschön geeignet hat. Okay.
00:15:48
Speaker
Und dann hat es dein Dojo ... mein Dojo, genau. Und Hass unterrichtet. Ja, genau, dort hab ich dann unterrichtet und hab ja dann dort zwangsläufig tagtäglich mit Menschen zu tun gehabt und mit ihren Ideen und mit ihren verschiedenen Einstellungen und mit ...
00:16:09
Speaker
alle alle lernen unterschiedlich alle haben verschiedenen zugang zu zum lernen und zum wachsen und man und dadurch dass ich eben selbstverteidigung für zivile zwecke also für den alltag beigebracht habe kam es natürlich mehr darauf an auch soziale skills zu vermitteln weil wenn ich jemanden für den ring oder für den wettkampf
00:16:34
Speaker
Ausbilder, der braucht nicht irgendwie Lernen, laut nach Hilfe zu rufen. Jetzt mal auf der einen Seite und auf der anderen Seite auch gewisse diplomatische Fähigkeiten zu haben, dass er eben ruhig bleibt, wenn er angeschrien wird oder so was. Dass man da noch angemessen handeln kann, eben eine gewisse verbale Angemessenheit zur Situation herzustellen. Das hat mich wieder ein Stück weiter auf diesen Weg gebracht, weil ich irgendwann festgestellt hab,
00:17:03
Speaker
Ich bringe den Menschen eigentlich gar nicht so sehr bei, sich irgendwie mit stumpfen und scharfen Gegenständen zu verteidigen oder wirklich schnell wegzurennen. Das war natürlich Teil der Ausbildung. Aber ich habe ihnen mehr oder weniger beigebracht, wie sie Probleme lösen, also wie sie selbstbewusst werden, wie sie sich ihrer selbst bewusst werden.
00:17:27
Speaker
ihrer Umwelt sich gewahr werden, ohne paranoid zu werden, also aufmerksam sein, ohne ängstlich zu sein und all die Dinge. Das ist die erste und beste Verteidigungslinie in der zivilen Selbstverteidigung, weil wer entsprechend durchs Leben läuft, der wird schon ganz anders behandelt.
00:17:50
Speaker
Das war, glaube ich, der Knackpunkt, der mich wieder ein Stück weiter gebracht hat auf diesem Weg, immer mehr und mehr mit Menschen und immer weniger und weniger mit Medien arbeiten zu wollen. Und wann kam dann der Punkt, wo du gesagt hast, ich muss jetzt noch mal los?
Neue Reisepläne: Donau und Kajakfahren
00:18:07
Speaker
Also der Punkt, ich muss jetzt noch mal los, kam als ich habe ja auch so eine kleine Geschichte an körperlichen Einschränkungen und Gebrechen, über die ich mich immer wieder hinwegsetzen musste, um es mal ja
00:18:20
Speaker
vorsichtig auszudrücken. Mir ging es teilweise richtig übel und ich musste mich da durch Gott weiß welche Behandlungen durchhangeln, um halbwegs wieder fit zu werden. Und dann gab es einmal einen Durchbruch und ich bin wieder fit geworden und ich habe mir, also zumindest fitter als vorher und ich habe mir gedacht, oh Gott, das muss ich jetzt nutzen.
00:18:45
Speaker
Ich hatte so diesen Drang in mir, okay, ich muss raus. Ich muss jetzt noch mal so eine Reise machen. Ich will... Es hat einmal funktioniert, es hat beim zweiten Mal halbwegs funktioniert. Ich will weiter gucken. Ich will weiter schauen, was kann ich noch rausholen? Wie komme ich noch weiter zu mir? Ja, und dann kam diese Idee. Jetzt sag mal, was du da gemacht hast. Wir reden ja jetzt die ganze Zeit um den heißen Brei. Jetzt erzähl mal die Idee.
00:19:12
Speaker
Die Idee kam wieder mal nicht von mir. Ich hatte die Überlegung, also ich saß mit meinem besten Kumpel in der Kneipe und hab gesagt, hey, ich will wieder eine längere Strecke laufen. Und ich hab mir überlegt, dies und das. Und er hat dann irgendwann gesagt, hey, nimm doch die Donau, das wär doch viel besser. Weil das ist das kulturell Interessanteste von dem, was es hier im Umfeld gibt. Und ...
00:19:41
Speaker
So viel unterschiedliche Kulturen, Serbien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Österreich, Deutschland, alles dabei. Unglaublich viel verschiedene Natur, die Karpaten und was es dort alles gibt. Also das haben wir im Prinzip hier vor der Haustür und wird gerne übersehen und wurde auch voll von mir übersehen. Ich war schon irgendwie im Kopf irgendwie in den USA, um dort irgendwie zu laufen. Und dann kam diese Donauidee und auch im Nachgang jetzt war das die
00:20:09
Speaker
die jemals hat mir jemand machen können, die mir jemals hat jemand geben können. Aber du bist ja nicht gelaufen. Genau, ich bin sie nicht gelaufen. Ich hab mich dann bedankt und dann am nächsten Tag oder vielleicht schon an dem Abend, ich weiß es nicht mehr so genau, ist mir dann aufgefallen, dass das ja ein Fluss ist, die Donau, und die fließt. Und es wäre ja eigentlich eine Schande, wenn man das nicht irgendwie huldigen würde oder würdigen würde. Und ich wollte schon immer mal Kajak fahren,
00:20:35
Speaker
so gut wie nie in irgendwas Paddelbarem gesessen und hab mir gedacht, okay, das ist ein Grund, das zu lernen. Ja, und damit war die Idee im Prinzip da und der fixe Gedanke im Kopf, der ging auch nicht mehr weg. Wie lange hast du trainiert, bis es losging? Das darf man eigentlich gar nicht öffentlich sagen, so was. Also, um noch vorher aufzuklären, damit der Kontext klar ist, ich bin ab der österreichischen Grenze gefahren,
00:21:02
Speaker
Es sind dann circa 2100 Kilometer bis zum Donaudelta, bis die Donau im Schwarzen Meer dann mündet. Und ich bin vorher ungefähr 20 Kilometer auf dem Baggersee gepaddelt. Das ist auf jeden Fall eine ordentliche Trainingseinheit. Ich hab mir ein Buch gekauft.
00:21:21
Speaker
paddeln für Dummies oder so. Ich hab das durchgemacht, damit ich lerne, wie man sich auf dem Wasser verhält und auf was man achten muss, auf welcher Seite die grünen Tonnen, auf welcher Seite die roten Tonnen sind und was das bedeutet. Und ja, eben das alles, die ganze Theorie und auch, wie man sich eben auf dem Wasser verhält und was man lernen sollte im Kajak. Also zum Beispiel Wiedereinstieg. Und das hab ich dann auch gemacht. Ich bin zum Baggersee, also ich hab mir einen Kajak gekauft, ein gebrauchtes.
00:21:47
Speaker
Ich bin dann zum Baggersee gefahren und hab dort mich absichtlich aus dem Kajak geschmissen und bin dann wieder eingestiegen und hab das dann eben geübt, dass ich dann wieder reinkomme und so weiter. Und natürlich hatte ich einen riesen Plan. Da gehe ich trainieren, hier gehe ich trainieren, da mache ich das, da lerne ich das. Und ich habe die Reisevorbereitung auch ein bisschen ein wenig unterschätzt. Und natürlich kam ich dann nicht so oft zum Trainieren. Ich musste dann ja auch vorarbeiten, damit ich genügend Geld habe.
00:22:17
Speaker
nachher wenn ich wieder zurückkomme damit ich dann polster habe und dann hat sich das alles so ein bisschen gebissen kurz davor ein paar wochen bin ich habe ich in einem forum noch festgestellt dass die ruderanlage die an meinem boot ist für lange strecken
00:22:32
Speaker
Unpassend ist weil sie sehr ungemütlich ist das wusste ich ja auch nicht dann haben wir die noch umgebaut also meine Partnerin hat mir dann dabei geholfen die hat dann per CAD irgendwelche Bügel entworfen und Aluprofile pressen lassen und so weiter und dann habe ich eine andere Steueranlage haben wir dann.
00:22:50
Speaker
Also das war doch noch eine ganz schöne Aktion. Die Steueranlage wurde dann irgendwie drei Tage vor Einsätzen oder zwei Tage vor Einsätzen, kurz vor knapp noch fertig. Dann kam ich eben nicht viel zum Trainieren und ich habe mir aber gedacht, okay, jetzt einen Rückzieher machen kannst du auch nicht. Es ist immer gut, wenn man auch vielen Leuten erzählt, was man vorhat, dann ist der Selbstdruck noch höher. Dann kann man nicht mehr aufgeben.
00:23:11
Speaker
Ja, manchmal ist es ganz gut, laut darüber zu reden. Das ist das, was ich den Menschen heute als Coach manchmal mitgebe, ist, mach erst mal locker, plan alles schön, überleg dir gut, wie du es machst und ab einem bestimmten Punkt, red darüber.
00:23:29
Speaker
Weil dann gehst du eine Verbindlichkeit ein, nicht nur mit dir selbst, sondern auch mit den anderen. Das kann manchmal nicht schaden, wenn man dann trotzdem noch kalte Füße kriegt. Absolut. Und ich meine, das kennen ja viele. Ich meine, man kann manche Sachen macht man 30 Mal, man kriegt trotzdem noch kalte Füße davor. Es ist normal. Das ist eine normale Reaktion irgendwie. Okay, du hast
00:23:51
Speaker
unglaubliche 20 Kilometer Kanu-Tour hinter dir und hast bis dann aufgebrochen an die Donau. Was hattest du dabei? Also ich war ja auch in einer, nennen wir es mal, Selbstfindungsphase. Nein, nennen wir es nicht mal Selbstfindungsphase. Es war eine Selbstfindungsphase. Ist ja auch manchmal ein bisschen negativ behaftetes Wort. Aber ich bin bis heute der Ansicht, dass das Wort Selbstfindung ein sehr, sehr, sehr wichtiges ist. Und dann habe ich mir überlegt, wenn ich schon auf so einer Reise bin,
00:24:20
Speaker
kann ich ja mal probieren, wie das so ist, als Reiseblogger zu arbeiten. Oder wie es ist, ein Reiseblogger zu sein. Spoiler, ging voll schief. Hat mir keinen Spaß gemacht, aber dazu vielleicht später mehr. Also, ich hatte eine Packliste und ich hab mir lange, lange Gedanken darüber gemacht und hatte auch das Glück einerseits natürlich, dass es das Internet gibt, das einem da viel abnimmt, und auf der anderen Seite eben die Erfahrungen von den Reisen davor. Da hat man dann schon so ein bisschen eine Idee, was ist zu wenig, was ist zu viel.
00:24:50
Speaker
und dann eben noch den support von meinem vater der so ja geeichter alpinist und langstrecken sibirien bei minus 20 grad draußen schläfer mensch ist da konnte ich mir dann auch noch ein paar wertvolle tips abholen und dabei hatte ich mal als überblick ich hatte eine gopro auf meinem
00:25:14
Speaker
Kajak stecken, die ich von vorne nach hinten, hinten nach vorne umstecken konnte. Ich hatte eine Solarzelle dabei, eine ausklappbare, damit ich unterwegs immer Strom habe, weil ich ja nie wusste, wann ich wieder mal eine Stromquelle eben komme. Und die hat sich super hilfreich erwiesen. Also die war echt wichtig. Ich hatte dabei ein kleines Einmant-Zelt, mit dem ich dann eben auf den diversen Inselchen oder am Rand der Donau schlafen konnte. Ich hatte dabei einen
00:25:43
Speaker
Grundstock natürlich an getrocknetem Essen, dass ich dann aufkochen konnte. Ich hatte als Luxusgegenstand hatte ich dabei eine kleine italienische Kaffeekocherkanne, wo ich dann auf meinem Gaskocher meinen Kaffee machen konnte. Das war so mein Luxusgegenstand. Ich hatte einen E-Book-Reader dabei, damit ich auch mal was lesen kann.
00:26:07
Speaker
Und hab mir natürlich dann unterwegs auch sie ein oder zwei Sachen noch geholt, weil natürlich, wenn man sowas zum ersten Mal macht, dann fehlt einem in jedem Fall irgendwas und man unterschätzt auch die Dinge natürlich. Da sind dann noch einige Dinge dazugekommen auf meinem Weg, mit denen ich nicht so gerechnet hätte. Unter anderem ein Regenschirm. Regenschirm ist super wichtig, super brachend. Das ist wichtig. Ja, das glaube ich. Okay, das heißt aber, also von
00:26:37
Speaker
Es war jetzt kein, wie nennt man das, Detox, weil du warst schon mit diversen elektronischen Geräten da irgendwie unterwegs. Nicht ganz wie auf dem Jakobsweg quasi am Anfang. Aber du warst ja auch viel länger unterwegs und das war auch ein bisschen eine andere Situation und macht dir auch Sinn in so einer Situation auch allein schon notrufmäßig ein Smartphone dabei zu haben oder irgendwas, wo man sich melden kann und zwischendurch mal Bescheid zu geben.
00:27:07
Speaker
Okay, aber trotzdem im Endeffekt sehr minimalistisch. Ja, ja, ja. Also weiterhin relativ minimalistisch, ja. Und dann ging's los. Donau einstieg. Dann ging's los, genau. Also du hattest vorher noch gesagt, du warst nicht so detox-mäßig unterwegs im Großen und Ganzen.
00:27:28
Speaker
doch dann schon eher, es klang jetzt nicht so danach, aber ich hab diese Berichterstattung relativ schnell aufgegeben.
Herausforderungen auf der Donau-Reise
00:27:34
Speaker
Vor allem, weil mich diese Reise auch so vereinnahmt hat mit all diesen neuen Eindrücken und v.a. Herausforderungen. Ich war so damit beschäftigt, irgendwie von A nach B und durch den Tag durch die Nacht zu kommen, dass ich überhaupt gar nicht die Muße hatte, dort großartig zu posten und darüber zu berichten. Ich hab mein Bestes gegeben am Anfang, aber es wurde immer weniger ...
00:27:58
Speaker
Und ich habe mich eher darauf konzentriert, abends in mein Notizbuch schön aufzuschreiben, was mir so alles durch den Kopf ging und was ich so erlebt habe, um das dann später vielleicht der Welt anderweitig mitzuteilen. Ja, dann ging es los. Du hast gerade gesagt, es ging los.
00:28:13
Speaker
Genau, wie ging es los? Wie ging es los, ja. Es ging los, indem was schief ging und zwar an dem Tag, an dem ich den Start geplant hatte, hatten natürlich alle keine Zeit. Also meine Schwestern waren verhindert und meine Partnerin war auf, wie nennt man das, wo sich die ganzen Wissenschaftler treffen? Ein Summit. Ja, so was in der Richtung.
00:28:31
Speaker
Ja, so was. Symposium. Ja, also meine Partnerin war auf einem wissenschaftlichen Symposium oder auf eben einem Treffen. Die konnte auch nicht und dann ist tatsächlich dann mein Vater eingesprungen und dann
00:28:46
Speaker
hat meine Mutter gesagt, wenn er da fährt, dann fährt sie da auch mit. Da musste ich schon lachen. So wurde ich dann mit meinen damals Ende 30, 37, 36 von meinen Eltern zu meinem Einsatzpunkt gefahren. Wir alle gemeinsam lachen.
00:29:07
Speaker
Und dann sind wir los und auf dem Weg nach Linz. Ich habe in Linz eingesetzt. Da habe ich mir noch überlegt, okay, nee, mein Zelt, das ich hier habe, das ist mir doch zu groß. Dann haben wir auf dem Weg noch ein kleineres gekauft schnell und dann sind wir in einem kleinen, kleinen Ort nach der Schleuse Linz angekommen. Das Örtchen ist so klein, dass es genau einen einzigen Ort in Google Maps markiert hat. Und das ist der Briefkasten, glaube ich.
00:29:39
Speaker
Wenn man da reinzoomt, ist eine einzige Markierung auf der Karte und das ist ein Briefkasten. Jedenfalls, dort sind wir dann an den Rand gefahren und ich hab alles ausgeladen, hab das Boot beladen. Unten lagen ein paar Holzboote. Das hatte ich vorher auf Google Maps ausgekundschaftet per Satellit, dass man da rein kann.
00:30:05
Speaker
Und dann stand ich da am Rand und hab diese Donau angeschaut und hab mir gedacht Alter
00:30:14
Speaker
Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee war. Die war nämlich ganz schön breit und ist ganz schön schnell geflossen und hat gegurgelt. Also nicht so wie das Flüsschen Nagold hier, dass man ja hier so gewohnt ist, sondern das war halt schon so richtig was. Und ja, dann ist mir schon so mulmig geworden. Und ich hab gedacht, oh Gott, auf was hast du dich hier eingelassen? Aber das war schon der Point of no return. Da war schon nichts mehr zu holen. Also umdrehen war keinesfalls mehr drin.
00:30:39
Speaker
Ja, dann haben wir da alles ausgeladen und das Boot beladen und das Boot zu Wasser gesetzt. Und dann hat mein Vater mir noch einen dicken Schubser gegeben. Dabei ist ihm sein Handy als Opfer als Opfer an die Wassergötter in die Donau gefallen, aus seiner Brusttasche. Das hat es auch nicht überlebt. Und ich war unterwegs. Ja, das hat keine fünf Sekunden gedauert. Da war ich um die nächste Ecke getrieben worden, schon von der Donau.
00:31:10
Speaker
Meine netten Chauffeure waren aus der Sicht und dann war ich da. Dann war es irgendwie 15.30 Uhr. Ich war auf der Donau und ich wusste, okay, jetzt 2100 Kilometer in die Richtung.
00:31:28
Speaker
Die erste Nacht hast du auf einem Campingplatz noch verbracht. Wie war die denn so? Ja, also die erste Nacht war sehr angenehm, muss ich sagen. Ich habe das Zelt ja zum ersten Mal aufgebaut, was ja auch so ein Kardinalsfehler ist, das Zelt nicht einmal vorher aufgebaut zu haben. Aber bei so einem Ein-Mann-Zelt ist es jetzt nicht so das Ding, also das kriegt man hin. Und wenn man mal ein Zelt davor in der Hand gehabt hat,
00:31:54
Speaker
Das ging erstaunlich gut, hat mich überrascht, war schön. War auch kaum jemand dort, war sehr ruhig, hab's aufgebaut, hab mich reingelegt, hab ein bisschen in meinem Notizbuch rumgeschrieben, mich daheim gemeldet und gesagt, dass ich am Leben bin und nicht irgendwo in der Donau treibe. Und ich war dann aber auch so platt, ich bin einfach eingeschlafen.
00:32:19
Speaker
Ich hab einfach die Augen zugemacht und hab geschlafen. Ich glaube, ich hätte auch draußen auf dem Boden schlafen können, war egal. Also, hätte keinen großen Unterschied gemacht.
00:32:30
Speaker
Du warst insgesamt, glaube ich, drei Monate unterwegs, hast du erzählt? Ja, so in etwa. Was ist dir denn da zugestoßen? Was waren so die Highlights an Begegnungen, an Natur, an Schlafplätzen? Was ist dir jetzt so spontan, was kommt dir in Erinnerung? Was hat dich da am meisten irgendwie noch beeindruckt?
00:32:52
Speaker
Jetzt hast du so viel gesagt, jetzt habe ich Geschichtenstau in meinem Kopf. Die wollen jetzt alle gleichzeitig durch die Tür und es hat sich so eine Traube gebildet. Entschuldigung. Nee, also ich weiß schon ungefähr. Ja, also ich sortiere das. Ich versuche es mal zu sortieren. Also eines der Highlights war, dass ich es mir ganz anders vorgestellt hatte. Ich hatte mir so. Ich hatte mir das wie so eine.
00:33:21
Speaker
mehr wasserromantisch vorgestellt. Also mehr treiben und weniger arbeiten. Ja, das ist beim Kanufahren, Kajakfahren unterschätzt man das.
00:33:33
Speaker
Es ist sehr unterschätzt, in jedem Fall. Und das ist so eines der ersten Sachen, die mir aufgefallen sind. Aber ich kann es nur so sagen, es war anders, aber es war genauso cool. Mhm. Also, das war ähnlich auch wie bei den anderen Reisen, dass ich am ersten Tag gemerkt habe, was ich... Also, ein ähnliches Gefühl habe ich auf der Donau am ersten Tag gehabt, wie ich beim ersten Mal Spanien am Ende hatte.
00:34:00
Speaker
Okay, krass. Es war so dieses, ich hab hier was wieder was angekratzt, wo es was zu erleben, wo es was zu entdecken gibt, was mich weiterbringt, was in mir was machen kann. Also ich hab's gerochen. Meinst du, das liegt an der Tätigkeit oder an der Umgebung oder liegt es daran, dass du quasi schon vielleicht gelernt hast auf diesen Entspannungspunkt, so Schalter um Entspannung an?
00:34:25
Speaker
Punkt zu kommen. Ich war ja nicht auf einen Schlag entspannt. Im Gegenteil, ich war überhaupt nicht entspannt, weil es echt anstrengend und schwierig war und auch beeindruckend in einem etwas auch bedrohlichen Sinne.
00:34:40
Speaker
In meinen Gedanken ist auch so eine Bedrohung geschwebt, und zwar das Kraftwerk Djihadab. Da können wir aber nachher noch drauf kommen. Das kommt erst 1000 Kilometer weiter später, aber das war so ein Schwert, das über mir schwebte. Das ist so eine riesige Schleuse in Serbien. Da muss man durch irgendwie.
00:34:58
Speaker
Das schwebte so alles vor mir. Deswegen war das gar nicht so dieser Entspannungspunkt. Aber ich würde sagen, was ich da mitgenommen habe, was ich da gelernt habe, war zu erkennen, wann etwas einfach nur schwer ist und wann etwas einen herausfordert und man daraus viel gewinnen kann. Okay.
00:35:21
Speaker
Das habe ich da ganz am Anfang gleich gerochen. Da liegt Erkenntnis hinter den Bergen, über die man drüber muss. Da kann ich viele Dinge finden, die mich als Mensch, als Person weiterbringen. Weitere geniale Momente oder eindrucksvolle Momente.
00:35:41
Speaker
Ja, also es ist so die Überzeugung, die auch viele Menschen teilen, die ich auf dem Weg getroffen habe, dass das Wasser irgendwas mit den Menschen macht. Menschen, die am Wasser wohnen, sind irgendwie entspannter. Dieses Wasser ist irgendwie
00:35:56
Speaker
Ja, das hat was. Das macht was mit den Menschen. Ich weiß nicht genau was. Ich kann nicht den Finger drauflegen. Aber da waren auch alle so eindeutig der Meinung, dass es auch niemanden gibt, der sagt, Igitt abends bei lauem Wetter am Fluss sitzen, das ist ja furchtbar. Das sagt so gut wie kein Mensch. Also es ist angenehm. Es wirkt angenehm auf uns, dieses Wasser. Und es ist auch ein Lifestyle, der sich irgendwie entwickelt. Man wird irgendwie so langsam zu einem Wassermenschen auf dem Weg da entlang.
00:36:26
Speaker
Je länger man unterwegs ist, desto egaler ist es, dass man nass wird zum Beispiel. Am Anfang hat man noch total Angst irgendwie nass zu werden, seine Füße ins Wasser zu hängen, irgendwelchen Matsch abzukriegen oder wenn es regnet oder was auch immer und gegen Ende ist einem das total egal. Da stiefelt man durch irgendwelche dubiosen Seitenarme durch bis zu den Knien in irgendwelchen Algenmatsch und
00:36:54
Speaker
Oder es regnet und man macht sich nicht mal mehr die Mühe, irgendwie ein Poncho anzuziehen oder sowas, weil man trocknet ja eh wieder von selbst und solche Sachen. Also da gewöhnt man sich total dran und man kriegt tatsächlich so einen Matrosengang. Ich bin ja dann gepaddelt und habe einen Freund in Wien besucht, einen Freund und eine Freundin. Und als ich da an Land gegangen bin, habe ich tatsächlich so gewappelt auf dem Steg.
00:37:20
Speaker
Also ich habe so die Wellen in meinen Knien gespürt, weil ich die meiste Zeit auf dem Wasser verbracht habe und das habe ich auch abends dann gemerkt, wenn ich mich hingelegt habe, bin ich weiter geschwommen, weiter gewabert auf den Wellen. Das hat man richtig gemerkt, also richtig. Eine körperliche Empfindung war das. Wir können ja mal Stück für Stück durchgehen.
00:37:42
Speaker
Ja, ich glaube, das hilft auch. Also diese Strecke kann man sich ja gar nicht vorstellen. Du warst jetzt gerade so bei deiner ersten Etappe in Linz, dann in Wien. Das klingt für einen Deutschen noch irgendwie machbar, weil ein Land irgendwie. Aber diese 2000 Kilometer durch zig Länder durch. Ja, das ist auch schwer vorstellbar.
00:38:04
Speaker
Das ist auch total faszinierend, weil am Anfang kann man da selber gar nicht so richtig den Finger drauflegen, wenn man das auf der Karte so sieht. Und dieser Kontrast zwischen wie unendlich lang und wie unendlich viel Wasser dort fließt in dieser Donau, also gefühlt aus einer menschlichen Perspektive, und dann zoomt man raus aus dieser Landkarte, und es wird winzig klein in einem Maßstab, wenn man die ganze Erde sieht. Mhm. Das war schon mal was total Beeindruckendes.
00:38:33
Speaker
Und wenn ich hier so hinschaue, man fährt ja durch Österreich durch, dann kommt man in der Slowakei vorbei. Also die erste große Stadt nach Wien war dann Bratislava. Danach geht's weiter nach Ungarn, dann kommt Budapest ist dann die nächste große Stadt.
00:38:50
Speaker
Und dann paddelt man durch Ungarn durch, bis dann die Donau sich schließlich die Grenze nach Serbien überschreitet. Und dort verlässt man ja dann die EU, das ist auch so was Interessantes in dem Moment. Dann paddelt man dort weiter, bis man dann schließlich an die bulgarische Grenze kommt.
00:39:15
Speaker
Und Bulgarien teilt sich ja dann die Grenze, die Donau ist ja die Grenze mit Rumänien. Und man checkt dann, man kann entweder auf rumänischer oder auf bulgarischer Seite sozusagen einchecken, weil man muss ja irgendwie sich in einem Land melden, dass man jetzt da ist. Man muss sich entscheiden. Und dann ist es auch normalerweise gut, wenn man auch nur an einer Seite campt.
00:39:39
Speaker
auf der man auch sein darf. Sonst ist man nämlich ein illegaler Einwanderer, theoretisch, in dem Moment. Das will man wahrscheinlich in Bulgarien nicht unbedingt sein. Nein, nicht wirklich. Also man legt sich auf der falschen Seite schlafen und ist illegal eingewandert. Das ist auch ganz besonders interessant auch in Serbien und Kroatien. Die verstehen wirklich gar keinen Spaß, was das angeht. Rumänien, Bulgarien schon eher. Die sind nicht so wild, was das angeht.
00:40:08
Speaker
Ja, und dann am Ende überschreitet man hier die Grenze eben bei Silistra. Und von dort aus geht es dann rein nach Rumänien. Dann knickt die Donau nach Norden. Dann paddelt man da hoch an Breila und Galatz vorbei. Galatz ist so eine Art Hochseehafen. Da kommen die ganzen großen Schiffe vom Schwarzen Meer rein, die dann dort anlegen.
00:40:34
Speaker
Und dann geht es schon ins Delta. Dann ist man im Grunde so im Endspurt, so 120-140 Kilometer Endspurt bis zum Schwarzen Meer dann. Das ist so der Weg, den man da hinter sich bringt. Und es ist beeindruckend, was so vor einem liegt. Und man denkt sich, wow, was werde ich da wohl alles erleben?
00:40:52
Speaker
Was mir da durch den Kopf ging war zum Beispiel, früher hat man immer gesagt, ja nächstes Jahr gehe ich vielleicht nach Kroatien in den Urlaub, dieses Jahr gehe ich nach Ungarn in den Urlaub oder dieses Jahr gehe ich in Tschechien wandern. Aber dass man halt einmal irgendwie durch alles durchkommt, das macht man ja jetzt auch nicht irgendwie jeden Tag und man muss sich dann auch immer wieder neu einstellen eigentlich auf die Kulturen und auf die Gebräuche und auf die Sprache und eben auf alles.
00:41:20
Speaker
Wie viel hattest du denn mit den Menschen zu tun? Wenn du sagst, du musst dich auf die Kultur einstellen. In meinem Kopf warst du jetzt so ein Lone Ranger in seinem Kayak. Aber du hattest ja schon auch soziale Kontakte, dann Menschen mitgetroffen. Ja. In jedem Fall. Es gab Zeiten, da hab ich relativ viele Menschen getroffen. Auch vor allem in den dichterbesiedelten Gebieten. Also gerade was Österreich angeht.
00:41:47
Speaker
da in jedem Fall, Ungarn auch, wo ich teilweise fast niemanden getroffen habe, war über weite Strecken über die bulgarischen Inseln. Da war ich sehr losgelöst. Also es gab Zeiten, da habe ich tagelang
00:42:04
Speaker
gar keinen Kontakt mit irgendwelchen Menschen gehabt. Und es gab Zeiten, da habe ich jeden Tag Kontakt mit Menschen gehabt. Zum Beispiel, wenn ich seitlich am Rand den Luxus einer Strandbar gesehen habe. Das war natürlich der Wahnsinn. Dann konnte ich da schnell an den Rand und aussteigen und dann haben die da gegrillt. Dann konnte ich was Warmes essen vom Grill mit großartig mit Cola und großem Bier und
00:42:29
Speaker
und und pommes und salat frischen und was weiß ich was alles also die ganzen großartigen sachen die man halt unterwegs ohne kühlschrank halt nicht hat ist halt so ein bisschen problematisch es war ja auch sehr heiß das war ein sehr heißer sommer damals es wurde auf der serbischen donau auch teilweise über 40 grad heiß ganz schön runtergebraten auch so ein bisschen herausforderung für die versorgung dann ja
00:42:55
Speaker
Ja, aber wegen der kulturellen Geschichte.
00:43:00
Speaker
Also wenn man paddelt bzw. wenn man sich mit dem Boot die Donau hinunter bewegt, dann hat man ja auch gewisse Pflichten. Und in dem Fall ist es so, man muss sich zu erkennen geben. Also das Boot braucht eine eindeutige Bezeichnung und da auch ein Kajak ein ganz reguläres Boot ist, das hat auch einen Kapitän, das war in dem Fall ich. Das war auch sehr lustig an der serbischen Grenze, das kann ich in dem Kontext auch gleich erzählen, das war toll. In jedem Fall
00:43:27
Speaker
braucht es eine eindeutige Beschreibung. Das heißt, ein Name muss seitlich gut sichtbar drauf sein und die Flagge vom Gastland kommt nach vorne und die Flagge vom Herkunftsland kommt nach hinten. Das heißt, ich hatte immer eine deutsche Flagge hinten und vorne habe ich dann immer die jeweilige Flagge vom Gastland draufgesteckt. Und das wird manchmal nicht so eng gesehen, aber
00:43:50
Speaker
Du machst dir in jedem Fall Freunde. Das finden sie in jedem Fall cool. Ich habe oft gesagt bekommen, du bist von Deutschland bis zu uns hierher gefahren, weil du uns kennenlernen wolltest. Ich habe gesagt, ich wollte euch alle kennenlernen. Hier ist die Flagge von euch und hier ist die Flagge von mir, damit ihr das seht, damit ich dir das wertschätze. Das habe ich mehrfach bestätigt bekommen, dass die das total cool fanden.
00:44:14
Speaker
Und die Geschichte von der serbischen Grenze, das passt jetzt in den Kontext ganz gut rein. Ich kam von Ungarn, also von
00:44:30
Speaker
von Moatsch, das ist auch die letzte ungarische Stadt, da muss man dann zum Zoll und so weiter. Also ich kann nicht einfach wie von Österreich in die Slowakei und von der Slowakei nach Ungarn, bin ich ja immer noch in der EU, ich kann nicht einfach so über die Grenze paddeln, ich muss also wirklich
00:44:45
Speaker
wirklich über den Zoll und so weiter und das Boot filzen lassen. Da gibt es auch eine sehr ausführliche, lustige Geschichte aus Moatsch, aber die skippen wir jetzt. In jedem Fall war das da ein bisschen kompliziert und da haben mir auch die lokalen Leute dann geholfen. Die Kurzgeschichte ist, ich habe dort zum Glück eine Paddlerin kennengelernt, die ist
00:45:04
Speaker
neben mir hergepaddelt und wollte wissen, woher ich komme. Und deren Familie hat mir schlussendlich da geholfen, über die Grenze zu kommen, weil das war für mich sehr unklar ausgeschrieben, wie das mit dem Zoll funktioniert. Und ich bin dann einfach zu weit gepaddelt und hätte dann mein voll beladenes Boot wieder komplett ein paar Kilometer zurück vor die Stadt zur Zollstation bringen müssen. Sie wollten mich sonst gehen lassen.
00:45:27
Speaker
Und das war natürlich für mich nicht zu bewerkstelligen. Und dann ist der Vater mit mir dorthin gegangen. Und dann kam eine lustige Odyssee durch den ungarischen Zoll mit mehreren Stationen und im Endeffekt mit dann einem Stempel und dem Blick nach dem Motto, hier ist der Stempel, wir haben dein Boot nicht mal gesehen und jetzt hau ab, bevor wir es uns anders überlegen. Ja, los und weg, schnell, reich dich, jetzt raus.
00:45:55
Speaker
Und das war dann cool, dann konnte ich über die Grenze und dann musste ich nach Beslan. Beslan ist die erste Zollstelle in Serbien und da habe ich ganz viele Horrorgeschichten gehört.
00:46:10
Speaker
Und das habe ich auch gelernt. Das Netz ist voller Horrorgeschichten. Wie schlimm und wie anstrengend und wie gefährlich das doch alles ist, was sich im Endeffekt als völlig übertrieben herausgestellt hat. Solang man da freundlich und mit einem, nennen wir es mal, mit einem offenen Gemüt und ein wenig Vorbereitung rangeht, ist das alles gar kein Hexenwerk. Allerdings, wie gesagt, die Serben sind da ein bisschen
00:46:39
Speaker
bisschen gründlicher, was das angeht, was da zu Donau reingeschippert kommt. Die prüfen das sehr deutlich. Und es gibt auch empfindliche Strafen, wenn man sich nicht dementsprechend anmeldet. Das stimmt tatsächlich. Und also bin ich nach Beslan gepaddelt. Das ist der erste der erste Hafen dort sozusagen, wo sie die Schiffe abfertigen, die reinkommen. Und dort habe ich dann mein Bötchen dann unten wieder festgemacht und habe mich durch so ein Gestrüpp den Berg hoch.
00:47:07
Speaker
gearbeitet und dann habe ich das Zollgebäude gesucht und kam an einem kommunistischen Denkmal vorbei, auch sehr cool, ein uraltes, noch aus Sowjet-Zeiten, glaube ich. Und dann bin ich dort rein und dann kam ich dort zum Kapitan. Und jeder, der in Serbien was zu sagen hat, ist der Kapitan. Und der Kapitan hat überhaupt nicht fassen können, was ich hier überhaupt suche.
00:47:35
Speaker
Ich hab ihm das so erzählt, dass ich das so hier geschildert bekommen hab von den Reiseführerinstruktionen und er hat gesagt, sie machen hier nur Containerschiffe. Sein O-Ton war, no, you will go to Aberthin. Das war seine Aussage.
00:47:52
Speaker
Dann habe ich zu ihm gesagt, ja, aber wenn ich nach Appatin gehe, das ist ja noch mal 20 Kilometer weiter, wenn mich bis dahin jemand erwischt. Und er hat dann gesagt, so ein Unfug, sag denen Kapitän, hat gesagt, ja, dann passt es schon. Dann habe ich gesagt, dann stehe ich jetzt unter dem offiziellen Schutz vom Kapitän aus Wessern. Dann passt das. Und bei denen musste ich auch ein Formular ausfüllen über mein Schiff.
00:48:16
Speaker
Und da muss ich dann den Namen eintragen. Dann hab ich da reingeschrieben, ja, der Little Lion. Das ist der Name. Und dann muss ich reinschreiben, wie viel Besatzung es hat. Also eins. Also ich. Und dann muss ich auch noch angeben, wie viele Maschinen es hat und wie viel PS. Du Maschine. Ich hab dann vorsichtig geschätzt. Mit eins und null Komma zwei oder so.
00:48:40
Speaker
Und es war schon lustig, also ich musste dort alles angeben, auch meine Fracht. Und das hab ich dann auch getan, wie gesagt. Dann hab ich mich vom Kapitän verabschiedet und dann bin ich weiter. Und dann bin ich dann in Appatin angekommen. Und in Appatin hat keiner, niemand der Besatzung der Grenzpolizei dort hat auch nur ein Wort.
00:49:02
Speaker
Deutsch oder Englisch oder irgendeine Sprache gesprochen. Meine Partnerin hat dort angerufen, für mich im Vorfeld schon. Ich hab gesagt, ich bin auf dem Weg, dann hat sie angerufen und hat versucht, am Telefon der Dame zu erklären, dass ich jetzt komme und mich anmelde. Mhm. Und sie konnten beide sich nicht verstehen. Sie haben beide jeweils drei oder vier verschiedene Sprachen gesprochen, aber jeweils nicht kompatibel. Das hat nicht geklappt. Sie meinte dann, man!
00:49:36
Speaker
Kanu Puddle platzt Geräusche wahrscheinlich noch gemacht ich weiß es nicht und in jedem Fall haben sie es dann tatsächlich geschafft dass es soweit kam dass sie verstanden hat ungefähr um was es geht und dann einen Kollegen geholt hat der tatsächlich englisch sprach. Er hat dann auf mich gewartet also sie haben es tatsächlich so vermitteln können.
00:49:55
Speaker
Ich weiß es nicht, mit Alemannia, Boot oder Schipp oder was auch immer. Irgendwelche Worte, die vielleicht irgendwie in irgendeiner Sprache äquivalent sind.
00:50:08
Speaker
Ja, und dann kam ich dort an und die haben gelacht, als ich da reinkam. Also ich hab dort geklingelt und die Frau guckt mich an und hat irgendwas auf Serbisch gesagt und gelacht, was so ziemlich nach um Gottes Willen heißt, also geklungen hat. Ja, und der Mann hat dann, ihr männlicher Kollege hat sich dann um mich gekümmert und hat mich dann aufgenommen und willkommen geheißen und mir erklärt, dass ich die Stadt nicht verlassen darf, bis das alles geregelt ist.
00:50:34
Speaker
Dass ich dann meinen Stempel krieg und dann muss ich noch eine Gebühr zahlen. Das muss man in Serbien bezahlen, dass man die Donau befahren darf. Eine Schiffbefahrungsgebühr. Auch interessant. Wie gesagt, wie ein normales Schiff auch. Das war schon lustig. Genau, das war auch so. Das war einer meiner ersten interkulturellen, interessanten Austauschaktionen.
00:51:03
Speaker
Diese Geschichte, die du uns erzählst, das ging ja über eine sehr lange Zeit. Und auch diese kurzen Stationen, wenn du sagst, hier nochmal 20 Kilometer weiter kommt der nächste Punkt. Das sind ja auch ein paar Stunden, die man dann da auf dem Wasser ist.
00:51:19
Speaker
Was hat es mit dir gemacht? Wie war das die ganze Zeit mit dir selbst unterwegs zu sein? Ich hatte in dem Sinne den Vorteil, dass ich schon ein bisschen gewohnt war. Und jetzt, wie ich vorher schon erwähnt hatte, aus der heutigen Perspektive habe ich damals Sachen gelernt, ohne es zu wissen. Ich habe damals zum Beispiel in Spanien, ohne es zu wissen, eine Gehmeditation gelernt.
00:51:49
Speaker
Das ist ein Prinzip, das ich heute jetzt gelernt habe im letzten Jahr. Man kann sowohl meditieren im Sitzen, im Liegen, gibt ja viele Möglichkeiten, aber auch beim Gehen. Und das ist ja auch eine buddhistische Praxis, dass ich meinen Blick ungefähr vier Meter vor mir auf den Boden richte und mich im Prinzip auf den Boden, auf den Weg konzentriere und mich nicht ablenken lasse von dem, was um mich herum ist.
00:52:13
Speaker
Und das habe ich witzigerweise irgendwie reflexiv irgendwann in Spanien gemacht. Ich bin gelaufen und irgendwas in mir hat meinen Blick nach unten geschoben immer wieder. Das war super interessant.
00:52:28
Speaker
Und dadurch bin ich in diesen Flow gekommen, nenn ich es mal. Und es war damit im Paddeln genau das Gleiche. In Spanien war das Schritt für Schritt für Schritt für Schritt für Schritt. Und auf dem Wasser war es dann eben Paddelschlag für Paddelschlag für Paddelschlag für Paddelschlag. Kommt man in so einen Rhythmus. Und ja, alles ist ja irgendwo Rhythmus. Das ganze Leben ist Rhythmus.
00:52:53
Speaker
Ja, und das bringt einen dann, wenn man das dann zulässt, bringt es einen dann tatsächlich in einen sehr ruhigen Zustand im Kopf. Wenn man es schafft, die Gedanken zum Schweigen zu bringen, wenn man es schafft, sich da abzukoppeln, einfach hier jetzt anzukommen und einfach
00:53:09
Speaker
Paddelschlag für Paddelschlag, Situation für Situation, Kilometer für Kilometer, sich immer ein Stück weiter nach vorne schiebt, weil man weiß nie was kommt, man weiß nie was passiert, man weiß nicht, ob es anfängt zu stürmen, man spontan anlanden muss, man weiß es überhaupt nicht. Das ist was, wo man lernt und wo ich auch, wobei ich auch sehr, sehr gelernt habe, mich einfach auf was einzulassen.
00:53:34
Speaker
einfach voll und ganz mich darauf einzulassen, auf die Situation, wie sie jetzt eben ist und sie einfach zu nehmen eben, wie sie ist. Sie ist einfach nur. Passieren Dinge, um die kümmere ich mich. Die sind nicht gut, die sind nicht schlecht, die sind.
Reiseabschluss: Emotionale und praktische Aspekte
00:53:51
Speaker
Und es ist ein gutes Stichwort, weil da habe ich mir auch gedacht, in dem Moment in Beslan habe ich mir gedacht,
00:53:58
Speaker
Das ist jetzt echt noch mal weit da rein nach Appateen. Hoffentlich schaffe ich das, bevor die Sonne untergeht. Und was für Sonne untergehen, auf dem Wasser geht gar nicht. Weil in dem Moment, in dem die Sonne weg ist, wird das Wasser im Prinzip eine schwarze Fläche. Du siehst gar nichts mehr. Du siehst keine Welle mehr, du siehst keine Untiefe, du siehst keinen Baum, der auf dich zutreibt, du siehst nichts mehr. Es ist wirklich gefährlich. Und deswegen ist es halt immer gut, wenn man bei Tageslicht eben ankommt. Da wurde es mir dann auch wieder ein bisschen mulmig. Ich dachte, scheiße, schaffe ich das?
00:54:29
Speaker
Aber das hat dann ganz gut geklappt und hatte ich auch eine nette Zusammenkunft mit den Serben. Da hat sich auch wirklich jedes Land gegenseitig übertroffen im mich willkommen heißen. Ich bin keine fünf Kilometer oder keine 20 Kilometer in Serbien drin gewesen. Da war ich schon
00:54:49
Speaker
Da hatte ich schon Schnaps im Kopf und Essen und keine Ahnung was. Ich bin auf Appetit zugepaddelt. Und dann stand einer am Strand und hat geschrien wie am Spieß. Hey, hey, hey! Germany, Germany! Deutschland! Ich glaub, der meint mich. Und dann ruft er, Schnaps!
00:55:13
Speaker
Dann haben sie mich rausgewunken. Dann hab ich da zwei Serben getroffen. Die waren so sozusagen Anfang 30 beide. Die saßen da am Rand und haben gegrillt in so einem kleinen Wäldchen. Und haben mir Essen und Schnaps angeboten und alles. Und hab ich gefragt, was macht ihr denn so? Dann haben sie gesagt, sie sind so lausige Fischer. Sie haben hier gefischt und nix gefangen. Das war voll peinlich. Dann haben sie sich Fische gekauft und die grillen sie jetzt hier.
00:55:41
Speaker
Und dann habe ich gesagt, das sieht aber nicht nach Fisch aus. Dann haben sie gesagt, ja, ja, das kommt erst noch. Sie grillen jetzt erst noch Wildschwein. Davon haben sie mir was geschenkt. Dann durfte ich da essen und trinken. Aber dann musste ich relativ fix wieder weiter. Die wollten mich noch, Gott weiß wie, einladen und haben gesagt, ich soll hier bleiben und hier zelten. Und ich habe aber gesagt, ich muss zur Grenzpolizei. Dann haben sie gemeint, mit der Polizei konnten sie nicht so viel anfangen. Die mochten sie nicht so sehr. Aber sie haben gesagt, ich soll definitiv hingehen. Das wäre gut.
00:56:10
Speaker
sehr vorteilhaft sein. Also da haben sie sich wirklich alle gegenseitig übertrumpft. Worin sie sich aber auch alle übertrumpft haben, war in der Ankündigung, dass ab jetzt, wenn ich ein Land gewechselt habe, ab jetzt hört die Zivilisation auf.
00:56:29
Speaker
Am, am Österreicher Strand, kurz, also ich hab im Prinzip an der Schleife, kurz vor Bratislava hab ich gecampt, also direkt an der Grenze hab ich mich da illegalerweise gewillt campt, außerhalb der Stadt. Und ... dann kam ein Mann mit einem Hund vorbei. So ein richtig klassischer, wie sagt man das, Stereotyperalter Österreicher, ja?
00:56:53
Speaker
Und der hat mir dann erzählt, der hat gesagt, es ist ja wunderschön, was ich hier mache und so, das gefällt ihm sehr. Aber jetzt, sobald ich da hinten um diese Schleife fahre, ist es vorbei mit dem Spaß. Die sind alle kriminell. Und wenn ich da um die Ecke fahre, also wie als ob ein Strich auf der Donau ist, über die ich fahre und ich bin nackt, sobald ich da rüber fahre, ich wäre sofort ausgeraubt. Bis auf die Knochen.
00:57:18
Speaker
Ja. Und ja, war natürlich nicht so. Und genau dasselbe auch, als ich dann aus Ungarn raus bin. Die haben sie auch gesagt, wo fährst du hin? Ich so, ja bis zum Meer. Dann haben sie gemeint, ja.
00:57:36
Speaker
Ungarn sind wirklich coole, ehrliche, nette Menschen und so weiter und keine Frage, ja, aber da werde ich da über die Kratze kommen. Also die Serben sind auch cool, ja, die sind auch cool, aber da gibt es welche, da gibt es welche, die gibt es hier nicht, ja, so ein paar. Und die serbischen Raubfischer, die kommen auf die Inseln, die klauen mir alles, die nehmen mir alles weg. Und so ging es gerade weiter, ja, die Serben, als ich dann am Ende von Serbien ankam, auch wieder, ja. Meine Güte, du fährst durch Bulgarien, was bist du für ein mutiger Mensch?
00:58:07
Speaker
Hier hört's auf. Bis hierher ist alles zivilisiert. Und auch davor die Ungarn und so, die sind cool. Aber jetzt, jetzt, jetzt hört's wieder auf. So geht's immer weiter.
00:58:18
Speaker
Ja, bis dann die Romanen kamen. Die konnten ja nichts mehr sagen. Die konnten nicht sagen, ja, wenn du jetzt aufs Schwarze Meer rausfährst, ja, da, die Fische, keine Ahnung, ich weiß nicht. Nee, da gab's dann niemanden mehr, den man irgendwie vor dem Unwicht hätte warnen können. Aber ... Und ist da tatsächlich irgendwann mal was passiert? Also, gab's irgendeinen Dämpfer, irgendeine ... Zu jeder Heldengeschichte gehört ein Tiefpunkt. Gab's, kam so was? Es gab andere Tiefpunkte, aber menschliche eigentlich kaum. Es gab ...
00:58:48
Speaker
Das habe ich auch in meinem Buch vermerkt. Der einzige, also der erste Arsch, kannst du ja rauspiepen, keine Ahnung. Also der erste, äußerst unfreundliche und wirklich feindselig, würde ich schon sagen, Mensch, ist mir in Belgrad begegnet. Und zwar gab es da ein Problem mit meiner Herberge.
00:59:18
Speaker
Wenn er geplanten, das war auch wieder so ein Problem, hat mit der Topographie von Google Maps zu tun, die nicht so aktuell war um Belgrad rum. Ich hatte da einen Campingplatz gefunden, kurz vor Belgrad. Der sah aus, als wäre er 500 Meter vom Rand entfernt. Hab mir gedacht, tipptopp, da kann ich direkt unten ran. Da ist sogar eine kleine Straße, da kann ich raus. Da komme ich in jedem Fall irgendwie raus und dann packe ich das Kajak auf den Wagen und gehe da rein.
00:59:47
Speaker
Und das Problem war, dass das zwar gestimmt hat mit der 500 Metern Luftlinie, allerdings lag der auch ungefähr 150 Meter weiter oben auf einer Klippe.
00:59:56
Speaker
Und da kam ich halt nicht hoch. Dann war es abends, ich kam raus, dann war da diese Klippe. Ich hab auf den Landweg geschaut, es waren drei, vier Kilometer, was schon extrem ist mit dem Kajak, v.a. nachts und den Berg hoch. Und dann hätte ich noch durch so ein abgesperrtes, altes Industrieviertel durch müssen. Und als ich da nur um die Ecke geguckt hab, kam mir gleich so ein Riesenrudel streunender Hunde entgegen gerannt, die nicht damit einverstanden waren, dass ich da durchgehe.
01:00:23
Speaker
Und angesichts dieser Tatsache habe ich mir dann gedacht, was mache ich nur? Und dort am Rand habe ich dann tatsächlich Menschen dann doch noch getroffen, die dort irgendwie an diesen Stadtrand verschlagen haben. Und auch die Umgebung sah aber auch schon dementsprechend aus, da willst du wirklich nicht nachts schlafen. Also wirklich an den Outskirts, also an den Außenbereichen von Belgrad.
01:00:49
Speaker
Weiß ich nicht. Also da hätte ich dann wirklich Bedenken gehabt, dass ich da wirklich an Leute treffe, auf Leute stoße irgendwann, die den Gunst nutzen, dass da wirklich keiner ist.
01:00:59
Speaker
Ja, und dann hab ich da Leute getroffen und hab gefragt, ob sie auch eine der Sprachen sprechen, die ich halbwegs verstehe. Und haben sie nicht, aber fast alle nicht, bis auf einen Mädel. Die war so vielleicht 16, 17. Und die hat dann versucht, mir zu helfen. Aber ihr Bruder hat mich angeschaut, als ob ich, keine Ahnung, der Leibhaftige wäre. Und der war auch derart unfreundlich. Es war wirklich so ein unverhohlener Hass da.
01:01:28
Speaker
Da hab ich mir auch gedacht, okay, krass. Dann hab ich mir gedacht, okay, warte mal, eigentlich ganz gute Bilanz. Von Österreich bis Belgrad. Und dann den ersten Menschen getroffen, der wirklich offensichtlich ... sich nicht leiden kann und auch nicht helfen will. Und eher so guckt, als ob er lieber dein Boot anbohren würde, bevor er dir hilft. Also ... eigentlich ganz gut gelaufen. Sie hat mir dann auch nicht helfen können, leider.
01:01:57
Speaker
Aber der Segelverein Belgrad hat mir dann geholfen. Bei denen konnte ich dann schlafen. Wie bist du denen gekommen?
01:02:11
Speaker
Die hatte ich auch ausgekundschaftet, dass man die fragen könnte. Aber ich konnte ja dort auch nicht telefonieren. Ich hatte ja keine serbische Karte. Ich hatte nur serbisches Datenvolumen, aber keine Telefonmöglichkeit. Dann habe ich also an Space Camp Arso, also meine Partnerin, gefunkt und gesagt, hey, Hilfe, Hilfe, ich brauche Unterstützung. Sonst muss ich einfach auf gut Glück hinfahren.
01:02:35
Speaker
Und die hat es dann geschafft, die zu erreichen. Und der Vorsitzende, der Seljan, war auch ein total zuvorkommender, total lieber Kerl. Er hat gesagt, kein Problem, ich soll da hinfahren. Die haben ein riesen Vereinsboot, das liegt dort in der Bucht, wo ein Fluss in der Donau endet dort in Belgrade. Da fließt was zusammen, glaube ich.
01:03:00
Speaker
Dort liegt ihr Riesenvereinsschiff sozusagen, auf dem ist auch ihre Vereinsbar oben drauf und so, also ein stillgelegtes Schiff und unten ein Riesenlastraum, dort packen sie auch ihre kleinen Boote und so weiter alles rein. Die haben gesagt, kein Problem, ich kann mein Boot da reinpacken, dann kann ich mir in der Stadt ein Hostel nehmen, überhaupt kein Ding. Dann kam ich da angepaddelt, da haben sie mich reingewunken.
01:03:24
Speaker
Und dann auch ich hatte ich war so gestresst und war so froh, dass ich dann da war. Und ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen, weil ich eigentlich nur gepaddelt bin dann. Und dann war ich aber auch innerhalb von 30 Minuten randvoll. Also die waren so freundlich und haben mich direkt Druck betankt mit allem, was sie hatten. Und alle wollten Fotos mit mir haben und alle haben mir erzählt und
01:03:55
Speaker
Wahnsinn. Also, war großartig. Sehr cool. Was war denn so für dich in deiner, wir haben ja gesagt, es ist eine Selbstfindungsphase. Was war denn für dich so der der große Unterschied zwischen den im Verhältnis kleinen Wanderungen in Spanien auf dem Jakobsweg zu drei Monate auf dem Wasser?
01:04:25
Speaker
Also der offensichtlichste Unterschied zwischen den beiden Reisen waren natürlich die Ausmaße. Während auf dem Jakobsweg das unterschiedliche, aber auch nicht schlechtere, aber irgendwie anders interessante war, dass da eben Millionen von Leuten schon entlang gelaufen sind.
01:04:41
Speaker
Du läufst auf einer Strecke, auf der schon vor Hunderten von Jahren die Pilger entlang gelaufen sind. Du spürst es an allen Ecken und Enden irgendwie, dass da schon ganz viele Leute entlang gekommen sind, mit ganz vielen Gedanken im Kopf, mit ganz vielen Ideen und Idealen, mit ganz vielen Wünschen auch und so. Also ich hab mir das so vorgestellt, wie da die Leute entlangkommen. Und es war ja früher vor ein paar hundert Jahren noch ein ganz anderer Act als heute. Das war ja wirklich gefährlich.
01:05:07
Speaker
Und das war schön auf der einen Seite, auf der anderen Seite war es natürlich erschlossenes Gebiet. Also Spanien im Prinzip ein komplett safes Land eigentlich. Alles erschlossen, viele Dörfer, viele Straßen, viele Menschen, viele Städte, technisch alles da. Also du bist im Prinzip im bekannten Terra.
01:05:34
Speaker
Und sprechen auch fast alle englisch und spanisch selber ist ja nicht so schwer dass man sich im prinzip so ein paar grundgeschichten sich relativ schnell aneignen kann. Es ist nur ein land wie wir es ja schon vorher hatten nicht gleich sieben und.
01:05:48
Speaker
Also allein die Skala war natürlich was anderes. Das hatte eher so einen Expeditionscharakter dann, vor allem weil ich es ja auch alleine gemacht habe. Ich musste ja durch die ganzen Schleusen auch alleine durch das ganze Umtragen auch alleine machen. Also das Boot zum Beispiel in der Schleuse Persenbeug aus auf den Ponton alleine rauf zerren vom Ponton an Land dort.
01:06:10
Speaker
den Wagen drunter, dann um die Schleuse rum und hinten war das Wasser niedrig, dann muss ich mehrere Meter tiefe Stufen wieder alleine runterwuchten, das Boden wieder einsetzen und das auf der einen Seite.
01:06:21
Speaker
Auf der anderen Seite eben auch das gewissermaßen weniger erschlossene, weil je weiter man eben kommt in Deutschland, in Österreich, ist noch alles voller Schleusen. In der Slowakei ist, glaube ich, eine. In Ungarn sind auch ein oder zwei, das sind auch nicht viele Schleusen. Dann kommen noch zwei riesengroße, wie gesagt, in Serbien.
01:06:48
Speaker
Und das war es dann. Also es wird schon viel weniger dann. Es fließt frei und es ist viel dünner besiedelt. Du bist allein. Du bist wirklich allein. Also wenn du dich nachts in der Donau auf irgendeine Insel packst, du bist ganz allein. Und das ist ein
01:07:03
Speaker
Ich kann's gar nicht beschreiben, ich krieg jetzt Gänsehaut. Wie cool das ist, wie schön das ist, wenn du eine eigene Insel hast, die Sonne geht unter, neben dir links und rechts fließt dieser Strom entlang, der bis zu ein paar Kilometer breit werden kann. Das ist wie ein fließender See manchmal.
01:07:21
Speaker
Und du bist auf dieser Insel, die Sonne geht unter, es wird stockdüster, um dich herum leuchtet, keine Stadt, kein Dorf, kein gar nichts, keine Straßenlaternen. Du machst dir da ein Feuerchen und du bist halt wirklich mit dir bei dir. Und das ist einer der Momente, wo du
01:07:43
Speaker
Entweder sagen kannst, okay, ich lenke mich jetzt mit irgendwas ab. Ich lese was, höre was oder kauf mir oder wünsche mir oder hoffe, dass ich irgendwie LTE habe dort und gucke mir irgendwelche Videos an oder so. Oder du sagst, okay, nein, ich lasse das jetzt bleiben und es zwingt dich dann in dich hinein. Du kannst nirgendswo anders mehr hin. Sonst tut es nämlich weh und
01:08:12
Speaker
Ja, das sind dann die schönen Momente, wenn man das dann zulässt und wirklich einfach nur mit sich ist. Das kriegt man halt dort hin. Auf so einer Reise alleine kriegt man das hin. Wie war das Gefühl, nach so einer langen Zeit am Ziel anzukommen? Anders als erwartet.
01:08:42
Speaker
Es war so, dass ich am Ende tatsächlich auch genug hatte. Die letzte Woche war so... Das waren die letzten Meter in Rumänien. Es war wunderschön. Ich war...
01:09:09
Speaker
Total ein Wassertier geworden. Ich habe mich im Prinzip schon fast natürlich auf dieser Donau bewegt.
01:09:18
Speaker
Und und und war ja, sie war so beim Boot verschmolzen. Ich habe nach nach 2000 Kilometern am Stück bewegst du dich einfach auf dem Wasser genau wie an Land. Das ist einfach so viel Übung, dass du dann und deine Technik ist super dann und du du bewegst dich einfach und mit Leichtigkeit. Aber ich habe schon gemerkt, okay, das steckt mir jetzt auch in den Knochen so schön langsam. Also jeden Tag konstant paddeln. Das über Monate. Das ist irgendwann auch auch heavy und
01:09:49
Speaker
Es hat so das Gefühl. Ich hatte so das Gefühl in mir, dass ich mir gedacht habe, okay, das ist jetzt alles wunderschön und das Delta ist wunderschön. Aber es ist jetzt auch okay, wenn es vorbei ist. Ich glaube, ich habe jetzt Punkt erreicht, wo diese Erfahrung jetzt nicht mehr besser wird, sondern sich wiederholt. Und was nicht heißen soll, dass ich es nicht wiederholen würde. Ich würde sofort noch mal da entlang paddeln.
01:10:16
Speaker
Und es kommt auch selten vor, dass ich Sachen zweimal mache. Eigentlich gar nicht. Ich gucke auch keine Filme zweimal. Aber die Donau würde ich tatsächlich zweimal fahren, weil es so ein vielfältiges Ding ist. Das ist heute bestimmt komplett anders als vor ein paar Jahren. Da hat sich wahrscheinlich alles verändert. Das ist der Punkt. Man hat so viel erlebt, aber irgendwann ist es gut. Und es war vor allem dieses Gefühl in mir. Ich hatte so Bock auf vier Wände.
01:10:43
Speaker
Ich hab jetzt gedacht auf Käse Spätzle oder sowas. So ähnlich auch.
Erkenntnis: Der Weg ist das Ziel
01:10:48
Speaker
Es kommt auch so mit sich. Das ist was, was auch so ganz eindrucksvoll war, als ich dort ankam am Ende. Ich hab gedacht, ich würde
01:10:58
Speaker
Ich würde ein unglaubliches Gefühl haben. Ich würde diese Errungenschaft spüren und sagen, ja, ich hab's geschafft und ist der Hammer. Und ich hab mir das im Vorfeld ausgemalt, wie cool das wär, wenn ich da ankomme und was für ein erhebendes Gefühl das ist. Und ... als ich da ankam, und das klingt jetzt echt ultra ... pathetisch und ... und abgedroschen. Aber ...
01:11:29
Speaker
Ich habe verstanden, was der Weg ist, das Ziel bedeutet. Das erste Mal in Spanien auch so halbwegs schon, in Frankreich auch. Aber da war es so richtig deutlich einfach nur. Ich habe genau verstanden, was das bedeutet. Dieses Ankommen hat überhaupt nichts mehr bedeutet. Es war einfach nur eine Reise, die an dem Punkt eben vorbei war. Aber. Jemand, den ich auf dem Weg getroffen habe, hat es so schön ausgedrückt. Der hat gesagt, das Wasser
01:11:58
Speaker
das am Ende von der Donau ankommt, ist am Anfang wieder dasselbe. Das Wasser fließt die Donau hinab, verdunstet irgendwo, regnet wieder runter und es fließt wieder und wieder und wieder da entlang. Es ist so ein Kreislauf, es ist alles verbunden. Und diesen Eindruck hatte ich total krass, als ich dann am Ende ankam. Der war so was von deutlich vor mir. Und es war einfach nur ruhig. Es war einfach nur friedlich, als ich dort ankam.
01:12:28
Speaker
Ich hatte gar nicht dieses Gefühl, was erreicht zu haben. Das war für mich nicht mehr. Nicht mehr relevant. Es war was Äußeres. Also dieses ja krass, ich bin so ein krasser Typ, ich bin 2000 Kilometer gepaddelt und da muss man mir jetzt eine Medaille umhängen. Nein, überhaupt nicht. Es war es war mir völlig egal in dem Moment. Es war mir völlig egal, weil ich so viele andere, tiefere Dinge gefunden hatte auf diesem Weg, dass diese äußeren Errungenschaften
01:12:57
Speaker
mir in dem Moment, als ich ankam, überhaupt gar nichts mehr bedeutet haben. Und es war aber auch nicht schlimm. War genau so, wie es war. Was hat dieses Abenteuer, diese diese Reise mit dir gemacht? Also was war da nachhaltig dran? Was ist heute noch da? Was heute davon noch da ist,
01:13:25
Speaker
Also ich glaube, dass diese Reise grundsätzlich der größte Schritt war, der im Prinzip auf dem Nährboden von den früheren Reisen gewachsen ist. Natürlich als Disclaimer dazu gesagt,
01:13:41
Speaker
Einfach nur auf Reisen gehen und dann zu erwarten, dass ich irgendwie in mir ankomme, kann man natürlich nicht. Man muss natürlich auch die entsprechende Veranlagung in seinem Kopf mitbringen und sagen, hey, das will ich. Und sich dann auch eben damit beschäftigen mit Ideen und Theorien, egal ob die jetzt aus der Philosophie kommen, aus der Religion, aus der Wissenschaft, woher auch immer, aus der Psychologie. Es gibt so vieles, was zum selben Ort führt. So viele Ansätze, aber sie führen alle zum selben Ort.
01:14:11
Speaker
Was in dem Fall geblieben ist, ist diese Übung. Im Kali Training habe ich den Leuten immer gesagt, wenn sie gesagt haben, hey, warum müssen wir das schon wieder machen? Das kennen wir schon, aber kennen ist nicht können.
01:14:31
Speaker
Das muss ins Blut und mit Lebensgrundlagen und Einstellungen und mit so einer Art persönlichen Leitbild und persönlichen Modus und innerem Frieden und so weiter. Das ist alles genau dasselbe. Unser Kopf ist wie so ein Tierchen, das wir trainieren können.
01:14:52
Speaker
Und wenn ich zwar weiß, wie es geht, aber es nicht mache, da sind wir wieder beim Machen, nicht reden, machen, dann wird es auch nichts. Dann kann ich so viel auf Reisen gehen, wie ich will. Es wird nichts ändern, wenn ich mich nicht darauf einlasse.
01:15:10
Speaker
Aus dieser Donaureise ist ganz viel, ich würde sagen, ist ganz viel Übung für eine innere Ruhe bei mir geblieben. Ganz viel von diesem rhythmischen Flow, den ich da entwickelt habe auf dem Weg darunter. Sehr viel Offenheit gegenüber anderen Menschen, auch für ihre Nöte, weil ich da teilweise tatsächlich
01:15:35
Speaker
eine Art, wie nennt man das, eine Art Kulturschock erlebt habe. Man weiß zwar, dass die Umstände jetzt in den ehemaligen Sowjetstaaten, wie zum Beispiel jetzt Bulgarien oder so, dass die Umstände da nicht wirklich so rosig sind wie hier.
01:15:53
Speaker
vorsichtig auszudrücken. Aber was mich da zum Beispiel teilweise erwischt hat, das hat mich unvorbereitet erwischt. Also an dem ersten Dörfchen in Bulgarien habe ich angelegt, bin ausgestiegen und es war halt im Eimer.
01:16:08
Speaker
Und ich bin fast in die Kanalisation gefallen, als ich auf die Straße gelaufen bin, weil da ein Loch war einfach nur. Und ich bin die Straße hochgelaufen und der Gehweg ist eingesackt und ich bin an einem Haus vorbeigekommen, das nur zur Hälfte stand, aber der Tisch war gedeckt. Also die Leute haben nach innen gewohnt, weil es eben Dach hatte, aber keine Wand mehr. Und der Laden oben war zu 90 Prozent leer.
01:16:32
Speaker
Es gab halt nur minimal für mich was, was ich mir habe kaufen können, um meine Vorräte aufzustocken. Und das war wirklich krass. Da ist es mir so bewusst geworden. Hey Moment, das ist EU. Das ist jetzt nicht gefühlt am anderen Ende der Welt, sondern das sind wir. Und es ist ein wahnwitziger Unterschied. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und das ist im Prinzip direkt vor unserer Haustüre, wenn man es mal so nimmt.
01:17:00
Speaker
Ja, und das habe ich da in jedem Fall auch mitgenommen, dass da wieder dieser Spruch, wo du nicht zu Fuß warst, warst du nicht, auch wieder irgendwo trifft. Du kannst dort hinfliegen und irgendwie eine Woche sein oder du kannst irgendwie auf dem Boot vorbeischippern mit 20 kmh oder mit dem Reisebus durchfahren oder mit seinem Auto oder was auch immer. Aber dort tatsächlich zu sein und
01:17:25
Speaker
teilzunehmen und sich langsam eben durch diese Länder und durch diese Gesellschaften zu bewegen, das gibt dir viel mehr mit. Und da ist auch sehr viel in mir geblieben. Also sehr viel, ich würde sagen, sehr viel Zuneigung zum Menschen und Menschsein eigentlich. Ja. Und letztendlich auch der letzte große Schritt eigentlich in mir, also die letzte große
01:17:51
Speaker
letztendlich auch die letzte große Saat in mir gesprossen irgendwie, dass ich auch beruflich und nachhaltig da irgendwie was ändern möchte. Das ist damals noch nicht so ganz konkret in meinem Kopf gewesen, aber wie gesagt, jetzt in der Nachbetrachtung ist das in jedem Fall auch dadurch passiert wahrscheinlich, dass da sehr viel angelegt wurde in mir, was dann später letztendlich mich dazu bewegt hat, da was zu ändern.
01:18:21
Speaker
Das große Thema in diesem Podcast ist ja die lebenswerte Zukunft.
01:18:29
Speaker
Und jetzt sind wir am Ende deiner Reise quasi angekommen und am Beginn deines Werdegangs als psychologischen Coach. Was würdest du denn jetzt mit deinen Erfahrungen, deinen, nennt man das, Klienten, Gästen? Ja, Klientinnen und Klienten, ja. Genau, stimmt. Ich habe es das Gendern vergessen, danke.
01:18:52
Speaker
Ich wollte dich nicht korrigieren, das ist nur Reflex. Nee, das ist auch gut so. Bei mir passiert mir einfach, dass ich das vergesse und es ist aber falsch. Man sollte es nicht vergessen. Was gibst du deinen Klientinnen mit für ihre lebenswerte Zukunft, vielleicht auch im Zusammenhang mit der Reise?
01:19:17
Speaker
Also generell ist das, was ich mache, ja sehr individuell. Das heißt, ich gebe eigentlich niemandem was mit, sondern ich höre den Menschen zu und bin ihnen eher so ein kleines Gerüst, ein Leitsystem. Ich frage nach und sie kommen dann selbst auf ihre eigenen Lösungen letztendlich. Eine lebenswertere Zukunft. Ja.
01:19:45
Speaker
In dem Zusammenhang mit Reisen habe ich mal einen Blog von einer Reisebloggerin gelesen, die mit ihrer Familie unterwegs war. Ich weiß gar nicht, wie ich darauf gekommen bin. Das war auch zu der Recherche, glaube ich, zu der Reise, auch zu der Donaufahrt. Und die war mit einem ein Jahr alten Kind und einem, lass mich lügen, vier Jahre alten Kind und ihrem Mann und so unterwegs. Und als sie wieder zurückkam, war das eine Kind
01:20:13
Speaker
sechs oder sieben. Und das andere war halt eben entsprechend auch älter.
Offenheit und Ehrlichkeit für eine bessere Zukunft fördern
01:20:18
Speaker
Und da war ein Kommentar drunter, dass es ja eine furchtbare Verantwortungslosigkeit gewesen wäre, mit diesen Kindern in diesen jungen Jahren das zu machen. Die waren halt echt überall. Die waren in Bulgarien auch. Deswegen kam ich gerade drauf. Die waren aber auch in Afrika, auf dem afrikanischen Kontinent. Die waren in Namibia und was weiß ich was. Die waren wirklich einmal überall auf der Welt von
01:20:42
Speaker
Hochglanzstadt bis wirklich ärmste Ecken und von den ärmsten Ecken bis hin zu den tiefsten Natur, abgelegenen Naturgebieten, also sie waren überall. Da kam dieser Kommentar, dass es ultraverantwortungslos wäre und ihre Antwort war,
01:21:02
Speaker
Nein, es wäre verantwortungslos gewesen, es nicht zu tun. Und das ist mir im Kopf hängen geblieben. Und ich denke, dass eine lebenswertere Zukunft bedeutet, dass wir als Menschen, als Gesellschaften, als Individuen, wie auch immer, dass es wichtig ist, dass wir uns gegenseitig ehrlich und offen mitbekommen.
01:21:29
Speaker
Wir verstecken immer noch sehr viel, wir sind immer noch sehr an unsere gesellschaftlichen Regeln gebunden, in dem Sinne, dass wir uns nicht öffnen wollen, dass wir uns nicht verletzlich machen wollen und deswegen erkennen wir uns oft gar nicht so gegenseitig, was wir als Personen eigentlich sind.
01:21:51
Speaker
Wir reden nicht mit dem Menschen, wir reden mit dem Postboten. Oder wir reden nicht mit Person X, sondern wir reden mit der Dame von der IT. Und das nur als grobes Beispiel, wie wir das im Prinzip da entmenschlichen wir uns ja schon in irgendeinem Sinne.
01:22:15
Speaker
Das hat natürlich auch seinen Sinn und Zweck, natürlich. Ja, klar. Es hat natürlich nicht nur Nachteile. Ich meine, ich muss ja auch rollen, erfüllen und so weiter. Also das nur zum Kontext. Das ist durchaus klar. Aber jetzt für das Beispiel passt das ganz gut.
01:22:31
Speaker
Ich denke, wir müssen uns wie gesagt als Menschen eben ehrlich kennenlernen. Wir müssen uns öffnen gegeneinander, gegenüber, damit wir unsere Beweggründe verstehen, damit wir unsere Nöte und Wünsche verstehen. Da gibt es in dem Kontext auch den Ausspruch, eine Beziehung ist die Geschichte unserer Reaktionen aufeinander. Und das trifft zu einer Paarbeziehung genauso zu wie auf alle anderen Beziehungen auch.
01:23:00
Speaker
Da denke ich, können wir alle dazu beitragen, eine bessere Zukunft zu erschaffen, indem wir uns als Menschen eben mehr sehen. Und dazu gehört es, wie gesagt, auch ehrlich zu sein, offen zu sein. Und das geht nur, indem ich eine gewisse, ich nenne es mal psychische Hygiene pflege, indem ich weiß, wer ich bin, indem ich mich fühle, indem ich mich kenne, indem ich mich akzeptiere.
01:23:28
Speaker
Da gibt es wieder einen Spruch, kein Feind innen, kein Feind außen. Solche Entwicklungen in Menschen stoßen eben genau solche Erfahrungen an. Wenn ich solche Reisen mache und mich auch im Prinzip aussetze, meinen Bedenken, die ich habe, dass die
01:23:50
Speaker
wie ich vorher erzählt habe, die bösen serbischen Raubfischer mich sofort ausnehmen angeblich. Und es dann eben in 99,9 Prozent aller Fälle eben nicht passiert. Es kann mich als Person weiterbringen, aber nur wenn ich es sehen will, wenn ich offen bin. Das meinte ich vorher mit dem offen sein. Das kann uns insgesamt weiterbringen und das kann uns als Gesellschaft weiterbringen und das kann uns als Menschheit weiterbringen. Also und. Ja.
01:24:21
Speaker
Das sehe ich in jedem Fall als einen Beitrag für eine bessere Zukunft an, wenn man sich darum kümmert und das fördert. Vielen Dank. Schön, dass du zu Besuch warst, dass du hier gesprochen hast, erzählt hast und deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Ich bin gespannt, was noch kommt. Gerne. Danke, dass du mich eingeladen hast. Ciao, Misha. Ciao.
01:24:48
Speaker
So, wenn euch Mishas Story gefallen hat, über 2100 Kilometer im Kajak auf der Donau, dann schaut doch mal in die Show Notes. Dort habe ich euch seine Website verlinkt und er wird demnächst ein Buch veröffentlichen über die ganze Geschichte. Das wird sicher lesenswert.